Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Krankentagegeld weg wegen Rente? Ein Urteil beleuchtet die Tücken von Versicherungsklauseln
- Was war genau passiert?
- Wie kam es zum Streit vor Gericht?
- Welche Kernfragen musste das Gericht klären?
- Wie hat das Gericht entschieden?
- Warum entschied das Gericht so? Die Versicherungsbedingungen im Detail
- Was ist mit den Argumenten des Versicherten?
- Und die zusätzlichen Kosten?
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was passiert mit meiner Krankentagegeldversicherung, wenn ich eine Erwerbsminderungsrente erhalte?
- Muss ich bereits erhaltenes Krankentagegeld zurückzahlen, wenn meine Erwerbsminderungsrente rückwirkend bewilligt wird?
- Sind die Klauseln in Versicherungsbedingungen, die eine automatische Beendigung der Krankentagegeldversicherung vorsehen, rechtlich wirksam?
- Welche Bedeutung hat eine Anwartschaftsversicherung im Zusammenhang mit dem Ende meiner Krankentagegeldversicherung?
- Was sollte ich tun, wenn meine Krankentagegeldversicherung die Rückzahlung von Leistungen fordert?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 24 O 400/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Amberg
- Datum: 28.02.2024
- Aktenzeichen: 24 O 400/23
- Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Zivilrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ein Versicherungsunternehmen, das die Rückzahlung von Krankentagegeldleistungen forderte. Es argumentierte, der Versicherungsvertrag sei aufgrund des Bezugs einer vollen Erwerbsminderungsrente des Beklagten beendet gewesen.
- Beklagte: Der Versicherungsnehmer eines privaten Krankentagegeldvertrages. Er bestritt den Rückforderungsanspruch, da er die Versicherungsbedingungen als unklar empfand und sich durch eine Vertragsverlängerung im Recht sah.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Klägerin zahlte dem Beklagten Krankentagegeld. Dem Beklagten wurde nachträglich eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt. Die Klägerin forderte daraufhin die gezahlten Krankentagegeldleistungen zurück, da sie den Vertrag als rückwirkend beendet ansah.
- Kern des Rechtsstreits: Die Kernfrage war, ob ein Krankentagegeldversicherungsvertrag rückwirkend endet, wenn dem Versicherungsnehmer nachträglich eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt wird. Zudem wurde geprüft, ob der Versicherer die bereits ausgezahlten Leistungen in diesem Fall zurückfordern kann, insbesondere unter Berücksichtigung der Wirksamkeit der Versicherungsbedingungen und der Möglichkeit einer Anwartschaftsversicherung.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht verurteilte den Beklagten, an die Klägerin 5.040,00 € nebst Zinsen zu zahlen. Zudem muss der Beklagte außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 719,95 € nebst Zinsen sowie die Kosten des Rechtsstreits tragen.
- Begründung: Das Landgericht Amberg befand die Klage als vollumfänglich begründet. Es stellte fest, dass der Versicherungsvertrag automatisch mit dem Beginn des Bezugs der vollen Erwerbsminderungsrente des Beklagten am 01.09.2020 endete, wie es die gültigen Versicherungsbedingungen vorsahen. Die Bedingungen wurden als wirksam erachtet, da sie dem Beklagten eine Anwartschaftsversicherung ermöglichten.
Der Fall vor Gericht
Krankentagegeld weg wegen Rente? Ein Urteil beleuchtet die Tücken von Versicherungsklauseln
Wer krank wird und über längere Zeit nicht arbeiten kann, ist oft froh über eine Krankentagegeldversicherung. Diese springt ein, um den Verdienstausfall abzufedern. Doch was passiert, wenn man während des Bezugs von Krankentagegeld erfährt, dass einem rückwirkend eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zusteht? Muss man das bereits erhaltene Krankentagegeld dann zurückzahlen? Genau diese Frage musste das Landgericht Amberg klären.

Ein Mann, nennen wir ihn Herr M., hatte bei einem Versicherungsunternehmen eine private Krankentagegeldversicherung abgeschlossen. Diese Versicherung sollte ihm im Falle einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit nach einer Wartezeit von 42 Tagen täglich 15 Euro zahlen. Die Grundlage für diesen Vertrag bildeten, wie bei Versicherungen üblich, Allgemeine Versicherungsbedingungen – eine Art Regelwerk für den Vertrag.
Was war genau passiert?
Herr M. wurde arbeitsunfähig und das Versicherungsunternehmen zahlte ihm über einen Zeitraum von fast einem Jahr, von September 2020 bis August 2021, Krankentagegeld in Höhe von insgesamt 5.040 Euro aus. Im April 2021 bestätigte die Versicherung Herrn M. sogar noch, dass seine Krankentagegeldversicherung bis Ende Januar 2022 weiterlaufen würde.
Doch dann kam eine entscheidende Wendung: Im Juni 2021 erhielt Herr M. einen Bescheid von der Deutschen Rentenversicherung. Darin stand, dass ihm rückwirkend ab dem 1. September 2020 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt wurde. Das bedeutet, die Rentenversicherung stellte fest, dass Herr M. bereits seit September 2020 so stark in seiner Arbeitsfähigkeit eingeschränkt war, dass er Anspruch auf diese Rente hatte. Die monatliche Rente betrug über 1.200 Euro, und es gab eine erhebliche Nachzahlung für die zurückliegenden Monate.
Wie kam es zum Streit vor Gericht?
Als das Versicherungsunternehmen von dieser Rentenbewilligung erfuhr, änderte sich die Lage. Im Oktober 2021 schrieb die Versicherung Herrn M. an, teilte ihm mit, dass sein Krankentagegeldversicherungsvertrag beendet sei und forderte die bereits gezahlten 5.040 Euro zurück. Sie setzte ihm dafür eine Frist von vier Wochen. Spätere Mahnungen und auch ein Schreiben der Anwälte der Versicherung blieben erfolglos – Herr M. zahlte nicht.
