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Feuerversicherung – Ersatz von Abbruchkosten

OLG Braunschweig – Az.: 3 U 44/15 – Urteil vom 24.08.2016

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 08.05.2015 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts Braunschweig sind für den Kläger ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf eine Wertstufe bis zu 200.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm für Abbruchkosten aufgrund eines Brandschadens in B. Versicherungsschutz zu gewähren. Hilfsweise beantragt der Kläger, die Beklagte zu verurteilen, ihn von Kosten für eine Ersatzvornahme freizustellen bzw. Abbruchkosten an ihn zu zahlen.

Der Kläger ist seit 1996 Eigentümer eines Hotelgrundstücks in B. W…straße …/H…straße ….

Der Kläger und die Beklagte schlossen einen Vertrag über eine Gebäude-Feuerversicherung mit der Nr. ….. zum gleitenden Neuwert (vgl. Anlage K 1). Versicherungsbeginn sollte der 01.06.2006 sein. Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Feuerversicherung (AFB 2002), die Sonderbedingungen für die gleitende Neuwertversicherung (SGIN 2002) sowie die besonderen Vereinbarungen zur gewerblichen Gebäude-Feuerversicherung (vgl. Anlage K 2) zu Grunde.

Am 17.10.2008 eröffnete das Amtsgericht Braunschweig das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers und bestellte Herrn Steuerberater R. B. zum Insolvenzverwalter (vgl. Anlage K 9).

Am 24.2.2009 kam es auf dem vorgenannten Hotelgrundstück zu einem Brandschaden, dessen Ausmaß zwischen den Parteien streitig ist.

Mit Schreiben vom 29.11.2012 erklärte der Insolvenzverwalter, dass er das Hotelgrundstück aus dem Insolvenzbeschlag entlasse (vgl. Anlage K 11).

Mit Schreiben vom 17.12.2012 (vgl. Anlage K 13) erklärte die Beklagte, dass sie derzeit keine Einstandspflicht sehe.

Mit Schreiben vom 28.10.2013 (vgl. Anlage K 14) forderte der Landkreis G. den Kläger auf, den Altbauteil des ehemaligen Kurhotels auf dem Grundstück W…straße … in B. abzubrechen, und drohte ihm die Durchführung der Arbeiten im Wege der Ersatzvornahme an.

Unter dem 07.03.2014 setzte der Landkreis G. gegen den Kläger eine Vorausleistung in Höhe von 77.350,- € zu Durchführung der mit Bescheid vom 28.10.2013 angedrohten Ersatzvornahme fest (vergleiche Anlage K 15).

Mittlerweile ist der Altbau des Hotelgebäudes vollständig abgerissen worden.

Mit der vorliegenden Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Feststellung in Anspruch, dass sie verpflichtet sei, dem Kläger für die Abbruchkosten aufgrund des Brandschadens vom 24.02.2009 an dem Hotelgebäude in B. Versicherungsschutz zu gewähren.

Der Kläger behauptet, dass der Brand vom 24.02.2009 zu einer vollständigen Beschädigung des versicherten Hotelgebäudes geführt habe. Eine Reparatur der Gebäude sei auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht möglich. Auch im Falle eines Wiederaufbaus müssten die Gebäude zunächst abgebrochen und das Grundstück geräumt werden.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger aufgrund des Brandschadens vom 24.2.2009 an dem Hotelgebäude W…straße … und H…straße …, B. aus der Feuerversicherung Nummer …. für Abbruchkosten Versicherungsschutz zu gewähren;

hilfsweise,

1. Die Beklagte zu verurteilen, den Kläger gegenüber dem Landkreis G, in Bezug auf eine Inanspruchnahme auf Zahlung von 77.350,- € aus dem Kostensicherungsbescheid des Landkreises G. vom 07.03.2014 (Anlage K 15) freizustellen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 162.430,- € zu zahlen;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weitere Aufwendungen zu ersetzen, die über die unter Ziff. 1 und 2 bezifferten Beträge hinausgehen und durch den Abbruch der Hotelgebäude W…straße … und H…straße …, B. dem Kläger entstehen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass das gesamte Objekt infolge des Brandes vollständig zerstört worden sei und daher abgerissen werden müsse bzw. musste. Es liege nahe, dass sich eine Notwendigkeit, den Altbau abzureißen, erst durch den Leerstand ergeben habe.

Feuerversicherung - Ersatz von Abbruchkosten
(Symbolfoto: Algimantas Barzdzius/Shutterstock.com)

Das Landgericht Braunschweig hat mit Urteil vom 08.05.2015 (Bl. 250 ff. d. A.) festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet sei, aufgrund des Brandschadens vom 24.02.2009 an dem Hotelgebäude W…straße … und H…straße …, B., dem Kläger aus der Feuerversicherung Nummer …. Versicherungsschutz für Abbruchkosten zu gewähren.

Zur Begründung hat das Landgericht auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 27.11.2013 (3 W 24/13) verwiesen, mit dem dem Kläger Prozesskostenhilfe gewährt worden ist. Das Oberlandesgericht habe ausgeführt, dass ein Feststellungsinteresse gegeben sei, weil bei der Beklagten, wie immer wenn sich geltend gemachte Ansprüche gegen ein großes Versicherungsunternehmen richteten, die Erwartung gerechtfertigt sei, dass die Anspruchsgegnerin auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen werde.

