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Wassersportkaskoversicherung – Fahrlässigkeit bei Kurs über Untiefe

LG Neubrandenburg – Az.: 3 O 537/19 – Urteil vom 14.04.2021

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 67.342,06 € zurückzuzahlen, nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 17.12.2019.

3. Die weitergehende Widerklage wird abgewiesen.

4. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu 80 % und die Beklagte zu 20 % zu tragen.

5. Das Urteil ist gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

6. Der Streitwert für das Verfahren wird auf bis 230.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer Wassersportkaskoversicherung.

Zwischen den Parteien bestand für die Motoryacht des Klägers Storebo Commander 410 „FERMATE“, Bau-Nr. ……ein Wassersportkasko-Versicherungsvertrag, für den die Beklagte dem Kläger den als Anlage K 1 in Kopie vorgelegten Versicherungsschein erteilt hat.

Am 23.08.2019 kam es auf dem vom Kläger beabsichtigten Törn, von G. aus zum ca. 17 Seemeilen nordöstlich gelegenen Hafen T., bei sonnigen Wetter, klarer Sicht und leichter bis schwacher Brise zum Untergang der Motoryacht des Klägers.

Der Kläger behauptet, dass er den Törn am Vortrag seemännischer Sorgfalt entsprechend vorbereitet habe, wobei er sich insbesondere über die Untiefen, Wetter, etc. informiert habe. Für die Routenplanung habe er die Seegebietskarte BSH Nr. 1511, eine Papierkarte im Format Din A2, welche er auch an Bord mitgeführt habe, genutzt. Mittels der auf einem iPad Mini betriebenen iOS-Navigationssoftware N. in der aktuellsten Version habe er einen sicheren Kurs berechnet. Die Software habe die spezifischen Parameter des konkreten Bootstyps, die er, der Kläger, bereits bei Erwerb der Software ca. 6 Monate zuvor eingegeben und vor Kursberechnung erneut überprüft habe, berücksichtigt. Seine Motoryacht habe einen Tiefgang von 0,90 Metern. Sicherheitshalber habe er deshalb eine Mindesttiefe von 2,00 Meter vorgegeben. Damit seien die im Seegebiet vorkommenden geringen Pegelschwankungen ausreichend berücksichtigt worden. Den von der Software berechneten Kurs habe er anhand der Papierkarte überprüft.

Während der gesamten Fahrt habe er die Flybridge nicht verlassen, Ausguck gehalten, dabei den Kurs über die N.-Software auf dem iPad kontrolliert und den an Bord befindlichen GPS-Kartenplotter als Umgebungskarte genutzt sowie die Wassertiefe über das an Bord installiertes Echolotgerät überwacht. Er sei sich sicher, den programmierten Kurs laut Anzeige auf dem iPad genau gehalten zu haben.

Wassersportkaskoversicherung - Fahrlässigkeit bei Kurs über Untiefe
(Symbolfoto: balipadma/Shutterstock.com)

Er erinnere sich, dass er das Sichtzeichen „Ariadne“ gesichtet habe, sei sich aber nicht mehr sicher, ob er das Zeichen an Steuerbord tatsächlich habe liegen lassen. Danach habe er den programmierten Kurs weiter gehalten und nach der Gefahrentonne „Groß Stubber West“ gesucht, sie aber nicht gesichtet. Obwohl er zuvor eine Abnahme der Wassertiefe nicht festgestellt habe, sei es schließlich zu einer Grundberührung gekommen, die einen Motor- bzw. Antriebsschaden und Wassereinbrüche verursacht habe. Bei dem Versuch dennoch noch aus eigener Kraft den nächsten Hafen zu erreichen, sei die Motoryacht schließlich gesunken.

Die bedingungsgemäß zu leistende Entschädigungssumme habe die Beklagte zutreffend mit einem Betrag i. H. v. 232.806,87 € angegeben, jedoch die Auffassung vertreten, zur Kürzung der Leistung mit einer Kürzungsquote von 40 % berechtigt zu sein. Darauf aufbauend habe die Beklagte ihm mit einem Betrag i. H. v. 32.806,87 € von den Bergungskosten freigestellt und nur weitere 101.877,25 € an ihn, den Kläger, ausgezahlt.