Das Versicherungsunternehmen war der Ansicht, Herr M. habe keinen Anspruch auf das Krankentagegeld gehabt, da sein Versicherungsvertrag durch den Bezug der vollen Erwerbsminderungsrente automatisch ab dem 1. September 2020 beendet gewesen sei. Die Regeln hierfür fänden sich in den Versicherungsbedingungen. Die rückwirkend bewilligte Rente, so die Versicherung, gleiche ja den Verdienstausfall bereits ab dem Zeitpunkt aus, für den sie gewährt wurde. Da die monatliche Rente deutlich höher war als das tägliche Krankentagegeld, könne die Versicherung das gesamte gezahlte Krankentagegeld zurückfordern. Die Versicherung meinte, ihre Bedingungen seien klar und verständlich. Sie verwies auch darauf, dass es für Herrn M. die Möglichkeit gegeben hätte, den Vertrag in eine sogenannte Anwartschaftsversicherung umzuwandeln. Das ist eine Art „Pausenfunktion“ für die Versicherung, die man später wieder aktivieren kann.
Herr M. sah das anders. Er beantragte, die Klage der Versicherung abzuweisen. Seiner Meinung nach waren die Versicherungsbedingungen für einen normalen Verbraucher unklar. Insbesondere die Regelung, wann der Vertrag genau endet, sei nicht eindeutig. Es stehe dort zwar, dass sich das Versicherungsverhältnis bei Berufsunfähigkeit ändere, aber nicht klar genug, dass der Vertrag bei einer rückwirkenden Rentenbewilligung auch rückwirkend endet. Außerdem habe ihm die Versicherung im April 2021 noch die Verlängerung bis Januar 2022 bestätigt, ohne auf die Versicherungsbedingungen hinzuweisen. Er sei daher davon ausgegangen, dass der Vertrag bis dahin laufe. Schließlich warf er der Versicherung vor, ihm die Möglichkeit der Anwartschaftsversicherung nicht ausdrücklich angeboten zu haben.
Welche Kernfragen musste das Gericht klären?
Das Gericht stand nun vor mehreren wichtigen Fragen:
- Endet ein Krankentagegeldversicherungsvertrag tatsächlich automatisch und sogar rückwirkend, wenn dem Versicherten nachträglich eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt wird?
- Sind die Klauseln in den Versicherungsbedingungen, die dies regeln, überhaupt wirksam und für einen Durchschnittsverbraucher verständlich?
- Darf die Versicherung das bereits gezahlte Krankentagegeld zurückfordern, wenn der Vertrag rückwirkend endet?
- Spielt es eine Rolle, dass die Versicherung den Vertrag zwischenzeitlich verlängert hatte oder den Versicherten nicht aktiv auf die Möglichkeit einer Anwartschaftsversicherung hingewiesen hat?
Wie hat das Gericht entschieden?
Das Landgericht Amberg gab dem Versicherungsunternehmen in vollem Umfang recht. Herr M. wurde verurteilt, die erhaltenen 5.040 Euro Krankentagegeld an die Versicherung zurückzuzahlen, zuzüglich Zinsen. Zinsen sind eine Art Entschädigung für die verspätete Zahlung. Zusätzlich musste Herr M. die Kosten für die außergerichtlichen Anwaltsschreiben der Versicherung und die gesamten Kosten des Gerichtsverfahrens tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, das bedeutet, die Versicherung kann das Geld von Herrn M. fordern, auch wenn er theoretisch noch Rechtsmittel einlegen könnte, muss dafür aber eine Sicherheit hinterlegen.
Warum entschied das Gericht so? Die Versicherungsbedingungen im Detail
Das Gericht begründete seine Entscheidung ausführlich und stützte sich dabei auf verschiedene Gesetze und vor allem auf die konkreten Regelungen im Versicherungsvertrag von Herrn M.
Welche Regeln galten laut Vertrag?
Zunächst stellte das Gericht fest, welche Versicherungsbedingungen für den Vertrag von Herrn M. überhaupt galten. Das waren die „Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung, Teil I Musterbedingungen 2009 (MB/KT 2009)“ und die dazugehörigen „Teil II Tarifbedingungen (TB)“ des Versicherungsunternehmens. Diese waren im Nachtrag zum Versicherungsschein, einem wichtigen Vertragsdokument, ausdrücklich genannt.
In diesen Bedingungen fanden sich entscheidende Klauseln:
- Zweck der Versicherung: Die Versicherung soll Verdienstausfall durch Krankheit oder Unfall abdecken, der zur Arbeitsunfähigkeit führt (§ 1 Abs. 1 S. 1 MB/KT).
- Ende des Schutzes: Der Versicherungsschutz endet, wenn das Versicherungsverhältnis beendet wird (§ 7 S. 1 MB/KT).
- Beendigung bei Berufsunfähigkeit: Das Versicherungsverhältnis endet mit Eintritt der Berufsunfähigkeit (§ 15 Buchst. b MB/KT). Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person nach ärztlicher Einschätzung im bisherigen Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50 % erwerbsunfähig ist. Wenn zu diesem Zeitpunkt schon Arbeitsunfähigkeit besteht, endet der Vertrag spätestens drei Monate nach Eintritt der Berufsunfähigkeit, aber nicht, bevor die Versicherung ihre Leistungen für diese Arbeitsunfähigkeit erbracht hat.
- Berufsunfähigkeit und Rente: Die Tarifbedingungen (Nr. 30 Abs. 2 TB) präzisierten, dass Berufsunfähigkeit auch dann vorliegt, wenn die versicherte Person eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bezieht. Eine eventuelle Differenz zwischen Rente und Tagegeld würde für längstens drei Monate nach Rentenbeginn gezahlt.
- Rückzahlungspflicht: Wenn die Versicherung erst später vom Eintritt der Berufsunfähigkeit erfährt, sind beide Seiten – Versicherung und Versicherter – verpflichtet, die Leistungen zurückzuzahlen, die für die Zeit nach Beendigung des Vertrags empfangen wurden (§ 11 S. 2 MB/KT).
