Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Versicherungsberatung: Gericht stellt hohe Anforderungen an Steuertipps
- Der Fall vor Gericht
- Beratungspflichtverletzung bei Basisrentenversicherung: Klage auf Schadensersatz abgewiesen
- Hintergrund des Rechtsstreits: Vermeintliche Falschberatung beim Vertragsabschluss
- Entscheidungsgründe: Verjährung und fehlende Aufklärungspflicht
- Bedeutung für Versicherungsnehmer: Sorgfaltspflichten beim Vertragsabschluss
- Implikationen für die Beratungspraxis von Versicherern
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Welche Pflichten hat ein Versicherer bei der Beratung über Versicherungsprodukte?
- Muss ein Versicherer auch über steuerliche Aspekte des Versicherungsprodukts aufklären?
- Welche Konsequenzen hat es, wenn ein Versicherer seiner Beratungspflicht nicht nachkommt?
- Welche Rolle spielt die Verjährung bei Ansprüchen aus Falschberatung?
- Welche Sorgfaltspflichten treffen Versicherungsnehmer beim Abschluss von Versicherungsverträgen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Die Klage der Klägerin auf Schadensersatz wegen angeblicher Aufklärungspflichtverletzung wurde abgewiesen.
- Die Klägerin behauptete, unzureichend über die Nachteile des Basisrentenversicherungsvertrags informiert worden zu sein, insbesondere über die fehlende Kündbarkeit und Vererbbarkeit.
- Das Gericht stellte fest, dass die Klägerin bereits 2015 grob fahrlässig handelte, da sie die Vertragsunterlagen nicht gründlich gelesen hatte.
- Im Versicherungsantrag und den Vertragsunterlagen waren die fehlende Kündbarkeit und Vererbbarkeit klar und deutlich angegeben.
- Das Gericht entschied, dass die Schadensersatzansprüche der Klägerin verjährt sind, da sie spätestens 2015 Kenntnis von den Vertragsbedingungen hätte erlangen müssen.
- Die Klägerin hätte die fehlende Kapitalisierbarkeit und Vererbbarkeit des Vertrags erkennen können, wenn sie die Vertragsunterlagen sorgfältig geprüft hätte.
- Das Gericht sah keine Aufklärungspflichtverletzung seitens der Beklagten, da die Informationen in den Vertragsunterlagen klar und verständlich dargestellt waren.
- Es wurde festgestellt, dass der Klägerin kein Mitverschulden anzulasten sei, da sie auf die Beratung von Herrn U vertraute.
- Die Entscheidung betont die Wichtigkeit der sorgfältigen Prüfung von Vertragsunterlagen durch Versicherungsnehmer.
- Die Auswirkungen des Urteils verdeutlichen, dass Versicherer ihren Informationspflichten nachkommen müssen, Versicherungsnehmer aber auch selbst verantwortlich sind, die bereitgestellten Informationen zu prüfen.
Versicherungsberatung: Gericht stellt hohe Anforderungen an Steuertipps
Die Beratungspflicht von Versicherern ist ein komplexes Thema, das viele Fragen aufwirft. Im Kern geht es darum, welche Informationen ein Versicherer gegenüber seinem Kunden offenlegen muss, um ihm eine fundierte Entscheidung über den Abschluss einer Versicherung zu ermöglichen. Dies kann sich auch auf Steuerfragen beziehen, denn die Wahl einer Versicherung kann erhebliche steuerliche Auswirkungen haben.
Besonders relevant ist die Frage, in welcher Tiefe ein Versicherer seinen Kunden zu Steuerfragen beraten muss. Muss er nur allgemeine Informationen zur Steuerbarkeit von Versicherungsleistungen geben oder hat er eine umfassendere Beratungspflicht, die auch konkrete Steuersparmöglichkeiten umfasst? Diese Frage beschäftigt Gerichte und Juristen schon lange und die Rechtsprechung ist oft uneinheitlich.
Ein aktuelles Gerichtsurteil wirft nun neues Licht auf diese Frage und zeigt, welche Anforderungen die Gerichte an die Beratungspflicht der Versicherer stellen. Im Folgenden wird das Urteil detailliert vorgestellt und analysiert, um Ihnen einen besseren Einblick in diese komplizierte Thematik zu geben.
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Der Fall vor Gericht
Beratungspflichtverletzung bei Basisrentenversicherung: Klage auf Schadensersatz abgewiesen
Das Amtsgericht Paderborn hat in einem Urteil (Az. 3 O 167/21) eine Klage auf Schadensersatz wegen angeblicher Falschberatung beim Abschluss einer Basisrentenversicherung (sog. Rürup-Rente) abgewiesen. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Frage, welche Aufklärungspflichten Versicherer beim Verkauf solcher Produkte haben und welche Sorgfaltspflichten Versicherungsnehmer beim Vertragsabschluss treffen.
Hintergrund des Rechtsstreits: Vermeintliche Falschberatung beim Vertragsabschluss
Die Klägerin hatte im August 2015 eine fondsgebundene Basisrentenversicherung bei der beklagten Versicherungsgesellschaft abgeschlossen. Der Vertrag sah einen jährlichen Beitrag von 5.000 Euro vor, wobei die Rentenzahlung ab Oktober 2023 beginnen sollte. Eine vorzeitige Abrufmöglichkeit war ab Oktober 2020 vorgesehen.
Im Januar 2019 wollte die Klägerin den Vertrag zunächst kündigen, nahm dies aber zurück und reduzierte stattdessen die Beiträge auf 600 Euro jährlich. Seit Oktober 2020 bezieht sie eine monatliche Rente von 61,03 Euro aus dem Vertrag.
Die Klägerin machte geltend, sie sei beim Vertragsabschluss nicht ausreichend über die Eigenschaften des Produkts aufgeklärt worden. Insbesondere sei sie nicht darüber informiert worden, dass der Vertrag nicht kündbar sei, die Beiträge bei Kündigung nicht zurückgezahlt würden, die Ansprüche nicht vererbbar seien und die Rentenzahlungen der Einkommensteuer unterlägen. Bei korrekter Aufklärung hätte sie den Vertrag nicht abgeschlossen.
Entscheidungsgründe: Verjährung und fehlende Aufklärungspflicht
Das Gericht wies die Klage aus mehreren Gründen ab:
- Verjährung der Ansprüche: Soweit es um die fehlende Kündigungsmöglichkeit und Vererbbarkeit ging, sah das Gericht die Ansprüche als verjährt an. Die Klägerin hätte diese Eigenschaften des Vertrags bereits 2015 aus den Vertragsunterlagen erkennen können und müssen. Die dreijährige Verjährungsfrist war somit Ende 2018 abgelaufen.
- Keine Aufklärungspflicht über Steuern: Hinsichtlich der Steuerpflicht der Rentenzahlungen verneinte das Gericht eine Aufklärungspflicht des Versicherers. Die Beratungspflichten nach § 6 Abs. 1 VVG bezögen sich auf den Versicherungsschutz und die unmittelbar mit dem Produkt verbundenen Rechte und Pflichten, nicht aber auf allgemeine Steuerfragen.