Die Beklagte sei jedoch zu einer Leistungskürzung nicht berechtigt.

Die Beklagte habe kein Recht auf Leistungskürzung, insbesondere nicht mit einer Kürzungsquote von 40 %, denn sein Verhalten sei allenfalls als einfach fahrlässig zu qualifizieren, wodurch ein Leistungskürzungsrecht der Beklagten nicht begründet werde.

Er beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 93.122,75 € zu zahlen, nebst

a) Zinsen i. H. v. 4 % p. a. für den Zeitraum vom 23.09.2019 bis Rechtshängigkeit,

b) Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz p. a., mindestens aber i. H. v. 4 % p. a. seit Rechtshängigkeit.

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn, den Kläger, von vorprozessualen Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwälte N. & K. GbR i. H. v. 2.231,73 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen und widerklagend, den Kläger zu verurteilen, an sie, die Beklagte, 134.684,12 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (zurück) zu bezahlen.

Sie vertritt die Rechtsauffassung, dass der Kläger den Versicherungsfall nicht nur grob fahrlässig verursacht habe, sondern die vorliegenden Umstände auch eine Kürzung der Versicherungsleistung auf 0 rechtfertige und der Kläger deshalb verpflichtet sei, das bereits Erhaltene im vollem Umfang wieder zurückzuzahlen.

Die vom Kläger verwandte App/Software N. habe eine direkte Reiseroute errechnet, welche sowohl über die mit „Steine“ markierte Untiefe mit einer Wassertiefe von gerade mal 2,70 Meter, als auch über die streitgegenständliche Untiefe „Groß Stubber“ geführt habe.

Bei sorgfältiger Beachtung des Plotters/Echolots hätte der Kläger daher zwingend bereits beim Überfahren der ersten, mit dem Wort „Steine“ gekennzeichneten Untiefe nicht nur feststellen müssen, dass sich die Wassertiefe gefährlich vermindert habe. Insbesondere unter Berücksichtigung, dass der Kläger eine Bootstiefe von zwei Metern eingestellt haben will. Daher hätte er unter Berücksichtigung der Daten der Seekarte und der App/Software N. feststellen müssen, dass er in direkter Linie auf die Untiefe „Groß Stubber“ zugefahren sei. Die streitgegenständliche Untiefe sei zudem mit einer über hunderte Meter sichtbaren Gefahrenbarke ausgewiesen, welche auch (magnetisch) per Radar, pp. erfasst werde.

Somit sei der Kläger in positiver Kenntnis, dass der in der App/Software N. ausgewiesene Kurs nicht nur über die mit dem Wort „Steine“ bezeichnete Untiefe, sondern in direkter Linie auch über die streitgegenständliche Untiefe „Groß Stubber“ führe, unter Passieren der Tonne „Ariadne“, unter Anzeigen der mit „Steine“ markierten Untiefe im Plotter und Echolot, bei klarer und ungetrübter Sicht, am hellichten Tag, trotz über hunderte Meter sichtbarer Gefahrenbarke, mit einer Geschwindigkeit von 20 Knoten ohne die Geschwindigkeit zu mindern, ohne je vom Kurs abzuweichen bzw. sich über den einzuhaltenden Kurs zu vergewissern „ungebremst“ auf die streitgegenständliche Untiefe „Groß Stubber“ aufgelaufen. Dies werde auch belegt durch die als Anlage B 5 begebenen sogenannten AES Daten der streitgegenständlichen Reise, welche sie, die Beklagte, – ausweislich des als Anlage B 6 abgereichten Schreibens des Sachverständigen Zucker erst am 09.10.2019 – acht Tage nach dem als Anlage K 4 abgereichtem Regulierungsschreiben erhalten habe. Aus den vorgenannten Gründen habe sie mit Schriftsatz vom 07.11.2019 auch die Anfechtung der Regulierungsentscheidung erklärt, da das Verhalten des Klägers nur als leichtfertig, wenn nicht sogar als bedingt vorsätzlich qualifiziert werden müsse.

