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Deckungsklage gegen Wohngebäudeversicherung – strenge Wiederherstellungsklausel

OLG Köln – Az.: I-9 W 7/18 – Beschluss vom 12.03.2018

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 29.08.2017 gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 24.07.2017 – 9 O 116/17 – in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 24.01.2018 – wird zurückgewiesen.

Gründe

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde führt in der Sache nicht zum Erfolg.

Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO liegen nicht vor. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Antragstellers hat nach der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Außerdem ist eine Bedürftigkeit des Antragstellers nicht glaubhaft gemacht.

Hinreichende Erfolgsaussicht besteht nur dann, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der Prozesskostenhilfe begehrenden Partei auf Grund ihrer Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für vertretbar hält und von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Geimer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 114 ZPO, Rn. 19).

Der Klageantrag zu 1) gerichtet auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Aufwand zur Wiedererrichtung des Gebäudes Istraße 461 in X auszugleichen, bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil er unzulässig ist. Es fehlt an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO fehlt.

Wohngebäudeversicherung
(Symbolfoto: Freedomz/Shutterstock.com)

Streitgegenstand einer Feststellungsklage kann nur der Streit über ein Rechtsverhältnis oder die Tatfrage der Echtheit einer Urkunde sein (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 256 ZPO, Rn. 2a). Rechtsverhältnis ist die Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder Sache, die ein (mit materieller Rechtskraftwirkung feststellbares) subjektives Recht enthält oder aus der solche Rechte entspringen können (Greger, aaO, Rn. 3). Das Rechtsverhältnis muss grundsätzlich ein gegenwärtiges sein (BGHZ 37, 137, 144). Unzulässig ist dagegen eine Klage auf Feststellung von Rechtsfolgen aus einem erst künftig (möglicherweise) entstehenden Rechtsverhältnis (BGHZ 120, 239, 253 = NJW 93, 925, 928; BGH NJW-RR 2001, 957 = MDR 2001, 829).

Nach verständiger Würdigung begehrt der Antragsteller die Feststellung, dass die Beklagte zukünftig verpflichtet ist, dem Antragsteller eine Neuwertentschädigung i.S.v. Ziff. 5.1 i.V.m. Ziff. 4.1 Allgemeine Versicherungsbedingungen (im Folgenden: AVB) zu zahlen. Nach den soeben genannten Maßstäben stellt dies kein gegenwärtiges Rechtsverhältnis i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO dar und eine Klage auf Feststellung ist deshalb unzulässig. Denn gem. Ziff. 5.3 AVB erwirbt der Versicherungsnehmer den Anspruch auf Zahlung des Teils der Entschädigung, der den Zeitwertschaden übersteigt, nur soweit und sobald er innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles sichergestellt hat, dass er die Entschädigung verwenden wird, um versicherte Sachen in gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wiederherzustellen oder wiederzubeschaffen. Es handelt sich um eine strenge Wiederherstellungsklausel, nach der die Sicherstellung der Verwendung der Entschädigung zur Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs auf Ersatz des Schadens ist, der über den Zeitwertschaden hinausgeht (OLG Köln, Urteil vom 21. Oktober 2008 – I-9 U 55/08 –, Rn. 51, juris).

Die Sicherstellung festzustellen erfordert eine Prognose in dem Sinne, dass bei vorausschauend wertender Betrachtungsweise eine bestimmungsgemäße Verwendung hinreichend sicher angenommen werden kann. Dementsprechend bedarf es Vorkehrungen, die – auch wenn sie keine restlose Sicherheit garantieren – jedenfalls keine vernünftigen Zweifel an der Wiederherstellung aufkommen lassen, um Manipulationen möglichst auszuschließen (BGH NJW-RR 2004, 753 ff.). Dem aber steht schon der Vortrag des Antragstellers entgegen, es werde wohlmöglich keine Baugenehmigung für das streitgegenständliche Grundstück erteilt werden, da es im Außenbereich liegt. Soweit dies zutreffen sollte, ist es zwar gem. Ziff. 5.3 Abs. 2 AVB möglich, in Deutschland eine andere Stelle zur Wiederherstellung zu wählen. Aber auch der Anspruch auf Ersatz der Neuwertspitze für eine Wiederherstellung des Gebäudes an einer anderen Stelle entsteht grundsätzlich erst dann, wenn die Voraussetzungen der strengen Wiederherstellungsklausel vorliegen. Denn Ziff. 5.3 Abs. 2 AVB soll nur die Ortsgebundenheit der Wiederherstellung dahingehend auflockern, dass die Sicherstellung der Errichtung eines Gebäudes an einem anderen Ort in der Bundesrepublik Deutschland genügt, wenn ein Wiederaufbau an der bisherigen Stelle rechtlich nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zu vertreten ist (Johannsen in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2012, § 8 Umfang der Entschädigung, Rn. 30). Das ändert aber nichts daran, dass dann die Voraussetzungen der strengen Wiederherstellungsklausel – dann für den neuen Standort – vorliegen müssen.

Der Antragsteller hat jedoch nicht vorgetragen, dass diese Voraussetzungen vorliegen. Es ist auch ungewiss, dass sie zukünftig vorliegen werden, so dass diese Frage nicht zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden kann. Dies ist mit Sinn und Zweck der strengen Wiederherstellungsklausel nicht zu vereinbaren. Denn sie dient der Begrenzung des subjektiven Risikos des Versicherers und soll verhindern, dass der Versicherungsnehmer durch die Möglichkeit der freien Verwendung der Versicherungssumme in Versuchung gerät, Versicherungsfälle vorzutäuschen (Johannsen in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009, § 94 VVG, Rn. 40). Soweit der Antragsteller versichert, er werde das Gebäude wiederherstellen, ändert dies an der Unzulässigkeit des Antrags nichts. Die bloße Absicht, die Sache wiederherstellen oder wiederbeschaffen zu wollen, und die Zusicherung dieser Absicht gegenüber dem Versicherer genügt grundsätzlich nicht (Johannsen, aaO).