- Fehlende Kausalität: Selbst wenn eine Aufklärungspflicht bestanden hätte, wäre deren Verletzung nach Ansicht des Gerichts nicht kausal für den Vertragsabschluss gewesen. Die Besteuerung der Rentenzahlungen entspreche gerade dem Sinn und Zweck einer Rürup-Rente, bei der die Beiträge in der Ansparphase steuerlich abgesetzt werden können.
Bedeutung für Versicherungsnehmer: Sorgfaltspflichten beim Vertragsabschluss
Das Urteil verdeutlicht die Obliegenheiten von Versicherungsnehmern beim Abschluss von Versicherungsverträgen. Das Gericht betonte, dass von Verbrauchern erwartet werden kann, die ihnen übermittelten Vertragsunterlagen zu lesen und auf Übereinstimmung mit dem Besprochenen zu prüfen.
Wesentliche Vertragseigenschaften wie die fehlende Kündigungsmöglichkeit und Vererbbarkeit waren nach Ansicht des Gerichts bereits aus dem Versicherungsschein und dem Produktinformationsblatt erkennbar. Eine grob fahrlässige Unkenntnis dieser Umstände führte zum Beginn der Verjährungsfrist bereits mit Vertragsschluss.
Implikationen für die Beratungspraxis von Versicherern
Für Versicherer und Vermittler ergibt sich aus dem Urteil, dass die Aufklärungspflichten nicht überspannt werden dürfen. Insbesondere besteht keine generelle Pflicht zur Aufklärung über steuerliche Aspekte, sofern diese nicht produktspezifisch sind.
Dennoch unterstreicht der Fall die Bedeutung einer sorgfältigen und umfassenden Dokumentation der Beratung. Auch wenn das Gericht hier zugunsten des Versicherers entschied, können Schadensersatzansprüche wegen Falschberatung ein erhebliches Risiko darstellen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil unterstreicht die Eigenverantwortung von Versicherungsnehmern beim Vertragsabschluss. Wesentliche Vertragseigenschaften müssen aus den übermittelten Unterlagen zur Kenntnis genommen werden, andernfalls droht Verjährung möglicher Ansprüche. Die Aufklärungspflichten der Versicherer sind auf produktspezifische Aspekte begrenzt und umfassen keine allgemeinen steuerlichen Fragen. Dies stärkt die Position der Versicherer, mahnt aber zugleich zur sorgfältigen Dokumentation der Beratung.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Dieses Urteil unterstreicht Ihre Verantwortung als Versicherungsnehmer, die Vertragsunterlagen sorgfältig zu lesen und zu verstehen. Auch wenn Sie sich auf die Beratung des Versicherungsvertreters verlassen, sind Sie verpflichtet, die wesentlichen Vertragseigenschaften selbst zur Kenntnis zu nehmen. Besonders wichtig: Die Aufklärungspflicht des Versicherers erstreckt sich nicht auf allgemeine steuerliche Fragen. Bei Produkten wie der Rürup-Rente müssen Sie sich selbst über die steuerlichen Konsequenzen informieren. Um spätere Enttäuschungen zu vermeiden, sollten Sie vor Vertragsabschluss alle Unklarheiten ansprechen und sich die wichtigsten Punkte schriftlich bestätigen lassen. Beachten Sie auch die Verjährungsfristen für mögliche Ansprüche – in der Regel drei Jahre ab Vertragsschluss.
FAQ – Häufige Fragen
Versicherungen sind komplex. Doch als Kunde haben Sie das Recht auf umfassende Informationen. Die Beratungspflicht von Versicherern ist ein wichtiger Bestandteil dieser Rechte. Unsere FAQ-Rubrik klärt Sie über Ihre Ansprüche auf und gibt Ihnen wertvolle Tipps für einen erfolgreichen Versicherungsabschluss.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Welche Pflichten hat ein Versicherer bei der Beratung über Versicherungsprodukte?
- Muss ein Versicherer auch über steuerliche Aspekte des Versicherungsprodukts aufklären?
- Welche Konsequenzen hat es, wenn ein Versicherer seiner Beratungspflicht nicht nachkommt?
- Welche Rolle spielt die Verjährung bei Ansprüchen aus Falschberatung?
- Welche Sorgfaltspflichten treffen Versicherungsnehmer beim Abschluss von Versicherungsverträgen?
Welche Pflichten hat ein Versicherer bei der Beratung über Versicherungsprodukte?
Versicherer unterliegen bei der Beratung über Versicherungsprodukte umfangreichen gesetzlichen Pflichten. Diese sind im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) verankert und dienen dem Schutz der Versicherungsnehmer.
Eine zentrale Verpflichtung besteht darin, dem Kunden beim ersten Geschäftskontakt bestimmte Informationen klar und verständlich in Textform zur Verfügung zu stellen. Dies umfasst Angaben zur Identität des Versicherers, zur Art der angebotenen Versicherung sowie zu den wesentlichen Merkmalen der Versicherungsleistung. Darüber hinaus müssen Informationen zum Gesamtpreis der Versicherung einschließlich aller Steuern und sonstigen Preisbestandteile mitgeteilt werden.
Der Versicherer ist verpflichtet, den Versicherungsnehmer nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen. Auf dieser Grundlage muss er dann eine Empfehlung zu einem passenden Versicherungsprodukt abgeben. Diese Beratung muss unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämie erfolgen.
Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Aufklärung über mögliche Risiken. Der Versicherer muss den Kunden über potenzielle Gefahren informieren, die sich aus dem Abschluss einer bestimmten Versicherung ergeben können. Dazu gehört beispielsweise die Aufklärung über mögliche Ausschlüsse vom Versicherungsschutz oder über die Folgen einer Unterversicherung.
Die Beratung muss zudem die individuellen Umstände des Versicherungsnehmers berücksichtigen. Der Versicherer ist verpflichtet, auf die persönliche Situation des Kunden einzugehen und seine Empfehlungen entsprechend anzupassen. Dies kann beispielsweise die Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse, des Alters oder des Familienstandes umfassen.
Eine wichtige Pflicht des Versicherers besteht in der Dokumentation des Beratungsgesprächs. Er muss die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden, die erteilten Ratschläge und die Gründe dafür schriftlich festhalten. Diese Dokumentation dient als Nachweis für den Inhalt der Beratung und kann im Streitfall herangezogen werden.
Der Versicherer muss den Kunden auch über sein Recht auf eine Kopie dieser Dokumentation informieren. Auf Wunsch des Versicherungsnehmers ist ihm eine Ausfertigung der Beratungsdokumentation in Textform zur Verfügung zu stellen.
