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Hausratversicherung – Anforderungen an Nachweis eines Pkw-Einbruchdiebstahls

Hausratversicherung: Beweislast und Anforderungen bei PKW-Einbruchdiebstahl

In einem kürzlich ergangenen Urteil des Landgerichts München I (Aktenzeichen 23 S 4598/20), standen die Anforderungen an den Nachweis eines PKW-Einbruchdiebstahls im Fokus. Im Zentrum des Disputs stand der Anspruch auf Leistungen aus einer Hausratversicherung nach einem behaupteten Diebstahl aus einem verschlossenen Fahrzeug. Dabei stand insbesondere die Frage im Vordergrund, ob der Kläger ausreichend bewiesen hatte, dass sein Fahrzeug aufgebrochen wurde, was eine zentrale Bedingung der Hausratversicherungsbedingungen darstellt.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 23 S 4598/20 >>>

Die Beweislast und die Berufung

Das Amtsgericht München hatte die Klage des Versicherungsnehmers bereits abgewiesen, da der Nachweis eines tatsächlichen Aufbrechens des Fahrzeuges nicht erbracht wurde. Der Kläger legte gegen diese Entscheidung Berufung ein, doch das Landgericht München I entschied, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da es einstimmig der Auffassung war, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hatte.

Der fehlende Nachweis eines Aufbruchs

Nach den Versicherungsbedingungen der Beklagten ist ein Diebstahl aus verschlossenen Kraftfahrzeugen versichert, wenn die versicherten Sachen durch Aufbrechen des Fahrzeugs entwendet oder beschädigt werden. In diesem speziellen Fall wurden allerdings keine Einbruchspuren am Fahrzeug festgestellt, was die Annahme, dass das Fahrzeug ordnungsgemäß verschlossen war, stark in Frage stellte.

Argument der „Relay Attack“

Der Kläger argumentierte, dass eine sogenannte „Relay Attack“ als ein Einbruchsdiebstahl gewertet werden könnte, auch wenn keine physischen Einbruchspuren vorliegen. Eine solche Attacke erlaubt es, mittels spezieller Technik ein Fahrzeug zu öffnen, ohne dabei physische Spuren zu hinterlassen. Das Gericht verwarf dieses Argument jedoch. Es sah einen Einbruchsdiebstahl nicht gegeben, da die Bedingungen für einen solchen in den Versicherungsbedingungen anders definiert sind.

Die rechtlichen Implikationen

Das Urteil unterstreicht die Notwendigkeit für Versicherungsnehmer, die Beweisanforderungen ihrer Versicherungsbedingungen genau zu kennen und einzuhalten. Es untermauert zudem, dass die Beweislast bei Ansprüchen aus Versicherungsverträgen grundsätzlich beim Versicherungsnehmer liegt.

In diesem Fall hat das Gericht klargestellt, dass es für den Nachweis eines Einbruchdiebstahls in der Regel physische Einbruchspuren am Fahrzeug benötigt. Techniken wie eine „Relay Attack“, die ohne physische Spuren ein Fahrzeug öffnen können, wurden nicht als ausreichender Beweis anerkannt.


Das vorliegende Urteil

LG München I – Az.: 23 S 4598/20 – Beschluss vom 27.07.2020

1. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 12.03.2020, Az. 274 C 7752/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

Hausratversicherung: Anforderungen für Nachweis eines Pkw-Diebstahls
Beweislast bei PKW-Einbruchdiebstahl: Gerichtsurteil betont Bedeutung physischer Einbruchsspuren und verwirft „Relay Attack“-Argument. Versicherungsnehmer sind angehalten, die Nachweisanforderungen ihrer Versicherungsbedingungen genau zu erfüllen. (Symbolfoto: fongbeerredhot /Shutterstock.com)

I. Die Parteien streiten über Leistungen aus einer Hausratversicherung nach einem Diebstahl aus einem Kraftfahrzeug des Klägers. Das Amtsgericht hat mit Endurteil vom 12.03.2020 die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der streitgegenständliche Vorfall keinen Versicherungsfall im Sinne der Versicherungsbedingungen der Beklagten darstellt.

Mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung, welche am 15.04.2020 (Blatt 90/91 der Akten) per Fax und am 20.04.2020 im Original bei Gericht einging (Blatt 79/80 der Akten), rügt der Kläger, das Amtsgericht habe den Begriff des Aufbrechens nicht zutreffend ausgelegt. Auch das unbefugte Öffnen eines Kraftfahrzeugs per Funksignal sei davon umfasst.

II. Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das Amtsgericht hat zu Recht die Klage auf Leistung einer Entschädigung aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Hausratversicherungsvertrag in Verbindung mit den als Anlage K 10 vorgelegten Versicherungsbedingungen der Beklagten mit der Begründung abgewiesen, dass der Kläger nicht mit der für eine Verurteilung der Beklagten erforderlichen Sicherheit bewiesen hat, dass sein verschlossenes Fahrzeug aufgebrochen wurde.

1. Die Berufung kann gemäß § 513 Abs. 1 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

2. Versichert ist nach Ziffer 1.2.1 (2) a) der Versicherungsbedingungen der Beklagten ein Diebstahl aus verschlossenen Kraftfahrzeugen, wenn sich die versicherten Sachen vorübergehend außerhalb der Wohnung befinden und innerhalb eines Mitgliedstaats der Europäischen Union, der Schweiz oder Norwegens durch Aufbrechen eines verschlossenen Kraftfahrzeugs […] entwendet oder bei diesem Ereignis zerstört oder beschädigt werden. Versicherungsschutz besteht deshalb nur, wenn die Fahrzeugtüren tatsächlich abgeschlossen gewesen sind und die Sachen weggenommen worden sind, nachdem in das Kraftfahrzeug eingebrochen worden ist.

3. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 20.12.2006, Az. IV ZR 233/05, VersR 2007, 241 f.; Urteil vom 18.10.2006, Az. IV ZR 130/05, VersR 2007, 102 f.; Urteil vom 17.05.1995, Az. IV ZR 279/94, VersR 1995, 909) genügt der Versicherungsnehmer bei einem behaupteten Diebstahl seiner Beweislast, wenn er das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung beweist, also ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf eine versicherte Entwendung zulassen. Zu dem Minimum an Tatsachen gehört, dass die als gestohlen gemeldeten Sachen vor dem behaupteten Diebstahl am angegebenen Ort vorhanden und danach nicht mehr aufzufinden waren und dass Einbruchspuren vorhanden sind, wenn nicht ein Nachschlüsseldiebstahl in Betracht kommt (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 05. April 2016, Az. 9 U 10/16, Rn. 1 – 6, juris).

Zum äußeren Bild des Aufbrechens gehören Einbruchspuren. Da die Ausweisdokumente, die Pilotenlizenz und Teile der Pilotenuniform in unmittelbarer Nähe zum Abstellungsort des Fahrzeugs aufgefunden wurden, mag zwar davon auszugehen sein, dass die in der Klage aufgeführten Sachen vor dem behaupteten Diebstahl im Kraftfahrzeug vorhanden und nicht mehr aufzufinden waren, nachdem der Kläger und die Zeugin … zum Fahrzeug zurückgekehrt waren.

Es wurden überhaupt keine Einbruchspuren an dem klägerischen Fahrzeug festgestellt. Schon dieser Umstand spricht gegen die Annahme, dass der Kläger das Kraftfahrzeug ordnungsgemäß verschlossen hat, denn es ist nicht nachvollziehbar, wie die Sachen innerhalb von nur wenigen Minuten ohne irgendwelche erkennbaren Aufbruchspuren aus dem Fahrzeug gestohlen worden sein können, wenn dieses ordnungsgemäß verschlossen gewesen wäre. Das ist nur möglich, wenn entweder das Verschließen des Fahrzeugs vergessen wurde oder – wie der Kläger behauptet hat – durch Manipulation mithilfe einer sogenannten „Relay Attack“ verhindert worden ist, dass sich die Fahrzeugtüren schließen. In beiden Fällen fehlt es jedenfalls an einem Nachweis des Diebstahls aus einem verschlossenen Fahrzeug im Sinne der Versicherungsbedingungen. Vorliegend fehlen Spuren, die die Annahme eines Aufbrechens rechtfertigen können. Denn Aufbrechen als gewaltsames Eindringen setzt einen nicht unerheblichen Kraftaufwand voraus. Angesichts der fehlenden Aufbruchspuren kann schon nicht angenommen werden, dass der Täter hier körperliche Kraft aufwenden musste, um das Fahrzeug zu öffnen.

4. Soweit der Kläger meint, dass der Einsatz einer „Relay Attack“ entweder das Eindringen mittels eines falschen Schlüssels oder eines anderen, nicht zum ordnungsgemäßen Öffnen bestimmten Werkzeugs im Sinne eines Einbruchsdiebstahls in ein Gebäude darstelle, vermag auch dieser Einwand der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Der Einbruchsdiebstahl wird in den Versicherungsbedingungen zwei Seiten nach dem Diebstahl aus verschlossenen Kraftfahrzeugen unter Punkt 1.2.3 (1) näher definiert. Ein Zusammenhang zu dem Diebstahl aus verschlossenen Kraftfahrzeugen besteht möglicherweise thematisch, jedoch nicht aufgrund des Regelungszusammenhangs. Ob eine „Relay Attack“ nach ihrer Funktionsweise überhaupt ein falscher Schlüssel oder ein nicht zum Öffnen bestimmtes Werkzeug im Sinne der Versicherungsbedingungen sein kann, kann jedoch offen bleiben. Denn durch das sogenannte „Jamming“ wird die Fahrzeugtür nicht geöffnet, sondern die Funkfernbedienung des Schlüssels dergestalt blockiert, dass die Fahrzeugtüren schon gar nicht abgeschlossen werden können. Auch bei Einsatz einer sogenannten „Relay Attack“ wäre das Fahrzeug somit nicht „verschlossen“ im Sinne der Versicherungsbedingungen gewesen (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 05. April 2016, Az. 9 U 10/16, Rn. 1 – 6, juris). Außerdem hat der Kläger auch keinen Nachweis dafür erbracht, dass es vorliegend tatsächlich zu einer gezielten Störung der Funkübertragung durch „Jamming“ in dem Moment gekommen ist, als er die Funkfernbedienung betätigt hat. Angesichts fehlender Einbruchspuren kann auch die Möglichkeit, dass der Kläger das Fahrzeug nicht ordnungsgemäß abgeschlossen hat, nicht ausgeschlossen werden. In jedem Fall fehlt es am Nachweis eines versicherten Diebstahls aus einem verschlossenen Kraftfahrzeug.

III. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erscheint eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

IV. Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).

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