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Teilkaskoversicherung – Fahrzeugentwendung – Nachweis des äußeren Bildes eines Diebstahls

OLG Hamm: Teilkaskoversicherung zahlt nicht bei Vortäuschung des Diebstahls

Das Oberlandesgericht Hamm wies die Berufung einer Klägerin zurück, die Entschädigung für den angeblichen Diebstahl ihres Fahrzeugs im Rahmen einer Teilkaskoversicherung forderte, da sie nicht überzeugend nachweisen konnte, dass der Diebstahl tatsächlich stattgefunden hatte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: I-20 U 58/15  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Zentrale Punkte des Urteils:

  1. Rückweisung der Berufung: Das OLG Hamm bestätigte das Urteil des Landgerichts Essen, welches die Klage der Klägerin abgewiesen hatte.
  2. Streitpunkt Fahrzeugentwendung: Die Klägerin beanspruchte eine Entschädigung für den Diebstahl eines Pkw Mercedes 500 E von der Versicherung.
  3. Zweifel an der Diebstahlsbehauptung: Die Versicherung lehnte die Zahlung ab, da sie von einem vorgetäuschten Diebstahl ausging.
  4. Bedeutung der Fahrzeugidentifikationsnummer: Die Identifikationsnummer des Fahrzeugsspielte eine zentrale Rolle bei der Frage, ob es sich um das versicherte Fahrzeug handelte.
  5. Beweislast der Klägerin: Die Klägerin konnte nicht überzeugend darlegen, dass das Fahrzeug tatsächlich gestohlen wurde.
  6. Unglaubwürdige Zeugenaussagen: Die Aussagen der von der Klägerin benannten Zeugen, einschließlich ihres Bruders, wurden vom Gericht als unglaubwürdig eingestuft.
  7. Unstimmigkeiten im Klagevortrag: Es gab erhebliche Zweifel an den Schilderungen der Klägerin und der Zeugen bezüglich des Abstellorts des Fahrzeugs.
  8. Schlussfolgerung: Das Gericht urteilte, dass die Klägerin hinsichtlich der behaupteten Fahrzeugentwendung insgesamt beweisfällig war.

In der Welt des Versicherungsrechts stellt der Nachweis eines Diebstahls im Rahmen einer Teilkaskoversicherung eine wesentliche Herausforderung dar. Zentral geht es um die Frage, wie ein Versicherungsnehmer glaubhaft belegen kann, dass sein Fahrzeug entwendet wurde. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn die Versicherungsgesellschaft Zweifel an der Echtheit des Diebstahls hegt. Der Nachweis des äußeren Bildes eines Diebstahls wird hierbei zum Dreh- und Angelpunkt des Rechtsstreits.

Die juristische Problemstellung dreht sich um die Beweisführung und die damit verbundenen Beweiserleichterungen für den Versicherungsnehmer. Diese müssen darlegen, dass das Fahrzeug gegen ihren Willen entwendet wurde, eine Herausforderung, die besondere Sorgfalt und detaillierte Beweisführung erfordert. Dabei spielt die Fahrzeugidentifikationsnummer eine entscheidende Rolle in der Konkretisierung des Versicherungsobjekts.

Die Fragestellung, die sich in solchen Fällen ergibt, betrifft das Spannungsfeld zwischen den Pflichten des Versicherungsnehmers, einen Diebstahl nachzuweisen, und den möglichen Zweifeln der Versicherungsgesellschaft an der Authentizität des Vorgangs. Hierbei müssen auch Aspekte wie mögliche Vortäuschungen oder Obliegenheitsverletzungen seitens des Versicherungsnehmers berücksichtigt werden. In diesem Kontext werden Urteile, wie das des OLG Hamm, zu wegweisenden Entscheidungen im Versicherungsrecht.

Der Streit um Teilkaskoversicherung und Fahrzeugentwendung vor dem OLG Hamm

In einem kürzlich am Oberlandesgericht Hamm entschiedenen Fall (Az.: I-20 U 58/15) ging es um die Berufung einer Klägerin gegen ein Urteil des Landgerichts Essen bezüglich einer Teilkaskoversicherung. Die Klägerin forderte von ihrer Versicherung eine Entschädigung für den angeblichen Diebstahl eines Pkw Mercedes 500 E. Die Versicherungsgesellschaft lehnte die Zahlung ab, da sie von einem vorgetäuschten Diebstahl ausging und darüber hinaus Obliegenheitsverletzungen seitens der Klägerin geltend machte.