Besondere Aufmerksamkeit verdient die Aufklärung über steuerliche Aspekte. Obwohl der Versicherer keine umfassende Steuerberatung leisten muss, ist er verpflichtet, auf grundlegende steuerliche Auswirkungen des Versicherungsvertrags hinzuweisen. Dies betrifft insbesondere Versicherungsprodukte, bei denen steuerliche Aspekte eine wesentliche Rolle spielen, wie etwa bei Lebens- oder Rentenversicherungen.
Der Versicherer muss den Kunden auch über sein Widerrufsrecht informieren. Dieses Recht ermöglicht es dem Versicherungsnehmer, innerhalb einer bestimmten Frist nach Vertragsschluss vom Vertrag zurückzutreten. Die Belehrung über das Widerrufsrecht muss klar und verständlich erfolgen und alle relevanten Informationen zur Ausübung dieses Rechts enthalten.
Bei Verletzung dieser Beratungs- und Informationspflichten kann der Versicherer schadensersatzpflichtig werden. Dies unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen und umfassenden Beratung durch den Versicherer. Im Streitfall liegt die Beweislast für die ordnungsgemäße Erfüllung der Beratungspflichten beim Versicherer.
Die Einhaltung dieser Pflichten dient nicht nur dem Schutz der Versicherungsnehmer, sondern auch der Schaffung von Transparenz und Vertrauen im Versicherungsmarkt. Sie stellt sicher, dass Versicherungsnehmer fundierte Entscheidungen treffen können und vor ungeeigneten oder nachteiligen Versicherungsprodukten geschützt werden.
Muss ein Versicherer auch über steuerliche Aspekte des Versicherungsprodukts aufklären?
Versicherer sind grundsätzlich nicht verpflichtet, umfassend über steuerliche Aspekte eines Versicherungsprodukts aufzuklären. Die Beratungspflicht des Versicherers erstreckt sich in erster Linie auf versicherungsspezifische Themen wie Deckungsumfang, Risiken und Prämien.
Allerdings gibt es Ausnahmen von diesem Grundsatz. Bei bestimmten Versicherungsprodukten, die explizit steuerliche Vorteile bieten, muss der Versicherer zumindest grundlegende steuerliche Informationen bereitstellen. Dies betrifft insbesondere Lebens- und Rentenversicherungen, die oft als Instrument der Altersvorsorge dienen und steuerliche Begünstigungen aufweisen können.
Der Versicherer sollte in solchen Fällen auf mögliche steuerliche Vorteile hinweisen und deren Grundzüge erläutern. Dazu gehören beispielsweise Informationen zur steuerlichen Behandlung von Beiträgen und Auszahlungen. Eine detaillierte Steuerberatung muss der Versicherer jedoch nicht leisten. Für eine umfassende steuerliche Beurteilung sollten Versicherungsnehmer einen Steuerberater konsultieren.
Bei komplexeren Versicherungsprodukten mit steuerlichen Implikationen erhöht sich tendenziell die Pflicht des Versicherers, auf steuerliche Aspekte einzugehen. Je bedeutsamer die steuerlichen Auswirkungen für die Entscheidung des Versicherungsnehmers sind, desto eher muss der Versicherer darüber informieren.
Ein Beispiel verdeutlicht dies: Bei einer fondsgebundenen Rentenversicherung sollte der Versicherer den Kunden darüber aufklären, dass Erträge bei Auszahlung als Einmalzahlung anders besteuert werden als bei einer monatlichen Rentenzahlung. Diese Information kann für die Produktwahl des Kunden entscheidend sein.
Versicherer müssen besonders vorsichtig sein, keine falschen oder irreführenden Angaben zu steuerlichen Aspekten zu machen. Fehlerhafte steuerliche Auskünfte können zu Haftungsansprüchen führen. Daher beschränken sich viele Versicherer auf allgemeine steuerliche Hinweise und empfehlen bei spezifischen Fragen die Konsultation eines Steuerberaters.
Versicherungsnehmer sollten beachten, dass sich steuerliche Regelungen ändern können. Der Versicherer ist nicht verpflichtet, über alle zukünftigen Gesetzesänderungen zu informieren. Es liegt in der Verantwortung des Versicherungsnehmers, sich über aktuelle steuerliche Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten.
Bei grenzüberschreitenden Versicherungsprodukten oder wenn der Versicherungsnehmer im Ausland lebt, wird die steuerliche Situation oft komplexer. In solchen Fällen sollte der Versicherer zumindest auf mögliche steuerliche Besonderheiten hinweisen und empfehlen, fachkundigen Rat einzuholen.
Versicherungsnehmer sollten nicht davon ausgehen, dass der Versicherer eine umfassende steuerliche Beratung leistet. Es empfiehlt sich, bei Unsicherheiten bezüglich steuerlicher Auswirkungen eines Versicherungsprodukts aktiv nachzufragen und gegebenenfalls einen Steuerberater hinzuzuziehen. Nur so kann sichergestellt werden, dass alle relevanten steuerlichen Aspekte bei der Entscheidung für ein Versicherungsprodukt berücksichtigt werden.
Welche Konsequenzen hat es, wenn ein Versicherer seiner Beratungspflicht nicht nachkommt?
Die Verletzung der Beratungspflicht durch einen Versicherer kann erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen. Gemäß § 6 Abs. 5 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) ist der Versicherer zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Versicherungsnehmer durch die Verletzung der Beratungspflicht entstanden ist. Dies gilt, sofern der Versicherer die Pflichtverletzung zu vertreten hat.
Ein wichtiger Aspekt ist die Beweislastumkehr zugunsten des Versicherungsnehmers. Das Gesetz vermutet ein Verschulden des Versicherers bei einer Verletzung der Beratungspflicht. Der Versicherer muss daher nachweisen, dass er seiner Pflicht ordnungsgemäß nachgekommen ist oder die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Dies stellt eine erhebliche Erleichterung für den Versicherungsnehmer im Streitfall dar.
Der Schadensersatzanspruch des Versicherungsnehmers besteht unabhängig davon, ob tatsächlich ein Versicherungsvertrag abgeschlossen wurde. Es handelt sich um einen eigenständigen Anspruch, der bereits im vorvertraglichen Bereich entstehen kann. Der Versicherungsnehmer muss lediglich den Anlass für die unterlassene Beratung darlegen, während der Versicherer die konkrete Durchführung der Beratung nachweisen muss.
Die Höhe des Schadensersatzes richtet sich nach dem tatsächlich entstandenen Schaden. Dies kann beispielsweise die Differenz zwischen der abgeschlossenen, ungeeigneten Versicherung und einer passenden Versicherung sein. In manchen Fällen kann auch der entgangene Gewinn oder ein zusätzlicher Vermögensschaden geltend gemacht werden.
