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Wohngebäudeversicherung – Sachverständigenverfahren

Erheblichkeit der Abweichung

LG Köln – Az.: 20 O 454/13 – Urteil vom 03.06.2020

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Der Kläger macht Ansprüche gegen die Beklagte wegen eines Brandschadens vom 28.3.2009 geltend auf der Grundlage einer Gebäudeversicherung (Versicherungsschein K 1, Versicherungsbedingungen AFB 87, K 1, Bl. 18 ff. GA). Versichertes und vom Brandschaden betroffenes Objekt war ein Gebäudekomplex in Form einer Lagerhalle und eines Bürotraktes auf dem Anwesen „B 52/52a“ in C. Ob neben der vom Brandschaden betroffenen Gebäude u.a. auch Kranbahnen und Baustoffe versichert waren, ist streitig.

Unter dem 17.4.2009 einigten sich die Parteien auf die Durchführung eines Sachverständigenverfahrens zur Ermittlung des Umfanges des Brandschadens (K 2, Bl. 46 GA). Das von beiderseits benannten Sachverständigen erstellte Gutachten „L/G“ wurde unter dem Datum des 7.6.2010 erstellt (K 3, Bl. 48 ff. GA). Nachdem die Beklagte bereits am 29.10.2009 dem Kläger eine Zahlung in Höhe von 675.000 EUR und am 6.5.2010 eine weitere Zahlung von 125.000,- EUR geleistet hatte, leistete sie auf der Grundlage des Gutachtens weitere 297.633,- EUR nebst Zinsen (35.750,20 EUR) an den Kläger, dies auf der Basis eines Zeitwertschadens gemäß Gutachten in Höhe von 1.079.633,- EUR. Im Nachgang leistete die Beklagte noch eine weitere Zahlung für Baustoffe auf der Grundlage eines Schreibens vom 12.8.2010 (Anl. K 4a, Bl. 107 GA), so dass sie insgesamt – ohne Zinsen –  an den Kläger 1.115.602,- EUR auf den Zeitwertschaden leistete.

Der Kläger behauptet, dem für ihn tätig gewordenen Versicherungsberater Q sei das Gutachten L/G erst am 7.1.2011 zugestellt worden, zuvor sei nur ein Entwurf als pdf – Datei übermittelt worden. Auf der Grundlage eines vom Kläger beauftragten Gutachtens des Sachverständigen D, das zeitnah erstellt und richtig sei, behauptet der Kläger, das im Sachverständigenverfahren vorgelegte Gutachten sei unvollständig, da insbesondere Mehrkosten wegen behördlicher Wiederherstellungsbeschränkungen nicht berücksichtigt seien, und zudem sei es erheblich fehlerbehaftet. Tatsächlich liege der Neuwertschaden 130 % höher als im Gutachten L/G festgestellt, der Zeitwertschaden –  Basis der Abrechnung der Beklagten –  sei 107 % höher zu veranschlagen, woraus sich die Klageforderung zu Ziffer 1 ergebe. Unter Verweis auf eine erteilte Baugenehmigung vom 8.7.2010 (Bl. 215 GA) macht der Kläger auch geltend, die Beklagte sei verpflichtet, ihm die sog. Neuwertspitze zu zahlen, sobald er sichergestellt habe, die Entschädigung entsprechend zu verwenden. Der Kläger meint, die Beklagte könne sich mangels Zahlung der vollen, da nur unzureichenden Entschädigungsleistung nicht auf die Versäumung der Drei- Jahresfrist berufen. Hierzu behauptet er, eine Kreditfinanzierung des Wiederaufbaus sei ihm nicht möglich, da die tatsächlichen Kosten, wie vom Sachverständigen D dargelegt, weit oberhalb dessen lägen, was die Beklagte gezahlt habe.

Schließlich wendet sich der Kläger gegen das gerichtlich eingeholte Gutachten; der gerichtlich bestellte Sachverständige habe sich unzureichend mit den Feststellungen des Sachverständigen D auseinandergesetzt. Zu den Einzelheiten wird auf den Klägerschriftsatz vom 13.6.2017 (Bl. 494 ff. GA) und vom 29.10.2018 (Bl. 681 ff. GA) Bezug genommen. Der Sachverständige H habe die vorhandene und brandgeschädigte Stahlbetonkonstruktion des Objekts nicht sachgemäß darauf untersucht, ob diese irreparable Schäden erlitten habe. Es sei unklar, ob diese tatsächlich wieder verwendet werden könne; dies müsse noch sachverständig geklärt werden. Insoweit  wird verwiesen auf das klägerische Vorbringen in den Schriftsätzen vom 24.2. und 30.4.2020 (Bl. 815 ff. GA, Bl. 830 ff. GA).

