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Beweismaß in der Unfallversicherung

Beweisführung und Kausalität in Unfallversicherung
(Symbolfoto: Flux gen.)

Ein Bauhofmitarbeiter aus Passau kämpfte vergeblich vor Gericht um eine Invaliditätsleistung seiner Unfallversicherung. Nach zwei Unfällen im Jahr 2016 – einem Zusammenstoß mit einem Baggerlader und einem Zwischenfall bei Tauchübungen – leidet er unter anhaltenden Kopfschmerzen. Gutachter konnten jedoch keinen Zusammenhang zwischen den Unfällen und seinen Beschwerden feststellen, sodass das Landgericht Passau die Klage abwies.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Passau
  • Datum: 14.12.2023
  • Aktenzeichen: 3 O 508/21
  • Verfahrensart: Zivilprozess
  • Rechtsbereiche: Versicherungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Eine natürliche Person mit einer privaten Unfallversicherung, geltend machend, dass zwei Unfallereignisse am 26.06.2016 und 09.09.2016 zu einer Invalidität geführt haben und daher Ansprüche gegen die Versicherung entstehen.
  • Beklagte: Die private Unfallversicherung des Klägers, verweigernd die Zahlung der geltend gemachten Invaliditätsleistungen. Die Versicherung argumentiert, dass die Vorfälle keine versicherten Unfälle sind und keine unfallbedingte Invalidität nachweisbar ist.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Kläger hatte bei seiner privaten Unfallversicherung Ansprüche auf Leistungen aufgrund angeblicher unfallbedingter gesundheitlicher Beeinträchtigungen geltend gemacht, die er bei zwei Vorfällen erlitten haben soll. Der Kläger behauptete, beim ersten Vorfall am 26.06.2016 ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten zu haben, und beim zweiten Vorfall am 09.09.2016 aufgrund eines Tauchgangs eine Subarachnoidalblutung mit fortbestehenden Kopfschmerzen erlitten zu haben.
  • Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob die geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen tatsächlich durch versicherte Unfallereignisse verursacht wurden und einen Anspruch auf Invaliditätsleistungen nach den Versicherungsbedingungen der AUB 2012 begründeten.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Klage wurde insgesamt abgewiesen. Der Kläger hat zudem die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  • Begründung: Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der Kläger den Nachweis einer unfallbedingten dauerhaften Beeinträchtigung nicht erbringen konnte. Es fehlte am Kausalzusammenhang zwischen den behaupteten Unfallereignissen und den gesundheitlichen Beschwerden des Klägers, insbesondere, da Kopfschmerzen nicht auf das Unfallgeschehen vom 26.06.2016 zurückgeführt werden konnten. Auch der Vorfall vom 09.09.2016 führte nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer unfallbedingten Invalidität. Die Gutachten der Sachverständigen belegten keine dauerhafte unfallbedingte Funktionsbeeinträchtigung.
  • Folgen: Der Kläger erhält keine Versicherungsleistungen und muss die Kosten des Verfahrens übernehmen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung zugunsten der Beklagten.

Beweisführung bei Unfällen: Anspruchsgrundlagen in der Unfallversicherung verstehen

Die Beweisführung bei Unfällen spielt eine entscheidende Rolle im Unfallversicherungsrecht. Wenn ein Versicherungsfall eintritt, sind Versicherte oft unsicher über die Beweispflicht und die damit verbundenen Anspruchsgrundlagen. Das Beweismaß, das bedeutet, in welchem Umfang Nachweise erbracht werden müssen, kann im Zusammenhang mit der Unfallversicherung eine komplexe Materie darstellen. Insbesondere bei der Dokumentation von Unfallschäden und der Erlangung von Leistungen ist es wichtig, die relevanten Beweislastregelungen zu verstehen.

In der Rechtsprechung zur Unfallversicherung gibt es klare Vorgaben, die den Nachweis eines Unfalls und die späteren Ansprüche der Versicherten betreffen. Je nach Versicherungsbedingungen kann das geforderte Beweismaß variieren, was die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Schadensnachweis erheblich beeinflusst. Im Folgenden werden wir einen konkreten Fall beleuchten, der interessante Einblicke in diese Thematik bietet.