Neben dem Schadensersatzanspruch kann eine Verletzung der Beratungspflicht auch Auswirkungen auf den Versicherungsvertrag selbst haben. Unter Umständen kann der Versicherungsnehmer den Vertrag anfechten oder kündigen, wenn er aufgrund mangelhafter Beratung einen für ihn ungeeigneten Vertrag abgeschlossen hat.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Beratungspflicht des Versicherers nicht grenzenlos ist. Sie richtet sich nach der Schwierigkeit der angebotenen Versicherung, der Person des Versicherungsnehmers und dessen individueller Situation. Bei einfachen Standardprodukten oder sehr erfahrenen Versicherungsnehmern kann der Umfang der erforderlichen Beratung geringer ausfallen.
Die Rechtsprechung hat in verschiedenen Urteilen die Anforderungen an die Beratungspflicht konkretisiert. So muss ein Versicherer beispielsweise auch über steuerliche Aspekte eines Versicherungsprodukts aufklären, wenn diese für die Entscheidung des Versicherungsnehmers relevant sind. Die genauen Grenzen der Beratungspflicht können jedoch je nach Einzelfall variieren.
Für Versicherungsnehmer ist es ratsam, die erhaltene Beratung zu dokumentieren und sich die wesentlichen Punkte schriftlich bestätigen zu lassen. Im Streitfall kann dies die Durchsetzung von Ansprüchen erleichtern. Zudem sollten Versicherungsnehmer bei Unklarheiten oder Zweifeln stets nachfragen und gegebenenfalls eine unabhängige Beratung in Anspruch nehmen.
Bei Verdacht auf eine Verletzung der Beratungspflicht können sich Versicherungsnehmer an die zuständige Schlichtungsstelle wenden. Diese bietet eine kostengünstige und effiziente Möglichkeit zur außergerichtlichen Streitbeilegung. Erst wenn dieses Verfahren erfolglos bleibt, ist der Weg zu den ordentlichen Gerichten zu empfehlen.
Die Konsequenzen einer verletzten Beratungspflicht können für Versicherer somit weitreichend sein. Sie reichen von finanziellen Belastungen durch Schadensersatzansprüche bis hin zu Reputationsschäden und möglichen aufsichtsrechtlichen Konsequenzen. Für Versicherungsnehmer bieten die gesetzlichen Regelungen einen wichtigen Schutz und stärken ihre Position gegenüber den Versicherern.
Welche Rolle spielt die Verjährung bei Ansprüchen aus Falschberatung?
Die Verjährung spielt eine bedeutende Rolle bei Ansprüchen aus Falschberatung im Versicherungsbereich. Grundsätzlich verjähren Schadensersatzansprüche nach drei Jahren. Diese Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Versicherungsnehmer von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.
Bei Falschberatungen ist der Zeitpunkt des Verjährungsbeginns oft strittig. Entscheidend ist, wann der Versicherungsnehmer tatsächlich von der fehlerhaften Beratung Kenntnis erlangte. Dies kann unter Umständen erst Jahre nach dem eigentlichen Beratungsgespräch der Fall sein, etwa wenn sich ein Schaden realisiert und der Versicherer die Leistung ablehnt.
Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom 20. Oktober 2022 die Verjährungsregelungen bei Falschberatungen konkretisiert. Demnach kommt es für den Verjährungsbeginn nicht nur auf die Kenntnis der Tatsachen an, sondern in Ausnahmefällen auch auf eine zutreffende rechtliche Wertung. Dies kann den Verjährungsbeginn zugunsten des Versicherungsnehmers hinauszögern.
Versicherungsnehmer sollten beachten, dass sie nicht unbegrenzt Zeit haben, ihre Ansprüche geltend zu machen. Sobald sie Kenntnis von einer möglichen Falschberatung erlangen, beginnt die Verjährungsfrist zu laufen. Es empfiehlt sich daher, bei Verdacht auf eine Falschberatung zeitnah rechtlichen Rat einzuholen und gegebenenfalls Maßnahmen zur Hemmung der Verjährung zu ergreifen.
Die Beweislast für den Zeitpunkt des Verjährungsbeginns liegt grundsätzlich beim Versicherer. Allerdings muss der Versicherungsnehmer zur Aufklärung beitragen und darlegen, was er zur Ermittlung der Voraussetzungen seines Anspruchs unternommen hat.
Versicherer trifft eine umfassende Beratungspflicht. Diese erstreckt sich auf alle für den Versicherungsvertrag wesentlichen Umstände. Dazu gehören auch steuerliche Aspekte, soweit sie für die Entscheidung des Versicherungsnehmers von Bedeutung sind. Der Versicherer muss den Versicherungsnehmer über mögliche steuerliche Konsequenzen des Vertragsabschlusses aufklären, insbesondere wenn es sich um steuerbegünstigte Produkte wie Lebensversicherungen handelt.
Die Beratungspflicht des Versicherers ist jedoch nicht grenzenlos. Sie beschränkt sich auf allgemeine steuerliche Hinweise im Zusammenhang mit dem Versicherungsprodukt. Eine umfassende Steuerberatung, die die individuelle Situation des Versicherungsnehmers berücksichtigt, gehört nicht zu den Pflichten des Versicherers. Für detaillierte steuerliche Fragen sollte der Versicherungsnehmer einen Steuerberater konsultieren.
Versicherer müssen ihre Beratung dokumentieren. Dies geschieht in der Regel durch ein Beratungsprotokoll. Dieses Protokoll dient als Nachweis für den Inhalt der Beratung und kann im Streitfall herangezogen werden. Es ist daher im Interesse beider Parteien, dass das Protokoll vollständig und korrekt ist.
Versicherungsnehmer sollten das Beratungsprotokoll sorgfältig prüfen und bei Unklarheiten oder Unstimmigkeiten sofort nachfragen. Fehler oder Lücken in der Beratung, die sich aus dem Protokoll ergeben, können später als Grundlage für Schadensersatzansprüche dienen.
Die Verjährung solcher Ansprüche beginnt in der Regel erst, wenn der Versicherungsnehmer Kenntnis von der fehlerhaften Beratung erlangt. Das Beratungsprotokoll kann dabei eine wichtige Rolle spielen, da es den Inhalt der Beratung dokumentiert und somit als Beweismittel dienen kann.
Versicherungsnehmer sollten sich bewusst sein, dass die Verjährungsfrist auch dann zu laufen beginnt, wenn sie grob fahrlässig keine Kenntnis von der Falschberatung hatten. Dies könnte der Fall sein, wenn offensichtliche Hinweise auf eine fehlerhafte Beratung ignoriert wurden.
Beratungspflichten bestehen nicht nur bei Vertragsabschluss, sondern auch während der Vertragslaufzeit. Ändert sich die Rechtslage oder treten neue Umstände ein, die für den Versicherungsschutz relevant sind, muss der Versicherer den Versicherungsnehmer darüber informieren. Auch hier können Versäumnisse zu Schadensersatzansprüchen führen, für die die gleichen Verjährungsregeln gelten.
Welche Sorgfaltspflichten treffen Versicherungsnehmer beim Abschluss von Versicherungsverträgen?
