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Wohngebäudeversicherung – vorsätzliche Herbeiführung Versicherungsfall durch Miteigentümer

OLG Hamm – Az.: I-20 U 270/19 – Beschluss vom 13.02.2020

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.

Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.

Gründe

I.

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.

Das Landgericht hat die auf Feststellung der Eintrittspflicht der Beklagten aus dem zwischen den Parteien bestehenden Vertrag über eine Wohngebäudeversicherung zu Recht abgewiesen. Die Berufungsangriffe der Klägerin aus der Berufungsbegründung vom 05.02.2020 (Bl. 40 ff. der elektronischen Gerichtsakte zweiter Instanz) greifen nicht durch.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes zu, auch wenn in Form des durch die Explosion am 00.11.2015 herbeigeführten Schadens ein bedingungsgemäßer Versicherungsfall eingetreten ist.

Denn die Beklagte ist gemäß § 81 Abs. 1 VVG leistungsfrei.

Nach dieser Vorschrift ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich herbeiführt. Das ist hier der Fall.

1.

Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der frühere Lebensgefährte der Klägerin die Explosion vorsätzlich herbeigeführt hat.

2.

Ebenso unstreitig war der frühere Lebensgefährte im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls – zusammen mit der Klägerin – Versicherungsnehmer.

Der Umstand, dass zwischenzeitlich für das versicherte Gebäude die Zwangsverwaltung angeordnet worden war, ändert nichts daran, dass unverändert die Klägerin und ihr früherer Lebensgefährte gemeinsam Versicherungsnehmer waren (vgl. Senat, Urteil vom 12.11.2014 – 20 U 261/12, VersR 2016, 249).

3.

Die vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls durch einen von mehreren Versicherungsnehmern führt im vorliegenden Fall, wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, zur vollständigen Leistungsfreiheit der Beklagten auch gegenüber der Klägerin.

a)

Soweit die Berufungsbegründung – gestützt auf entsprechende Ausführungen des Landgerichts – davon ausgeht, dass die Einzelheiten zur Zurechnung einer vorsätzlichen Herbeiführung des Versicherungsfalls bei Miteigentum streitig seien, betrifft dies in erster Linie solche Fälle, in denen der Versicherungsnehmer gemeinsam mit einer oder mehreren versicherten Personen Miteigentümer einer Sache ist. Hier wird im Einzelnen unterschiedlich beurteilt, unter welchen Voraussetzungen das Handeln eines Miteigentümers, der gleichzeitig mitversicherte Person ist, dem Versicherungsnehmer zugerechnet werden kann (vgl. z.B. Senat, Urteil vom 04.02.1994 – 20 U 222/92, VersR 1994, 1464: Ehegatte als mitversicherte Person in der Hausratversicherung; OLG Saarbrücken, Urteil vom 09.07.1997 – 5 U 91/93, VersR 1998, 883, für die Kraftfahrzeug-Kaskoversicherung).

b)

Hier geht es indes um die Frage, inwieweit die vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls durch einen von mehreren Versicherungsnehmern zu einer vollständigen Leistungsfreiheit des Versicherers gegenüber allen Versicherungsnehmern führt.

Insoweit ist in der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass dies dann der Fall ist, wenn das gemeinschaftliche, gleichartige und ungeteilte Interesse aller Versicherungsnehmer versichert ist (BGH, Urteil vom 16.11.2005 – IV ZR 307/04, VersR 2006, 258, juris Rn. 20; BGH, Beschluss vom 30.04.1991 – IV ZR 255/90, r+s 1992, 240; Senat, Urteil vom 29.11.2017 – 20 U 18/17, VersR 2018, 1506, juris Rn. 67, ebenso Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. 2018, § 28 Rn. 87; Felsch, in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 4. Aufl. 2020, § 28 Rn. 110 f.; vgl. auch Karczewski, ebenda, § 81 Rn. 82; kritisch z.B. Looschelders, in: Langheid/Wandt, VVG, 2. Aufl. 2016, § 81 Rn. 108 f.).

Eben dies, also die Versicherung eines gemeinschaftlichen, gleichartigen und ungeteilten Interesses, liegt auch dann vor, wenn in der Sachversicherung das Miteigentum mehrerer Versicherungsnehmer nach Bruchteilen versichert ist, da es sämtlichen Versicherungsnehmern um die Erhaltung der Sache insgesamt geht.

Der Umstand, dass die Klägerin und ihr früherer Lebensgefährte schon seit längerem getrennt lebten und die Klägerin sogar die Teilungsversteigerung beantragt hatte, ändert an dem Vorstehenden nichts. Auch unter Berücksichtigung dieser Umstände bleibt es nämlich dabei, dass die Klägerin und ihr früherer Lebensgefährte weiterhin ein einheitliches Interesse versicherten. Maßgeblich dafür ist nicht ihre subjektive Sicht im Verhältnis untereinander, in dem für die Klägerin „kein gemeinsames Interesse mit dem früheren Lebensgefährten mehr“ bestanden haben mag. Entscheidend ist vielmehr, dass im Verhältnis zum Versicherer weiterhin das übereinstimmende Interesse an einem Erhalt der Sache insgesamt versichert ist.

4.

Da es vorliegend nicht um eine Leistungsfreiheit wegen einer Obliegenheitsverletzung im Sinne von § 28 VVG geht, sondern um diejenige wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalls kraft Gesetzes gemäß § 81 Abs. 1 VVG, bedurfte es entgegen der Berufungsbegründung auch keiner Auseinandersetzung mit der Frage der Erteilung einer Belehrung durch die Beklagte.

II.

Auf die Gebührenermäßigung für den Fall der Berufungsrücknahme (KV Nr. 1222 GKG) wird hingewiesen.

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