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass nach diesen Regeln der Versicherungsvertrag von Herrn M. automatisch mit dem Beginn seines Rentenbezugs endete. Da ihm die Rente rückwirkend ab dem 1. September 2020 bewilligt wurde, endete auch der Versicherungsvertrag zu diesem Datum. Es bedurfte hierfür keiner gesonderten Kündigung oder Erklärung. Der Bezug einer Rente wegen voller Erwerbsminderung führt dazu, dass man nicht mehr als versicherungsfähig für ein Krankentagegeld gilt, wenn die Bedingungen dies so vorsehen – was hier der Fall war.
Waren diese Regeln überhaupt gültig? Die Frage der „Anwartschaftsversicherung“
Nun musste das Gericht prüfen, ob solche Klauseln, die zu einer automatischen und rückwirkenden Vertragsbeendigung führen, überhaupt fair und damit wirksam sind. Hier kommt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) ins Spiel, genauer § 307 BGB, der Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen – wie es Versicherungsbedingungen sind – für unwirksam erklärt, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen.
Die Rechtsprechung, also frühere Urteile anderer Gerichte bis hin zum Bundesgerichtshof (dem höchsten deutschen Zivilgericht), sagt: Eine solche Beendigungsklausel ist nur dann wirksam, wenn dem Versicherten eine faire Möglichkeit geboten wird, bei einem späteren Wegfall des Beendigungsgrundes (also wenn er zum Beispiel wieder arbeitsfähig würde und keine Rente mehr bekäme) gleichwertigen Versicherungsschutz wiederzuerlangen. Eine solche Möglichkeit ist die sogenannte Anwartschaftsversicherung. Man kann sich das vorstellen wie eine Art „Ruhezustand“ des Vertrages: Man zahlt einen geringeren Beitrag und sichert sich das Recht, den vollen Versicherungsschutz später ohne erneute Gesundheitsprüfung wieder aufleben zu lassen.
Das Gericht fand, dass diese Voraussetzung im Fall von Herrn M. erfüllt war. Die Tarifbedingungen (Nr. 31 TB) sahen ausdrücklich vor, dass der Versicherungsnehmer den Vertrag als Anwartschaftsversicherung fortsetzen kann, wenn die Versicherung nicht mehr leisten muss, weil eine Erwerbsminderungsrente bezogen wird. Der Antrag dafür muss innerhalb von zwei Monaten nach Bezug der Rente gestellt werden. Da Herrn M. diese Option theoretisch offenstand und sie nach Ansicht des Gerichts in den Versicherungsbedingungen „gut erkennbar“ erwähnt war, hatte das Gericht keine rechtlichen Bedenken gegen die Wirksamkeit der Beendigungsklausel.
Was bedeutete das für die bereits gezahlten Beträge?
Wenn die Klauseln wirksam sind, so das Gericht, dann ist die Versicherung für die Dauer des Rentenbezugs nicht zur Leistung verpflichtet – und das auch rückwirkend, wenn die Rente rückwirkend bewilligt wird. Hat die Versicherung, wie im Fall von Herrn M., in Unkenntnis der späteren Rentenbewilligung bereits Krankentagegeld gezahlt, kann sie dieses Geld gemäß § 11 S. 2 MB/KT zurückfordern. Das Gericht sah keine Anzeichen dafür, dass die Versicherung vor dem 26. Oktober 2021 von der Rentenbewilligung wusste, während die Zahlungen bereits am 17. August 2021 geendet hatten.
Die von Herrn M. gezahlten 5.040 Euro mussten daher vollständig zurückgezahlt werden. Eine in den Tarifbedingungen (Nr. 30 TB) vorgesehene Nachleistung für bis zu drei Monate nach Rentenbeginn (also eine Zahlung der Differenz zwischen Rente und Tagegeld) kam hier nicht zum Tragen. Warum? Weil die monatliche Rente von Herrn M. (rund 1.230 Euro) das vereinbarte tägliche Krankentagegeld (15 Euro, also etwa 450-465 Euro im Monat) deutlich überstieg. Es gab also keine Differenz, die die Versicherung noch hätte zahlen müssen.
Was ist mit den Argumenten des Versicherten?
Das Gericht setzte sich auch mit den Einwänden von Herrn M. auseinander, wies diese aber zurück:
- Unklare Bedingungen: Das Gericht sah die Versicherungsbedingungen als ausreichend klar an. Die Regelungen zur Beendigung bei Rentenbezug seien verständlich.
- Schreiben vom 06.04.2021 (Verlängerung): Dieses Schreiben war nach Ansicht des Gerichts lediglich eine Bestätigung der Laufzeit und keine inhaltliche Zusage, dass unter allen Umständen bis Januar 2022 gezahlt würde oder dass die Bedingungen nicht mehr gelten. Der Versicherungsschein verwies zudem auf die „Vertragsgrundlage 403“, welche die relevanten Allgemeinen Versicherungsbedingungen umfasste.
- Fehlendes Angebot der Anwartschaftsversicherung: Das Gericht meinte, es sei nicht erforderlich gewesen, dass die Versicherung Herrn M. im Kündigungsschreiben aktiv auf die Möglichkeit der Anwartschaftsversicherung hinweist. Die Erwähnung in den Bedingungen sei ausreichend.
Selbst wenn die Klauseln zur Beendigung unwirksam gewesen wären, so führte das Gericht weiter aus, hätte eine sogenannte ergänzende Vertragsauslegung (eine Art Interpretation des Vertrages durch das Gericht, um eine Lücke zu füllen) wahrscheinlich zum selben Ergebnis geführt: Die Leistungspflicht der Versicherung wäre für den Zeitraum der Berufsunfähigkeit erloschen und es wäre ein Anspruch auf Rückzahlung der bereits erhaltenen Gelder entstanden.
Und die zusätzlichen Kosten?