Der Kläger beantragt,

1.  die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.194.175,25 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4% hieraus für den Zeitraum vom 30.3.2009 bis Rechtshängigkeit sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,

2.  festzustellen, dass die Beklagte weitere 647.214,46 EUR an ihn zu zahlen hat, sobald er sichergestellt hat, dass er diese Entschädigung verwenden wird, um Gebäude gleicher Art und Zweckbestimmung wie die versicherten und beim Brandereignis vom 28.3.2009 zerstörten Gebäude auf dem Grundstück B 51/52a, C, wiederherzustellen.

Die Beklagte beantragt,  die Klage abzuweisen.

Sie erhebt die Einrede der Verjährung. Hierzu trägt sie vor, mit ihrer Endabrechnung vom 15.7.2010 sei die Hemmungswirkung des durchgeführten Sachverständigenverfahrens entfallen. Die Beklagte hält das Ergebnis des durchgeführten Sachverständigenverfahrens für verbindlich und trägt hierzu vor, auch auf der Basis des gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachtens  fehle es an einer offenbaren erheblichen Abweichung von den im Sachverständigenverfahren getroffenen Feststellungen. Zudem seien Kranbahnen und Baustoffe nicht versichert, die in dem gerichtlichen Gutachten als solche bezeichnet seien, zu dem die Beklagte unter Hinweis auf sachverständige Stellungnahmen, auf die Bezug genommen wird, ebenfalls Einwendungen geltend macht. Klägerseits werde zudem ein früherer Brandschaden am versicherten Objekt nicht abgegrenzt vom nunmehr geltend gemachten Schaden. Auf der Basis des klägerischen Vortrages liege auch eine Unterversicherung vor, auf die sich die Beklagte beruft und vorträgt, die brandgeschädigte Halle sei –  unstreitig –  nicht das gesamte versicherte Objekt. Den Feststellungsantrag hält die Beklagte zudem für unzulässig. In diesem Zusammenhang bestreitet die Beklagte nunmehr, dass der Kläger noch Eigentümer des versicherten Objekts sei. Schließlich weist sie darauf hin, dass die vorgelegte Baugenehmigung keine Gültigkeit mehr habe.

Zum weitergehenden Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, dabei insbesondere die vorgelegten Gutachten, ergänzend und vertiefend Bezug genommen.

Die Klageschrift ist am 19.12.2013 bei Gericht eingegangen und am 31.1.2014 zugestellt worden nach Zahlung der Gerichtskosten am 2.1.2014 aufgrund Aufforderung vom 23.12.2013.

Auf der Grundlage des Beweisbeschlusses vom 7.1.2015 (Bl. 242 GA) hat die Kammer Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nebst Ergänzungen. Zudem hat die Kammer den Sachverständigen angehört. Insoweit wird auf die Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. H vom 15.2.2017 (Bl. 307 ff. GA), 8.6.2018 (Bl. 627 ff.), seine Stellungnahme vom 18.12.2019 (Bl. 789 ff. GA) und die Sitzungsniederschrift vom 8.1.2020 (Bl. 804 ff. GA) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Es kann dahinstehen, ob der Klageantrag zu 2) zulässig ist, da er jedenfalls unbegründet ist. Insofern kommt es nicht darauf an, ob ein Feststellungsantrag dahingehend, dass die Gebäudeversicherung bereits vor Erfüllung der Voraussetzungen einer strengen Wiederherstellungsklausel zum Ausgleich des zur Wiederherstellung eines zerstörten Gebäudes erforderlichen Aufwandes im Form einer Neuwertentschädigung verpflichtet ist, mangels Vorliegens eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses unzulässig ist (so OLG Köln, VersR 2018, 1248; LG Köln, VersR 2017, 1138) oder ob ein solches Rechtsverhältnis auch schon dann besteht, wenn noch keine hinreichenden Vorkehrungen seitens des Versicherungsnehmers getroffen worden sind, aus denen sich prognostisch erkennen lässt, dass die Wiederherstellung des zerstörten oder beschädigten Objekts sichergestellt ist (dazu OLG Karlsruhe, VersR 2019, 754).

