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Vorschuss nur in Höhe der voraussichtlichen Versicherungsleistung!

Vorschussanspruch im Versicherungsrecht: Klarstellungen und Grenzen

Das Versicherungsrecht ist ein komplexes Feld, das oft zu Missverständnissen und Streitigkeiten zwischen Versicherungsnehmern und Versicherungsgesellschaften führt. Ein aktuelles Urteil beleuchtet den Abschlagsanspruch gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 VVG und dessen Grenzen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: IV ZR 204/22 >>>

Abschlagsanspruch: Was steht dem Versicherungsnehmer zu?

Der Abschlagsanspruch aus § 14 Abs. 2 Satz 1 VVG ist nicht darauf ausgerichtet, dass die Versicherung den Betrag zahlt, den sie voraussichtlich zahlen muss. Stattdessen kann der Versicherungsnehmer nur das verlangen, was ihm mit Sicherheit endgültig zusteht. Dies bedeutet, dass die Versicherung nicht verpflichtet ist, Vorschüsse zu zahlen, die später in einer Schlussabrechnung berücksichtigt werden könnten.

Wiederherstellungsklausel und ihre Bedeutung

Die Wiederherstellungsklausel des § 15 Nr. 4 Satz 1, die in den Versicherungsvertrag aufgenommen wurde, hat ebenfalls eine wichtige Rolle gespielt. Sie besagt, dass der Versicherungsnehmer nur dann Anspruch auf die sogenannte Neuwertspitze hat, wenn er die Wiederherstellung des Gebäudes fristgerecht sichergestellt hat. Dies bezieht sich auch auf Fälle, in denen Reparaturkosten für ein durch einen Versicherungsfall beschädigtes Gebäude geltend gemacht werden.

Überraschungsentscheidungen und rechtliches Gehör

Ein weiterer zentraler Punkt des Urteils war die Frage des rechtlichen Gehörs. Das Berufungsgericht durfte seine Entscheidung, basierend auf der Anhörung des Klägers, nicht ohne vorherige rechtliche Hinweise an die Beklagte treffen. Es wurde festgestellt, dass das Gericht nicht ohne vorherigen Hinweis davon ausgehen durfte, dass eine Partei nicht auf neuen Vortrag des Gegners im Berufungsverfahren reagieren möchte. Dies verletzt das rechtliche Gehör der Partei.

Schlussbemerkungen zum Berufungsverfahren

Das Berufungsgericht hat in einigen Punkten nicht korrekt gehandelt. Insbesondere hat es den Standort eines möglicherweise zuvor betriebenen Räucherofens nicht ausreichend berücksichtigt und die Beklagte nicht ausreichend über seine Rechtsauffassungen informiert. Dies führte zu einer Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten und beeinflusste das Urteil maßgeblich.

Insgesamt zeigt dieses Urteil die Komplexität des Versicherungsrechts und die Notwendigkeit für beide Parteien, ihre Rechte und Pflichten genau zu kennen und sicherzustellen, dass sie im gesamten Prozess korrekt behandelt werden.


Das vorliegende Urteil

BGH – Az.: IV ZR 204/22 – Beschluss vom 19.04.2023

Wohngebäudeversicherung – Abschlagsanspruch nach § 14 Abs. 2 Satz 1 VVG

Leitsätze:

1. Der Abschlagsanspruch aus § 14 Abs. 2 Satz 1 VVG ist nicht auf den Betrag gerichtet, den die Versicherung voraussichtlich zu zahlen hat. Vielmehr kann im Rahmen eines Abschlagsanspruchs allein dasjenige verlangt werden, was dem Versicherungsnehmer mit Sicherheit endgültig zusteht. Die Versicherung ist nicht verpflichtet, Vorschüsse unter dem Vorbehalt einer Schlussabrechnung zu zahlen.

2. Die Wiederherstellungsklausel des § 15 Nr. 4 Satz 1 VGB 88-L umfasst auch den Fall, dass (wie hier) Reparaturkosten für ein durch den Versicherungsfall beschädigtes Gebäude geltend gemacht werden.