Soweit der Kläger unter multiplen Verstoß gegen die Sicherheitsbestimmung für den Seeverkehr und allgemein anerkannte seemännische Sorgfaltspflichten verstoßen habe, sei sein Mitverschulden nicht nur mit 40 %, sondern mit 100 % zu qualifizieren.

Der Kläger beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Zum Zwecke des Beweises wurde der Kläger zum Sachverhalt und der Sachverständige … mündlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die diesbezüglichen Inhalt der Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 14.10.2020 und vom 31.03.2021 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht, die Widerklage im aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang begründet.

Im vorliegenden Fall hat sich unstreitig eine versicherte Gefahr (auf Grund laufen und dadurch bedingtes Sinken der streitgegenständlichen Yacht) im Sinne von Nummer 3.1 der für das streitgegenständliche Versicherungsverhältnis maßgeblichen Bedingungen für die Kasko-Versicherung von Wassersportfahrzeugen, Stand 01.01.2008 (Anlage K2) verwirklicht. Im Versicherungsvertrag haben die Parteien für den Fall des Totalverlustes eine Versicherungssumme i. H. v. 200.000,00 €, abzüglich des Restwerterlösses, zzgl. Bergungskosten vereinbart. Auch hinsichtlich der streitgegenständlichen Schadensbeträge besteht zwischen den Parteien kein Streit.

Auf der Grundlage von Nr. 13.2 der o.g. Bedingungen für die Kasko-Versicherung von Wassersportfahrzeugen ist der Versicherer analog der Regelung des § 81 VVG „nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer oder der Fahrzeugführer den Versicherungsfall vorsätzlich herbeiführt. Führt der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig herbei, so ist der Versicherer berechtigt, seine Leistungen in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen“.

Aufbauend hierauf ist die Beklagte und Widerklägerin im vorliegenden Fall zu einer Kürzung ihrer Leistungen um 80 % berechtigt.

Unter Zugrundelegung der diesbezüglichen Sachverhaltsdarstellung des Klägers und seiner Anhörung als Partei hierzu, ist zur ausreichenden Überzeugung des Gerichts zunächst zwar davon auszugehen, dass der Kläger, der hierzu erforderlichen seemännischen Sorgfalt entsprechend, eine grundsätzlich ausreichende Reisevorbereitung durch Planung der Fahrtroute vorgenommen hat und insoweit nicht nur Kenntnis über die auf der ausgesuchten Route befindliche Untiefe „Groß Stubber West“ erlangt hatte, sondern auch, dass er die dort befindliche Gefahrenzone mit ausreichenden Abstand westlich umfahren müsse. Die geplante Route berücksichtigte diese Besonderheiten so, dass bei Einhalten der geplanten Route, der dem Verfahren zugrundeliegende Schadensfall nicht eingetreten wäre.

Ebenso ist davon auszugehen, dass der Kläger in der von ihm behaupteten Art und Weise auch Ausguck gehalten hat.

Dennoch ist unter Berücksichtigung der nachfolgend genannten Umstände im Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme zweifelsfrei davon auszugehen, dass der Kläger als Versicherter im vorliegenden Fall die ihm bei einer derartigen Gefahrenlage objektiv obliegende erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlichen Maße außer acht gelassen hat und ihm dabei subjektiv ein erheblich gesteigertes Verschulden zur Last zu legen ist. Dementsprechend ist für ihn, da der eingetretene Schaden auch kausal auf dieses Verhalten zurückzuführen ist, das Vorliegen von grober Fahrlässigkeit im o.g. Sinne festzustellen.

Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und das nicht beachtet, was im konkreten Fall jedermann einleuchten musste. Für Führer von Wassersportfahrzeugen ist dabei insoweit als Maßstab, die Sorgfalt zugrundezulegen, die von einem Führer von Wassersportfahrzeugen, üblicherweise in einem solchen Fall erwartet werden darf.

