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Umwandlung einer Lebensversicherung in eine prämienfreie Versicherung

AG Erlangen, Az.: 5 C 988/15, Urteil vom 14.03.2016

1. Es wird festgestellt, dass die bei der Beklagten geführte Lebensversicherung/Berufsunfähigkeitsversicherung mit der Versicherungsnummer … ab dem … zu den Bedingungen vor der Beitragsfreistellung fortbesteht. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die gegen sie gerichtete Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger schloss bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, … im Jahr 1990 einen Versicherungsvertrag über eine Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung mit der Versicherungsnummer … ab. Mit Schreiben … wandte sich der Kläger mit der Bitte um Beitragsfreistellung an die Beklagte. Der Wortlaut des Schreibens lautet wie folgt:

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit beantrage ich ab dem … die Beitragsfreistellung der oben genannten Versicherung. Mir ist bekannt, dass diese Beitragsfreistellung maximal für 24 Kalendermonate möglich ist. Bitte bestätigen Sie mir die Beitragsfreistellung ab dem … schriftlich. Gerne per Mail an …

Mit Schreiben … übersandte die Beklagte dem Kläger einen Nachtrag zum Versicherungsschein, wonach die Versicherung aufgrund einer entsprechenden Erklärung des Versicherungsnehmers zum … beitragsfrei gestellt wurde.

Mit Schreiben vom … wandte sich der Kläger an die Beklagte mit folgendem Schreiben:

Sehr geehrte Damen und Herren

der oben genannte Versicherungsvertrag ist seit … beitragsfrei gestellt. Ich möchte die Beitragszahlung ab … wieder aufnehmen. Buchen Sie den monatlichen Beitrag von 74,09 € wie bisher im Aktenverfahren von folgendem Konto ab.

Daraufhin teilt die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom … mit, dass eine Wiederinkraftsetzung des Vertrages nicht möglich sei. Mit Schreiben vom … teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass vor Wiederaktivierung des Vertrages aktuelle Angaben zum Gesundheitszustand erforderlich seien und forderte den Kläger auf, entsprechende Gesundheitsfragen zu beantworten. Daraufhin forderte der Kläger mit Schreiben seines Bevollmächtigten zum … die Beklagte auf unter Fristsetzung bis zum … zu bestätigen, dass der „alte“ Vertrag ohne neue Gesundheitsfragen zu den alten Bedingungen weitergeführt werde.

Umwandlung einer Lebensversicherung in eine prämienfreie Versicherung
Symbolfoto: porover/Bigstock

Dies wurde von Beklagtenseite mit Schreiben vom … abgelehnt.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Fortführung des Versicherungsvertrages zu den ursprünglichen Konditionen nicht von einer neuerlichen Gesundheitsprüfung abhängig gemacht werden dürfe.

Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die bestehende Versicherung gerade nicht gem. § 165 VVG in eine prämienfreie Versicherung umgewandelt worden.

Das Schreiben des Klägers vom … sei nicht als Umwandlungsverlangen im Sinne des § 165 VVG auszulegen. Zur Umwandlung einer Lebensversicherung in eine prämienfreie Versicherung bedürfe es einer Erklärung des Versicherungsnehmers in der klar und eindeutig der Wille zum Ausdruck komme, die Versicherung in eine prämienfreie umzuwandeln. Im Hinblick auf die gravierenden Folgen der Umwandlung für den Versicherungsschutz dürfe die Auslegung eines Antrags auf Beitragsfreistellung nicht allein am Wortlaut haften bleiben.

An einem solchen eindeutigen Umwandlungsverlangen fehle es vorliegend. Eine Auslegung des Schreibens des Klägers „mir ist bekannt, dass diese Beitragsfreistellung maximal für 24 Monate möglich ist“ lasse einen eindeutigen Fortführungswillen der Versicherung seitens des Klägers erkennen. Soweit sich die Beklagte darauf berufe, den Kläger mit Schreiben vom … auf die Folgen einer Beitragsfreistellung hingewiesen zu haben, bestreitet der Kläger dieses Schreiben erhalten zu haben.

Der Kläger beantragt daher

1. Es wird festgestellt, dass die bei der Beklagten geführte Lebensversicherung/Berufsunfähigkeitsversicherung mit der Versicherungsnummer … ab dem … zu den Bedingungen vor der Beitragsfreistellung fortbesteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 413,64 € freizustellen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen und führt zur Begründung folgendes aus: Die Beklagte habe auf das Schreiben des Klägers vom … mit einem Schreiben vom … und dort folgendes ausgeführt: „In den Allgemeinen Versicherungsbedingungen ist geregelt, dass die gewünschte Änderung ab … möglich ist. Wir bestätigen Ihnen, dass wir den Vertrag ab dann mit verringertem Versicherungsschutz und beitragsfrei fortführen.

Durch die Beitragsfreistellung haben Sie finanzielle Nachteile. Auch reduziert sich Ihre private Absicherung erheblich. Wenn Sie später wieder vollen Versicherungsschutz wünschen, werden wir Sie aufgrund Ihres gestiegenen Lebensalters für die gleiche Versicherungssumme einen höheren Beitrag zahlen müssen. Deshalb empfehlen wir Ihnen, Ihren Vertrag aufrecht zu erhalten.

Wenn Sie Ihren vollen Versicherungsschutz wiederherstellen möchten, können wir Ihnen in den meisten Fällen etwas Günstiges anbieten. Wir informieren Sie gern!