Konflikt zwischen Klägerin und Versicherung: Der Kern des Rechtsstreits

Der Kern des Rechtsstreits lag in der Frage, ob der behauptete Diebstahl des Fahrzeugs tatsächlich stattgefunden hat. Die Klägerin behauptete, ihr Fahrzeug sei gestohlen worden, während die Versicherungsgesellschaft dies anzweifelte. Interessanterweise war das Fahrzeug mit einer Fahrzeugidentifikationsnummer ausgestattet, die einem anderen Pkw desselben Typs zugeordnet war, welcher bereits einen Totalschaden erlitten hatte und nach Polen verkauft worden war. Das Landgericht Essen wies die Klage nach der Vernehmung von Zeugen und der Einholung eines Sachverständigengutachtens zurück, da es die Klägerin nicht überzeugen konnte, dass das Fahrzeug tatsächlich gestohlen wurde.

Die Rolle von Zeugen und Sachverständigen im Beweisverfahren

Die Zeugen und Sachverständigen spielten eine entscheidende Rolle in diesem Fall. Die Klägerin präsentierte ihren Bruder und einen weiteren Zeugen, deren Aussagen jedoch Zweifel aufwarfen und letztlich als unglaubwürdig eingestuft wurden. Ihre Darstellungen über den Abstellort des Fahrzeugs waren widersprüchlich und passten nicht zu den Skizzen in der Schadenanzeige. Darüber hinaus waren die Angaben des Bruders der Klägerin zur Fahrzeughistorie, insbesondere zum Ankauf des Fahrzeugs, widersprüchlich und führten zu der Annahme, dass der Kaufvertrag möglicherweise gefälscht war.

Urteilsbegründung und Schlussfolgerungen des OLG Hamm

Das OLG Hamm bestätigte das Urteil des Landgerichts Essen und wies die Berufung der Klägerin zurück. Das Gericht fand die Argumente der Versicherungsgesellschaft überzeugender und ging von einer erheblichen Wahrscheinlichkeit einer Vortäuschung des Diebstahls aus. Dies basierte auf den widersprüchlichen Aussagen der Zeugen und der Klägerin, den Unstimmigkeiten in der Fahrzeughistorie und der Tatsache, dass die Klägerin den erforderlichen Nachweis eines Diebstahls gemäß den Bedingungen der Teilkaskoversicherung nicht erbringen konnte. Somit wurde der Anspruch der Klägerin auf Entschädigungszahlung verneint.

Dieses Urteil verdeutlicht die Komplexität von Fällen, in denen der Nachweis eines Fahrzeugdiebstahls geführt werden muss, und unterstreicht die Bedeutung glaubwürdiger Zeugenaussagen und schlüssiger Beweise im Versicherungsrecht.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Wie wird der Nachweis eines Fahrzeugdiebstahls im Versicherungsrecht geführt?

Der Nachweis eines Fahrzeugdiebstahls im Versicherungsrecht in Deutschland erfordert, dass der Versicherungsnehmer das sogenannte „äußere Bild“ einer bedingungsgemäßen Entwendung nachweist. Das bedeutet, dass der Versicherungsnehmer nachweisen muss, dass das versicherte Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt wurde und zu einem späteren Zeitpunkt an diesem Ort nicht mehr aufgefunden werden konnte. Es ist nicht erforderlich, den Diebstahl selbst zu beweisen.

Im Falle eines Fahrzeugdiebstahls sollte der Versicherungsnehmer zunächst die Polizei informieren und den Diebstahl melden. Anschließend sollte die Versicherung über den Diebstahl informiert werden. Es ist wichtig, wahrheitsgemäße und übereinstimmende Angaben gegenüber der Polizei und der Versicherung zu machen, um den Versicherungsschutz nicht zu gefährden.

Sollte die Versicherung die Zahlung verweigern oder sich nicht kooperativ zeigen, kann es ratsam sein, einen erfahrenen Rechtsanwalt für Versicherungsrecht zu beauftragen, um die Angelegenheit zu klären und gegebenenfalls gerichtlich durchzusetzen.


Das vorliegende Urteil

OLG Hamm – Az.: I-20 U 58/15 – Urteil vom 18.12.2015

Die Berufung der Klägerin gegen das am 23. Februar 2015 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Teilkaskoversicherung für den Pkw Mercedes 500 E, amtliches Kennzeichen …, wegen eines behaupteten Diebstahls auf Entschädigung in Anspruch, welche die Beklagte verweigert, weil sie von einem vorgetäuschten Diebstahl ausgeht und im Übrigen Obliegenheitsverletzungen einwendet. Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung von Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens abgewiesen. Der als entwendet behauptete Pkw sei nicht das versicherte Fahrzeug, weil er mit einer Fahrzeugidentifikationsnummer ausgestattet gewesen sei, welche zuvor einem Pkw gleichen Typs zugeordnet gewesen sei, der jedoch einen Totalschaden erlitten und zeitlich nach dem behaupteten Ankauf durch die Voreigentümerin der Klägerin nach Polen veräußert worden sei. Außerdem habe die Klägerin den behaupteten Fahrzeugdiebstahl nicht bewiesen, weil die erhebliche Wahrscheinlichkeit eines vorgetäuschten Diebstahls bestehe und der von ihr benannte Zeuge, ihr Bruder C, unglaubwürdig sei. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Entscheidungsgründe.