Versicherungsnehmer unterliegen beim Abschluss von Versicherungsverträgen verschiedenen Sorgfaltspflichten. Eine zentrale Pflicht ist die vorvertragliche Anzeigepflicht gemäß § 19 Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Hiernach müssen Versicherungsnehmer dem Versicherer alle ihnen bekannten gefahrerheblichen Umstände anzeigen, nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat. Diese Informationen sind für die Risikoeinschätzung des Versicherers von entscheidender Bedeutung. Bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung müssen beispielsweise Vorerkrankungen wahrheitsgemäß angegeben werden.
Die Anzeigepflicht besteht bis zur Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers. Versicherungsnehmer sollten daher alle Fragen im Versicherungsantrag sorgfältig und vollständig beantworten. Unvollständige oder falsche Angaben können gravierende Folgen haben – von der Vertragsanpassung bis hin zum Rücktritt des Versicherers vom Vertrag.
Neben der Anzeigepflicht trifft Versicherungsnehmer die Obliegenheit, keine Gefahrerhöhung vorzunehmen oder diese dem Versicherer unverzüglich mitzuteilen, wenn sie unvermeidbar ist. Eine Gefahrerhöhung liegt vor, wenn sich die Wahrscheinlichkeit eines Schadeneintritts oder der potenzielle Schadensumfang deutlich erhöht. Bei einer Gebäudeversicherung wäre dies etwa der Fall, wenn ein Haus längere Zeit leer steht.
Versicherungsnehmer sollten zudem die Vertragsunterlagen und insbesondere die Versicherungsbedingungen sorgfältig prüfen. Hier sind wichtige Regelungen wie der Leistungsumfang, Ausschlüsse oder Obliegenheiten festgelegt. Ein genaues Verständnis dieser Bedingungen ist essenziell, um den eigenen Versicherungsschutz einschätzen zu können.
Der Gesetzgeber hat allerdings auch den Versicherer in die Pflicht genommen. Gemäß § 6 VVG muss dieser den Versicherungsnehmer anlassbezogen beraten. Die Beratung soll sicherstellen, dass der Versicherungsnehmer einen seinen Wünschen und Bedürfnissen entsprechenden Versicherungsschutz erhält. Der Umfang der Beratungspflicht richtet sich nach der Komplexität des angebotenen Versicherungsprodukts sowie der Person und Situation des Versicherungsnehmers.
Bei der Beratung zu steuerlichen Aspekten des Versicherungsvertrags gelten besondere Maßstäbe. Versicherer müssen zwar grundsätzlich über steuerliche Auswirkungen informieren, sind aber nicht zu einer umfassenden Steuerberatung verpflichtet. Sie müssen lediglich auf mögliche steuerliche Konsequenzen hinweisen und dem Versicherungsnehmer empfehlen, sich bei Bedarf von einem Steuerberater beraten zu lassen.
Versicherungsnehmer sollten sich bewusst sein, dass sie trotz der Beratungspflicht des Versicherers eine Eigenverantwortung tragen. Sie sollten aktiv nachfragen, wenn ihnen etwas unklar ist, und gegebenenfalls zusätzlichen Rat einholen. Eine sorgfältige Prüfung der eigenen Bedürfnisse und ein kritisches Hinterfragen der angebotenen Versicherungsprodukte sind ratsam.
Die Dokumentation der Beratung durch den Versicherer dient dem Schutz beider Vertragsparteien. Versicherungsnehmer sollten diese Dokumentation ebenfalls sorgfältig prüfen und aufbewahren. Im Streitfall kann sie wichtige Hinweise auf den Inhalt der Beratung und die getroffenen Vereinbarungen geben.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Beratungspflicht: Die Verpflichtung eines Versicherers, seinen Kunden vor Abschluss eines Vertrags umfassend und verständlich über alle wesentlichen Aspekte des Versicherungsprodukts aufzuklären. Dies umfasst Informationen über die Art und den Umfang des Versicherungsschutzes, die Vertragsbedingungen, die Höhe der Beiträge sowie die Rechte und Pflichten des Versicherungsnehmers.
- Verjährung: Ein rechtlicher Mechanismus, durch den Ansprüche nach Ablauf einer bestimmten Frist nicht mehr geltend gemacht werden können. Im Versicherungsrecht verjähren Schadensersatzansprüche oft nach drei Jahren, gerechnet ab dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Versicherungsnehmer von den Umständen Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen.
- Kausalität: Ein juristisches Prinzip, das besagt, dass ein Schaden nur dann ersetzt werden kann, wenn er ursächlich auf eine Pflichtverletzung zurückzuführen ist. In diesem Fall müsste nachgewiesen werden, dass die mangelhafte Aufklärung des Versicherers direkt zum Abschluss des nachteiligen Vertrags geführt hat.
- Falschberatung: Eine unzutreffende oder unvollständige Beratung durch den Versicherer oder dessen Vertreter, die dazu führt, dass der Versicherungsnehmer einen Vertrag abschließt, den er bei korrekter Aufklärung nicht abgeschlossen hätte. Falschberatung kann zu Schadensersatzansprüchen führen, wenn sie nachgewiesen wird.
- Sorgfaltspflichten: Die Pflichten eines Versicherungsnehmers, alle ihm zur Verfügung gestellten Vertragsunterlagen sorgfältig zu lesen und zu verstehen. Versäumt der Versicherungsnehmer dies, kann er sich im Nachhinein nicht auf Unkenntnis berufen und läuft Gefahr, dass seine Ansprüche verjähren.
- Nichtvererbbarkeit: Eine Vertragsklausel, die besagt, dass Ansprüche aus einem Versicherungsvertrag nicht auf die Erben des Versicherungsnehmers übergehen. Dies bedeutet, dass im Todesfall des Versicherungsnehmers keine Leistungen an seine Erben ausgezahlt werden.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 6 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG): Regelt die Beratungspflicht des Versicherers vor Vertragsabschluss. Er muss den Kunden über alle wesentlichen Vertragsinhalte aufklären, insbesondere über Art und Umfang des Versicherungsschutzes, die Laufzeit, die Beiträge und die Kündigungsbedingungen. Im vorliegenden Fall wurde geprüft, ob die Klägerin ausreichend über die fehlende Kündigungsmöglichkeit und die fehlende Vererbbarkeit der Ansprüche aufgeklärt wurde.
- § 8 VVG: Beschäftigt sich mit der Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers. Dieser muss dem Versicherer alle für den Vertragsabschluss relevanten Umstände wahrheitsgemäß mitteilen. Im vorliegenden Fall wurde geprüft, ob die Klägerin ihre Sorgfaltspflicht verletzt hat, indem sie die Vertragsunterlagen nicht gründlich gelesen hat.
- § 195 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Legt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren fest. Ansprüche verjähren, wenn sie nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden. Im vorliegenden Fall wurde geprüft, ob die Ansprüche der Klägerin bezüglich der fehlenden Kündigungsmöglichkeit und Vererbbarkeit bereits verjährt waren.