Die Kammer folge der Erkenntnis des Oberlandesgerichts. Der Inhalt dessen, was unter Abbruchkosten im Versicherungsverhältnis zwischen den Parteien zu verstehen sei und welchen Umfang ein Zahlungsanspruch des Klägers unter dem Aspekt „Abbruchkosten“ habe oder haben könne, sei dabei und deshalb in diesem Verfahren nicht zu bestimmen. Dass die Beklagte für Kosten aufzukommen habe, die sich bisher mit 77.350,- € angesichts des Kostensicherungsbescheides des Landkreises G. zeigten und in diesem Kontext eventuell höher sein könnten, könne nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht weiter ernsthaft streitig sein. Ihre unterschiedlichen Auffassungen zu dem Ansatz und zu den Inhalten könnten und sollten die Parteien nach der Erkenntnis des Oberlandesgerichts im Leistungsstreit austauschen und klären.

Die Ansprüche des Klägers seien nicht verjährt, weil eine Verjährung durch den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gehemmt worden sei. Aufgrund der Freigabeerklärung vom 29.11.2012 sei der Kläger prozessführungsbefugt. Soweit das Oberlandesgericht meine, der Anspruch auf Erstattung von Abbruchkosten entstehe erst, wenn und soweit Kosten entstanden seien, folge die Kammer dem uneingeschränkt, wenn damit gemeint sei, dass es sich um eine Kostenversicherung handele. Die Kammer folge dem des Weiteren, soweit zur Streitkonstellation vom Oberlandesgericht festgehalten sei, dass der geltend gemachte Anspruch nicht dem Insolvenzbeschlag unterliege, sondern Teil des insolvenzfreien Schuldnervermögens sei. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Urteil ist den Beklagtenvertretern am 12.05.2015 zugestellt worden. Die Beklagte hat gegen das Urteil am 02.06.2015 Berufung eingelegt und diese am 24.06.2015 begründet.

Mit ihrer Berufung macht die Beklagte geltend, dass das Landgericht Braunschweig rechtsirrig davon ausgehe, dass der Kläger aktiv legitimiert sei. Aus dem als Anlage K 11 eingereichten Schreiben ergebe sich, dass der Insolvenzverwalter seinerzeit lediglich den Grundbesitz an dem streitbefangenen Objekt aus dem Insolvenzbeschlag entlassen habe.

Selbst wenn man in Übereinstimmung mit dem Landgericht Braunschweig den Anspruch auf Ersatz der Abbruchkosten als untrennbar mit dem Grundbesitz verbunden betrachte, handele es sich hierbei immer noch um Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag und damit um schuldrechtliche Ansprüche. Diese seien eindeutig nicht aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben. Richtigerweise habe das Oberlandesgericht Braunschweig in dem Beschluss vom 27.11.2013 daher die Aktivlegitimation des Klägers hinsichtlich etwaiger Entschädigungsansprüche aus dem Versicherungsvertrag verneint, weil diese bereits im Zeitpunkt der Freigabeerklärung entstanden gewesen seien und ausdrücklich nur der Grundbesitz freigegeben worden sei. Die von dem Oberlandesgericht Braunschweig angeführte und von dem Landgericht Braunschweig übernommene Begründung für eine abweichende Behandlung der Abbruchkosten sei nicht sachgerecht. Grundsätzlich würden Forderungen auf Entschädigungsleistungen wegen einer Gebäude- und Feuerversicherung in die Insolvenzmasse fallen. Freigegeben worden sei jedoch nur der Grundbesitz. Soweit das Oberlandesgericht Braunschweig und auch das Landgericht Braunschweig keine zwingende Verknüpfung möglicher Versicherungsansprüche mit dem Eigentum an dem Grundbesitz erkennen würden, weil diese bereits im Zeitpunkt der Freigabeerklärung längst entstanden gewesen seien, müsse dies auch für die Ansprüche auf Ersatz von Abbruchkosten gelten. Sowohl das Oberlandgericht Braunschweig als auch das Landgericht Braunschweig begründeten die Unterscheidung damit, dass der Anspruch auf Erstattung der Abbruchkosten erst entstehe, wenn und soweit dem Antragsteller die Kosten hierfür entstanden seien. Die hierfür angeführte Fundstelle sei auf die bisher vertretene Vorleistungspflicht des Versicherungsnehmers bei der Regulierung von Abbruchkosten zurückzuführen. Der Bundesgerichtshof vertrete hierzu jedoch in neuerer Rechtsprechung die Auffassung, dass der Anspruch auf Ersatz von Abbruchkosten in der Feuerversicherung nicht mehr voraussetze, dass der Versicherungsnehmer diese Aufwendung bereits erbracht oder entsprechende Zahlungsverpflichtungen begründet habe (vgl. Urteil des BGH vom 19.6.2013, AZ.: IV ZR 228/12). Der Anspruch auf Erstattung der Abbruchkosten entstehe damit zeitgleich mit den Wiederherstellungskosten, d. h. mit Eintritt des Versicherungsfalles. Eine weitere Begründung dafür, dass der Anspruch auf Ersatz für Abbruchkosten untrennbar mit dem Grundbesitz verbunden und durch die Freigabeerklärung auf den Kläger übergegangen sei, sei weder ersichtlich noch wäre ein solcher vom Kläger vorgetragen oder finde sich in dem Urteil des Landgerichts Braunschweig oder dem Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig wieder. Darüber hinaus erfasse § 3 Ziffer 3a AFB ausschließlich Kosten für den Abbruch von Gebäudeteilen, die nicht wiederhergestellt werden könnten bzw. nach einer Reparatur oder Wiederherstellung noch vorhanden seien, aber nicht mehr gebraucht würden. Dem Vortrag des Klägers sei nicht zu entnehmen, ob und welche Gebäudeteile nicht wiederhergestellt werden könnten. Die Beklagte sei daher jedenfalls nicht zur Übernahme der von dem Kläger behaupteten Abbruchkosten verpflichtet. In keinem Fall beziehe sich eine solche Verpflichtung auf den sogenannten Neubau. Im Übrigen werde auf den gesamten erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten einschließlich der dortigen Beweisantritte ergänzend Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil. Er verweist insbesondere darauf, dass er erstinstanzlich sehr wohl vorgetragen und unter Beweis gestellt habe, dass sowohl der Altbau, der Neubau als auch der Zwischentrakt unmittelbar von dem Brand betroffen gewesen seien, nicht mehr für eine zweckentsprechende Nutzung zu gebrauchen gewesen seien und eine Reparatur der Gebäude auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht möglich gewesen sei und ist.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 03.02.2016 (Bl. 352 ff. d. A.) und Beschluss vom 03.03.2016 (Bl. 374 d. A.) durch Vernehmung der Zeugen L. W., U. S., D. L., S. B. und B. M. sowie Einholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen E. B.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 25.05.2016 (Bl.387 ff. d. A.) und vom 03.08.2016 (Bl. 436 d. A.) Bezug genommen.