Im vorliegenden Fall war es dem Kläger, wie er selbst einräumt, bewusst, dass er auf seiner geplanten Route nach Passieren des Sichtzeichens „Ariadne“ mit seiner Motoryacht in einen Bereich des Greifswalder Boddens einfahren wird, in dem der letztlich eingetretene Schadensfall wegen der vorhandenen Untiefe „Groß Stubber West“, falls er abweichend von seiner Planung in den Bereich östlich von der diese Untiefe kennzeichnenden Gefahrentonne einfahren sollte, so sehr wahrscheinlich ist, dass er ein Solches auf jeden Fall verhindern muss.

Dennoch ist er, wie die Beweisaufnahme zweifelsfrei ergeben hat, bereits abweichend von seiner Reiseplanung statt westlich, östlich an dem Seezeichen „Ariadne“ vorbeigefahren, ohne die Abweichung zu bemerken, obwohl er insoweit behauptet, dass die Navigationssoftware auf seinem iPad die ganze Zeit über angezeigt habe, dass er noch genau auf der von ihm vorgegebenen Route sei. Zwar kann eine solche Unaufmerksamkeit isoliert betrachtet noch dahinstehen, da eine Solche allein auch noch nicht schadensursächlich geworden ist. Spätestens aber aus der Kenntnisnahme des Passierens von „Ariadne“ ergab sich für den Kläger die gesteigerte Verpflichtung seine weitere Fahrweise so einzurichten, dass er absichert, zu verhindern in den Bereich der Untiefe einzufahren.

Dabei musste er zunächst sowohl berücksichtigen, dass aus seiner Fahrtrichtung gesehen, einerseits die diese Untiefe markierende Gefahrentonne sich mehrere hundert Meter westlich von der Untiefe selbst befindet, als auch andererseits, dass der räumliche Beginn der Untiefe selbst für ihn näher lag, als die Gefahrentonne. Zudem hatte der Kläger Kenntnis darüber, dass zwischen dem Seezeichen „Ariadne“ und der Gefahrentonne „Groß Stubber West“ nur eine Entfernung von 2 – 3 Seemeilen liegt.

Da der Kläger zudem mit einer weiterhin nicht verminderten Geschwindigkeit von 20 Knoten und zur Überwindung dieser Entfernung nur eine Zeit von ca. 6 Minuten erforderlich war, kann seine ungebremste Weiterfahrt spätestens ab der Hälfte der Zeit, nur als grob fahrlässig im oben genannten Sinne eingeordnet werden.

Dies deshalb, da er, obwohl bei dem vorhandenen äußeren Bedingungen und somit einer grundsätzlichen Sichtweite, die deutlich über der Entfernung zwischen beiden Seezeichen lag, die Gefahrentonne noch nicht wahrgenommen hatte, diese bei einer Fahrt tatsächlich auf der geplanten Route zu diesem Zeitpunkt unzweifelhaft aber schon hätte sichtbar sein müssen.

Der Kläger jedoch ist trotz Kenntnis der o.g. Fakten und somit auch des Risikos einer Grundberührung bei Einfahren in den Untiefebereich, ungebremst weiter gefahren, obwohl er die Gefahrentonne nicht sah und es bei einer solchen Situation unzweifelhaft der seemännischen Sorgfalt entsprochen hätte, dass Boot ggf. gänzlich aufzustoppen bis er entweder die Lage der Gefahrentonne mit bloßen Auge bzw. zumindest mit Fernglas konkret wahrgenommen oder ansonsten seine konkrete Position anderweitig eindeutig geklärt hätte.

Er ist hier weitergefahren, obwohl die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts des schließlich eingetretenen Schadens eindeutig so groß war, dass es ohne weiteres nahelag, dass es zur Vermeidung des Versicherungsfalls eines anderen Verhaltens bedurft hätte.