Mit ihrer Berufung hält die Klägerin daran fest, dass sie Versicherungsschutz für den behaupteten Diebstahl beanspruchen könne. Der von ihr erworbene Pkw Mercedes 500 E sei das versicherte Fahrzeug. Die vom Landgericht erhobenen Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen C seien nicht begründet und zudem nicht gegen sie zu verwenden.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Landgerichts Essen abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 40.850,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und hält daran fest, dass das als gestohlen gemeldete Fahrzeug nicht versichert gewesen und im Übrigen von einem vorgetäuschten Diebstahl auszugehen sei.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien wird auf die Berufungsbegründung nebst Anlagen vom 22.05.2015 sowie auf die Berufungserwiderungen vom 10.06.2015 und 25.09.2015 Bezug genommen.

Der Senat hat die Geschäftsführerin der Klägerin im Termin am 18.12.2015 persönlich angehört und die Zeugen C und T2 vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin am 18.12.2015 verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Entschädigung gegen die Beklagte.

1. Zwar scheitert der Anspruch nicht schon daran, dass es sich bei dem als entwendet gemeldeten Pkw Mercedes 500 E nicht um das versicherte Fahrzeug handelt.

Versichertes Fahrzeug ist das im Versicherungsschein näher bezeichnete Fahrzeug. Insoweit hat das Landgericht zutreffend darauf verwiesen, dass der Fahrzeugidentifikationsnummer für die Konkretisierung des Versicherungsobjektes eine maßgebliche Bedeutung zukommt. Allerdings war der als entwendet gemeldete Pkw Mercedes 500 E unstreitig mit der im Versicherungsschein aufgeführten Fahrzeugidentifikationsnummer ausgestattet, was u. a. auch mit dem vorgelegten TÜV-Bericht bzw. mit dem Gutachten des Sachverständigen V bestätigt ist. Dass dies naheliegenderweise darauf beruhen könnte, dass das Fahrzeug mit der Fahrzeugidentifikationsnummer des zuvor schrottreif nach Polen veräußerten Pkw Mercedes 500 E des Zeugen T ausgestattet wurde, um seine vorherige Entwendung zu verschleiern, nimmt dem Wagen nicht seine Versicherungsfähigkeit, zumal nicht feststeht, dass der Wagen entwendet wurde. Manipulationen am Fahrzeug, die zum Erlöschen der Betriebserlaubnis führen, können zwar die Leistungsfreiheit des Versicherers rechtfertigen, stehen der Wirksamkeit des Versicherungsvertrages aber nicht grundsätzlich entgegen (vgl. Ziffer Abschnitt H der vorgelegten AKB).

Zudem wurde das versicherte Fahrzeug, welches unstreitig von der Klägerin und dem Zeugen C genutzt wurde, mit der Benennung des amtlichen Kennzeichens … näher beschrieben. Damit haben die Parteien hinreichend konkret vereinbart, für welches Fahrzeug Versicherungsschutz gewährt werden sollte.

2. Jedoch hat die Klägerin nicht zur Überzeugung des Senats bewiesen, dass das versicherte Fahrzeug iSd Ziffer A.2.2.2 AKB entwendet worden ist.

Insofern kommen der Klägerin als Versicherungsnehmerin Beweiserleichterungen zugute. Der Versicherungsnehmer kann nur in seltenen Fällen, etwa wenn der Täter gefasst wurde, beweisen, dass ihm das Fahrzeug gegen seinen Willen rechtswidrig abhanden kam. Es kann aber nicht angenommen werden, dass die Diebstahlversicherung von vornherein dann nicht eintreten soll, wenn sich der Diebstahl nicht aufklären lässt, denn der Versicherungsnehmer wollte sich gerade auch gegen das Risiko solcher Fälle versichern. Vielmehr ist nach dem Inhalt des Versicherungsvertrages davon auszugehen, dass die Vertragsparteien den versicherten Entwendungsfall schon dann als nachgewiesen ansehen wollen, wenn Tatsachen feststehen, die nach ihrem äußeren Bild mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine Wegnahme gegen den Willen des Versicherungsnehmers schließen lassen (BGH, Urteil vom 17. Mai 1995 – IV ZR 279/94 -, BGHZ 130, 1-5, Rn. 8). Das äußere Bild eines versicherten Fahrzeugdiebstahls ist zu bejahen, wenn das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort verschlossen abgestellt und zu einem späteren Zeitpunkt dort nicht wieder aufgefunden wird (BGH, Urteil vom 13. November 1996 – IV ZR 220/95 -, Rn. 5, juris; Urteil vom 17. Mai 1995 – IV ZR 279/94 -, BGHZ 130, 1-5, Rn. 8).