Der Fall vor Gericht


Unfallversicherung lehnt Zahlung nach Arbeitsunfällen ab – Landgericht Passau bestätigt Entscheidung

Ein Bauhofmitarbeiter und Bademeister scheiterte vor dem Landgericht Passau mit seiner Klage gegen eine private Unfallversicherung. Der Mann hatte nach zwei Vorfällen im Jahr 2016 eine Invaliditätsleistung von 10.500 Euro gefordert, da er seitdem unter anhaltenden Kopfschmerzen leide.

Zwei Unfälle im Berufsalltag

Der erste Vorfall ereignete sich am 26. Juni 2016, als der Kläger bei Aufräumarbeiten nach einem Hochwasser mit einem Baggerlader gegen einen Schachtdeckel stieß. Dabei prallte er mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe, die dadurch zerbrach. Der zweite Vorfall geschah am 9. September 2016 während routinemäßiger Schwimmübungen in seiner Tätigkeit als Bademeister. Nach Tauchübungen über eine Strecke von 25 Metern in zwei Metern Tiefe klagte er über starke Kopfschmerzen.

Medizinische Behandlung und Reha

Noch am Tag des zweiten Vorfalls wurde der Mann im Klinikum Passau wegen Kopfschmerzen behandelt. Knapp zwei Wochen später diagnostizierten die Ärzte eine Subarachnoidalblutung parafalxial beidseits ohne Aneurysma-Nachweis. Es folgte ein stationärer Aufenthalt bis Anfang Oktober sowie eine anschließende vierwöchige Rehabilitation.

Gerichtliche Beweisaufnahme

Das Gericht stützte seine Entscheidung maßgeblich auf die Gutachten der medizinischen Sachverständigen Dr. P. und Dr. M. Diese kamen zu dem Schluss, dass die aktuellen Kopfschmerzen nicht auf die Unfälle zurückzuführen seien. Bei dem ersten Vorfall habe es sich um die leichteste Form eines Schädel-Hirn-Traumas gehandelt, bei dem keine neurologischen oder neuropsychologischen Spätfolgen zu erwarten seien.

Keine nachweisbare Kausalität

Für den zweiten Vorfall stellten die Gutachter fest, dass kein von außen einwirkendes Ereignis vorlag, das zu einer Gesundheitsschädigung geführt habe. Die festgestellte Subarachnoidalblutung sei als Komplikation eines reversiblen zerebrovaskulären Vasokonstriktionssyndroms (RCVS) zu bewerten und stelle eine unfallunabhängige Gesundheitsstörung dar.

Rechtliche Bewertung

Nach den Versicherungsbedingungen muss für eine Invaliditätsleistung eine unfallbedingte dauerhafte Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit vorliegen. Das Gericht sah den erforderlichen Nachweis der Kausalität zwischen den Unfällen und den anhaltenden Beschwerden als nicht erbracht an. Da der Kläger die Beweislast trägt, wies das Landgericht die Klage ab und auferlegte ihm die Kosten des Rechtsstreits.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil verdeutlicht die hohen Anforderungen an den Nachweis einer unfallbedingten Invalidität bei privaten Unfallversicherungen. Für die Zahlung einer Invaliditätsleistung muss der Versicherte zwei Dinge nachweisen: Erstens einen klaren Zusammenhang zwischen Unfall und ursprünglicher Verletzung und zweitens, dass seine dauerhaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf diese ursprüngliche Unfallverletzung zurückzuführen sind. Besonders bei komplexen gesundheitlichen Beschwerden wie Kopfschmerzen reicht es nicht aus, dass diese zeitlich nach dem Unfall aufgetreten sind – es muss ein medizinisch nachweisbarer Zusammenhang bestehen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie nach einem Unfall eine Invaliditätsleistung von Ihrer privaten Unfallversicherung erhalten möchten, müssen Sie frühzeitig alle Verletzungen ärztlich dokumentieren lassen und den Unfall zeitnah der Versicherung melden. Lassen Sie sich von Anfang an gründlich untersuchen und dokumentieren Sie den Verlauf Ihrer Beschwerden sorgfältig. Achten Sie besonders darauf, dass Ihre behandelnden Ärzte einen konkreten Zusammenhang zwischen dem Unfall und Ihren gesundheitlichen Beeinträchtigungen in den Befunden festhalten. Bei länger anhaltenden Beschwerden sollten Sie sich nicht scheuen, einen spezialisierten Anwalt für Versicherungsrecht hinzuzuziehen, der Sie bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche unterstützt.


Benötigen Sie Hilfe?