II.

1. Die Berufung der Beklagten gegen den Kläger ist zulässig, auch wenn die Beklagte die Prozessführungsbefugnis des Klägers in Zweifel gezogen hat.

Im Streit um die fehlende Partei- oder Prozessfähigkeit ist die jeweilige Person als partei- oder prozessfähig zu behandeln (vgl. Althammer, in: Stein/Jonas, ZPO, 22. A., § 511, Rdnr. 15), so dass die Berufung gegen eine solche Partei als zulässig anzusehen ist.

2. Auch die Klage ist entgegen der Ansicht der Beklagten als zulässig anzusehen.

a.) Der Kläger ist im Hinblick auf den von ihm geltend gemachten Anspruch auf Ersatz der Abbruchkosten prozessführungsbefugt.

Der Kläger hat zwar zunächst durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen die Prozessführungsbefugnis im Hinblick auf die aus dem mit der Beklagten geschlossenen Versicherungsvertrag resultierenden Ansprüche verloren.

Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht gem. § 80 Abs. 1 S. 1 InsO das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Der Insolvenzschuldner verliert die Prozessführungsbefugnis in Bezug auf das insolvenzbefangene Vermögen (vgl. Mock, in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. A., § 80, Rdnr. 18). Zur Insolvenzmasse gehören sämtliche Ansprüche aus der Schadensversicherung, wie z. B. aus einer Feuer-, Wasser-, Hagel-, Viehseuchen-, Sturm-, Einbruch- oder Transportversicherung (vgl. Hirte, in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. A., § 35, Rdnr. 224; Lüdtke, in: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 5. A., § 35 InsO, Rdnr. 156).

Hier macht der Kläger Ansprüche aus einem Vertrag über eine Gebäude-Feuerversicherung geltend, die grundsätzlich dem Insolvenzbeschlag unterliegen.

Durch die von dem Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 29.11.2012 (Anlage K 11) erklärte Freigabe hat der Kläger jedoch seine Prozessführungsbefugnis im Hinblick auf die noch streitgegenständliche Forderung auf Ersatz von Abbruchkosten wiedererlangt.

Grundsätzlich gehören zwar Ansprüche aus Versicherungsverträgen zur Masse. Insolvenzfrei sind aber Ansprüche aus der Versicherung von Gegenständen, die ihrerseits nicht massezugehörig sind (vgl. Eickmann, in: Kreft, Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 6. A., § 35 InsO, Rdnr. 14). Durch die Freigabe seitens des Insolvenzverwalters wird ein Gegenstand insolvenzfrei.