Möchten Sie persönlich und unverbindlich beraten werden? Ihr Kundenberater macht Ihnen gerne konkrete Vorschläge. Selbstverständlich stehen wir Ihnen auch telefonisch für Ihre Fragen zur Verfügung. ‚

Nehmen Sie sich Zeit, in Ruhe alles noch einmal zu überdenken. Ansonsten wird Ihre Versicherung mit Wirksamkeit zum … in eine beitragsfreie umgewandelt. Ab dann sind keine Beiträge mehr zu zahlen. Sie erhalten selbstverständlich auch noch einen Nachtrag zu Ihrem Versicherungsschein, der Sie über die geänderten Vertragsdaten informiert.“

Vom Kläger sei auf das vorgenannte Schreiben nicht geantwortet worden. Aufgrund des Schreibens und der fehlenden Reaktion hierauf könne kein Zweifel bestehen, dass es sich hier um ein Umwandlungsverlangen gehandelt habe. Ein Wiederinkraftsetzen des Versicherungsvertrages könne daher nicht ohne erneute Gesundheitsprüfung verlangt werden.

Im übrigen könne der Kläger allenfalls den Fortbestand zu den Bedingungen vor Beitragsbefreiung ab dem … und nicht ab dem … verlangen.

Wegen desweiteren tatsächlichen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom … Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

1.

Dem Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die bei der Beklagten geführte Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ab dem … zu den Bedingungen vor der Beitragsfreistellung fortbesteht.

Zur Umwandlung einer Lebensversicherung in eine prämienfreie Versicherung bedarf es einer Erklärung des Versicherungsnehmers, in der klar und eindeutig der Wille zum Ausdruck kommt, die Versicherung in eine prämienfreie umzuwandeln (vgl. BGH Versicherungsrecht 1994, 39, 40; Prölls/Martin VVG § 165 Randnummer 6). Im Hinblick auf die gravierenden Folgen der Umwandlung für den Versicherungsschutz darf die Auslegung eines Antrags auf Beitragsfreistellung nicht allein am Wortlaut haften bleiben. Maßgeblich ist vielmehr, ob unter Berücksichtigung des Sinnzusammenhangs in der Erklärung der eindeutige Wille zum Ausdruck kommt, die Lebensversicherung auf Dauer beitragsfrei zu stellen. Fehlt es an einem eindeutigen Umwandlungsverlangen, besteht der Versicherungsvertrag unverändert fort. (vgl. OLG Köln Urteil vom 15.03.2013; Beck RS 2013, 08921) Unstreitig hat hier der Versicherungsnehmer im Schreiben vom … um Beitragsfreistellung ab … gebeten. Im weiteren nimmt der Versicherungsnehmer jedoch ausdrücklich auf einen Zeitraum von maximal 24 Kalendermonaten Bezug. Hierin liegt zur Überzeugung des Gerichts eine eindeutig zeitliche Beschränkung der Beitragsfreistellung. Diese Bezugnahme kann nicht anders verstanden werden, als dass sich der Versicherungsnehmer innerhalb dieser 24 Monate offenhalten will, die Beitragszahlung wieder aufzunehmen.

Sollen Beiträge für die Lebensversicherung nur vorübergehend nicht gezahlt werden, ist dies regelmäßig nicht als Umwandlungsverlangen, sondern als Antrag zu verstehen, die Versicherung für kurze Zeit zum Ruhen zu bringen. (vgl. OLG Köln aaO).

Soweit von Beklagtenseite dem entgegengehalten wird, dass vorliegend aufgrund eines Schreibens der Beklagten vom … dem Versicherungsnehmer bekannt gewesen sei, dass mit seiner Bitte auf Beitragsfreistellung eine Änderung des Vertrages verbunden war, ist der Zugang eines solchen Schreibens von Klägerseite bestritten worden.

Der Kläger hat unstreitig vorgetragen, am … bereits nicht mehr unter der Anschrift … wohnhaft gewesen zu sein. Zugleich hat der Kläger bestritten, tatsächlich dieses Schreiben erhalten zu haben, so dass aus der fehlenden Reaktion seinerseits keine rechtlichen Konsequenzen gezogen werden könnten.

Die Beklagte hat keinen Beweis für den Zugang dieses Schreibens angeboten. Insoweit muss das Gericht davon ausgehen, dass das Schreiben vom … nicht zugegangen ist.

Daher musste sich das Gericht auch nicht mit der Frage auseinandersetzen, ob die im Schreiben vom …enthaltenden Hinweise ausreichend gewesen wären, einem Versicherungsnehmer deutlich zu machen, dass er den von ihm gewünschten Versicherungsschutz auf Dauer verliert, dass die wirksame Umwandlung nämlich grundsätzlich endgültig ist, und der Versicherungsnehmer keinen Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Versicherungszustandes durch ganz oder teilweise Rückgängigmachung der Umwandlung hat.

Da der Kläger zu keinem Zeitpunkt ein wirksames Umwandlungsverlangen im Sinn des § 165 VVG ausgesprochen hat, besteht der Versicherungsvertrag unverändert ab dem … fortbesteht.

Soweit im Klageantrag der … als Datum, ab dem der Vertrag fortbesteht, genannt wurde, war die Klage zur Klarstellung abzuweisen. Aus der Begründung der Klage schließt das Gericht, dass es sich hierbei um ein Schreibversehen handelt.

2.

Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten in Höhe von 413,64 € steht dem Kläger allerdings nicht zu. Es ist nicht schlüssig vorgetragen, dass die Beklagte bereits zum Zeitpunkt der Beauftragung des Prozessbevollmächtigten in Verzug war, noch ist ersichtlich, dass der Prozessbevollmächtigte nach der auf sein Schreiben vom … hin erfolgten endgültigen Ablehnung der Wiederinkraftsetzung für den Kläger noch außergerichtlich tätig geworden ist.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

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