Im Einzelnen:

1)  Zum Klageantrag zu 1)

Dem Kläger steht aus dem Versicherungsvertrag gegenüber den von der Beklagten erbrachten Zahlungen kein weitergehender Anspruch auf Entschädigung des Zeitwertschadens gegen die Beklagte zu.

Zwar ist ein solcher Anspruch nicht verjährt. Der Anspruch des Klägers war nämlich erst im Jahr 2010 mit Abschluss des Sachverständigenverfahrens gemäß § 14 Abs. 1 VVG fällig, so dass der Lauf der Verjährung erst mit dem Schluss des Jahres 2010 begonnen hat und die Klageerhebung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB in Verbindung mit § 167 ZPO den Eintritt der Verjährung mit dem Schluss des Jahres 2013 rechtzeitig gehemmt hat.

Die Beklagte hat den Zeitwertschaden auf der Grundlage des im gemeinsamen Sachverständigenverfahren eingeholten Gutachtens indes umfassend gemäß der vertraglichen Vereinbarung der Parteien entschädigt. Das im gemeinsamen Sachverständigenverfahren erstellte Gutachten ist für die Parteien verbindlich.

Gemäß § 15 Ziffer 6 AFB 87 sind die Feststellungen der Sachverständigen für die Vertragsparteien verbindlich, wenn nicht nachgewiesen wird, dass sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen. Mit dieser § 84 Abs. 1 Satz 1 VVG entsprechenden Regelung soll zwischen den Parteien gerade ein Streit über die Entschädigungshöhe vermieden werden. Die Ermittlung des Schadens durch zwei jeweils von den Parteien benannte Sachverständige soll die unterschiedlichen Interessen der Parteien befrieden und den Sachverhalt und die damit verbundenen Streitfragen abschließend klären. Als Maßstab für die Erheblichkeit einer Abweichung gilt, dass das Gutachten dann erheblich von der wahren Sachlage abweicht, wenn dies für einen Fachmann offensichtlich ist, wobei der Maßstab für die Erheblichkeit sich auf das Gesamtergebnis beziehen muss (so jüngst OLG Koblenz, VersR 2020, 162; ohne Nennung einer prozentualen Grenze; siehe auch Voit, in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 84 Rn. 23 ff. m.w.N.). Dabei wird man, auch aus Gründen der Rechtssicherheit und ausgehend vom Zweck des Sachverständigenverfahrens, gerade kostspielige Streitigkeiten zwischen den Parteien eines Versicherungsvertrages und insbesondere Streit über eine Vielzahl von einzelnen Schadenspositionen zu vermeiden (BGH, VersR 1978, 121), nur dann von einer erheblichen Abweichung sprechen können, wenn eine Abweichung zwischen der Schadensfeststellung im Sachverständigenverfahren zu derjenigen, die ein gerichtlich bestellter Sachverständiger vornimmt, besonders deutlich und damit offensichtlich ist. Insoweit ist jedenfalls das Maß der Abweichung in den Blick zu nehmen. Vor diesem Hintergrund vermag die Kammer eine erhebliche Abweichung im Regelfall nur dann zu sehen, wenn der wirkliche Schaden den festgestellten Schaden um jedenfalls etwa 20 % übersteigt (so auch OLG Schleswig, VersR 1987, 1001 m.w.N.; siehe auch OLG Hamm, Ve rsR 1988, 509). Dabei ist der höhere ermittelte Betrag als 100% anzusetzen (dazu BGH, VersR 1987, 601).

Ist das Gutachten unvollständig, so kann Ergänzung verlangt werden (BGH, VersR 1965, 332). Die Beweislast trägt die Partei, die sich darauf beruft, dass keine Bindungswirkung bestehe (OLG Düsseldorf, r+s 2010, 108; LG Köln, r+s 2006, 279).

Von diesen Grundsätzen ausgehend hat die Beweisaufnahme keine erhebliche Abweichung zwischen der Schadensfeststellung im Sachverständigenverfahren zur wirklichen Sachlage ergeben. Ob das Gutachten unvollständig ist, kann daher dahinstehen.