Neben der Hauptforderung von 5.040 Euro musste Herr M. auch die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Versicherungsunternehmens in Höhe von rund 720 Euro zahlen. Diesen Anspruch begründete das Gericht damit, dass Herr M. mit der Zahlung in Verzug geraten war, also trotz Mahnung nicht gezahlt hatte. Die Höhe der Anwaltskosten hielt das Gericht für angemessen.
Auch die Zinsen auf die Hauptforderung und die Anwaltskosten musste Herr M. tragen. Diese Verzugszinsen sind gesetzlich vorgesehen, wenn jemand eine fällige Geldschuld nicht rechtzeitig begleicht. Herr M. befand sich spätestens seit Anfang Januar 2022 mit der Zahlung des Krankentagegeldes und seit Anfang Juni 2022 mit der Zahlung der Anwaltskosten in Verzug. Die Kosten des gesamten Rechtsstreits wurden ebenfalls Herrn M. auferlegt, da er den Prozess verloren hatte.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt, dass Versicherungen bereits gezahltes Krankentagegeld zurückfordern können, wenn nachträglich eine Erwerbsminderungsrente bewilligt wird – selbst wenn die Versicherung monatelang unwissend gezahlt hat. Versicherungsbedingungen können wirksam vorsehen, dass der Vertrag automatisch und rückwirkend endet, sobald eine solche Rente gewährt wird, sofern eine „Anwartschaftsversicherung“ als Alternative angeboten wird. Versicherte sollten daher ihre Versicherung umgehend über Rentenanträge informieren und prüfen, ob sie den Vertrag als Anwartschaft fortsetzen können. Die Entscheidung verdeutlicht, wie wichtig es ist, Versicherungsbedingungen genau zu lesen und bei Unsicherheiten nachzufragen, da Unwissen vor kostspieligen Rückforderungen nicht schützt.
Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was passiert mit meiner Krankentagegeldversicherung, wenn ich eine Erwerbsminderungsrente erhalte?
Wenn Sie eine Erwerbsminderungsrente erhalten, hat dies in der Regel direkte und bedeutende Auswirkungen auf Ihre private Krankentagegeldversicherung. Der Grund dafür liegt im unterschiedlichen Zweck dieser beiden Absicherungen: Die Krankentagegeldversicherung (KTG) soll einen vorübergehenden Verdienstausfall aufgrund von Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit absichern. Eine Erwerbsminderungsrente wird hingegen bei einer dauerhaften oder langfristigen Einschränkung Ihrer Arbeitsfähigkeit gewährt.
Ende der Krankentagegeldversicherung bei Erwerbsminderung
Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) Ihrer Krankentagegeldversicherung sehen fast immer vor, dass der Anspruch auf Krankentagegeld endet oder die Versicherung ganz beendet wird, sobald eine Rente wegen Erwerbsminderung bewilligt wird. Dies gilt oft auch schon, wenn die Erwerbsminderung ärztlich festgestellt wird, selbst wenn noch keine Rente beantragt oder bewilligt wurde.
Was Sie sich darunter vorstellen können:
- Zweckentfremdung: Da das Krankentagegeld dafür gedacht ist, Sie bei einer vorübergehenden Krankheit finanziell zu unterstützen, würde es seinen Sinn verlieren, wenn Sie dauerhaft nicht mehr erwerbsfähig sind und dafür bereits eine Rente erhalten.
- Regelungen in den Versicherungsbedingungen: Die genauen Bedingungen finden sich in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB), die Sie mit dem Versicherungsvertrag erhalten haben. Dort ist präzise festgelegt, unter welchen Umständen der Anspruch auf Krankentagegeld endet, zum Beispiel:
- Mit dem Tag, ab dem Ihnen eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gezahlt wird.
- Mit dem Tag, ab dem Sie als dauerhaft erwerbsunfähig anerkannt werden, unabhängig davon, ob bereits eine Rente bewilligt wurde.
- Teilweise schon mit dem Tag, an dem der Antrag auf Erwerbsminderungsrente gestellt wird, sofern dieser erfolgreich ist.
Auswirkungen einer rückwirkenden Rentenbewilligung
Ein besonders wichtiger Aspekt ist die rückwirkende Bewilligung der Erwerbsminderungsrente. Es kommt häufig vor, dass eine Rente wegen Erwerbsminderung für einen Zeitpunkt in der Vergangenheit bewilligt wird, zu dem Sie möglicherweise noch Krankentagegeld bezogen haben.
Für Sie bedeutet das:
- Wenn Sie in einem Zeitraum Krankentagegeld erhalten haben und für denselben Zeitraum nachträglich eine Erwerbsminderungsrente bewilligt wird, kann der Versicherer das gezahlte Krankentagegeld zurückfordern. Dies liegt daran, dass der Anspruch auf Krankentagegeld für diesen Zeitraum aufgrund der Erwerbsminderungsrente von Anfang an entfallen wäre.
- Meldepflicht: Sie sind in der Regel vertraglich verpflichtet, Ihrem Versicherer eine Beantragung oder Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente unverzüglich mitzuteilen. Eine Verletzung dieser Pflicht kann ebenfalls negative Konsequenzen haben.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Bezug einer Erwerbsminderungsrente fast immer das Ende des Anspruchs auf Krankentagegeld und/oder der gesamten Krankentagegeldversicherung bedeutet. Es ist entscheidend, die Bedingungen Ihrer individuellen Versicherung zu kennen und zu verstehen.
Muss ich bereits erhaltenes Krankentagegeld zurückzahlen, wenn meine Erwerbsminderungsrente rückwirkend bewilligt wird?
Wenn Ihre Erwerbsminderungsrente rückwirkend bewilligt wird, kann es tatsächlich zu einer Rückforderung des bereits erhaltenen Krankentagegeldes kommen. Dies ist eine häufige Situation, die sich aus der Funktionsweise beider Leistungen ergibt.
Der Zweck von Krankentagegeld und Erwerbsminderungsrente
Das Krankentagegeld dient dazu, Ihren Verdienstausfall bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Krankheit zu überbrücken. Es ist eine Leistung, die zeitlich begrenzt gezahlt wird, solange Sie voraussichtlich wieder arbeitsfähig werden.