Die Freigabe ist in der Insolvenzordnung nicht näher geregelt. Wie die Vorschrift des § 32 Abs. 3 InsO zeigt, geht das Gesetz allerdings ohne weiteres davon aus, dass dem Insolvenzverwalter ein solches Recht zusteht (vgl. Versäumnisurteil des BGH vom 01.02.2007, Az.: IX ZR 178/05). Hierbei handelt es sich um eine Befugnis des Verwalters, die dieser im Interesse der Masse, die der Gesamtheit der Gläubiger zu Gute kommen soll, auszuüben hat (vgl. Versäumnisurteil des BGH, a. a. O.). Ein rechtlich schutzwürdiges Bedürfnis, dem Verwalter die Möglichkeit der Freigabe einzuräumen, besteht regelmäßig dort, wo zur Masse Gegenstände gehören, die wertlos sind oder Kosten verursachen, welche den zu erwartenden Veräußerungserlös möglicherweise übersteigen (vgl. Versäumnisurteil des BGH, a. a. O.). Die Freigabe hat durch eine an den Insolvenzschuldner zu richtende, einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Insolvenzverwalters zu erfolgen (vgl. Versäumnisurteil des BGH, a. a. O.). Erst durch die wirksame Freigabe scheidet der betreffende Gegenstand aus der Insolvenzmasse aus und wird der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzschuldners unterstellt (vgl. Versäumnisurteil des BGH, a. a. O.). Die Freigabe wirkt für die Zukunft und erfasst auch etwaige Surrogate, z. B. einen etwaigen Erlös aus der Verwertung des freigegebenen Gegenstandes durch den Insolvenzschuldner (vgl. Hirte, in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. A., § 35, Rdnr. 82). Auch mittelbare Sach- und Rechtsfrüchte i. S. v. § 99 Abs. 3 BGB teilen das insolvenzrechtliche Schicksal des Grundstücks (vgl. Urteil des FG Brandenburg vom 28.09.2006, Az.: 4 K 774/05). Die § 401 BGB und § 926 Abs. 1 BGB sind entsprechend anwendbar (vgl. Jaeger, Kommentar zur Insolvenzordnung, 2007, § 80, Rdnr. 38).

Hier hat der Insolvenzverwalter die Freigabe betreffend den mit dem Hotelgebäude bebauten Grundbesitz erklärt und dem Kläger als Insolvenzschuldner mitgeteilt, dass mit dem Zugang der Erklärung die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Grundbesitzes wieder auf ihn übergehe, so dass er für sämtliche grundstücksbezogenen Belange wieder ausschließlich allein verantwortlich sei.

Diese Freigabeerklärung umfasst auch Ansprüche aus der hier streitgegenständlichen Gebäude-Feuerversicherung gegen die Beklagte.

Zwar handelt es sich bei der Brandversicherungssumme nicht um eine mittelbare Sachfrucht gemäß § 99 Abs. 3 BGB, weil die Brandversicherungssumme kein aufgrund des Versicherungsverhältnisses vorherbestimmter Sachertrag ist (vgl. Beschluss des BGH vom 19.07.1991, Az.: BLw 17/90). Versicherungsansprüche stellen auch keine Nebenrechte i. S. v. § 401 BGB (analog) dar (vgl. Beschluss des BGH vom 27.07.2010, Az.: VI ZB 49/08).

Der BGH hat aber im Hinblick auf einen Anspruch auf Nachabfindung eines Miterben entschieden, dass kein Grund ersichtlich sei, die Entschädigungsleistung für ein abgebranntes Gebäude im Ansatz anders zu behandeln als den Erlös aus einer Veräußerung von Hofgrundstücken (vgl. Beschluss des BGH vom 19.07.1991, Az.: BLw 17/90). Sieht man demnach in der Brandversicherungssumme ein Bestandteilssurrogat (vgl. Beschluss des BGH, a. a. O.), ist davon auszugehen, dass die Verfügungsbefugnis im Hinblick auf die streitgegenständlichen Ansprüche im vorliegenden Fall mit dem Grundstück auf den Kläger übergegangen ist.

Hierfür spricht auch, dass, wenn die versicherte Sache vom Versicherungsnehmer veräußert wird, gem. § 95 Abs. 1 VVG an dessen Stelle der Erwerber in die während der Dauer seines Eigentums aus dem Versicherungsverhältnis sich ergebenden Rechte und Pflichten des Versicherungsnehmers eintritt. Der Vertragsübergang nach § 95 VVG erfasst insbesondere alle grundstücksbezogenen Versicherungen, wie z. B. Feuerversicherungen (vgl. Armbrüster, in: Prölss/Martin VVG, 29. A., § 95 VVG, Rdnr. 3). Wollte man die Verfügungsbefugnis hinsichtlich der Versicherungsforderungen bei dem Insolvenzverwalter trotz Freigabe des versicherten Gegenstandes belassen, hätte dies zur Folge, dass der Insolvenzschuldner durch Veräußerung des Gegenstands zwar jederzeit auch gegen den Willen des Insolvenzverwalters den Übergang der Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsverhältnis auf einen Dritten, nämlich den Erwerber bewirken, aber selbst von diesen Rechten und Pflichten keinen Gebrauch machen könnte. Dieses Ergebnis erscheint widersprüchlich und ist auch nicht mit § 99 VVG vereinbar, wonach die Versicherung auf denjenigen übergeht, der die Berechtigung, versicherte Bodenerzeugnisse zu beziehen, erhält. Das Recht zur Fruchtziehung liegt aber auch im Fall der Freigabe eines Grundstücks wieder bei dem Insolvenzschuldner als Grundstückseigentümer.

Dem steht auch nicht entgegen, dass der Versicherungsfall nach der Behauptung des Klägers bereits vor der Freigabeerklärung eingetreten ist.

