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Wohngebäudeversicherung – Überschwemmung eines Grundstücks

LG Aachen, Az.: 9 O 129/14, Urteil vom 22.08.2014

Privatversicherungsrecht: Ansprüche aus Wohngebäudeversicherung; Voraussetzung der Annahme einer Überschwemmung als Versicherungsfall in der Wohngebäudeversicherung

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger macht Ansprüche aus einem Wohngebäudeversicherungsvertrag wegen eines Überschwemmungsschadens vom 19.11.2010 geltend.

Zwischen den Parteien besteht ein Wohngebäudeversicherungsvertrag für das vom Kläger als Wochenendhaus genutzte Objekt O 1 in I. Für Elementarschäden ist ein Selbstbehalt von 500,00 EUR vereinbart. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Wohngebäudeversicherung (VGB 2001) B der Beklagten zugrunde, wegen deren Einzelheiten auf die Anlage zum klägerischen Schriftsatz vom 14.05.2014 (Bl. 37 ff. GA) Bezug genommen wird. Gemäß § 4 Ziff. 1 d) der VGB 2001 ist das Risiko „Überschwemmung“ versichert.

§ 9 Ziff. 1 VGB 2001 lautet:

„Überschwemmung ist eine Überflutung des Versicherungsgrundstücks durch

a) Ausuferung von oberirdischen (stehenden oder fließenden) Binnengewässern;

b) Witterungsniederschläge.

Versichert sind nur Schäden durch unmittelbare (oberirdische) Einwirkung des überflutenden Wassers auf versicherte Sachen“.

Der Kläger meldete der Beklagten im Jahr 2010 einen Wasserschaden und gab als Schadensdatum den 19.11.2010 an. Die Beklagte beauftragte daraufhin den Sachverständigen T mit der Durchführung eines Ortstermins, welcher am 08.12.2010 stattfand. Dieser stellte eine starke Durchfeuchtung der Kellerwände fest. Als Ursache hierfür nannte er „nicht vorhandene Außenwandsperren und eine fehlende Drainage“. Zudem sei „die in einem Schacht vorhandene Tauchpumpe, die den Grundwasserspiegel unterhalb der Bodenplatte halten soll, [ … ] bei stärker anstehendem Wasser überlastet“.

Die Beklagte lehnte daraufhin eine Zahlung ab, da nach ihrer Auffassung ein deckungspflichtiger Elementarschaden nicht nachgewiesen sei.

Der Kläger beauftragte daraufhin den Sachverständigen T2, welcher am 23.08.2013 eine Ortsbesichtigung durchführte und unter dem 30.09.2013 ein schriftliches Gutachten erstellte, wegen dessen Einzelheiten auf die Anlage K1 zur Klageschrift (Bl. 14 ff. GA) Bezug genommen wird.

Wohngebäudeversicherung - Überschwemmung eines Grundstücks
Symbolfoto: Mbruxelle/Bigstock

Der Kläger behauptet, er habe im Jahr 2010 festgestellt, dass es einen Überschwemmungsschaden im versicherten Objekt gegeben habe. Dabei sei festgestellt worden, dass infolge eines Regenwasserschadensereignisses große Mengen Oberflächenwasser aufgrund der Topographie des Geländes durch die Kellerfenster in das Gebäudeinnere eingedrungen seien. Mit Schriftsatz vom 15.07.2014 konkretisiert der Kläger seinen Vortrag dahingehend, dass der Kläger am 19.11.2010 festgestellt habe, dass in allen Räumen des Kellers des Hauses erhebliche Mengen Wasser von außen eingedrungen seien, wobei das Wasser im Keller in einer Höhe von ca. 20 cm gestanden habe. An den Laufspuren an den Kellerfenstern sei zu erkennen gewesen, dass das Wasser von außen in das Hausinnere eingedrungen sei. Es habe sich um Oberflächenwasser gehandelt, welches aufgrund der hangmäßigen Topographie des Geländes über die Kellerfenster in den Keller hineingeflossen sei. Für das Auftreten überschwemmungsmäßiger Wassermengen spreche die Tatsache, dass sich in damaliger Zeit zunächst erhebliche Schneemengen um das Haus herum aufgebaut hätten, die dann in einer plötzlich auftretenden Tauperiode große Mengen Wasser freigesetzt hätten. Der Kläger behauptet weiter, es lägen keine bauseitigen Mängel vor, die als Ursache für den Wassereintritt heranzuziehen wären.

Die für die Beseitigung der entstandenen Feuchtigkeitsschäden erforderlichen Maßnahmen würden einen Kostenaufwand von 5.500,00 EUR erfordern (s. S. 2 der Klageschrift = Bl. 12 GA).

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheids zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet das Vorliegen einer Überschwemmung. Sie ist der Ansicht, der Kläger habe eine solchen nicht hinreichend dargetan. Da eine Schadensbeseitigung (unstreitig) nicht veranlasst wurde, könne der Kläger zudem nur den Zeitwertschaden erstattet verlangen, § 27 Nr. 6 VGB 2001. Die Beklagte bestreitet ferner, dass die vom Kläger aufgezählten Maßnahmen zur Schadensbeseitigung erforderlich und dass die Preise angemessen und ortsüblich seien. Auch eine Abgrenzung zu vorhandenen Altschäden sei nicht erfolgt. Der Kläger habe zudem den vertraglich vereinbarten Selbstbehalt nicht berücksichtigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 5.500,00 EUR aus dem Versicherungsvertrag, denn ein Versicherungsfall im Sinne eines Überschwemmungsschadens ist nicht substantiiert dargetan.