Die Erwerbsminderungsrente hingegen ist eine staatliche Leistung, die Sie erhalten, wenn Ihre Erwerbsfähigkeit dauerhaft oder für längere Zeit so stark gemindert ist, dass Sie nicht mehr oder nur noch eingeschränkt arbeiten können. Sie soll Ihren Lebensunterhalt langfristig sichern, wenn Sie nicht mehr arbeiten können.
Rückforderung bei rückwirkender Rentenbewilligung
Der entscheidende Punkt ist, dass das Krankentagegeld nicht dafür gedacht ist, gleichzeitig mit einer Rente für denselben Zeitraum gezahlt zu werden. Man spricht hier von einer Vermeidung von Doppelzahlungen.
Private Krankenversicherungen (PKV), die Krankentagegeld zahlen, haben in ihren Vertragsbedingungen (den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung, kurz MB/KT) in der Regel eine Regelung, die besagt, dass der Anspruch auf Krankentagegeld endet, sobald eine Erwerbsminderungsrente oder eine ähnliche dauerhafte Versorgungsleistung bewilligt wird. Dies gilt auch, wenn die Rente rückwirkend bewilligt wird.
Stellen Sie sich vor, Sie erhalten Krankentagegeld für einen Zeitraum, für den Ihnen später rückwirkend eine Erwerbsminderungsrente zugesprochen wird. In diesem Fall hat die Rentenversicherung den Verdienstausfall für diesen Zeitraum bereits abgedeckt. Die Private Krankenversicherung geht davon aus, dass ihr Krankentagegeldanspruch zu dem Zeitpunkt geendet hat, an dem der Rentenanspruch tatsächlich begann. Deshalb kann die Private Krankenversicherung das für diesen überschneidenden Zeitraum gezahlte Krankentagegeld zurückfordern.
Rolle der Versicherungsbedingungen und Rentenhöhe
- Versicherungsbedingungen: Die genaue Ausgestaltung der Rückforderungsansprüche hängt stark von den individuellen Versicherungsbedingungen Ihres Krankentagegeldtarifs ab. Die Musterbedingungen der Versicherer sehen vor, dass der Anspruch auf Krankentagegeld mit dem Tag beginnt, an dem die Rente bewilligt wird, auch wenn diese rückwirkend gezahlt wird.
- Höhe der Rente: Für die Rückforderung ist oft entscheidend, dass die Erwerbsminderungsrente den Verdienstausfall ersetzt, für den das Krankentagegeld gezahlt wurde. Wenn die Rente nur eine Teil-Erwerbsminderungsrente ist oder deutlich unter dem bisherigen Einkommen liegt, kann die Situation komplexer sein. Die Hauptregel bleibt jedoch, dass bei einer bewilligten Erwerbsminderungsrente der Bedarf an Krankentagegeld für denselben Zeitraum grundsätzlich entfällt.
Es ist also wichtig zu verstehen, dass die Rückforderung des Krankentagegeldes nicht willkürlich erfolgt, sondern auf dem Prinzip basiert, eine Doppelzahlung für ein und denselben Verdienstausfall zu vermeiden, sobald eine dauerhafte Einkommensquelle wie die Erwerbsminderungsrente greift.
Sind die Klauseln in Versicherungsbedingungen, die eine automatische Beendigung der Krankentagegeldversicherung vorsehen, rechtlich wirksam?
Ja, Klauseln in Versicherungsbedingungen, die eine automatische Beendigung der Krankentagegeldversicherung vorsehen, können grundsätzlich rechtlich wirksam sein. Dies ist jedoch an strenge Voraussetzungen geknüpft, die das deutsche Recht zum Schutz von Verbrauchern vorsieht. Solche Bedingungen sind als sogenannte Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) zu prüfen, und sie dürfen den Versicherten nicht unangemessen benachteiligen.
Der rechtliche Rahmen: Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
Versicherungsbedingungen sind in der Regel Allgemeine Geschäftsbedingungen. Das sind vorformulierte Vertragsbedingungen, die ein Unternehmen wie eine Versicherung für eine Vielzahl von Verträgen verwendet. Weil Sie als Versicherungsnehmer auf die Gestaltung dieser Bedingungen keinen Einfluss haben, unterliegen sie einer besonderen gesetzlichen Kontrolle.
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht vor, dass Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders (hier: Sie als Versicherungsnehmer) unangemessen benachteiligen (§ 307 BGB). Eine Benachteiligung ist unangemessen, wenn sie nicht mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung vereinbar ist oder die Rechte und Pflichten so weit beschränkt, dass das Erreichen des Vertragszwecks gefährdet wird.
Wann sind Beendigungsklauseln wirksam?
Damit eine Klausel zur automatischen Beendigung in der Krankentagegeldversicherung wirksam ist, müssen insbesondere folgende Punkte beachtet werden:
- Klarheit und Verständlichkeit (Transparenzgebot): Die Klausel muss klar und verständlich formuliert sein. Sie muss für Sie als Versicherungsnehmer eindeutig erkennen lassen, unter welchen konkreten Umständen die Versicherung endet. Unklare oder missverständliche Formulierungen machen die Klausel unwirksam.
- Sachlicher Grund: Die automatische Beendigung muss einen sachlichen und nachvollziehbaren Grund haben. Typische Gründe sind beispielsweise der Beginn einer vollen Erwerbsminderungsrente, das Erreichen eines bestimmten Lebensalters (z.B. Renteneintrittsalter) oder das Ende des Arbeitsverhältnisses, wenn die Versicherung daran gekoppelt ist. Solche Gründe spiegeln wider, dass der Versicherungsfall (Arbeitsunfähigkeit, die einen Einkommensverlust bewirkt) in diesen Fällen in der Regel nicht mehr gegeben ist.
- Keine unangemessene Benachteiligung: Die Beendigung darf Sie als Versicherten nicht unbillig überraschen oder finanziell benachteiligen. Es muss ein angemessenes Verhältnis zwischen dem Interesse der Versicherung an der Beendigung und Ihrem Schutzbedürfnis bestehen bleiben.