- § 675 Abs. 1 BGB: Definiert den allgemeinen Auftrag. Ein Auftragnehmer ist verpflichtet, die ihm übertragenen Geschäfte mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns auszuführen. Im vorliegenden Fall wurde geprüft, ob der Versicherungsvertreter seine Beratungspflicht verletzt hat, indem er die Klägerin nicht ausreichend über die Nachteile des Vertrags aufgeklärt hat.
- § 242 BGB: Verlangt von den Vertragsparteien, nach Treu und Glauben zu handeln. Dies bedeutet, dass sie ihre Rechte nicht missbräuchlich ausüben dürfen und Rücksicht auf die berechtigten Interessen der anderen Partei nehmen müssen. Im vorliegenden Fall wurde geprüft, ob die Klägerin ihre Rechte missbräuchlich ausübt, indem sie Schadensersatzansprüche geltend macht, obwohl sie die Vertragsunterlagen nicht gelesen hat.
Das vorliegende Urteil
AG Paderborn 3. Zivilkammer – Az.: 3 O 167/21 –
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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche aus einer vermeintlichen Aufklärungspflichtverletzung im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Basisrentenversicherungsvertrags geltend.
Am 13.08.2015 ließ sich die Klägerin bei Herrn U zum Thema Rentenversicherungen beraten. Die Klägerin unterzeichnete am gleichen Tag den Antrag zum Abschluss des streitgegenständlichen staatlich geförderten fondsgebundenen Basisrentenversicherungsvertrages bei der Beklagten (Anlage BLD01). In dem Versicherungsantrag sind die Optionsfelder „Beitragsrückgewähr“ und „Kapitalrückgewähr“ durchgestrichen und mit einer Unterschrift der Beklagten versehen. Ferner ist das Optionsfeld „Lebenspartnerrente“ angekreuzt und ebenfalls mit einer Unterschrift der Klägerin versehen. Neben dem Optionsfeld „Lebenspartnerrente“ findet sich ein Hinweis, dass dies nur wählbar ist, wenn Beitrags- und Kapitalrückgewähr nicht ausgewählt sind. Den Erhalt der Vertragsunterlagen bestätigte die Klägerin im Rahmen des Antrags mit ihrer Unterschrift.
Die Klägerin erhielt darauf den entsprechenden Versicherungsschein Nr. … vom 28.08.2015 (Anlage K1). Darin wurde als Versicherungsbeginn wurde der 01.10.2015 und als Rentenbeginn der 01.10.2023 genannt, wobei eine Abrufoption der monatlichen Rente ab dem 01.10.2020 vorgesehen war. Der Beitrag belief sich auf 5.000,00 EUR jährlich. Für den Fall des Ablebens der Klägerin vor Rentenbeginn wurde die Rückzahlung der bis dahin geleisteten Prämien an den mit der Klägerin in gültiger Ehe verheirateten Ehepartner vereinbart. Für den Fall des Ablebens der Klägerin während der Rentenbezugszeit ist die Zahlung einer monatlichen Rente in Höhe von 60 % der erreichten Altersrente bis zum Tod der mitversicherten Person vereinbart. Darüber hinaus besteht kein Kapitalwahlrecht. Ansprüche aus dem Vertrag können zudem weder übertragen, beliehen, verschenkt oder vererbt werden. Im Falle der Kündigung wird der Vertrag beitragsfrei gestellt, eine Rückzahlung der Beiträge erfolgt nicht. Die ausgezahlten monatlichen Renten unterliegen der Einkommenssteuer. Die vorstehenden Angaben lassen sich dem Produktinformationsblatt (Anlage BLD03), dem Versicherungsschein vom 28.05.2015 (Anlage K1) und den bei Vertragsschluss überlassenen Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Anlage BLD04) entnehmen, auf die im Übrigen verwiesen wird. Die Klägerin las sich diese Vertragsunterlagen weder bei noch im Nachgang des Vertragsschlusses durch.
Die Beklagte informierte die Klägerin jährlich über den Stand des Vertrags, so etwa mit dem Nachtrag vom 01.08.2016 (Anlage BLD05). Auch dem Nachtrag war zu entnehmen, dass Ansprüche aus dem Vertrag nicht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerbar und nicht kapitalisierbar sind. Die Klägerin zahlte auf diesen Vertrag bis zum Versicherungseintritt insgesamt 18.862,50 EUR.
Bereits im Jahr 2018 wandte sich die Klägerin an Herrn U, da sie dazu neigte, den Vertrag zu kündigen. Dieser riet ihr zu diesem Zeitpunkt jedoch von einer Kündigung des Vertrags ab. Am 13.01.2019 erklärte die Klägerin sodann doch die Kündigung des streitgegenständlichen Vertrages, forderte die eingezahlten Beträge zurück und teilte in dem Kündigungsschreiben mit, dass sie aufgrund einer Veruntreuung einer großen Geldanlage in ihrem Umfeld sich gezwungen sieht, den streitgegenständlichen Vertrag zu kündigen, um die angesparte Versicherungssumme zum Erhalt des Lebensunterhalts zu verwenden (Anlage BLD06). Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 18.01.2019 (Anlage BLD07) die Kündigung des Vertrags und wies die Rückzahlung des Vertragsguthabens mit Verweis auf die fehlende Kapitalisierbarkeit zurück. Daraufhin nahm die Klägerin die Kündigung mit Schreiben vom 06.02.2019 (Anlage BLD08) zurück und beantragte stattdessen eine Beitragsreduzierung auf 600,00 EUR pro Jahr. Die Beklagte bestätigte die Beitragsreduzierung mit Schreiben vom 09.09.2019 (Anlage BLD09). Mit Schreiben vom 26.04.2020 (Anlage BLD10) zog die Klägerin die im streitgegenständlichen Vertrag vereinbarte Abrufoption zum 01.10.2020 und bezieht seit dem 01.10.2020 aus dem streitgegenständlichen Vertrag monatliche Rentenzahlungen in Höhe von 61,03 EUR.
Die Beklagte beauftragte am 03.03.2021 ihre Prozessbevollmächtigten mit der außergerichtlichen Geltendmachung der Rückabwicklung des Vertrags auf Grund der vermeintlichen Falschberatung. Mit anwaltlichen Schreiben vom 23.03.2021 (Anlage K2) machten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin dann gegenüber der Beklagten eine Falschberatung hinsichtlich des in Rede stehenden Vertrags geltend und forderte die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 06.04.2021 auf, die geleisteten Beiträge in Höhe von 18.862,50 EUR an sie zurückzuzahlen.
Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 25.03.2021 (Anlage K3) endgültig ab.