Zwar wirkt die Freigabeerklärung durch den Insolvenzverwalter nur ex nunc (vgl. Lüdtke, in: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 5. A., § 35 InsO, Rdnr. 69) und das Brandereignis vom 24.02.2009 erfolgte zu einem Zeitpunkt, als das betroffene Grundstück noch zur Insolvenzmasse gehörte.

Auch ist der Anspruch auf Ersatz der Abbruchkosten unter Zugrundelegung der von der Beklagten zitierten Rechtsprechung des BGH vom 19.06.2013 (Az. IV ZR 228/12) dem Grunde nach bereits mit dem Brandereignis entstanden.

Sachversicherungsbedingungen (etwa Wohngebäude-, Hausrat- sowie gewerbliche Immobilien- und Inhaltsversicherungsbedingungen) enthalten regelmäßig Vertragsbestimmungen über den Ersatz bestimmter Kosten (etwa Schadensminderungs-, Aufräum-, Bewegungs- und Schutzkosten (vgl. Mühlhausen, VersR 2014, 927 ff.). Nach traditionellem Verständnis soll dadurch der Versicherungsnehmer über den Sachsubstanzschaden hinaus für verschiedene Arten von Vermögensfolgeschäden mitversichert sein (sog. Kostenversicherung). Bisher war die überwiegende Meinung, dass keine fiktive Abrechnungsmöglichkeit in der Kostenversicherung bestehe (vgl. Mühlhausen, a. a. O. m. w. N.). Da lediglich Vermögensfolgeschäden im Rahmen der Kostenversicherung gedeckt sein sollten, wurde von der Rechtsprechung regelmäßig gefordert, dass die versicherten Kosten bereits aufgewandt sein müssten, das Vermögen des Versicherungsnehmers also bereits mit einer Verbindlichkeit belastet sein müsse, oder – sogar weitergehend – die beim Sachversicherer zur Regulierung angemeldeten Kosten bereits bezahlt sein müssten.

Aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung des BGH vom 19.06.2013 (Az.: IV ZR 228/12) geht nunmehr hervor, dass der Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen für Aufräumungs-, Abbruch- oder Schadensminderungskosten nicht voraussetzt, dass der Versicherungsnehmer diese Aufwendungen seinerseits bereits erbracht oder zumindest entsprechende Zahlungsverpflichtungen begründet hat. Ein Schaden – und damit eine Vermögenseinbuße – sei bei einem Versicherungsnehmer, auf dessen ehemals bebautem Grundstück sich nur noch Brandreste des versicherten Gebäudes befinden würden, die eine bestimmungsgemäße Nutzung des Grundstücks auch im Hinblick auf einen Wiederaufbau verhinderten, bereits eingetreten.

Ausgehend von dieser Rechtsprechung ist daher ein Anspruch auf Ersatz der Abbruchkosten zumindest dem Grunde nach bereits mit dem Brandereignis eingetreten.

Der Insolvenzverwalter hat jedoch auch den Anspruch auf Ersatz der Abbruchkosten mit der Freigabe des Grundstücks konkludent freigegeben.

So hat der BGH entschieden, dass, wenn ein Treuhänder ein Grundstück des Insolvenzschuldners freigibt, hierin eine konkludente Freigabe des Freistellungsanspruchs gegen den Rechtsschutzversicherer für Rechtsstreitigkeiten liegt, die das Grundstück betreffen, solange die Rechtsschutzversicherung fortbesteht (vgl. Beschluss des BGH vom 18.09.2014, Az.: IX ZA 16/14). Die Nichtfreigabe hätte insoweit der Insolvenzschuldnerin geschadet, ohne der Masse zu nutzen, weil der Treuhänder die Rechtsschutzversicherung aufgrund der geltenden Versicherungsbedingungen nicht in Anspruch nehmen konnte.

Nach 6.6.1 a) der geltenden Besonderen Vereinbarungen zur gewerblichen Gebäude-Feuerversicherung ersetzt der Versicherer die infolge eines Versicherungsfalls notwendigen Aufwendungen für das Aufräumen der Schadensstätte einschließlich des Abbruchs stehen gebliebener Teile, für das Abfahren von Schutt und sonstigen Resten zum nächstmöglichen Ablagerungsplatz und für das Ablagern oder Vernichten. Wie dem Urteil des BGH vom 19.06.2013 (Az.: IV ZR 228/12) zu entnehmen ist, setzt eine Entschädigung hiernach zwar keine Vorleistung voraus, die Höhe muss jedoch anderweitig belegt sein. Der Insolvenzverwalter hat im vorliegenden Fall während der Zeit des Insolvenzbeschlages keinen Anspruch auf Ersatz der Abbruchkosten gegenüber der Beklagten geltend gemacht und die Versicherungsleistung für die Insolvenzmasse beansprucht. Da er mit der Freigabeerklärung seine Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis über das Grundstück verloren hat, stünde er nunmehr vor dem Problem, die notwendigen Kosten für den Abbruch der Gebäude zu beziffern, ohne noch den Zugriff auf dieses Gebäude zu haben. Zudem könnte der Versicherungsnehmer durch die Vornahme von Veränderungen an den Gebäuderesten jederzeit den Anspruch des Insolvenzverwalters beeinflussen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Insolvenzverwalter mit der Freigabe auch den Anspruch auf Ersatz der Abbruchkosten freigeben wollte. Hierfür spricht auch, dass der Insolvenzverwalter in Kenntnis davon, dass die Bauaufsichtsbehörde des Landkreises G. in der Brandruine eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sieht (vgl. Anlage K 11), mit der Freigabeerklärung erklärt hat, dass der Kläger „für sämtliche grundstücksbezogenen Belange wieder ausschließlich alleine“ verantwortlich sei. Es ist daher davon auszugehen, dass der Insolvenzverwalter auch den versicherungsrechtlichen Anspruch auf Ersatz der Abbruchkosten freigeben wollte. Der Kläger ist daher als prozessführungsbefugt anzusehen.