Besondere Herausforderung: Die „rückwirkende“ Beendigung
Die Formulierung „rückwirkende Beendigung“ ist juristisch oft missverständlich. Wenn eine Klausel dazu führt, dass die Versicherung automatisch ab einem Zeitpunkt in der Vergangenheit endet, der Ihnen nicht bekannt war oder auf den Sie keinen Einfluss hatten, und dies zu finanziellen Nachteilen führt (z.B. Rückforderung bereits erhaltener Leistungen ohne klaren Grund), dann ist eine solche Klausel in der Regel unwirksam, da sie Sie unangemessen benachteiligt.
Oft bedeutet „rückwirkend“ in diesem Kontext, dass die Beendigung ab dem Zeitpunkt des Eintritts eines bestimmten Ereignisses (z.B. Zuerkennung der vollen Erwerbsminderungsrente) erfolgt, selbst wenn die Versicherung erst später von diesem Ereignis erfährt. Dies ist etwas anderes, als wenn bereits erbrachte Versicherungsleistungen ohne triftigen Grund zurückgefordert werden. Eine wirksame Klausel muss so gestaltet sein, dass sie nicht zu einer unfairen Überraschung führt oder Ihnen zustehende Leistungen nachträglich entzieht. Im Kern geht es darum, dass Sie durch die Beendigungsklausel nicht benachteiligt werden dürfen, ohne dass es hierfür einen klaren, sachlichen Grund und eine transparente Regelung gibt.
Welche Bedeutung hat eine Anwartschaftsversicherung im Zusammenhang mit dem Ende meiner Krankentagegeldversicherung?
Eine Anwartschaftsversicherung ist eine besondere Art der Versicherung, die Ihnen das Recht sichert, in Zukunft einen bestehenden Versicherungsschutz wieder aufzunehmen, ohne erneut eine Gesundheitsprüfung durchlaufen zu müssen. Stellen Sie sich vor, Sie möchten eine Tür offenhalten, um später wieder in ein bestimmtes Haus zurückkehren zu können, ohne einen neuen Schlüssel beantragen zu müssen. Diese Anwartschaftsversicherung ist wie dieser „offene Schlüssel“ für Ihre Versicherung. Sie ermöglicht es Ihnen, den Versicherungsschutz zu einem späteren Zeitpunkt zu reaktivieren, ohne dass Ihr aktueller Gesundheitszustand erneut geprüft wird oder Sie Nachteile befürchten müssen, die sich aus einer Verschlechterung Ihrer Gesundheit ergeben könnten.
Sinn und Zweck bei Beendigung des Krankentagegeldes
Die Krankentagegeldversicherung zahlt Ihnen ein vereinbartes Tagegeld, wenn Sie aufgrund von Krankheit arbeitsunfähig sind. In vielen Fällen endet Ihre Krankentagegeldversicherung, zum Beispiel durch eine vertraglich vorgesehene Klausel, wenn Sie dauerhaft berufsunfähig oder erwerbsgemindert werden und deshalb Leistungen aus einer Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsminderungsversicherung beziehen.
In dieser Situation wird die Anwartschaftsversicherung relevant: Sie überbrückt die Zeit, in der Ihr Krankentagegeldvertrag pausiert oder beendet ist. Sollte Ihre Berufsunfähigkeit oder Erwerbsminderung später wieder entfallen und Sie Ihre volle Arbeitsfähigkeit zurückerlangen, stünden Sie ohne Anwartschaftsversicherung vor dem Problem, dass Sie eine komplett neue Krankentagegeldversicherung beantragen müssten. Dabei wäre eine erneute Gesundheitsprüfung unumgänglich. Je nach Ihrem Gesundheitszustand zum Zeitpunkt des neuen Antrags könnte dies zu höheren Beiträgen führen oder dazu, dass Sie gar keinen neuen Versicherungsschutz erhalten. Mit einer Anwartschaftsversicherung zahlen Sie einen vergleichsweise geringen Beitrag und erwerben sich das Recht, den ursprünglichen Krankentagegeld-Vertrag später ohne erneute Gesundheitsprüfung und in der Regel zu den Konditionen Ihres damaligen Eintrittsalters fortzusetzen. Dies ist eine wichtige Absicherung, um bei Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit weiterhin finanziell abgesichert zu sein.
Bedeutung in der Rechtsprechung
Im Zusammenhang mit der Beendigung von Krankentagegeldversicherungen, insbesondere wenn der Versicherer den Vertrag aufgrund einer Berufsunfähigkeit kündigt, spielt die Anwartschaftsversicherung eine bedeutende Rolle in der deutschen Rechtsprechung. Viele Versicherungsverträge enthalten Klauseln, die dem Versicherer eine Kündigung oder Leistungsbeendigung ermöglichen, sobald der Versicherte dauerhaft berufsunfähig oder erwerbsgemindert ist und Leistungen aus einer entsprechenden Versicherung erhält.
Gerichte prüfen solche Beendigungsklauseln sehr genau, um sicherzustellen, dass sie den Versicherten nicht unangemessen benachteiligen. Oftmals wird die Wirksamkeit einer solchen Beendigungsklausel davon abhängig gemacht, ob der Versicherer dem Versicherten gleichzeitig das Angebot einer Anwartschaftsversicherung unterbreitet hat. Die Gerichte sehen darin einen wichtigen Ausgleich für den Versicherten: Obwohl der Krankentagegeldvertrag aufgrund der Berufsunfähigkeit endet, wird ihm die Möglichkeit erhalten, den Versicherungsschutz unter erleichterten Bedingungen (ohne neue Gesundheitsprüfung) wieder zu reaktivieren, sollte die Berufsunfähigkeit oder Erwerbsminderung entfallen. Wird eine solche Option nicht angeboten, kann die Beendigungsklausel als unwirksam angesehen werden, da sie den Versicherten unangemessen benachteiligen würde. Die Anwartschaftsversicherung ist somit ein entscheidender Faktor für die rechtliche Bewertung der Fairness und Gültigkeit von Beendigungsklauseln in Krankentagegeldversicherungen.