Unter Einschluss von Kranbahnen und Baustoffen kommt der gerichtliche bestellte Sachverständige H zu einem Zeitwertschaden in Höhe von 1.336.680,49 EUR gegenüber einem im Sachverständigenverfahren ermittelten Zeitwertschaden von 1.115.601,21 EUR. Ausgehend von der vorgenannten Betrachtungsweise (vgl. dazu BGH, VersR 1987, 601) liegt damit eine Abweichung von 16,53 % vor, die keine erhebliche ist.

Soweit der Kläger die gutachtlichen Feststellungen des Sachverständigen H in einer Vielzahl von einzelnen Positionen angegriffen und die Ausführungen des von ihm beauftragten Sachverständigen D dem entgegen gesetzt hat, hat der Sachverständige H sich mit diesen Einwendungen in seinen ergänzenden Stellungnahmen jeweils ausführlich auseinandergesetzt und überzeugend seine Positionen begründet. Die Kammer hat nach eigener Prüfung keine Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der vom Sachverständigen H angestellten Schadenskalkulation. Im Rahmen seiner Anhörung hat der Sachverständige ausgeführt, dass er sich das Schadensobjekt angeschaut und sich einen eigenen Eindruck verschafft hat. Insbesondere sieht die Kammer vor dem Hintergrund der Erläuterungen des Sachverständigen zur Sanierungsmöglichkeit der Stahlbetonmauerwerkskonstruktion keinen Anlass, zur Frage, ob die Stahlbetonkonstruktion derart vom Brandschaden betroffen ist, dass sie nicht weiter verwendet werden kann, ergänzend Beweis zu erheben. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang eine Stellungnahme eines Bauingenieurs Dr. M vorgelegt, der lediglich abstrakt beschrieben hat, wie man Stahlbeton nach einem Brandschaden untersuchen könne, um die Frage einer Schädigung zu klären. Dies hat er ausgehend von der vorgelegten Korrespondenz mit dem Kläger vor dem Hintergrund der Frage nach abstrakt zu beschreibenden Untersuchungsmöglichkeiten getan. Dass ihm die gutachtlichen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen H und des klägerseits tätig gewordenen Sachverständigen D im Einzelnen bekannt waren, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. In Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Herrn D hat der Sachverständige H im Rahmen seiner Anhörung indes ausführlich erläutert, warum er keine Notwendigkeit des Abbruchs der Stahlbetonkonstruktion sieht, nämlich weil vorhandene Risse saniert werden können. Zu einer Verformung der Konstruktion sei es gerade nicht gekommen, wovon er sich ein eigenes Bild gemacht habe. Dies schloss der Sachverständige überzeugend gerade aus dem Umstand, dass ansonsten entsprechende Anzeichen hätten gegeben sein müssen wie Abrisse am Dach, Wassereintrittsspuren oder Wasserverlaufsspuren. Das sei gerade nicht der Fall gewesen, so dass die Risse saniert werden könnten, was regelmäßig bei vergleichbaren Schäden auch geschehe. Hiergegen hat der Kläger nichts vorgebracht, so dass die Kammer keinen Anlass sieht, zu den vom Kläger aufgeworfenen allgemeinen Fragen in diesem Kontext ergänzend Beweis zu erheben.