Die komplexen Nachweispflichten bei Invaliditätsansprüchen stellen viele Versicherte vor große Herausforderungen. Unsere langjährige Erfahrung im Umgang mit Versicherungen zeigt, dass eine frühzeitige rechtliche Begleitung Ihre Position deutlich stärken kann. Wir analysieren Ihre medizinische Dokumentation, identifizieren relevante Zusammenhänge und unterstützen Sie dabei, Ihre berechtigten Ansprüche durchzusetzen. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen zu versicherungsrechtlichen Themen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Beweise muss ich nach einem Unfall für meine private Unfallversicherung sammeln?

Unmittelbare Dokumentation des Unfalls

In der privaten Unfallversicherung müssen Sie den Vollbeweis für den behaupteten Unfall erbringen. Dokumentieren Sie daher direkt nach dem Unfall:

  • Den genauen Unfallhergang
  • Datum, Uhrzeit und Ort des Unfalls
  • Art und Schwere der Verletzung
  • Namen und Kontaktdaten von Zeugen

Medizinische Nachweise

Die ärztliche Dokumentation ist besonders wichtig für den Nachweis der Unfallfolgen. Suchen Sie unmittelbar nach dem Unfall einen Arzt auf und:

  • Schildern Sie dem Arzt den genauen Unfallhergang
  • Lassen Sie sich alle Verletzungen detailliert attestieren
  • Bewahren Sie sämtliche Arztberichte, Röntgenbilder und Befunde auf

Beweissicherung

Der Unfallhergang muss eindeutig nachweisbar sein. Eine Gesundheitsschädigung allein reicht nicht aus, wenn nicht bewiesen werden kann, dass sie durch einen Unfall verursacht wurde. Sichern Sie deshalb:

  • Fotos von der Unfallstelle
  • Fotos der sichtbaren Verletzungen
  • Sachbeweise wie beschädigte Kleidung oder Gegenstände

Kausalitätsnachweis

Sie müssen nachweisen, dass Ihre Gesundheitsschädigung durch den Unfall verursacht wurde. Dies ist besonders wichtig, wenn:

  • Vorerkrankungen bestehen
  • Die Verletzungen erst später bemerkt werden
  • Mehrere mögliche Ursachen in Frage kommen

Dokumentieren Sie daher lückenlos den zeitlichen Zusammenhang zwischen Unfall und auftretenden Beschwerden. Achten Sie darauf, dass die Ärzte in ihren Berichten den Zusammenhang zwischen Unfall und Verletzungen ausdrücklich festhalten.


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Wie weise ich den Zusammenhang zwischen Unfall und gesundheitlichen Folgen nach?

Der Nachweis des Zusammenhangs zwischen Unfall und gesundheitlichen Folgen erfolgt in zwei Stufen mit unterschiedlichen Beweisanforderungen.

Nachweis des Unfallschadens

Für den unmittelbaren Gesundheitserstschaden müssen Sie einen Vollbeweis erbringen. Das bedeutet, Sie müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachweisen:

  • Das konkrete Unfallereignis
  • Die dadurch direkt verursachte Gesundheitsschädigung

Wenn Sie einen Unfall erleiden, sollten Sie daher umgehend einen Arzt aufsuchen. Die ersten ärztlichen Befunde und Dokumentationen haben einen besonders hohen Beweiswert für den Nachweis des Erstschadens.

Nachweis der Unfallfolgen

Für die späteren Gesundheitsfolgen genügt hingegen die hinreichende Wahrscheinlichkeit. Hier muss nach medizinischer Beurteilung mehr dafür als dagegen sprechen, dass Ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf den Unfall zurückzuführen sind.

Besonderheiten bei Vorerkrankungen

Wenn bei Ihnen bereits vor dem Unfall gesundheitliche Vorschäden bestanden, ist die Situation differenziert zu betrachten:

Bei einer stummen Schadensanlage – also einer Vorschädigung ohne bisherige Beschwerden – wird der gesamte Gesundheitsschaden anerkannt, wenn der Unfall die wesentliche Ursache war.

Bei einer aktiven Vorerkrankung wird nur die unfallbedingte Verschlimmerung berücksichtigt. Sie müssen dann nachweisen, dass der Unfall zu einer wesentlichen Verschlechterung Ihres Gesundheitszustands geführt hat.