Überschwemmung als Überflutung von Grund und Boden ist nach dem maßgeblichen Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers dann anzunehmen, wenn sich erhebliche Wassermengen auf der Geländeoberfläche ansammeln (vgl. BGH, Urteil vom 20.04.2005, IV ZR 252/03; OLG Köln, Urteil vom 09.04.2013, 9 U 198/12 – jeweils zitiert nach juris). Ein versicherter Überschwemmungsschaden setzt dabei nicht voraus, dass das gesamte versicherte Grundstück überflutet ist. Erforderlich ist jedoch, dass Wasser in erheblichem Umfang meist mit schädlichen Wirkungen nicht auf normalem Wege abfließt, sondern auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung tritt und dieses überflutet, sich also erhebliche Wassermengen auf der Geländeoberfläche ansammeln. Auch nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ist eine Überschwemmung ein Zustand, bei dem eine normalerweise trocken liegende Bodenfläche von Wasser bedeckt wird. Die Anschauung von Wassermassen auf Flachdächern, Terrassen oder Balkonen aufgrund mangelnder Entwässerung unterfällt daher in der Regel nicht dem Versicherungsschutz. Ebenso wenig entspricht nach allgemeinem Sprachgebrauch das bloße Aufstauen von Niederschlagswasser z.B. in einem Lichtschacht infolge dessen unzureichender Entwässerung dem Bild des Elementarschadens Überschwemmung (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.09.2011, 12 U 92/11 – zitiert nach juris). Ebenso ist eine Überschwemmung nicht gegeben, wenn sich Schneemassen auf einem Dach sammeln und sodann eindringendes Tauwasser Schäden an einem Gebäude verursacht (vgl. LG Dortmund, Urteil vom 04.07.2012, 2 O 452/11 – zitiert nach juris). Für eine Überschwemmung ist es kennzeichnend, dass Wasser über die Oberfläche hinaus tritt und nicht mehr „erdgebunden“ ist. Eine Anreicherung des Erdbodens bis zur Sättigungsgrenze reicht demgegenüber nicht aus (vgl. AG Charlottenburg, Urteil vom 25.05.2004, 214 C 244/03 – zitiert nach juris). Zum Vortrag eines Versicherungsnehmers, der einen Überschwemmungsschaden geltend macht gehört auch die Darlegung, wo und auf welche Weise sich auf der Geländeoberfläche erhebliche Wassermengen angesammelt haben sollen (vgl. dazu LG Kiel, Beschluss vom 31.03.2008, 8 S 130/07 – zitiert nach juris).

Der Kläger behauptet zwar pauschal, es handele sich um eine Überschwemmung. Er trägt jedoch nicht hinreichend substantiiert Umstände vor, aus denen sich eine Ansammlung von Wassermengen auf der Geländeoberfläche ergeben. Er behauptet insofern, dass er vermute, dass sich Schneemassen angesammelt hätten, welche dann in einer Tauperiode Wasser freigesetzt hätten und durch die Kellerfenster eingedrungen seien. Da der Kläger jedoch selbst nicht vor Ort war, ist dies bereits nach seinem eigenen Vortrag lediglich eine Vermutung. Insofern kann er eine oberirdische Wasseransammlung durch Schnee nicht wirklich zu behaupten, sondern sie lediglich vermuten. Allein die Tatsache, dass das Wasser durch die Kellerfenster eingedrungen sein soll, sagt nichts darüber aus, wie und wo sich auf der Geländeoberfläche Wasser angesammelt haben könnte. Hinzu kommt, dass der Kläger auch keinen tauglichen Beweis dafür angeboten hat, dass sich zu dieser Zeit Schneemengen angesammelt hatten, welche schmolzen.

Auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen T2 in seinem Gutachten vom 30.09.2013 (Bl. 14 ff. GA) ist ein Versicherungsfall nicht hinreichend dargetan. Der Sachverständige führt zwar aus, dass Feuchtigkeitsschäden im Keller vorhanden seien. Das Außengelände sowie das Nachbargelände hätten teilweise Gefälle zum versicherten Wohngebäude hin, so dass bei einem Unwetter oder Überschwemmung des Grundstücks Wasser in den Keller gedrückt werde. Hiermit ist jedoch nichts darüber gesagt, dass zu irgendeinem Zeitpunkt eine oberirdische Wasseransammlung stattgefunden hat. Der Sachverständige führt zudem weiter aus, dass eine 100 %-ige Feststellung der Schadensursache zum Zeitpunkt der Ortsbesichtigung nicht mehr möglich war. Der Sachverständige führt zwar weiter aus, dass „wohl seinerzeit erhebliche Mengen Wasser vom Grundstück sowie vom Nachbargrundstück zum Haus hin geflossen sind. Einige Laufspuren konnten noch nachvollzogen und festgestellt werden. Im Bereich der Lichtschächte wurden einige Unterspülungen festgestellt“. Auch das sagt jedoch weder etwas über den Zeitpunkt der festgestellten Laufspuren (Ortstermin erst im Jahr 2013, Schaden aus 2010) noch etwas über eine oberirdische Wasseransammlung aus; insbesondere genügt eine Wasseransammlung in einem Lichtschacht nicht (s.o.).

Hinzu kommt, dass der Sachverständige T2 Altschäden erwähnt, so dass die Schadenshöhe vom Kläger nicht substantiiert dargetan ist. Denn es ist insofern nicht klar, welche Schäden von dem vom Kläger behaupteten Überschwemmungsschaden stammen und bei welchen Schadenspositionen es sich um Altschäden handelt.

Mangels Bestehens eines Hauptanspruchs hat der Kläger auch keinen Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen aus §§ 288, 291 BGB.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

III.

Streitwert: 5.500,00 EUR.

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