Soweit der Kläger gegen die Feststellungen des Sachverständigen H die Erkenntnisse des von ihm bemühten Sachverständigen D gesetzt hat, hat der Sachverständige H im Übrigen bereits in seinem Ergänzungsgutachten nachvollziehbar dargelegt, dass dieser von einem Gebäude ausgehe, dessen Ausführungsqualitäten und Baukonstruktion erheblich von demjenigen Komplex abweiche, der unmittelbar vor Schadenseintritt gegeben war. Hierzu hat er detailliert dargelegt, inwieweit der klägerseits beauftragte Sachverständige etwa von einer höherwertigen Bodenkonstruktion in seinem Gutachten ausgehe, wie sie unmittelbar vor dem Schaden gegeben gewesen sei, wie der Sachverständige H den ihm überlassenen Unterlagen und Fotos entnommen habe. Gleiches gelte für die Montage von Lüftungsgeräten und die gewählte Estrichform. Zudem verweist der Sachverständige H darauf, dass im Gutachten D Massen einer Neubauplanung verwendet würden. Dies hat der Sachverständige sodann zu den erforderlichen Gewerken im Einzelnen dargelegt und erläutert. Insbesondere hat er darauf verwiesen, dass Ermittlungsansätze im Gutachten D eine realistische Grundlage, die er sich aufgrund eigener Prüfung verschafft habe, vermissen ließen. Vor diesem Hintergrund sah sich der Sachverständige D selbst veranlasst, wie der Kläger mit Schriftsatz vom 29.10.2018 ausgeführt hat, sein Gutachten zu korrigieren und auf eine Fehlinformation seinerseits zu verweisen. Zu den von Herrn D sodann im Einzelnen gleichwohl aufgeworfenen Bedenken hat der Sachverständige H in seiner schriftlichen Stellungnahme im Vorfeld seiner Anhörung im Einzelnen Position bezogen. Zu seitens des Herrn D höher kalkulierten Lüftungsgeräten hat er ausgeführt, dass die Unterlagen, auf die der klägerseits tätige Sachverständige sich beziehe, nicht vorgelegt worden seien. Im Übrigen hat er, wie bei seiner Anhörung dann näher erläutert, dargelegt, wieso hier Risse in der Wand saniert und Trockenbaubekleidungen unter Erhalt des angrenzenden Estrichs erneuert werden könnten. Gegen die von ihm dargestellte geübte Praxis ist klägerseits  nichts eingewandt worden. Vergleichbares hat er zu den Brandwänden und der Frage eines aus seiner Sicht nicht erforderlichen Teilabbruchs des Bürogebäudes ausgeführt. Der Sachverständige H hat sodann seine Kostenansätze zur Gebäudetechnik, zur Massenermittlung und zur Einhaltung der stichtagsbezogenen Bauvorschriften näher erläutert. In Auseinandersetzung mit dem ergänzenden Gutachten des Herrn D vom 24.9.2018 hat Herr H im Einzelnen erläutert, warum er eine Sanierung vorhandener Risse für möglich hält, wozu er im Rahmen seiner mündlichen Anhörung, wie dargestellt, ergänzend ausgeführt hat. Ebenso hat er darauf verwiesen, dass Massenermittlungen des klägerseits tätigen Sachverständigen nicht nachvollziehbar seien und Löschwasserschäden aufgrund eigenen Eindrucks beim Ortstermin niedriger zu bemessen seien. Die von ihm ermittelten Massen und Mengen seien aufgrund eigener Wahrnehmung aufgenommen, gegenteilige Ansätze entsprächen nicht den örtlichen Gegebenheiten. Mangels erforderlicher Teilabbrucharbeiten seien auch weitere von Herrn D kalkulierte Arbeiten nicht erforderlich. Dies hat der Sachverständige H zu einer Vielzahl von Positionen sodann im Einzelnen dargelegt und erläutert. Wie er im Rahmen der Erläuterung seiner gutachtlichen Stellungnahmen im Rahmen seiner Anhörung zusammenfassend ausgeführt hat, ist der Sachverständige H in Würdigung der Einwendungen der Klägerseite vor dem Hintergrund seiner nachvollziehbaren Erläuterungen in seinen schriftlichen Stellungnahmen bei seiner Kalkulation geblieben. Bis auf die Frage der Wiederverwendbarkeit der Stahlbetonkonstruktion hat der Kläger dem nichts mehr entgegengesetzt.

Die Kammer hält die Ausführungen und Erläuterungen des Sachverständigen für vollständig überzeugend und nachvollziehbar und macht sie sich nach eigener kritischer Prüfung zu eigen. Der Sachverständige hat sich einen umfassenden Eindruck vom Brandschaden verschafft und sich im Einzelnen mit den gegenteiligen Auffassungen des Klägers auseinandergesetzt und dies jeweils erläutert.

Wie eingangs dargelegt ergibt sich damit nur eine Abweichung von 16,53 % zu den Feststellungen, die im Sachverständigenverfahren getroffen worden sind. Ausgehend vom Zweck des Sachverständigenverfahrens, Streit insbesondere um eine Vielzahl von Einzelpunkten zu vermeiden, wie er sich nunmehr in zweifacher Richtung aufgetan hat (in Bezug auf das Ausgangsgutachten und  nunmehr auch das gerichtliche Gutachten) stellt eine solche Abweichung keine offensichtliche Abweichung dar.

