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Berufsunfähigkeitsversicherung – Anforderungen an Mitteilung der Berufsunfähigkeit

Eine Frage der fristgerechten Mitteilung: Berufsunfähigkeitsversicherung und Ausschlussfristen

In einem Versicherungsfall, der sich vor dem Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm) entfaltet hat, stand die korrekte und rechtzeitige Mitteilung einer Berufsunfähigkeit im Zentrum der Diskussion. Hierbei handelt es sich um eine Situation, die eine feinfühlige Balance zwischen den Rechten des Versicherten und den Pflichten des Versicherers erfordert. Die Hauptproblematik lag in der Frage, ob der Kläger seine Berufsunfähigkeit rechtzeitig und korrekt der Beklagten – der Versicherung – mitgeteilt hatte und ob die Versicherung daher zur Leistung verpflichtet ist.

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Versäumte Fristen und ihre Auswirkungen

Im vorliegenden Fall hat das OLG Hamm die Berufung des Klägers gegen ein vorangegangenes Urteil des Landgerichts Münster zurückgewiesen. Im Kern geht es um die Frage, ob der Kläger die Frist zur Mitteilung seiner Berufsunfähigkeit versäumt hat und damit gemäß den Versicherungsbedingungen keinen Anspruch auf Leistungen für den betroffenen Zeitraum hat.

Die Rolle des Informationsaustausches

Ein zentraler Aspekt des Falles ist das angebliche Schreiben des Klägers vom 03.03.2017, welches laut dem Landgericht Münster keine formgerechte Mitteilung der Berufsunfähigkeit darstellt. Hierbei ist zu beachten, dass für eine rechtsgültige Mitteilung im Sinne der Versicherungsbedingungen, es ausreichend, aber erforderlich ist, eine formgerechte Information des Versicherers, die erkennen lässt, dass ein Versicherungsfall tatsächlich oder nach den Vorstellungen des Mitteilers eingetreten ist.

Sinn und Zweck der Ausschlussfrist

Die Ausschlussfrist dient dazu, dem Versicherer eine zeitnahe Prüfung und zuverlässige Feststellung des angezeigten Eintritts des Versicherungsfalles zu ermöglichen und ihm alsbald Klarheit über seine Leistungspflicht zu verschaffen. Sie soll sicherstellen, dass der Versicherer nicht für lange Zeit unbekannte Ansprüche einstehen muss, deren Ausmaß beträchtlich sein kann und deren Aufklärung durch Zeitablauf regelmäßig schwieriger wird.

Die Unzulänglichkeiten des Schreibens

Das angebliche Schreiben des Klägers vom 03.03.2017 genügt diesen Anforderungen nicht. Es ermöglichte der Beklagten nicht, eine zeitnahe Prüfung und Feststellung des Eintritts der Berufsunfähigkeit vorzunehmen, da es eine nur möglicherweise zukünftig eintretende Berufsunfähigkeit in Aussicht stellte. Dies führt letztendlich dazu, dass die Berufung des Klägers keine Aussicht auf Erfolg hat.


Das vorliegende Urteil

OLG Hamm – Az.: I-20 U 187/21 – Beschluss vom 23.11.2021

I. Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, seine Berufung gegen das am 27.05.2021 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen (§ 522 II ZPO).

II. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme, auch dazu, ob die Berufung aus Kostengründen zurückgenommen wird, innerhalb von 3 Wochen ab Zustellung.

Gründe

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.

Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Einwendungen des Klägers hiergegen bleiben ohne Erfolg.

1.

Die Klage ist bereits aus dem Grunde unbegründet, dass der Kläger erst mit Schreiben vom 14.01.2020 der Beklagten die Berufsunfähigkeit mitgeteilt hat und aus diesem Grunde nach § 1 (2) S.2 der Bedingungen für die Zusatzversicherung keine Ansprüche für den hier in Rede stehenden Zeitraum von Oktober bis November 2017 bestehen. Der Kläger hat die Ausschlussfrist des § 1 (2) S.2 schuldhaft versäumt.

a)

Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass das angebliche Schreiben des Klägers vom 03.03.2017 keine „Mitteilung“ der Berufsunfähigkeit darstellt. Entgegen der Ansicht des Klägers hat das Landgericht weder „einseitig den Blick der Beklagten“ übernommen noch „überzogene Maßstäbe“ angelegt.

Zwar ist es für eine Mitteilung iSv § 1 (2) S.2 der vereinbarten Bedingungen nicht erforderlich, dass ein bestimmter Anspruch erhoben wird. Ausreichend, aber erforderlich ist eine formgerechte Information des Versicherers, die erkennen lässt, dass ein Versicherungsfall tatsächlich oder nach den Vorstellungen des Mitteilers eingetreten ist (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 3. 5. 2006 – 5 U 578/00 – 48).