3. Die Gerichte haben die Pflicht, von sich aus den Beteiligten alles für das Verfahren Wesentliche mitzuteilen. Eine Verletzung dieser Pflicht verstößt jedenfalls dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn das Gericht ein Vorbringen in einer Weise würdigt, mit der gewissenhafte und kundige Prozessbeteiligte nach dem vorherigen Verfahrensablauf nicht haben rechnen können (Fortführung u. a. von BGH, Beschluss vom 05.07.2022 – VIII ZR 137/21, IBRRS 2022, 2532 = IMRRS 2022, 1053).

4. Ein Gericht darf nicht ohne vorherigen Hinweis davon ausgehen, dass eine Partei neuem Vortrag des Gegners im Berufungsverfahren nicht entgegentreten möchte, wenn sich der Partei (wie hier) die Notwendigkeit weiteren Vortrags aufgrund des bisherigen Verfahrensgangs nicht hat aufdrängen müssen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.06.2003 – 1 BvR 2285/02, IBRRS 2003, 2591 = IMRRS 2003, 1099).

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. April 2023 beschlossen:

Auf die Beschwerde der Beklagten wird die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 14. April 2022 zugelassen.

Das Urteil wird gemäß § 544 Abs. 9 ZPO aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 95.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I. Der Kläger macht Ansprüche aus einer verbundenen Wohngebäudeversicherung geltend.

Er ist Eigentümer eines unter anderem mit einer Scheune bebauten Grundstücks, für das er seit 2002 bei der Beklagten eine Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert unterhielt. Im Obergeschoss der Scheune errichtete der Kläger 2011 oder 2012 einen Räucherofen, bestehend aus mit Rigipsplatten verkleideten OSB-Platten und einer mit Blech verkleideten Holztür. Geräuchert wurde mit Holzspänen, die in einer Blechschale mit glühender Kohle zum Glimmen gebracht wurden.

Der Kläger nutzte den Räucherofen mehrmals im Jahr. Im Dezember 2017 geriet, nachdem der Kläger den Ofen in Betrieb genommen hatte, der Dachstuhl der Scheune in Brand. Eine von der Beklagten beauftragte Sachverständige schätzte die voraussichtliche Höhe des Sachschadens vorab auf 150.000 EUR und gelangte zu einem den Wert des Gebäudes nur zu 50,3% abdeckenden Versicherungswert. Die Beklagte lehnte eine Regulierung unter Verweis auf die vorsätzliche Nichtanzeige der Gefahrerhöhung durch den eingebauten Räucherofen ab.

Der Kläger hat behauptet, der Betrieb des Räucherofens habe den Brand nicht verursacht. Zudem habe er vor Errichtung des Ofens im Obergeschoss der Scheune für mindestens 15 Jahre einen vergleichbaren Räucherofen im Erdkeller des Grundstücks betrieben. Seine auf Zahlung eines Mindestschadens und Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für weitere brandbedingte Schäden gerichtete Klage ist in erster Instanz erfolglos geblieben. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Beklagte zur Zahlung eines dem Verhältnis der ermittelten Unterversicherung entsprechenden Vorschusses verurteilt und ihre Verpflichtung zum Ersatz des Zeitwertschadens festgestellt. Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Beklagte gegen die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil.

II. Die Beschwerde hat Erfolg. Sie führt gemäß § 544 Abs. 9 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Dieses hat die Inbetriebnahme des Räucherofens nicht als gefahrerhöhend angesehen, so dass sie der Beklagten nicht habe angezeigt werden müssen. Nach persönlicher Anhörung des Klägers sei das Berufungsgericht davon überzeugt, dass in der Scheune bereits seit Erwerb des Grundstücks durch den Kläger in den 1990er Jahren ein Räucherofen vorhanden gewesen sei. Das Berufungsgericht glaube dem Kläger auch, dass sich dieser Ofen – wie der Kläger ebenfalls in seiner Anhörung auf Frage des Gerichts erklärt habe – an derselben Stelle befunden habe wie der bei dem Brand zerstörte Ofen. Soweit der Kläger erstinstanzlich schriftsätzlich vorgetragen habe, dass sich der zunächst betriebene Ofen im Erdkeller des Grundstücks befunden habe, sei der detaillierten und glaubhaften Aussage des Klägers vor dem Berufungsgericht der Vorzug vor seiner schriftsätzlichen Einlassung zu geben. Die Beklagte habe das Vorbringen des Klägers auch nicht bestritten, so dass es als zugestanden gelte.