Diesen Beweis hat die Klägerin nicht geführt.

Sie hat den Senat nicht mit der erforderlichen Gewissheit davon überzeugen können, dass das versicherte Fahrzeug am Abend des 11.12.2012 vor dem Haus Q-Straße in J abgestellt wurde und am nächsten Morgen dort nicht mehr aufgefunden werden konnte.

Sowohl die Aussagen der von ihr benannten Zeugen C und T2 als auch ihre eigene Schilderung begründen vielmehr erhebliche Zweifel daran, dass das äußere Bild eines Fahrzeugdiebstahls vorlag.

Zwar haben beide Zeugen übereinstimmend mit der Klägerin bekundet, dass das Fahrzeug am Abend des 11.12.2012 vor dem Wohnhaus der Klägerin abgestellt wurde und am nächsten Morgen nicht mehr dort stand.

Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieser Aussagen ergeben sich aber schon daraus, dass die beide Zeugen zunächst angaben, der Wagen sei genau vor der Haustür abgestellt worden und diese Darstellung auf Vorhalt der Skizze in der Schadenanzeige vom 17.12.2012 relativierten.

So erklärte der Zeuge C, die Skizze, in der der Standort des Wagens zwei Häuser weiter eingezeichnet war, sei richtig, weil er ja angegeben habe, dass das Fahrzeug möglicherweise zwei bis drei Meter neben der Haustür gestanden habe. Der Abstand zwischen den Häusern belaufe sich schließlich auch nur auf wenige Meter. Erst auf Vorhalt, dass ein Abstand von zwei bis drei Metern von der Haustür nicht zutreffen könne, weil man die jeweilige Hausbreite hinzurechnen müsse, erklärte der Zeuge, er habe den Standort des Wagens wohl ungenau erklärt. Damit vermochte der Zeuge gerade nicht zu bestätigen, dass der Wagen am Abend des 11.12.2012 vor dem Haus Q-Straße abgestellt war.

Ebenso wenig vermochte der Zeuge T2 zur Überzeugung des Gerichts zu erklären, dass der versicherte Wagen am Abend des 11.1.2012 in der Q-Straße geparkt wurde. Zwar hat auch er zunächst ausgesagt, der Wagen sei vor dem Haus abgestellt worden. Auf Vorhalt der Skizze aus der Schadenanzeige hat er jedoch angegeben, der Parkplatz sei nicht direkt vor dem Haus gewesen, sondern ein paar Meter weiter. Auf weitere Frage hat er schließlich erklärt, es sei doch vor dem Haus der Klägerin geparkt worden.

Den Beweis des äußeren Bildes kann der Versicherungsnehmer im Wege einer Zeugenaussage nur führen, wenn die Angaben der Zeugen zuverlässig ergeben, dass sich ihre Beobachtungen für das Abstellen und das Nichtwiederauffinden auf ein und dieselbe Örtlichkeit beziehen (BGH, Urteil vom 27. Mai 1998 – IV ZR 81/97 -, Rn. 10, juris).

Schon aufgrund der in der Sache unsicheren Angaben der beiden Zeugen vermag sich der Senat keine sichere Überzeugung davon zu verschaffen, dass das versicherte Fahrzeug wie behauptet geparkt war.

Hinzu kommt, dass die Schilderungen der Zeugen auch deshalb erhebliche Zweifel an deren Richtigkeit begründen, weil beide ihre Angaben zum äußeren Bild übereinstimmend wie auswendig gelernt präsentierten, indem sie fast wortgleich wiedergaben, wie sie nach der Arbeit nach Hause gefahren, die „Sporttaschen gepackt“, zum Boxtraining gegangen und dann „vor der Haustür“ geparkt und noch etwas „gequatscht“ hätten.

Dabei war besonders der Zeuge C offenbar darauf bedacht, mögliche Widersprüche zum Klagevortrag und zu den unstreitigen Tatumständen aufzulösen.