Sinn und Zweck dieser Frist ist es, dem Versicherer eine zeitnahe Prüfung und zuverlässige Feststellung des angezeigten Eintritts des Versicherungsfalles zu ermöglichen und ihm alsbald Klarheit über seine Leistungspflicht zu verschaffen. Sie soll sicherstellen, dass der Versicherer nicht für – unter Umständen lange Zeit – vor Fristablauf entstandene, ihm aber unbekannte Ansprüche einstehen muss, deren Ausmaß beträchtlich sein kann, bei denen die Aufklärung des Eintritts bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit aber schon durch Zeitablauf regelmäßig schwieriger wird (vgl. BGH, Urteil vom 02-11-1994 – IV ZR 324/93).

Das angebliche Schreiben vom 03.03.2017 genügt diesen Anforderungen nicht.

Der Beklagten wurde aufgrund dieses – angeblichen – Schreibens eben nicht eine zeitnahe Prüfung und Feststellung des Eintritts der Berufsunfähigkeit ermöglicht. Mit diesem Schreiben wurde eine nur möglicherweise zukünftig eintretende Berufsunfähigkeit in Aussicht gestellt, welche der Kläger der Beklagten nach Abschluss der Behandlung mitteilen wollte. Die Beklagte hätte – den Zugang des Schreibens unterstellt – noch keinen Anlass zur Überprüfung und weitergehenden Erhebungen gehabt, sondern im Gegenteil darauf vertrauen können, dass sich der Kläger „nach Abschluss der Behandlungen“ erneut melden würde, falls dann eine Berufsunfähigkeit verbleiben würde. Die Beklagte hätte dem Schreiben – Zugang unterstellt – eben nicht die vom Kläger behauptete Annahme, der Versicherungsfall sei eingetreten, entnehmen können.

Im Übrigen nimmt der Senat zwecks Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil.

b)

Die Beklagte ist auch nicht wegen eines fehlenden Verschuldens daran gehindert, sich auf die Versäumung der Ausschlussfrist zu berufen.

Der Kläger hat mangelndes Verschulden nicht dargelegt.

Auch insofern nimmt der Senat zwecks Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil. Spätestens nach 6 Monaten ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit, also Anfang 2018, lag für den Kläger nach seinem eigenen Vorbringen die Berufsunfähigkeit auf der Hand bzw. hätte er diese ernsthaft in Betracht ziehen müssen. Wenn er gleichwohl den Eintritt der Berufsunfähigkeit nicht zur Kenntnis genommen hat, handelt er fahrlässig.

Hinzu tritt aber, dass sich auch aus einem anderen Grunde aus dem eigenen Vorbringen des Klägers sein Verschulden ergibt.

Der Vortrag des Klägers, wonach der andere Berufsunfähigkeitsversicherer am 12.12.2019 die Berufsunfähigkeit festgestellt habe, belegt, dass der Kläger zu einem weitaus früheren Zeitpunkt als von ihm behauptet (November bzw. Dezember 2019), von Berufsunfähigkeit ausgegangen sein muss. Der Bericht des ihn behandelnden Arztes vom 08.11.2019 (Anlage K 3) ist offensichtlich im Auftrag bzw. auf Bitten des anderen Berufsunfähigkeitsversicherers erstellt worden. Der Kläger hat also offensichtlich weitaus früher bei diesem Versicherer einen Antrag auf Leistungen wegen Berufsunfähigkeit gestellt und ist spätestens zum Zeitpunkt der Antragstellung von Berufsunfähigkeit ausgegangen. In dieser Versicherung hat der Kläger daher nicht die „ärztliche Befundung abgewartet“, wie er es mit seiner Berufungsbegründung im Vertragsverhältnis mit der Beklagten für sich beansprucht. Aus welchen Gründen er – im Verhältnis zu seinem anderen Versicherer – viel früher von Berufsunfähigkeit ausgegangen ist, im Verhältnis zu der Beklagten aber nicht, ist nicht ersichtlich.

2.

Darauf, ob das Schreiben vom 03.03.2017 tatsächlich abgeschickt wurde und der Beklagten zugegangen ist, kommt es demnach nicht mehr an. Auch wenn man den Zugang unterstellt, verbleibt es dabei, dass hierin keine Mitteilung der Berufsunfähigkeit iSv § 1 (2) S.2 der vereinbarten Bedingungen zu sehen ist.

II.

Der Kläger wird auf die Gebührenermäßigung für den Fall der Berufungsrücknahme (KV Nr. 1222 GKG) hingewiesen.

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