Die Klägerin behauptet, dass Herr U habe sie nicht zutreffend über die Eigenheiten der abgeschlossenen Versicherung beraten habe. So habe ausschließlich die steuerlichen Vorteile, nicht jedoch hinreichend über die mit dem Vertrag einhergehenden Nachteile aufgeklärt. Er habe nicht darauf hingewiesen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Rentenversicherungsvertrag um einen nicht kündbaren Vertrag handelt bzw. bei dem die Beträge nach erfolgter Kündigung nicht zurückgezahlt werden, eine Vererbbarkeit der Ansprüche an ihre Kinder nicht möglich ist und dass eine Steuerbelastung in der Auszahlungsphase entsteht. Sie hätte den Vertrag niemals abgeschlossen, wenn sie darüber aufgeklärt worden wäre, dass Ansprüche aus dem Vertrag nicht vererbbar und eine Rückzahlung der Beiträge nicht möglich ist. Es sei ihr wesentlich darauf angekommen, ihre eingezahlten Beiträge nach einer Kündigung zurückzuerhalten. Es sei auch keine Beratungsdokumentation erstellt worden.
Sie ist der Ansicht, ihr sei kein Mitverschulden anzulasten, da sie sich auf die Beratung von Herrn U verlassen habe. Dessen Fehlberatung sei der Beklagten zuzurechnen. Diesbezüglich behauptet sie, dass Herr U ein Versicherungsvertreter in Form eines Mehrfachvertreters sei; jedenfalls sei er ihr gegenüber so aufgetreten. Er habe Originalanträge der Beklagten verwendet und für diese auch die Legitimationsprüfung durchgeführt, was als Indiz dafür zu sehen sei, dass er von der Beklagten betraut gewesen sei.
Infolge der Fehlberatung sei ihr ein Schaden in Gestalt des abgeschlossenen Vertrages entstanden. Auf Grund der fehlenden Dokumentation müsse zudem die Beklagte beweisen, dass sie richtig beraten wurde und sie den Vertrag auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erworben hätte.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 18.862,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.03.2021 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abgabe einer Verpflichtungserklärung der Klägerin gegenüber der Beklagten, an diese sämtliche Rentenzahlungen aus der streitgegenständlichen Basisrentenversicherung bei der Beklagten – mit der Versicherungsnummer 18454414 auszukehren,
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Rechtanwaltskosten in Höhe von 1.626,49 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.03.2021 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, dass es sich bei Herrn U um einen Versicherungsmakler handelt und meint, dass ihr aus diesem Grund das Verhalten von Herrn U ohnehin nicht zurechenbar sei, da der Versicherungsmakler im Lager des Versicherungsnehmer stehe.
Ferner erhebt sie die Einrede der Verjährung. Die Klägerin hätte jedenfalls im Jahr 2015 durch Durchsicht der Vertragsunterlagen von den Eigenschaften des abgeschlossenen Rentenvertrags Kenntnis erlangen können.
Überdies sei jedoch auch keine Aufklärungspflichtverletzung zu erkennen. Die Beklagte behauptet, dass das Beratungsgespräch am 13.08.2015 anlassbezogen entsprechend des von ihr angemeldeten Beratungsbedarfs stattgefunden habe. Sie habe Herrn U gegenüber ausdrücklich mitgeteilt, dass sie den Vertrag für sich und ihre eigene Altersvorsorge abschließen wolle und im Falle ihres Versterbens ihr Ehemann Leistungen erhalten solle. Zugunsten ihrer Kinder habe die Klägerin daher gar kein Bezugsrecht einräumen wollen, so dass hierüber auch nicht aufzuklären war. Sie ist schließlich der Ansicht, die Klägerin habe nicht substantiiert vorgetragen, warum es ihr entscheidend darauf ankomme, den Vertrag kündigen, beleihen, vererben oder übertragen zu können. Im Hinblick auf die geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten beruft sich die Klägerin ebenfalls auf die Einrede der Verjährung. Zudem sei die Rückzahlung der Beiträge erstmals mit anwaltlichen Schreiben angemahnt worden und die außergerichtliche Beauftragung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin sei auch nicht erforderlich gewesen.
Die Kammer hat die Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung persönlich angehört. Diesbezüglich wird auf das Sitzungsprotokoll vom 17.11.2021 verwiesen. Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den übrigen Inhalt der Akte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz in Gestalt der Rückabwicklung des Versicherungsvertrags unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
1.
Dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch der Klägerin steht – soweit dieser auf eine unterlassene Aufklärung bezüglich der fehlenden Möglichkeit der Kündigung mit Kapitalisierung des erreichten Versicherungswerts und der fehlenden Vererbbarkeit gestützt wird – gemäß § 214 BGB die seitens der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegen. Schadensersatzansprüche, die auf die vorstehenden behaupteten Aufklärungspflichtverletzungen gestützt werden, sind mit Ablauf des Jahres 2018 verjährt.
Ansprüche nach § 6 Abs. 1, Abs. 5 VVG sowie sonstige in Betracht kommende vertragliche oder deliktische Ansprüche unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 BGB und verjähren somit mit Ablauf von drei Jahren ab dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden und der Versicherungsnehmer von den ihn begründen Umständen und der Person des Schuldner erfahren hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erfahren müssen.
a)
Die anspruchsbegründenden Tatsachen waren bereits im Jahr 2015 gegeben, da die Schadensersatzansprüche auf behauptete Aufklärungspflichtverletzungen bzw. Falschberatung im Rahmen des Vertragsschlusses im Jahr 2015 gestützt werden.
b)
Die Klägerin hat das Vorliegen der möglichen anspruchsbegründenden Voraussetzungen auch bereits im Jahr 2015 grob fahrlässig verkannt.
Von grob fahrlässige Unkenntnis ist dann auszugehen, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt im ungewöhnlich hohem Maße verletzt worden oder das unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste.
Hinsichtlich der vermeintlich unterbliebenen Aufklärung bezüglich der fehlenden Möglichkeit der Kündigung mit Kapitalisierung des erreichten Versicherungswerts und der fehlenden Vererbbarkeit der Ansprüche aus dem Rentenversicherungsvertrag hätte die Klägerin bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt aus den ihr zur Verfügung gestellten Vertragsunterlagen unschwer erkennen können, dass der Vertrag diese Eigenschaften nicht aufweist. Sie hätte mit zumutbaren Aufwand Kenntnis von dem Nichtvorliegen dieser Eigenschaften des Vertrags nehmen können, da sich die Angaben eindeutig und leicht erkennbar aus dem Versicherungsantrag selbst und den der Klägerin mit Vertragsschluss übergebenen Vertragsunterlagen ergeben.
So ergibt sich auf dem Versicherungsantrag, den die Klägerin am 13.08.2015 unterzeichnet hat, bereits, dass eine Beitragsrückgewähr und eine Kapitalrückgewähr nicht Gegenstand des Vertrages sind. Auf dem Antrag sind die Optionsfelder „Beitragsrückgewähr“ und „Kapitalrückgewähr“ durchgestrichen und mit einem Hinweis versehen, dass diese Option nicht möglich ist, wenn die Lebenspartnerrente ausgewählt wird. Die Lebenspartnerrente ist im Optionsfeld mit „ja“ angekreuzt und nicht gestrichen. Die Streichungen und das Kreuz hat die Klägerin unstreitig mit ihrer Unterschrift gekennzeichnet, so dass auch davon auszugehen ist, dass die Klägerin die Streichungen zur Kenntnis genommen hat oder aber bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können und müssen.