Ein Beispiel verdeutlicht dies: Eine medizinische Fachangestellte mit Osteoporose stolpert und erleidet einen Wirbelbruch. Hier würde die Unfallversicherung nicht leisten, da der Bruch hauptsächlich auf die Vorerkrankung zurückzuführen ist. Anders wäre es bei einem Sturz aus fünf Metern Höhe – hier würde auch bei Osteoporose geleistet, da sich jeder Mensch bei einem solchen Sturz schwer verletzt hätte.


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Ab wann gilt eine unfallbedingte Gesundheitsschädigung als dauerhaft?

Eine unfallbedingte Gesundheitsschädigung gilt als dauerhaft, wenn sie voraussichtlich länger als drei Jahre bestehen wird und eine Änderung dieses Zustands nicht zu erwarten ist.

Zeitliche Komponente

Die Beurteilung der Dauerhaftigkeit erfolgt durch eine ärztliche Prognoseentscheidung. Wenn Sie einen Unfall erleiden, muss die Invalidität innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall eintreten und von einem Arzt schriftlich festgestellt werden.

Medizinische Beurteilung

Der Arzt muss in seiner Feststellung unmissverständlich dokumentieren, dass es sich um einen dauerhaften Gesundheitsschaden handelt. Dabei sind einschränkende Formulierungen wie „möglicherweise“ oder „wahrscheinlich“ nicht ausreichend. Die Prognose muss auf objektiven Befunden basieren.

Praktische Beispiele

Ein Knochenbruch, der innerhalb eines Jahres folgenlos ausheilt, stellt keine dauerhafte Beeinträchtigung dar. Anders verhält es sich bei Gesundheitsschäden, bei denen auch nach intensiver Behandlung keine wesentliche Besserung zu erwarten ist.

Die Beurteilung erfolgt dabei nach dem Stichtagsprinzip: Es kommt darauf an, ob auf der Grundlage des nach Ablauf der 3-Jahres-Frist bestehenden Zustandes ein hinreichend prognostizierbarer Dauerzustand zu erwarten ist.


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Welche Rolle spielen medizinische Gutachten bei der Beweisführung?

Medizinische Gutachten sind entscheidende Beweismittel bei der Durchsetzung von Ansprüchen aus der Unfallversicherung. Sie dienen als fachliche Grundlage für die Beurteilung des Kausalzusammenhangs zwischen einem Unfallereignis und dem geltend gemachten Gesundheitsschaden sowie für die Feststellung des Invaliditätsgrads.

Bedeutung für die Beweisführung

Als Versicherter tragen Sie die Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall und Ihrem Gesundheitsschaden. Das medizinische Gutachten ist dabei Ihr wichtigstes Instrument. Es muss unparteiisch, unabhängig und fachlich fundiert sein, um vor Gericht Bestand zu haben.

Stellen Sie sich vor, Sie erleiden einen Unfall und machen Ansprüche geltend. In diesem Fall wird das Gutachten detailliert darlegen, wie der Unfall zu Ihrem spezifischen Gesundheitsschaden geführt hat. Es muss eine klare Kausalität zwischen dem Unfallereignis und den festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen herstellen.

Anforderungen an medizinische Gutachten

Damit ein medizinisches Gutachten als Beweismittel anerkannt wird, muss es bestimmte Kriterien erfüllen:

  • Es muss von einem approbierten Arzt erstellt werden.
  • Die Feststellung muss innerhalb der vertraglich vereinbarten Frist erfolgen, meist 15 Monate nach dem Unfall.
  • Das Gutachten muss einen konkreten, die Arbeitsfähigkeit beeinflussenden Dauerschaden beschreiben.
  • Es muss auf objektiven Befunden basieren und vage Formulierungen vermeiden.

Beweismaß in der Unfallversicherung

In der Unfallversicherung gelten besondere Beweisanforderungen. Für alle rechtlich relevanten Tatsachen ist ein Vollbeweis erforderlich, der eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erfordert. Bei der Beurteilung des Kausalzusammenhangs zwischen Unfall und Gesundheitsschaden genügt hingegen die hinreichende Wahrscheinlichkeit.

Wenn Sie einen Anspruch geltend machen, sollten Sie beachten, dass die bloße Diagnose einer Verletzung nicht ausreicht. Das Gutachten muss konkret darlegen, wie sich der Dauerschaden auf Ihre Arbeitsfähigkeit auswirkt.