Was sollte ich tun, wenn meine Krankentagegeldversicherung die Rückzahlung von Leistungen fordert?
Wenn eine Krankentagegeldversicherung die Rückzahlung bereits erbrachter Leistungen fordert, ist dies ein Sachverhalt, der eine genaue Betrachtung erfordert. Eine solche Forderung kann verschiedene Gründe haben und basiert in der Regel auf der Annahme der Versicherung, dass Leistungen ohne gültigen Rechtsgrund gezahlt wurden.
Mögliche Gründe für Rückforderungen
Krankentagegeld wird geleistet, solange eine versicherte Person aufgrund von Krankheit arbeitsunfähig ist und die Bedingungen des Versicherungsvertrags erfüllt. Eine Rückforderung kann entstehen, wenn die Versicherung zu dem Schluss kommt, dass der ursprüngliche Leistungsanspruch nicht bestand oder später entfallen ist. Häufige Ursachen hierfür sind:
- Ende der Arbeitsunfähigkeit: Die Versicherung könnte der Ansicht sein, dass die medizinisch festgestellte Arbeitsunfähigkeit zu einem früheren Zeitpunkt geendet hat, als die Leistungen gezahlt wurden.
- Anspruch auf andere Leistungen: Der Anspruch auf Krankentagegeld kann vertragsgemäß enden, wenn die versicherte Person beispielsweise eine Altersrente, eine volle Erwerbsminderungsrente oder andere vergleichbare Leistungen erhält. Die Details dazu sind in den jeweiligen Vertragsbedingungen festgelegt.
- Unzutreffende Angaben: Wurden bei der Antragstellung oder während des Bezugszeitraums wichtige Informationen, die für den Leistungsanspruch relevant sind, nicht korrekt oder vollständig mitgeteilt, kann dies eine Rückforderung nach sich ziehen.
- Verstöße gegen vertragliche Pflichten: Der Versicherte hat bestimmte Pflichten, wie die fristgerechte Einreichung von Attesten oder die Meldung von Veränderungen, die den Leistungsanspruch beeinflussen könnten. Eine Missachtung dieser Pflichten kann Konsequenzen haben.
Bedeutung der Vertragsbedingungen
Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der Krankentagegeldversicherung sind das zentrale Regelwerk für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Rückforderung. Darin ist detailliert festgelegt, unter welchen Umständen ein Anspruch auf Krankentagegeld besteht, wann er beginnt, wann er endet und welche Pflichten der Versicherte hat. Jede Forderung der Versicherung muss sich auf eine entsprechende Regelung in diesen AVB stützen.
Prüfung der Forderung
Wenn eine Krankentagegeldversicherung die Rückzahlung von Leistungen fordert, ist es wichtig, die Begründung der Versicherung detailliert zu prüfen. Die Versicherung muss klar darlegen, auf welcher Grundlage sie die Rückforderung erhebt. Dies kann beispielsweise ein Verweis auf eine bestimmte Klausel in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) oder eine Änderung im Gesundheitszustand sein, die den Anspruch beendet hätte.
Es ist entscheidend, diese Begründung mit den eigenen Vertragsunterlagen und dem tatsächlichen Geschehensablauf abzugleichen. Stellen Sie sich vor, die Versicherung beruft sich auf das Ende Ihrer Arbeitsunfähigkeit. Dann ist zu klären, wann und wie dies medizinisch festgestellt wurde und ob dies mit Ihrer eigenen Situation übereinstimmt. Eine schnelle Reaktion wie eine vorschnelle Zahlung ohne vorherige umfassende Prüfung des Sachverhalts kann nachteilig sein, falls die Forderung nicht gerechtfertigt sein sollte. Die Klärung des vollständigen Sachverhalts ist daher von hoher Relevanz.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Erwerbsminderungsrente
Eine Erwerbsminderungsrente ist eine staatliche Leistung, die Personen erhalten, wenn ihre Fähigkeit, am Arbeitsmarkt zu arbeiten, dauerhaft oder für eine längere Zeit erheblich eingeschränkt ist. Sie soll den Lebensunterhalt sichern, wenn jemand wegen Krankheit oder Behinderung nicht (mehr) oder nur eingeschränkt arbeiten kann. Es wird zwischen voller und teilweiser Erwerbsminderung unterschieden, je nachdem wie stark die Arbeitsfähigkeit reduziert ist. Im vorliegenden Fall führte die rückwirkende Bewilligung der vollen Erwerbsminderungsrente dazu, dass der Anspruch auf das Krankentagegeld endete, weil die Rente den Verdienstausfall bereits abdeckt.
Beispiel: Wenn jemand wegen eines schweren Unfalls nicht mehr arbeiten kann und deshalb eine volle Erwerbsminderungsrente erhält, ersetzt diese Rente das Einkommen langfristig, sodass vorübergehende Krankentagegeldzahlungen entfallen.
Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB)
Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) sind vorformulierte Regelwerke, die in Versicherungsverträgen die Rechte und Pflichten von Versicherungsnehmer und Versicherer festlegen. Sie gelten für viele Verträge gleicher Art und ergänzen den individuellen Versicherungsvertrag. Im Fall der Krankentagegeldversicherung regeln sie unter anderem, wann die Versicherung beginnt und endet, wie Leistungen erbracht werden und welche Voraussetzungen gelten. Wichtig ist, dass die AVB klar und verständlich sein müssen, damit ein Durchschnittsverbraucher die Vertragsfolgen erkennen kann.
Beispiel: Die AVB eines Krankentagegeldvertrags können festlegen, dass die Versicherung automatisch endet, wenn der Versicherte eine Erwerbsminderungsrente erhält.