Auch aus dem im Jahr 2015 erhaltenen Versicherungsschein ergeben sich ebenfalls die entsprechenden Informationen zum Vertrag. Auf Seite 4 des fünfseitigen Versicherungsscheins heißt es wörtlich „die Ansprüche aus diesem Versicherungsvertrag sind nicht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerbar und nicht kapitalisierbar und es besteht darüber hinaus kein Anspruch auf Auszahlungen. Kapitalwahlrecht und Rückkauf sind ausgeschlossen. Stirbt die versicherte Person, werden Leistungen nur dann fällig, wenn die versicherte Person zum Zeitpunkt des Todes verheiratet war. Andernfalls erlischt die Versicherung, ohne dass eine Leistung fällig wird“. Die verwendeten Formulierungen „nicht vererbbar“ und „es besteht darüber hinaus kein Anspruch auf Auszahlung“ sind allgemein verständlich und setzen keine entsprechende Vorbildung, insbesondere keine juristische Ausbildung, voraus.
Der wortgleiche Hinweis findet sich ebenso in dem Produktinformationsblatt und auf Seite 9 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen unter den Absatz „Kapitalauszahlung“ sowie auf Seite 21 unter den Hinweisen zu „Bezugsrechten, Abtretung Verpfändung“.
Der Klägerin verletzt die im Verkehr erforderlich Sorgfalt in einem besonders hohen Maße, wenn sie die ihr übermittelten Vertragsunterlagen nicht liest. In Folge des Abschlusses eines Vertrags kann von einem Verbraucher erwartet werden, die im Anschluss überreichten Vertragsunterlagen dahingehend zu kontrollieren, ob das erworbene Produkt dem entspricht, was im Rahmen des Beratungsgesprächs vereinbart wurde. Hierfür war es hinsichtlich der vorstehenden Eigenschaften des Vertrags nicht erforderlich, ein umfangreiches Vertragswerk im Detail zu lesen. Die in Rede stehenden Informationen ergeben sich bereits aus dem fünfseitigen Versicherungsschein und dem einseitigen Produktinformationsblatt und können bereits bei „Überfliegen“ des Dokuments unter der Überschrift „Allgemeine Hinweise“ mühelos zur Kenntnis genommen werden. Selbst wenn sich aus den allgemeinen Hinweisen als solche noch nicht abschließende Erkenntnisse bezüglicher der Eigenschaften des Vertrags ergeben sollte, so halten sie die Klägerin bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt jedenfalls dazu an, die Versicherungsbedingungen zu lesen oder bei ihrem Ansprechpartner nachzufragen, um etwaige Zweifel aufzuklären. Auch dies ist unstreitig unterblieben.
2.
Soweit der geltend gemachte Schadensersatzanspruch auf die behauptete unterbliebene Aufklärung über die Steuerpflichtigkeit der Rentenzahlungen gestützt wird, so besteht nach Auffassung der Kammer schon keine entsprechende Aufklärungspflicht gemäß § 6 Abs. 1 VVG über die Einkommenssteuerpflicht.
a)
Die Beratungspflichten nach § 6 Abs. 1 VVG gehen nicht so weit, dass allgemein über Steuerfragen aufgeklärt werden müsste, sondern die Beratung soll sich auf den erforderlichen Versicherungsschutz, das Produkt als solches und die damit unmittelbar verbundenen Rechten und Pflichten beziehen (Veith/Gräfe/Gebert, Der Versicherungsprozess, 4. Auflage 2020, § 10, Rn. 239).
Insofern bestand keine Aufklärungspflicht über die Einkommenssteuerpflichtigkeit. Die Besteuerung der Rürup-Rente ergibt sich unmittelbar aus § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a) aa) EStG. Der Umstand besteht also qua Gesetz und geht nicht speziell auf die Vertragsbedingungen zurück. Eine konkrete Produktbezogenheit lässt sich daher nicht erkennen.
b)
Ferner wäre eine etwaige Aufklärungspflichtverletzung in Bezug auf die Einkommenssteuerpflichtigkeit auch nicht kausal für den Abschluss des Vertrags gewesen.
Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin den Vertrag nicht geschlossen hätte, wenn sie über die Einkommenssteuerpflichtigkeit – das Bestehen einer entsprechenden Aufklärungspflicht unterstellt – aufgeklärt worden wäre.
So besteht der maßgebliche Vorteil der Rürup-Rente darin, während der Ansparphase, wenn auf Grund der Erwerbstätigkeit mehr zu versteuerndes Einkommen anfällt, die Aufwendungen für den Vertrag steuerlich abzusetzen und die Steuerlast dann während der Bezugsphase, wenn jedoch weniger zu versteuerndes Einkommen anfällt, zu tragen. Die Besteuerung der monatlichen Rentenbeiträge geht mit dem Sinn und Zweck des abgeschlossenen Vertrags somit gerade einher. So trägt die Klägerin selbst vor, dass der Hauptzweck des Vertrags darin besteht, die Beiträge steuerlich abzusetzen. Insoweit ist davon auszugehen, dass die Klägerin also selbst dann, wenn sie über die Einkommenssteuerpflicht aufgeklärt worden wäre, den in Rede stehen Vertrag geschlossen hätte. Daher geht auch die von der Klägerin zitierte Vermutung des aufklärungs- und beratungsrichtigen Verhaltens hinsichtlich dieser behaupteten Aufklärungspflicht ins Leere.
c)
Ob die Einrede der Verjährung darüber hinaus auch einem möglichen Schadensersatzanspruch der Klägerin, der auf eine etwaige Aufklärungspflichtverletzung über die Steuerpflichtigkeit gestützt wird, entgegenstünde, bedurfte auf Grund der vorstehenden Erwägungen dagegen keiner Entscheidung. Es kommt insbesondere nicht darauf an, ob aus dem Umstand, dass in den Allgemeinen Vertragsinformationen auf Seite 48 ein Hinweis zur Einkommenssteuerpflichtigkeit enthalten war und die Klägerin diesen Hinweis nicht zur Kenntnis nahm, ihr der Vorwurf gemacht werden kann, dass sie die entsprechenden anspruchsbegründen Umstände bereits im Jahr 2015 grob fahrlässig verkannte.
II.
Der Anspruch auf die Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist gemäß § 217 BGB mit dem Hauptanspruch verjährt oder ist – sofern sich diese aus der Aufklärungspflichtverletzung über die Steuerpflichtigkeit ergeben sollen – mangels Hauptforderung schon gar nicht entstanden.
III.
Die Kostenentscheidung sowie die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 Satz 2 ZPO.
Der Streitwert wird auf bis zu 19.000,00 EUR festgesetzt.