Grenzen der Beweiskraft

Trotz ihrer zentralen Bedeutung haben medizinische Gutachten auch Grenzen in ihrer Beweiskraft. Gerichte sind nicht an die Einschätzungen der Gutachter gebunden. Sie müssen jedes Gutachten im Rahmen der Beweiswürdigung umfassend auswerten und auf Vollständigkeit und Schlüssigkeit überprüfen.

In komplexen Fällen, etwa wenn mehrere Gutachten zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, kann das Gericht weitere Sachverständige hinzuziehen oder ein Obergutachten anordnen, um zu einer fundierten Entscheidung zu gelangen.


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Was kann ich tun, wenn die Versicherung die Kausalität zwischen Unfall und Beschwerden bestreitet?

Wenn die Versicherung den Zusammenhang zwischen Unfall und Beschwerden bestreitet, müssen Sie als Versicherungsnehmer den Kausalzusammenhang nachweisen. Für diesen Nachweis gelten unterschiedliche Beweismaßstäbe:

Nachweis der unmittelbaren Unfallfolgen

Der Zusammenhang zwischen Unfallereignis und ersten Verletzungen (haftungsbegründende Kausalität) erfordert einen strengen Vollbeweis nach § 286 ZPO. Für spätere Gesundheitsschäden, die sich aus der ersten Verletzung entwickeln (haftungsausfüllende Kausalität), genügt hingegen die überwiegende Wahrscheinlichkeit nach § 287 ZPO.

Dokumentation und medizinische Nachweise

Sie sollten unmittelbar nach dem Unfall:

  • Alle Verletzungen zeitnah ärztlich dokumentieren lassen
  • Bildgebende Verfahren wie MRT zur Dokumentation akuter Verletzungen nutzen
  • Sämtliche Arztberichte und Befunde sammeln, die den Zusammenhang belegen

Besonderheiten bei Vorerkrankungen

Selbst wenn Vorerkrankungen bestehen, kann ein Versicherungsanspruch gegeben sein. Eine Mitursächlichkeit des Unfalls ist ausreichend, solange diese nicht völlig unwahrscheinlich ist. Ein Beispiel: Wenn Sie von einem fünf Meter hohen Gerüst stürzen, haftet die Versicherung auch bei einer bestehenden Osteoporose, da der Sturz auch ohne Vorerkrankung zu schweren Verletzungen geführt hätte.

Medizinisches Sachverständigengutachten

Ein medizinisches Sachverständigengutachten ist in der Regel entscheidend für den Nachweis der Kausalität. Das Gutachten muss detailliert darlegen, wie der Unfall zu den spezifischen Gesundheitsschäden geführt hat. Dabei ist wichtig, dass der Gutachter zwischen unfallbedingten und bereits vorher bestehenden Schäden unterscheidet.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Invaliditätsleistung

Eine finanzielle Entschädigung durch die Unfallversicherung, die bei dauerhaften körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen nach einem Unfall gezahlt wird. Die Höhe richtet sich nach dem Grad der Invalidität und der vereinbarten Versicherungssumme. Gesetzlich geregelt im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) §178-191. Beispiel: Nach einem Unfall mit bleibenden Bewegungseinschränkungen der Hand kann ein bestimmter Prozentsatz der vereinbarten Versicherungssumme als Invaliditätsleistung ausgezahlt werden.


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Beweismaß

Der Grad der Überzeugung, den das Gericht für eine Tatsachenbehauptung benötigt, um diese als wahr anzuerkennen. Im Zivilprozess gilt nach §286 ZPO die „volle Überzeugung“ des Gerichts als Standard. Dies bedeutet nicht absolute Gewissheit, sondern ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit. Beispiel: Bei Unfallfolgen muss der Geschädigte nachweisen, dass seine gesundheitlichen Beschwerden mit hoher Wahrscheinlichkeit durch den Unfall verursacht wurden.


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Kausalität

Der nachweisbare ursächliche Zusammenhang zwischen einem Ereignis (z.B. Unfall) und einer Folge (z.B. Gesundheitsschaden). Im Versicherungsrecht muss der Versicherte beweisen, dass seine Beschwerden durch den Versicherungsfall verursacht wurden. Geregelt u.a. in §286 ZPO und der Rechtsprechung des BGH. Beispiel: Wenn jemand nach einem Autounfall Rückenschmerzen hat, muss nachgewiesen werden, dass diese tatsächlich durch den Unfall und nicht durch eine vorbestehende Erkrankung verursacht wurden.