b.) Auch ein Feststellungsinteresse ist insoweit zu bejahen.

Soweit bislang ein Feststellungsantrag, der darauf gerichtet ist, festzustellen, dass der Versicherer zur Tragung künftig entstehender (Reparatur-)Kosten verpflichtet ist, für unzulässig erachtet wurde, weil es um die Klärung eines erst künftigen Rechtsverhältnisses ging (vgl. z. B. Urteil des LG Köln vom 10.08.2006, Az.: 24 S 1/06), kann dem im Hinblick auf die hier streitgegenständlichen Abbruchkosten nicht gefolgt werden. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 19.06.2013 (Az.: IV ZR 228/12) gerade zum Ausdruck gebracht, dass es gerade nicht Anspruchsvoraussetzung sei, dass der Versicherungsnehmer die Leistungen bereits erbracht habe.

Es kommt hier auch nicht darauf an, dass der Kläger ggf. auch eine Leistungsklage erheben könnte. Das Feststellungsinteresse wird trotz möglicher Leistungsklage bejaht, wo schon das Feststellungsurteil zur endgültigen Streitbeilegung führt (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 30. A., § 256, Rdnr. 7a). Von der Beklagten als großem Versicherungsunternehmen kann erwartet werden, dass sie auf entsprechendes rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihren rechtlichen Schadensersatzverpflichtungen nachkommt, ohne dass es eines weiteren auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedarf (vgl. Urteil des BGH vom 28.09.1999, Az.: VI ZR 195/98).

3. Die Feststellungsklage ist auch begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, aufgrund des Brandschadens vom 24.02.2009 an dem Hotelgebäude W…straße … und H…straße … in B. dem Kläger aus der Feuerversicherung Nr. ….. Versicherungsschutz für Abbruchkosten zu gewähren.

a.) Der Kläger hat bewiesen, dass ihm Ansprüche gegen die Beklagte auf Ersatz von Abbruchkosten infolge des Brandschadens vom 24.02.2009 mit großer Wahrscheinlichkeit entstanden sind.

Im Verfahren, das zum Erlass eines Feststellungsurteils führt (§ 256 ZPO), ist für eine Prüfung und Entscheidung über die Höhe des festzustellenden Anspruchs kein Raum (vgl. Urteil des BGH vom 31.01.1984, Az.: VI ZR 150/82). Voraussetzung ist lediglich, dass mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit aus dem festzustellenden Rechtsverhältnis Ansprüche entstanden sind oder in Zukunft entstehen werden (vgl. Urteil des BGH vom 31.01.1984, a. a. O.).

Aus dem Versicherungsschein (2.1.1.) geht hervor, dass in der Feuerversicherung auch Aufräumungs-, Abbruch-, Bewegungs- und Schutzkosten mitversichert sind. In 6.6.1 a.) der zwischen den Parteien vereinbarten Besonderen Vereinbarungen zur gewerblichen Gebäude-Feuerversicherung und § 3 Nr. 3 a) AFB 2002 ist hierzu geregelt, dass der Versicherer die infolge eines Versicherungsfalls notwendigen Aufwendungen für das Aufräumen der Schadensstätte, einschließlich des Abbruchs stehen gebliebener Teile, für das Abfahren von Schutt und sonstigen Resten zum nächstmöglichen Ablagerungsplatz und für das Ablagern oder Vernichten ersetzt.

Aufwendungen i. S. dieser Klauseln meint dabei solche, die der Versicherungsnehmer zur Beseitigung oder Minderung eines ihm entstandenen Schadens im eigenen Interesse einsetzt (vgl. Urteil des BGH vom 19.06.2013, Az.: IV ZR 228/12 zu den AFB 1987). Ein Schaden ist bei dem Versicherungsnehmer bereits dann eingetreten, wenn sich auf dessen ehemals bebauten Grundstück nur noch Brandreste des versicherten Gebäudes befinden, die eine bestimmungsgemäße Nutzung des Grundstücks – auch im Hinblick auf einen Wiederaufbau – verhindern (vgl. Urteil des BGH, a. a. O.) Der Abbruch stehen gebliebener Teile bedeutet daher die Beseitigung von Reparaturhindernissen, zugleich aber auch den Anfang der Reparatur (vgl. Martin, Sachversicherungsrecht, 3. A., W V Rdnr. 20).

