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Wohngebäudeversicherung – Eintritt des Grundstückerwerbers in Versicherungsverhältnis

OLG Frankfurt – Az.: 3 U 40/12 – Urteil vom 18.10.2012

Die Berufung des Klägers gegen das am 04.01.2012 verkündete Urteil des Landgerichts Wiesbaden – Aktenzeichen 5 O 245/10 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung einschließlich der Kosten der Nebenintervention hat der Kläger zu tragen.

Das angefochtene und das vorliegende Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem vorliegenden Urteil kann der Kläger abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer Brandversicherung.

Im Jahre 1996 bewohnte die Streithelferin ein im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland stehendes Haus, für das sie bei der Beklagten eine Wohngebäudeversicherung unterhielt. Diese Versicherung deckte auch das Brandrisiko ab. Im Jahr 2002 erwarb der Kläger das Haus von der Bundesrepublik Deutschland. Am 7.10.2002 vereinbarten der Kläger und die Streithelferin, dass letztere das Haus kostenlos lebenslänglich nutzen dürfe, jedoch verpflichtet sei, zu ihren Lasten und Gunsten Versicherungen abzuschließen bzw. aufrechtzuerhalten, die jedes Risiko abdecken.

Mit Schreiben vom 14.10.2002 bat die Streithelferin eine Agentur der Beklagten um Auskunft, ob weiterhin Versicherungsschutz für das Haus bestehe. Die Agentur gab die Bitte um Bestätigung des Versicherungsschutzes an die Beklagte weiter. Mit Schreiben vom 30.10.2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, der bestehende Versicherungsvertrag gehe gemäß § 69 VVG nach Eintragung im Grundbuch auf ihn über. Der Streithelferin teilte die Beklagte mit Schreiben vom gleichen Tag mit, der Versicherungsschutz bestehe unverändert weiter.

Am …06.2003 wurde der Kläger im Grundbuch als Eigentümer eingetragen.

Am ….2004 kam es zu einem Brand des Hauses. Die nachfolgenden Ermittlungen ergaben, dass dieser im Eingangsbereich begonnen hatte; es fanden sich Spuren eines Brandbeschleunigers, jedoch keine Anzeichen für einen Einbruch.

Am ….3.2004 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er im Grundbuch eingetragen worden sei.

Am ….2004 kam es zu einer Schadensaufnahme durch einen Mitarbeiter der Beklagten in Anwesenheit des Klägers. In dem aus diesem Anlass erstellten Protokoll erklärte der Kläger, er mache keine Ansprüche geltend, Leistungen sollten an die Streithelferin erfolgen.

Am 29.09.2010 widerrief der Kläger die Erklärung und verlangt nunmehr von der Beklagten Zahlung von 367.316,40 €.

Der Kläger ist der Ansicht, er sei spätestens mit dem Eintritt der Bedingung, seiner Eintragung im Grundbuch, selbst Versicherungsnehmer geworden.

Die Beklagte ist der Auffassung, Versicherungsnehmerin sei die Streithelferin. § 69 VVG sei nicht anwendbar. Der Kläger habe ihr gegenüber auf Ansprüche verzichtet. Es sei von einer vorsätzlichen Brandstiftung durch die Streithelferin auszugehen. Ansprüche ihr gegenüber seien verjährt.

Die Streithelferin ist im vorliegenden Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.

Mit Urteil vom 03.01.2012, auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen und dabei die Auffassung vertreten, der Kläger sei nicht Versicherungsnehmer geworden. § 69 VVG sei weder unmittelbar noch analog anwendbar, ein eigener Vertrag zwischen ihm und der Beklagten sei mangels Annahmeerklärung des Klägers nicht zustande gekommen. Schadenersatz aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten stehe ihm ebenfalls nicht zu.

Gegen dieses ihm am 11.1.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.02.2012 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 11.04.2012 am 10.04.2012 begründet.

Der Kläger verfolgt sein erstinstanzliches Begehr weiter und wiederholt und vertieft hierzu sein erstinstanzliches Vorbringen. Er ist der Ansicht, Ansprüche gegen die Beklagte stünden ihm aus einem eigenen Vertrag zu. Dieser sei durch ein Angebot der Beklagten vom 30.10.2002 zustande gekommen, das einer Annahmeerklärung nicht bedurft habe. Hilfsweise seien er und die Streithelferin als gemeinschaftliche Versicherungsnehmer anzusehen. Ansprüche aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten gegen die Beklagte stünden ihm zu, da solche bereits bei einer Sonderverbindung entstünden. Letztlich habe die Beklagte einen ihr zurechenbaren Rechtsschein für seine Versicherungsnehmerstellung geschaffen, an den sie sich halten lassen müsse.

Die Beklagte begehrt Zurückweisung des Rechtsmittels und verteidigt das angefochtene Urteil.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie indes keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen dem Berufungsverfahren zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage zu Recht in vollem Umfang abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils nimmt der Senat in vollem Umfang Bezug. Die dortigen Ausführungen sind zutreffend. Ihnen stehen die mit der Berufung vorgebrachten Argumente nicht entgegen.

Dem Kläger stehen Ansprüche aus einem eigenen Versicherungsverhältnis mit der Beklagten nicht zu.