Danach habe der Kläger einen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses auf die Versicherungsleistung. Das Bestreiten der Schadenshöhe durch die Beklagte sei unbeachtlich. Die von der Beklagten beauftragte Sachverständige habe die Schadenshöhe geschätzt. Angesichts dessen habe die Beklagte im Einzelnen vortragen müssen, weshalb diese Schadensermittlung unzutreffend sei. Der Anspruch des Klägers sei allerdings wegen der vorliegenden Unterversicherung der Höhe nach beschränkt. Der Feststellungsantrag sei nur insoweit begründet, als dem Kläger ein Anspruch auf Zeitwertentschädigung zustehe.

2. Das verletzt die Beklagte in entscheidungserheblicher Weise in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör.

a) Die Ablehnung einer nachträglichen Gefahrerhöhung aufgrund der Angaben des Klägers in seiner persönlichen Anhörung ist eine gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßende Überraschungsentscheidung.

aa) Das Berufungsgericht hat seine auf die Anhörung des Klägers gestützte Überzeugung, dass sich am Ort des beim Brand zerstörten Räucherofens bereits vor dessen Errichtung und bei Abschluss des Versicherungsvertrages ein vergleichbarer Ofen befunden hat, seiner Entscheidung nicht zugrunde legen dürfen, ohne der Beklagten zuvor einen entsprechenden rechtlichen Hinweis zu erteilen.

Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Verfahrensbeteiligten, dass sie Gelegenheit erhalten, sich vor Erlass einer gerichtlichen Entscheidung zum zugrundeliegenden Sachverhalt zu äußern (Senatsbeschlüsse vom 4. Dezember 2019 – IV ZR 100/19, Rn. 5; vom 2. Dezember 2014 – IV ZR 408/14, ErbR 2015, 197 Rn. 7). Dieses Recht ist verletzt, wenn ein Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt oder auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (Senatsbeschluss vom 2. Dezember 2014 aaO). In diesem Zusammenhang obliegt den Gerichten die Pflicht, von sich aus den Beteiligten alles für das Verfahren Wesentliche mitzuteilen. Eine Verletzung dieser Pflicht verstößt jedenfalls dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn das Gericht ein Vorbringen in einer Weise würdigt, mit der gewissenhafte und kundige Prozessbeteiligte nach dem vorherigen Verfahrensablauf nicht haben rechnen können (BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2022 – I ZR 53/22, GRUR 2023, 421 Rn. 16; vom 5. Juli 2022 – VIII ZR 137/21, NJW 2022, 3010 Rn. 21; BVerfG NJW 2017, 3218 Rn. 49 ff.).

Das hat das Berufungsgericht nicht ausreichend beachtet. Die Beklagte hat keine ausreichende Gelegenheit gehabt, sich zu den Angaben des Klägers in seiner Anhörung durch das Berufungsgericht zu äußern. Es genügt nicht, dass unmittelbar im Anschluss an die Anhörung des Klägers Gelegenheit zur Stellungnahme bestanden hat. Anlass für eine solche Stellungnahme hat nicht bestanden. Nach dem vorherigen Verfahrensverlauf hat die Beklagte nicht davon ausgehen müssen, dass die von ihr eingewandte Gefahrerhöhung ausscheiden könnte, weil der Kläger bereits bei Abschluss des Versicherungsvertrages einen Räucherofen im Obergeschoss der Scheune betrieben hätte. Bis zur Anhörung des Klägers durch das Berufungsgericht ist der Standort eines möglicherweise bei Vertragsschluss vorhandenen Räucherofens nicht Gegenstand der Erörterung gewesen. Auch die Berufungsbegründung hat sich allein gegen die Rechtsauffassung des Landgerichts gewandt, in der Errichtung des Räucherofens im Obergeschoss der Scheune nach Vertragsschluss liege eine willentliche und vorsätzliche Gefahrerhöhung, ohne auf den Standort des zuvor betriebenen Räucherofens einzugehen. Dessen Standort hat auch nicht im Mittelpunkt der Anhörung des Klägers durch das Berufungsgericht gestanden, der zunächst den üblichen Betrieb und die Funktionsweise des Räucherofens geschildert hat. Betreffend den Standort des zuvor betriebenen Räucherofens ist lediglich ein Satz des Klägers protokolliert. Im Übrigen haben nach dem Protokoll der Berufungsverhandlung Zustand und Nutzung dieses Ofens im Vordergrund der klägerischen Ausführungen gestanden. An keiner Stelle lässt das Protokoll erkennen, dass die Angaben des Klägers zum Standort des zuvor betriebenen Räucherofens Gegenstand von Erörterungen oder Nachfragen gewesen sind. Ohne weiteres hat sich danach die Beklagte, zumal die klägerischen Angaben in der Anhörung in offensichtlichem Widerspruch zum schriftsätzlich vorgetragenen Standort des früheren Ofens gestanden haben und sie das Vorhandensein eines früheren Ofens im Erdkeller des Grundstücks erstinstanzlich bestritten hatte, mit dem neuen Vorbringen des Klägers nicht inhaltlich auseinandersetzen müssen.