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Beweislast

Die rechtliche Verpflichtung einer Prozesspartei, bestimmte Tatsachen zu beweisen. Im Zivilprozess trägt grundsätzlich derjenige die Beweislast, der sich auf eine für ihn günstige Rechtsfolge beruft (§286 ZPO). Bei Ansprüchen aus der Unfallversicherung muss der Versicherte nachweisen, dass ein Unfall vorlag und dieser die geltend gemachten Schäden verursacht hat. Beispiel: Ein Versicherter muss beweisen, dass seine Invalidität durch den gemeldeten Unfall und nicht durch andere Ursachen entstanden ist.


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Schädel-Hirn-Trauma

Eine durch äußere Gewalteinwirkung verursachte Verletzung des Kopfes mit möglicher Schädigung des Gehirns. Wird in drei Schweregrade eingeteilt. Rechtlich relevant für die Bewertung von Unfallfolgen und Schadensersatzansprüchen. Geregelt in verschiedenen medizinischen Leitlinien und relevant für §34 SGB VII. Beispiel: Ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma kann durch einen Aufprall mit kurzer Bewusstlosigkeit und ohne bleibende Schäden entstehen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 286 ZPO (Beweislast): Diese Vorschrift regelt, dass der Kläger die Beweislast für die Ursächlichkeit zwischen dem Unfallereignis und der Gesundheitsbeschädigung trägt. Es muss nachgewiesen werden, dass der Unfall direkt zur gesundheitlichen Beeinträchtigung geführt hat. Im vorliegenden Fall musste der Kläger nachweisen, dass die gesundheitlichen Folgen seiner Kopfverletzung auf den Vorfall am 26.06.2016 zurückzuführen sind.
  • § 287 ZPO (Erleichterte Beweisführung): Hierbei handelt es sich um eine Regelung, die eine erleichterte Beweisführung für haftungsausfüllende Kausalität vorsieht, also die Verbindung zwischen dem Erstkörperschaden und der späteren Invalidität. Im Kontext des Falls bedeutet das, dass der Kläger nachweisen muss, dass die angeblichen bleibenden Schäden, wie Kopfschmerzen und Schwindel, durch die vorhergehenden Unfälle verursacht wurden, jedoch unter einem milderen Beweismaß.
  • Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB 2012): Diese Bedingungen stellen den rechtlichen Rahmen für die private Unfallversicherung des Klägers dar. Sie definieren, welche Ereignisse versichert sind und unter welchen Voraussetzungen Ansprüche geltend gemacht werden können. Im Fall des Klägers ist entscheidend, ob die genannten gesundheitlichen Beschwerden unter diese Bedingungen fallen und ob die Beklagte zur Leistung verpflichtet ist.
  • Besonderen Bedingungen für die Produktlinie Premium (BB Premium 2012): Diese speziellen Bedingungen können zusätzliche Leistungen oder Voraussetzungen enthalten, die für den Versicherungsvertrag des Klägers relevant sind. Die Interpretation und Anwendung dieser Bedingungen sind entscheidend, um festzustellen, ob die erlittenen Verletzungen gemäß dem Vertrag zu einer Auszahlung führen müssen.
  • BGH-Urteil BeckRS 2011, 11533: Dieses Urteil des Bundesgerichtshofs behandelt maßgebliche Aspekte der Kausalität im Zusammenhang mit Unfallversicherungen und ist für den vorliegenden Fall von Bedeutung. Es stellt klar, dass sowohl die haftungsbegründende als auch die haftungsausfüllende Kausalität im Rahmen der Beweisführung zu berücksichtigen sind. Die in diesem Urteil festgelegten Prinzipien müssen bei der Bewertung der Ansprüche des Klägers auf Entschädigung für die gesundheitlichen Schäden beachtet werden.

Weitere Beiträge zum Thema

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    Ein Kläger konnte nicht nachweisen, dass seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf einen Unfall zurückzuführen sind. Ein medizinisches Gutachten ergab, dass die Beschwerden durch eine vorbestehende Arthrose verursacht wurden. Das Gericht wies die Klage ab und verpflichtete den Kläger zur Rückzahlung eines Vorschusses von 2.250 Euro. → → Kausalitätsprobleme bei Unfallfolgen
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Das vorliegende Urteil

LG Passau – Az.: 3 O 508/21 – Endurteil vom 14.12.2023


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