Dass die von der Streithelferin abgeschlossene Versicherung auf ihn nicht gem. § 69 VVG übergegangen ist, weil er das Gebäude nicht von der Versicherungsnehmerin, sondern einer Dritten (der Bundesrepublik Deutschland) erworben hat, wird von der Berufung nicht angegriffen. Dies gilt auch für die zutreffende rechtliche Feststellung, dass eine analoge Anwendung des §§ 69 VVG nicht in Betracht kommt.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist ein eigener Versicherungsvertrag zwischen ihm und der Beklagten nicht zustande gekommen. In dem Schreiben der Beklagten vom 30.10.2002 an ihn kann schon kein Angebot auf Abschluss eines solchen Versicherungsvertrages gesehen werden. Bei verständiger Würdigung des Inhalts dieses Schreibens musste der Kläger erkennen, dass die Beklagte vom Fortbestand des bisherigen Versicherungsvertrages ausging und das Zustandekommen eines neuen Versicherungsverhältnisses nicht für erforderlich hielt. Deswegen kann dieses Schreiben nicht als Angebot verstanden werden. Selbst wenn man dies annehmen wollte, hat der Kläger dieses Angebot nicht angenommen. Dass es insoweit an einer ausdrücklichen Erklärung fehlt, ist zwischen den Parteien genauso unstreitig wie der Umstand, dass innerhalb der Frist des §§ 147 Abs. 2 BGB keinerlei Umstände eingetreten und der Beklagten bekannt geworden sind, aus denen sie auf einen Annahmewillen des Klägers schließen konnte. Die Mitteilung seiner Eintragung im Grundbuch genügt hierfür jedenfalls nicht, da diese erst rund eineinhalb Jahre später erfolgte.

Fehlt es bereits an einem Angebot der Beklagten, so fehlt es erst recht an einem Verzicht der Beklagten auf den Zugang einer Annahmeerklärung seitens des Klägers (§ 151 BGB). Bereits nach der Verkehrssitte war eine Annahmeerklärung des Klägers der Beklagten gegenüber nicht entbehrlich. Beim Zustandekommen von Versicherungsverträgen darf vielmehr auch der Versicherer erwarten, dass der Versicherungsnehmer seinen Willen zum Abschluss eines Versicherungsvertrages ihm gegenüber erkennbar zum Ausdruck bringt (BGH NJW 1976,289; BGH VersR 87,923; BGH VersR 1988,1169). Selbst wenn man von einer grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 151 BGB im vorliegenden Fall ausgehen wollte, macht diese Vorschrift lediglich den Zugang der Annahmeerklärung beim Empfänger entbehrlich, nicht indes die Annahmeerklärung selbst (BGHZ 74, 352; BGHZ 111, 97; BGH NJW 1999, 2179; BGH NJW 2004, 287). Im vorliegenden Fall sind keinerlei nach außen hin eindeutig hervorgetretenen Umstände ersichtlich, aus denen auf eine unzweifelhafte Betätigung des Annahmewillens durch den Kläger geschlossen werden könnte.

Entgegen der Ansicht des Klägers kann er auch nicht als Versicherungsnehmer gemeinschaftlich mit der Streithelferin angesehen werden. Auch hierzu hätte es einer Einigung zwischen ihm und der Beklagten bedurft, an der es nach den vorstehenden Ausführungen fehlt. Dass er in der Korrespondenz nach Eintritt des Schadensfalles in der Parteibezeichnung mit aufgeführt wird, ersetzt dies nicht. Insbesondere lassen sich Rückschlüsse auf seine Versicherungsnehmerstellung nicht aus der Verhandlungsniederschrift vom …6.2004 herleiten, da bei dieser die Frage, an wen eventuelle Versicherungsleistungen der Beklagten auszuzahlen waren, bereits im Streit stand. Will der Kläger aus diesem Protokoll eigene Rechte herleiten, so muss er sich seine darin abgegebene Verzichtserklärung entgegenhalten lassen.

Ansprüche stehen dem Kläger unter dem Gesichtspunkt der Verletzung vorvertraglicher Pflichten durch die Beklagte nicht zu. Dass im vorliegenden Fall von Aufnahme von Vertragsverhandlungen zwischen dem Kläger und der Beklagten nicht ausgegangen werden kann, hat das Landgericht zutreffend ausgeführt; dies wird von der Berufung nicht angegriffen. Ob die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 30.10.2002 an den Kläger eine Sonderverbindung geschaffen hat, die als gesetzliches Schuldverhältnis Pflichten begründete, deren Verletzung zum Schadenersatz nach § 280 BGB führen kann, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Dem Kläger ist durch den falschen Erklärungsinhalt des Schreibens vom 30.10.2002 jedenfalls kein Schaden entstanden. Nach seinem eigenen Vortrag ging es ihm nach dem Erwerb des Hauses darum, dass dieses gegen Risiken abgesichert ist. Nach eigenem Bekunden war es für ihn nicht entscheidend, für den Fall des Eintritts von Schäden an dem Haus eigene Ansprüche gegen eine Versicherung zu erwerben. Vielmehr war er, wie sich aus der Vereinbarung vom 7.10.2002 ergibt, zufrieden damit, dass ein Versicherungsvertrag durch die Streithelferin fortgeführt wurde. Es ist deswegen davon auszugehen, dass er auch in dem Fall, dass die Beklagte ihm dies zutreffend mitgeteilt hätte, nichts weiter unternommen hätte.

Auch auf einen durch die Beklagte zurechenbar gesetzten Rechtsschein kann der Kläger sich nicht berufen, weil er selbst auf einen solchen nicht vertraut hat. Vielmehr ist er selbst im Rahmen der Schadensregulierung der Beklagten gegenüber davon ausgegangen, dass eventuelle Entschädigungsansprüche nicht ihm, sondern der Streithelferin zu stehen. Eigene Ansprüche der Beklagten gegenüber hat der Kläger erst verfolgt, nachdem es mit der Streithelferin zum Streit über die Aufteilung der Versicherungssumme gekommen war.

Der Streithelfer der Beklagten hat die Kosten des Rechtsmittels unter Einschluss der Kosten der Nebenintervention zu tragen, da es ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

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