Die Gehörsverletzung scheidet nicht deshalb aus, weil es – wie die Nichtzulassungsbeschwerdeerwiderung einwendet – keines Hinweises des Berufungsgerichts an eine in erster Instanz obsiegende Partei bedarf, wenn das Berufungsgericht in einem Streitpunkt der Vorinstanz nicht folgen will, über den die Parteien eine zentrale Auseinandersetzung führen (BGH, Beschluss vom 13. September 2016 – VI ZR 377/14, NJW-RR 2017, 535 Rn. 10). So liegt es hier nicht, weil der Ort, an dem sich ein möglicherweise früher auf dem Grundstück betriebener Räucherofen befunden hat, bis zum entsprechenden Vortrag des Klägers in seiner Anhörung zwischen den Parteien nicht in Streit gestanden hat. Dass die Parteien erstinstanzlich allgemein darüber gestritten haben, ob eine dem Kläger anzulastende Gefahrerhöhung zur Leistungsfreiheit der Beklagten führt, hat der Beklagten nicht vor Augen führen müssen, dass das Berufungsgericht die Gefahrerhöhung wegen des vom Kläger in seiner Anhörung vorgetragenen Standorts des Räucherofens verneinen wird.

bb) Das Berufungsgericht hat die Angaben des Klägers zum Standort eines zuvor betriebenen Räucherofens ohne einen vorherigen Hinweis auch nicht mangels Bestreitens als zugestanden ansehen dürfen. Ein Gericht darf nicht ohne vorherigen Hinweis davon ausgehen, dass eine Partei neuem Vortrag des Gegners im Berufungsverfahren nicht entgegentreten möchte, wenn sich der Partei – wie hier – die Notwendigkeit weiteren Vortrags aufgrund des bisherigen Verfahrensgangs nicht hat aufdrängen müssen (BVerfG NJW 2003, 2524 unter II 1 a).

cc) Dass das Berufungsgericht den erforderlichen Hinweis erteilt hat, ist nicht nachgewiesen. Gemäß § 139 Abs. 4 Satz 2 ZPO kann der Nachweis nur durch den Inhalt der Akten geführt werden. Sofern diese die Erteilung eines Hinweises nicht hinreichend dokumentieren, gilt er als nicht erteilt (BGH, Beschluss vom 30. Juni 2011 – IX ZR 35/10, NJW-RR 2011, 1556 Rn. 5). So liegt es hier. Dem Protokoll der mündlichen Verhandlung ist nicht zu entnehmen, dass das Berufungsgericht der Beklagten im Anschluss an die Anhörung des Klägers einen Hinweis erteilt hat. Auch die Feststellungen im Berufungsurteil, der Sach- und Streitstand, insbesondere das Ergebnis der Anhörung des Klägers, seien in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ausführlich erörtert worden, belegen den erforderlichen Hinweis nicht. Sie lassen schon nicht erkennen, dass seine die spätere Entscheidung tragenden Rechtsauffassungen Gegenstand der Erörterungen gewesen sind. Darüber hinaus können Feststellungen über die Erörterung der Sach- und Rechtslage als Dokumentation eines Hinweises allenfalls dann ausreichen, wenn sich dessen Erteilung aus dem übrigen Inhalt der Akten verlässlich erschließen lässt (BGH, Beschluss vom 30. Juni 2011 aaO Rn. 7). Ausreichende Anhaltspunkte dafür bestehen nicht.

b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte sei dem Vorbringen des Klägers zur Schadenshöhe nicht erheblich entgegengetreten und habe im Einzelnen vortragen müssen, weshalb die Schadensermittlung unzutreffend sei, verletzt ebenfalls das rechtliche Gehör der Beklagten. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt vor, wenn das Gericht Substantiierungsanforderungen an das Bestreiten einer Partei offenkundig überspannt (BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2022 – VI ZR 361/21, MDR 2023, 53 Rn. 8). So liegt es hier.