Insoweit kommt es nicht darauf an, inwieweit auch solche Arbeiten mit in die Begutachtung eingeflossen sind, die aufgrund eines früheren und nicht des streitgegenständlichen Schadens erforderlich geworden seien, wie die Beklagte eingewandt hat. Inwiefern ein früherer Schaden teilweise deckungsgleich mit dem streitigen Schaden war, kann dahinstehen. Dahinstehen können damit auch die Einwendungen, die seitens der Beklagten gegen einzelne Feststellungen des Sachverständigen H geltend gemacht worden sind.

Dahinstehen kann damit auch, ob die Kranbahnen und Baustoffe mit versichert sind, da dies für die Frage eines offensichtlichen Abweichens des Ausgangsgutachtens von der wirklichen Sachlage ohne Relevanz ist.

2)  Zum Klageantrag zu 2)

Ein Anspruch des Klägers auf die sogenannte Neuwertspitze besteht nicht mehr. Nach § 11 Ziffer 5 AFB 87 erwirbt der Versicherungsnehmer einen Anspruch auf den Teil der Entschädigung, der den Zweitwertschaden übersteigt, nur, soweit und sobald er innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles sichergestellt hat, dass er die Entschädigung verwenden wird, um, was hier nur in Betracht kommt, Gebäude gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wiederherzustellen, wobei sich die Drei-Jahres-Frist nach § 11 Ziffer 5 Satz 2 AFB 87 verlängert, soweit der Nachweis ohne Verschulden des Versicherungsnehmers nicht erbracht werden kann.

Bei dieser Regelung handelt es sich um eine Risikobegrenzung und eine materielle Ausschlussfrist, deren Lauf durch die Klageerhebung nicht gehemmt wird (LG Köln, VersR 2017, 1138; Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 93 Rn. 11). Die Frist ist vorliegend nicht eingehalten. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass er es sichergestellt hat, Gebäude in gleicher Art und Zweckbestimmung wieder zu errichten. Soweit er unter dem 8.7.2010 eine Baugenehmigung zum Wiederaufbau seitens der Stadt C (Bl. 215 ff. GA) erteilt bekommen hat, kann er sich auf diese nicht mehr berufen, da sie gemäß § 75 BauO NW nicht mehr gültig ist, worauf die Beklagte wie auch auf den Umstand, dass sonst nichts unternommen wurde, um den Wiederaufbau sicherzustellen, hingewiesen hat, ohne dass der Kläger dem entgegen getreten wäre oder Gegenteiliges ersichtlich wäre. Dass der Kläger ohne Verschulden gehindert war, den gebotenen Sicherstellungsnachweis zu erbringen, lässt sich nicht erkennen. Da die Beklagte den Zeitwertschaden umfangreich reguliert hat, hatte der Kläger ausreichende Mittel zur Hand, um eine entsprechende Sicherstellung des Wiederaufbaus umzusetzen. Vor dem Hintergrund der erheblichen Zahlungen der Beklagten ist es dieser auch nicht nach § 242 BGB verwehrt, sich auf die Ausschlussfrist zu berufen. Dem steht wiederum nicht entgegen, wie der Kläger meint, dass etwa der Abschluss von verbindlichen Bauverträgen dem Kläger angesichts der vom Sachverständigen D aufgezeigten Größenordnung eines Wiederaufbaus des zerstörten Baukomplexes nicht zugemutet werden könne. Zwar mag in Betracht kommen, dass sich der Gebäudeversicherer dann nicht auf den Ablauf der Drei-Jahresfrist berufen kann, wenn er zuvor seinerseits zu Unrecht Leistungen verweigert hat (dazu OLG Hamm, VersR 1989, 1082). So liegt der Fall hier aber gerade nicht. Die Beklagte hat erhebliche Leistungen erbracht, wie aufgezeigt geschah dies a uch vollumfänglich in Bezug auf den Zeitwertschaden.

Ob die Feststellungen des Sachverständigenverfahrens zur Höhe des Neuwertschadens bindend oder wegen offensichtlichen Abweichens von der wirklichen Sachlage nicht bindend sind, kann aus diesem Grunde letztlich dahinstehen.

3)  Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

Streitwert:

Klageantrag zu 1): 1.194.175,25 EUR

Klageantrag zu 2): 485.410,- EUR.

Insgesamt: 1.679.585,25 EUR

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