Das Landgericht hat zu Recht die hinreichende Erfolgsaussicht der Klageanträge zu 2) und 3) verneint. Auch nach dem ergänzenden Vortrag des Antragstellers im Schriftsatz vom 22.02.2018 fehlt es weiterhin an einem schlüssigen Vorbringen zu entgangenen Mieteinkünften.

Der Antragsteller behauptet, Mieter des Objektes sei ein Herr S C und es entgingen dem Antragsteller Mieteinnahmen in Höhe von 2.000 € pro Monat. Dies vermag der Senat aus den vorgelegten Schriftstücken vom 28.03.2007 (Bl. 136 f. d. A.), 28.04.2013 (Bl. 138 d. A.), 14.06.2014 (Bl. 139 d. A.) und vom 03.04.2014 (Bl. 140 d. A.) nicht zu entnehmen. Aus dem Mietvertrag vom 28.03.2007 (Bl. 136 f. d. A.) zwischen Frau T2 T und Herrn E T, dem Vater des Antragstellers, ergibt sich, dass Herr E T als Mieter des streitgegenständlichen Gebäudes eine monatliche Miete von 500 € schuldet. Auf Bl. 138 d. A. findet sich ein mit „Übertragung des Mietvertrages“ und von Herrn E T und Herrn S C unterzeichnetes Schriftstück vom 28.03.2013, mit dem Herr E T den Mietvertrag mit Frau T2 T auf Herrn S C übertragen haben will. Zwar ist der Mieterwechsel grundsätzlich durch Vertrag zwischen zwei Beteiligten möglich (Palandt/Weidenkaff, BGB 77. Auflage 2018, § 535 Rn. 9), es bedarf hierfür aber auch der Zustimmung des Vermieters (Palandt/Weidenkaff, aaO).

Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich keine Zustimmung der Vermieterin T2 T. Insbesondere ist der vorgelegten Vereinbarung vom 14.6.2014 (Bl. 139 d. A.) eine Zustimmung der Vermieterin nicht zu entnehmen. Soweit dort folgendes ausgeführt ist:

„Durch Schreiben vom 16.06.2014 bestätigt Frau T2 T Herr S C die Mietzahlungen für das vorerwähnte Objekt ab März 2014 an Herr E T vorzunehmen“

folgt hieraus keine Zustimmung der Vermieterin, denn der Antragsteller legt ein Schreiben vom 16.06.2014 nicht vor.

Die Vereinbarung zwischen Herrn E T und Herrn S C vom 03.04.2014 (Bl. 140 d. A.) enthält ebenfalls keine Zustimmung der Vermieterin. Danach soll Herr S C monatlich folgende Beträge an Herrn E T zahlen:

  • Miete i.H.v. 800 € für einen Gewerbemietvertrag vom 02.04.2007 zwischen Frau T2 T und Herrn E T
  • Miete i.H.v. 500 € für den Mietvertrag vom 28.03.2007
  • einen zusätzlichen Betrag i.H.v. 700 € für die Übertragung des Mietvertrags vom 28.03.2007

Einen Gewerbemietvertrag legt der Antragsteller indes nicht vor. Bei dem „zusätzlichen“ Betrag von 700 € handelt es sich – soweit ersichtlich – nicht um eine Mieteinnahme i.S.v. Ziff. 6.2.1 AVB. Auffällig ist, dass der Antragsteller keine Unterlagen vorlegt, die den tatsächlichen Erhalt der behaupteten erheblichen Mietzahlungen von Herrn C belegen. Es werden keine Kontoauszüge oder Steuerbescheide als Beleg für die behaupteten erheblichen Mieteinkünfte vorgelegt. Die behaupteten erheblichen Mieteinkünfte bis zum Brand müssten sich in entsprechenden Steuerbescheiden des Vaters des Antragstellers widerspiegeln.

Schließlich hat der Antragsteller seine Aktivlegitimation nicht hinreichend dargelegt, nachdem die Antragsgegnerin die Überleitungsanzeige der Stadt Aachen vom 05.07.2017 (Bl. 63 f. d. A.) vorgelegt hat. Den Anspruchsübergang gemäß § 93 SGB XII berücksichtigt der Antragsteller bei seinen angekündigten Anträgen nicht.

Aus den soeben erfolgten Ausführungen ergibt sich auch, dass der Klageantrag zu 4) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Der Antragsteller hat einen Schaden nicht schlüssig dargelegt, so dass es am Feststellungsinteresse i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO fehlt.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Antragsteller seine Bedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht hat. Nach dem vorgelegten Berufsausbildungsvertrag vom 30.06.2014 endete die Ausbildung des Antragstellers zum 31.07.2017. Die vorgelegten Lohn- und Gehaltsabrechnungen aus dem Jahr 2016 über den Bezug von Ausbildungsvergütung sind daher nicht geeignet, eine Bedürftigkeit glaubhaft zu machen. Die vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 15.02.2017 wurde ebenfalls nicht aktualisiert.

Eine Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren ist nicht veranlasst, § 127 Abs. 4 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich. Weder haben die hier entschiedenen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 3 S. 1 ZPO).

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