Soweit die Beklagte solche Ansprüche auf Ersatz von Abbruchkosten unter Hinweis auf den Beschluss des Senats vom 27.11.2013 aufgrund des Insolvenzbeschlages verneint hat, soweit diese der Vorbereitung der Reparatur oder der Wiederherstellung des Gebäudes dienen würden, kann dem nach den vorstehenden Ausführungen nicht gefolgt werden. Dass bei versicherungsvertraglicher Zusage des Ersatzes von Abbruchkosten tatsächlich eine Doppelversicherung vorliegen kann, die Abbruchkosten also, wenn beispielsweise eine Trümmerbeseitigung erforderlich ist, bereits Teil des notwendigen Reparaturkostenaufwandes sein können, ist anerkannt  (vgl. Mühlhausen, VersR 2014, 927 ff.). Dies ändert jedoch nichts daran, dass aufgrund der vorstehenden Ausführungen insoweit von einer Freigabe auszugehen ist.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass zumindest der Abriss von Teilen der Hotelgebäude infolge des Brandschadens am 24.02.2009 notwendig geworden ist und dem Kläger insoweit mit großer Wahrscheinlichkeit ein Anspruch auf Ersatz von Abbruchkosten entstanden ist.

Die Zeugen W. und S. haben übereinstimmend bekundet, dass der Altbau des Gebäudes infolge des Brandes so beschädigt worden sei, dass er nicht mehr habe betreten werden können. Der Zeuge W. hat zudem angegeben, dass im Zwischentrakt von der Feuerwehr die Decke zum Einsturz gebracht worden sei, um den Brand zu löschen. Die Aussagen der beiden Zeugen sind glaubhaft, weil sie detailliert ihren Einsatz und das Brandgeschehen geschildert haben, wobei sie auch deutlich gemacht haben, welche Wahrnehmungen sie selbst gemacht haben und wozu sie keine Angaben machen konnten. So hat der Zeuge W. angegeben, die Rauchgasdurchzündung im Neubau nicht selbst wahrgenommen zu haben, während der Zeuge S. bekundet hat, nicht selbst in den Gebäuden gewesen zu sein. Zudem ist nicht erkennbar, warum die beiden Zeugen, die als Mitglieder der Feuerwehr vor Ort waren, zugunsten des Klägers falsche Angaben machen sollten.

Ihre Darstellung wird auch durch die Schilderung der Zeugin D. L. gestützt, die bekundet hat, dass der Altbau lichterloh gebrannt habe. Der Senat verkennt nicht, dass die Zeugin als Ehefrau des Klägers möglicherweise ein persönliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat. Die Zeugin hat jedoch sehr zurückhaltend von ihren Wahrnehmungen berichtet und keine Tendenzen erkennen zu lassen, ihre Wahrnehmungen zugunsten ihres Ehemanns besonders auszuschmücken. So hat sie zu dem Brand im Neubau lediglich angegeben, dass es aus den Zimmern 305 und 306 zumindest geraucht habe. Flammen habe sie aber nicht in Erinnerung. Auch hat sie erklärt, dass sie sich nicht mehr erinnern könne, was sie von der H…straße aus von dem Brand wahrgenommen habe. Auch die Aussage der Zeugin L. ist daher als glaubhaft anzusehen.

Die Zeugin B. hat geschildert, dass der Altbau im Grunde völlig zerstört worden sei. Die Fassade habe zwar noch gestanden, aber im Übrigen sei alles hinfällig gewesen. Auch diese Aussage, die in wesentlichen Teilen mit den Wahrnehmungen der vorgenannten Zeugen übereinstimmt, ist glaubhaft. Sie wird durch die von der Zeugin vorgelegten Fotografien (Bl. 406 ff. d. A.) belegt, auf denen u. a. der brandgeschädigte Altbau des Hotelgebäudes zu sehen ist. Auch diese Zeugin hat, obwohl mit dem Kläger verwandt, keine Tendenzen erkennen lassen, die dafür sprechen könnten, dass sie falsche Angaben zugunsten des Klägers machen wollte. So hat die Zeugin insbesondere nicht behauptet, an anderen Gebäudeteilen als dem Altbau noch Feuer wahrgenommen zu haben.

Der Zeuge M. hat bekundet, dass der Altbau stark beschädigt worden und in seiner Standsicherheit gefährdet gewesen sei. Er sei von der Notwendigkeit des kompletten Abrisses des Altbaus ausgegangen.

Auch diese Aussage ist glaubhaft. Der Zeuge hat seine Beobachtungen eingehend unter Vorlage verschiedener Fotografien, die einen stark beschädigten Altbau zeigen, geschildert und auch erläutert, warum er einen vollständigen Abriss für erforderlich gehalten habe.

Der Sachverständige B. hat aufgrund der vorstehenden Aussagen und des von ihm durchgeführten Ortstermin festgestellt, dass er von der Notwendigkeit des Komplettabrisses des Altbaus ausgehen würde, weil es sich um ein Fachwerkgebäude mit Decken aus Lehmfüllung gehandelt habe und es auch zu thermischen Schädigungen gekommen sei. Bei dem Neubau halte er dagegen einen Komplettabriss nicht für notwendig. Der Sachverständige hat seine Feststellungen detailliert unter Hinweis auf die baulichen Gegebenheiten und den Löschwassereinsatz erläutert. Seine Ausführungen sind für den Senat überzeugend.