Sein Verhalten in diesem Zusammenhang kann, entgegen der vom Kläger hierzu vertretenen Auffassung, auch in keiner Weise als Augenblicksversagen gewertet werden, sondern es stellt sich eindeutig, als eine besonders schwerwiegende Verletzung der von einem Führer von Wassersportfahrzeugen in einem solchen Fall erforderlichen Sorgfalt dar. In Anbetracht der Tatsache, dass diese Sorgfaltspflichtverletzung schadensursächlich geworden ist, kann das Handeln des Klägers eindeutig nur als grob fahrlässig gewertet werden.

Dies bereits unabhängig davon, dass der Kläger offensichtlich ebenso das von ihm betriebene Echolot nicht beachtet hat, da ihm ansonsten vor der streitgegenständlichen Grundberührung auch die zunehmende Verringerung der Wassertiefe nicht unbemerkt hätte bleiben können.

Da der Kläger den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat, ist die Beklagte als Versicherer u.a. aus § 81 Abs. 2 VVG berechtigt, ihre Leistungen in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen.

Bei der Bemessung der Leistungskürzung ist danach zu fragen, wie nah die grobe Fahrlässigkeit beim bedingten Vorsatz oder aber bei der einfachen Fahrlässigkeit lag (vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf zu § 81 VVG n. F., BT-Drs. 16/3945, S. 80), Die genaue Bestimmung fußt für jeden Einzelfall auf einer Bewertung der konkreten, auf die Schwere des Verschuldens bezogenen Gesamtumstände. Bemessungskriterien sind vor allem das Gewicht der objektiven Pflichtverletzung, also die objektive Bedeutung der verletzten Pflicht für die Vermeidung des Risikos, das Gewicht, die Dauer und die Offenkundigkeit des Verstoßes und die Vorhersehbarkeit seiner Folgen, außerdem der konkret erforderliche Aufwand für die Pflichterfüllung einerseits und die Höhe des drohenden Schadens andererseits (OLG Saarbrücken, Urt. v. 26.01.2011, Az.: 5 U 356/10).

Nach diesen Maßstäben erachtet die Kammer im vorliegenden Fall zwar eine Leistungsreduzierung auf null nicht für gerechtfertigt, jedoch eine solche um 80 %.

Obwohl der Kläger Kenntnis hatte, dass er sich in einem Gefahrengebiet befand, welches von ihm eine besondere Aufmerksamkeit erforderte, stellte er sein Verhalten hierauf nicht ein, sondern erhöhte kontinuierlich durch die Fortsetzung der ungebremsten Fahrt das Risiko für den schließlich eingetretenen Schadensfall. Dies ist letztlich so gravierend schadensursächlich geworden, dass dieses Verhalten für die Bemessung der Leistungskürzung nahezu in dem Bereich des bedingten Vorsatzes einzuordnen wäre.

Zu berücksichtigen ist jedoch aber ebenso, dass das schadensursächliche Verhalten des Klägers auch dadurch beeinflusst worden ist, dass er durch die Anzeige der Navigationssoftware auf seinem iPad bedingt, irrtümlich davon ausging, tatsächlich auf dem direkten Kurs auf die Gefahrentonne „Großer Stubber West“ zu sein. Zwar war dem Kläger bewusst und bekannt, dass eine solche Navigationssoftware zur Navigation nur unterstützend eingesetzt werden soll und insoweit keine Gewähr für die Richtigkeit besteht. Dennoch kann für die Bewertung seines Verschuldens nicht unberücksichtigt bleiben, dass er durch diese unter Sportschiffern nicht unübliche Navigationshilfe dahingehend abgelenkt war, dass er fehlerhaft davon ausging, dass das auf dem iPad Angezeigte der Realität entsprach.

Bei zusammenhängender Würdigung der vorgenannten Umstände ist eine Leistungskürzung um 80 % sowohl angemessen, als auch ausreichend.

Somit ist kann die Klage nur abgewiesen werden und die Widerklage, die die Rückforderung des bereits gezahlten Leistungsanteils zum Gegenstand hat, nur insoweit Erfolg haben, soweit dem Kläger 20 % verbleiben, während er den Rest an die Beklagte als ungerechtfertigte Bereicherung zurückzugewähren hat.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1 und 709 ZPO.

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