Gemäß § 138 Abs. 2 ZPO hat sich eine Partei über die vom Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. Der Umfang der erforderlichen Substantiierung richtet sich dabei nach dem Vortrag der darlegungsbelasteten Partei. Je detaillierter dieser ist, desto höher ist die Erklärungslast des Gegners gemäß § 138 Abs. 2 ZPO. Ob ein einfaches Bestreiten als Erklärung gemäß § 138 Abs. 2 ZPO ausreicht oder ob ein substantiiertes Bestreiten erforderlich ist, hängt somit vom Vortrag der Gegenseite ab (Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2023 – IV ZR 9/22, Rn. 12; vom 20. Mai 2015 – IV ZR 127/14, VersR 2016, 133 Rn. 17; BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2022 – VI ZR 361/21, MDR 2023, 53 Rn. 9). Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte die Angaben des Klägers zur Schadenshöhe ausreichend bestritten. Die Beklagte hat nicht im Einzelnen dazu vortragen müssen, weshalb die dem klägerischen Vortrag zugrundeliegenden Angaben der von ihr beauftragten Sachverständigen unzutreffend sein sollen, weil deren Schätzung der voraussichtlichen Schadenshöhe ihrerseits über den angegebenen Schadensbetrag hinaus keine Ausführungen dazu enthält, aufgrund welcher Anknüpfungstatsachen dieser Betrag ermittelt worden ist. Beschränkt sich danach der Kläger auf die pauschale Behauptung eines Schadensbetrags, genügt das einfache Bestreiten der Beklagten den Anforderungen des § 138 Abs. 2 ZPO.

c) Das angefochtene Urteil beruht auf den dargestellten Gehörsverletzungen, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Gericht bei verfahrensfehlerfreiem Vorgehen anders entschieden hätte (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Februar 2023 – IV ZR 9/22, Rn. 18). Es besteht die Möglichkeit, dass durch Erheben der angebotenen Beweise der Standort eines möglicherweise zunächst betriebenen Räucherofens und – soweit erforderlich – die Höhe der Kosten einer geschuldeten Schadensbeseitigung weiter aufgeklärt werden.

III. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

Sollte die Beklagte dem Grunde nach einstandspflichtig sein, ist der vom Berufungsgericht angenommene Abschlagsanspruch aus § 14 Abs. 2 Satz 1 VVG nicht auf den Betrag gerichtet, den der Versicherer voraussichtlich zu zahlen hat. Vielmehr kann im Rahmen eines Abschlagsanspruchs allein dasjenige verlangt werden, was dem Versicherungsnehmer mit Sicherheit endgültig zusteht. Der Versicherer ist nicht verpflichtet, Vorschüsse unter dem Vorbehalt einer Schlussabrechnung zu zahlen (Senatsurteil vom 2. Oktober 1985 – IVa ZR 18/84, BGHZ 96, 88 unter III 4 a; vgl. auch Senatsurteil vom 19. Juni 2013 – IV ZR 228/12, VersR 2013, 1039 Rn. 31).

Bei Ermittlung der Anspruchshöhe wird das Berufungsgericht ferner das Vorbringen der Beklagten zum Zeitwert der Scheune zu beachten haben. Die Bestimmung in § 15 Nr. 4 Satz 1 der in den Versicherungsvertrag einbezogenen Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen (VGB 88-L) der Beklagten, wonach der Versicherungsnehmer den Anspruch auf die Neuwertspitze nur erwirbt, soweit und sobald er die Wiederherstellung des Gebäudes fristgerecht sichergestellt hat, umfasst auch den Fall, dass – wie hier – Reparaturkosten für ein durch den Versicherungsfall beschädigtes Gebäude geltend gemacht werden (Senatsurteile vom 24. Januar 2007 – IV ZR 84/05, VersR 2007, 489 Rn. 11; vom 18. Februar 2004 – IV ZR 94/03, VersR 2004, 512 unter II 1 a).

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