Damit ist davon auszugehen, dass zumindest wegen des aufgrund des Brands erforderlich gewordenen Abbruchs des Altbaus dem Kläger mit hoher Wahrscheinlichkeit Ansprüche auf Ersatz der Abbruchkosten gegenüber der Beklagten entstehen werden. Es wird insoweit auch auf den Kostensicherungsbescheid des Landkreises G. vom 07.03.2014 und die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 17.07.2014 (Bl. 327 ff. d. A.) verwiesen.

Der Umfang der im Einzelnen vorzunehmenden Abbrucharbeiten und die Erforderlichkeit und Angemessenheit der hierdurch entstehenden Kosten ist hingegen eine Frage der Höhe des Entschädigungsanspruchs und nicht im Rahmen der Feststellungsklage zu klären.

b.) Soweit die Beklagte darüber hinaus erstinstanzlich die Einrede der Verjährung erhoben hat, greift diese nicht durch.

Gem. § 195 BGB beträgt die Verjährungsfrist 3 Jahre und beginnt gem. § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat. Geht man hier davon aus, dass der Anspruch mit dem Brandereignis im Jahr 2009 entstanden ist, begann die Verjährungsfrist Ende des Jahres 2009 zu laufen.

Vor Ablauf der Verjährungsfrist am 31.12.2012 ist jedoch eine Hemmung der Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB eingetreten.

Gem. § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB wird die Verjährung durch die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrages auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe gehemmt; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrages veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

Der Kläger hat im vorliegenden Fall am 27.12.2012 einen Prozesskostenhilfeantrag und einen Klageentwurf beim Landgericht Braunschweig eingereicht. In dem Klageentwurf hat der Kläger angekündigt, die Feststellung beantragen zu wollen, dass die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger aufgrund des Brandschadens vom 24.02.2009 an dem Hotelgebäude W…straße … und H…straße …, B., aus der Feuerversicherung Nr. …… Versicherungsschutz zu gewähren. Der Kläger hat in dem Klageentwurf den Feststellungsantrag u. a. damit begründet, dass er aller Wahrscheinlichkeit nach sehr zeitnah erhebliche Abrisskosten aufbringen müsse. Die Übersendung des Prozesskostenhilfeantrags und des Klageentwurfs an die Beklagte ist mit Verfügung vom 28.12.2012 von dem Vorsitzenden veranlasst und diese Verfügung am 02.01.2013 ausgeführt worden, so dass davon auszugehen ist, dass die Bekanntgabe des Antrages demnächst nach der Einreichung veranlasst worden ist. Es ist daher davon auszugehen, dass eine Hemmung hinsichtlich des noch streitgegenständlichen Anspruchs auf Ersatz der Abbruchkosten mit Einreichung des Prozesskostenhilfeantrages am 27.12.2012 eingetreten ist.

c.) Auch eine Leistungsfreiheit der Beklagten gem. § 38 Abs. 2 VVG ist nicht eingetreten. Es wird insoweit auf die Ausführungen im Beschluss vom 27.11.2013 (3 W 24/13)  Bezug genommen.

Soweit der Kläger darüber hinaus Hilfsanträge gestellt hat, war darauf nicht weiter einzugehen, weil die Hilfsanträge nur für den Fall des Fehlens eines Feststellungsinteresses gestellt worden sind. Ein solches Feststellungsinteresse ist hier jedoch von dem Senat bejaht worden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§  708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §  543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Bei der Frage, ob der Anspruch auf Ersatz der Abbruchkosten von der Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters umfasst ist oder nicht, handelt es sich um eine Entscheidung aufgrund der Umstände des Einzelfalls.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren war auf eine Wertstufe bis zu 200.000,- EUR festzusetzen.

Die Beklagte wendet sich gegen die von dem Landgericht Braunschweig getroffene Feststellung, dass sie verpflichtet sei, aufgrund des Brandschadens vom 24.02.2009 an dem Hotelgebäude W…straße … und H…straße …, B., dem Kläger aus der Feuerversicherung Nr. …. Versicherungsschutz für Abbruchkosten zu gewähren.

Bei positiven Feststellungsklagen ist ein Abschlag von 20 % gegenüber dem Wert einer entsprechenden Leistungsklage zu machen (vgl. Herget, in: Zöller, ZPO, 30. A., § 3, Rdnr. 16 „Feststellungsklagen“).

Hier hat der Kläger den Streitwert auf 240.000,- EUR geschätzt und mitgeteilt, dass sich die voraussichtlichen Abbruchkosten bislang auf 239.785,- EUR belaufen würden. Der Streitwert war daher unter Berücksichtigung des vorzunehmenden Abschlags in Höhe von 20% auf eine Wertstufe bis zu 200.000,- EUR festzusetzen. Die von dem Kläger gestellten Hilfsanträge waren gem. § 45 Abs. 1 S. 2 GKG nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, weil über sie keine Entscheidung ergangen ist.

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