Anwartschaftsversicherung
Eine Anwartschaftsversicherung ist eine Art „Ruhezustand“ für eine Versicherung, der es dem Versicherten erlaubt, den Versicherungsschutz später wieder aufzunehmen, ohne eine erneute Gesundheitsprüfung durchlaufen zu müssen. Sie sichert das Recht, den ursprünglichen Vertrag zu unveränderten Bedingungen zu reaktivieren, wenn sich die gesundheitliche Situation ändert. In Fällen, in denen eine Krankentagegeldversicherung etwa durch Bezug von Erwerbsminderungsrente endet, bietet die Anwartschaftsversicherung einen Schutzmechanismus, damit der Versicherungsschutz später ohne Nachteile wieder aufgenommen werden kann.
Beispiel: Wenn jemand wegen Erwerbsminderung seinen Krankentagegeldvertrag pausieren muss, kann er mit einer Anwartschaftsversicherung später wieder versichert sein, falls er sich erholt und wieder arbeiten kann – ohne neue Gesundheitsprüfung.
Rückforderung von Versicherungsleistungen
Die Rückforderung von Versicherungsleistungen bedeutet, dass ein Versicherer bereits gezahlte Geldbeträge vom Versicherungsnehmer zurückverlangt, wenn sich herausstellt, dass die Zahlungen unberechtigt waren oder die Vertragsgrundlage entfallen ist. Im vorliegenden Fall konnte die Versicherung das Krankentagegeld für den Zeitraum zurückfordern, für den rückwirkend eine Erwerbsminderungsrente gezahlt wurde, weil der Anspruch auf Krankentagegeld in dieser Zeit von Anfang an nicht bestand. Die Voraussetzungen und Rechte zur Rückforderung regeln häufig die Versicherungsbedingungen, hier z.B. im § 11 MB/KT.
Beispiel: Wenn eine Krankentagegeldversicherung Leistungen zahlt und später von einem Rentenbescheid erfährt, der den Anspruch auf Krankentagegeld für denselben Zeitraum ausschließt, sind Rückforderungen üblich.
Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) und § 307 BGB
Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind vorformulierte Vertragsbedingungen, die für viele Verträge gleicher Art gelten. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) schützt Verbraucher, indem es vorschreibt, dass AGB-Klauseln nicht unangemessen benachteiligend sein dürfen (§ 307 BGB). Das bedeutet, Klauseln in den Versicherungsbedingungen müssen klar, verständlich und fair sein. Im vorliegenden Fall wurde geprüft, ob Klauseln, die eine automatische und rückwirkende Vertragsbeendigung bei Erwerbsminderung vorsehen, wirksam sind und den Versicherten nicht unangemessen benachteiligen.
Beispiel: Wenn eine Klausel in einer Versicherung so formuliert ist, dass sie den Versicherten überraschend und nachteilig betrifft, kann sie nach § 307 BGB unwirksam sein.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 307 BGB (Unwirksamkeit von AGB-Klauseln bei unangemessener Benachteiligung): Dieser Paragraph regelt, dass Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen oder unklar formuliert sind. Dies schützt Verbraucher vor überraschenden oder unfairen Vertragsinhalten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Wirksamkeit der Klauseln zur Beendigung des Versicherungsvertrags bei Rentenbezug wurde daran gemessen, ob diese dem Versicherungsnehmer unzumutbar sind oder ihn unangemessen benachteiligen; das Gericht bejahte die Wirksamkeit, da die Bedingungen ausreichend transparent waren.
- Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung (MB/KT 2009), insbesondere § 15 Buchst. b MB/KT: Diese Klausel regelt, dass der Versicherungsvertrag mit Eintritt der Berufsunfähigkeit endet, wobei Berufsunfähigkeit unter anderem bei Bezug einer Erwerbsminderungsrente vorliegt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Vertrag von Herrn M. endete daher automatisch rückwirkend mit Beginn der vollen Erwerbsminderungsrente, da diese als Berufsunfähigkeit gilt.
- Tarifbedingungen Nr. 30 Abs. 2 TB (Anrechnung der Erwerbsminderungsrente): Hier ist bestimmt, dass der Bezug einer Rente wegen voller Erwerbsminderung als Berufsunfähigkeit gilt und die Versicherung für längstens drei Monate Leistungen zahlen kann, wenn eine Differenz zum Krankentagegeld besteht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die Erwerbsminderungsrente von Herrn M. höher als das Krankentagegeld war, entfiel eine Nachzahlung durch die Versicherung, sodass kein weiterer Leistungsanspruch bestand.
- § 11 Satz 2 MB/KT (Rückzahlungspflicht bei späterer Kenntnis von Berufsunfähigkeit): Diese Vorschrift regelt, dass bereits geleistete Zahlungen zurückzufordern sind, wenn sich herausstellt, dass der Versicherungsvertrag rückwirkend beendet ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die Versicherung erst verspätet von der rückwirkenden Rentenbewilligung erfuhr, konnte sie die bereits gezahlten Krankentagegelder von Herrn M. zurückverlangen.
- Tarifbedingungen Nr. 31 TB (Anwartschaftsversicherung): Diese Klausel ermöglicht es dem Versicherungsnehmer, den Vertrag in einen sogenannten „Ruhezustand“ (Anwartschaft) umzuwandeln, um später ohne erneute Gesundheitsprüfung wieder in den vollen Versicherungsumfang zurückzukehren. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht sah durch diese Möglichkeit die Voraussetzung für eine zulässige und faire Beendigungsklausel als erfüllt an, da Herrn M. die Option eingeräumt war.
- Zivilprozessordnung (ZPO), insbesondere Regelungen zu Kosten- und Zinsansprüchen bei Verzug: Dies betrifft die rechtliche Verpflichtung des Schuldners, Verzugsschäden und Rechtsanwaltskosten zu tragen, wenn Zahlungen verspätet erfolgen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Herr M. musste neben der Rückzahlung des Krankentagegeldes auch die Anwaltskosten und Verzugszinsen tragen, da er trotz Mahnungen nicht zahlte und in Verzug geriet.
Das vorliegende Urteil
LG Amberg – Az.: 24 O 400/23 – Endurteil vom 28.02.2024
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