So berichtete der Zeuge vor dem Senat erstmals davon, dass er seine Schwester, die Klägerin, nach dem Boxtraining noch in ihrer Wohnung angetroffen habe, als er die gemeinsame Mutter begrüßt habe. Vor dem Landgericht hatte der Zeuge nur bekundet, dass er nach dem Training noch mit seiner Frau gesprochen habe habe. Weshalb der Zeuge C erst nach der persönlichen Anhörung der Klägerin vor dem Senat von dem abendlichen Zusammentreffen mit seiner Schwester berichtet hatte, hat er nicht erklärt.

Ebenso wenig konnte der Zeuge erklären, weshalb er erstmals vor dem Senat nach Vorlage der Rechnungen der Firma M aus Oktober 2012, aus denen sich ein Zählerstand von nur 26.158 km ergab (statt 99.900 km wie in der Schadenanzeige), von einem Defekt der Tacholeuchte berichtete. Vor dem Landgericht war nur die Rede von einer defekten Airbag-Leuchte.

Schließlich vermochte der Zeuge C auch vor dem Senat nicht zu erklären, weshalb in dem auf den 14.05.2011 datierten Kaufvertrag eine Zulassungsnummer eingetragen ist, die unstreitig erst am 15.12.2011 ausgestellt worden ist. Der Verweis auf eine mögliche nachträgliche Eintragung ist unplausibel, zumal der Zeuge vor dem Landgericht ausdrücklich keinerlei Erklärung dafür hatte, dass sich in dem von ihm im Mai 2011 ausgefüllten Vertrag eine später erst ausgestellte Zulassungsnummer findet. Der Senat geht mit dem Landgericht deshalb davon aus, dass nicht die Zulassungsnummer nachträglich eingetragen, sondern der Kaufvertrag als solcher mit Wissen des Zeugen gefälscht ist.

Die Aussagen des Zeugen C und auch des ihn bestätigenden Zeugen T2 sind damit insgesamt unglaubhaft.

Die Klägerin kann den Beweis des äußeren Bildes auch nicht über ihre persönlichen Angaben führen.

Zwar hat die Klägerin vor dem Senat geschildert, dass sie den Zeugen C am Abend des 11.12.2012 noch gesehen habe, als er vom Sport nach Hause gekommen sei. Auch habe sie das versicherte Fahrzeug vor und nach ihrer an diesem Abend noch angetretenen Arbeit im Sonnenstudio auf dem Parkplatz vor der Haustür gesehen, und am nächsten Morgen habe es dort nicht mehr gestanden.

Damit hat die Klägerin nicht bestätigen können, dass der Zeuge C als berechtigter Fahrzeugnutzer das versicherte Fahrzeug am Morgen des 12.12.2012 nicht mehr aufgefunden hatte. Sie war nach eigenem Bekunden erst dazu gekommen, als der Zeuge C das Verschwinden des Fahrzeugs bemerkt und die Polizei verständigt und von dort die Aufforderung bekommen hatte, sich zur Wache zu begeben. Für den Beweis des äußeren Bildes genügt indes nicht die Feststellung, dass sich das versicherte Fahrzeug nicht mehr an dem Ort befand, an dem es vorher abgestellt wurde. Denn die bloße Abwesenheit des Fahrzeugs lässt nach der Lebenserfahrung nicht den Schluss darauf zu, dass es entwendet wurde, sondern allenfalls darauf, dass es weggefahren wurde. Maßgeblich für den Beweis des äußeren Bildes ist vielmehr, dass das Fahrzeug am Abstellort vom berechtigten Fahrzeugnutzer nicht mehr aufgefunden werden konnte (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 2002 – IV ZR 263/00 -, Rn. 8, juris). Dazu konnte die Klägerin aus eigenem Erleben indes keine Angaben machen, weil sie zu dem Zeitpunkt, als der Zeuge C nach dem Fahrzeug suchte, noch schlief.

Im Übrigen scheitert eine Beweisführung über die persönliche Anhörung der Klägerin daran, dass sie offenbar unrichtige und widersprüchliche Angaben gemacht hat, die dem Senat die Überzeugung vom äußeren Bild eines versicherten Fahrzeugdiebstahls nicht vermitteln können.

Die Angaben der Klägerin stehen zeitlich nicht im Einklang mit dem sonstigen Klagevortrag. Die Klägerin hat vor dem Senat zuletzt angegeben, dass sie zeitweise im Sonnenstudio aushelfe, und zwar im Rahmen von ein bis drei Stunden täglich, maximal bis 22.00 Uhr. Nach dem Klagevortrag hat der Zeuge C den Wagen um 21.30 Uhr vor dem Haus abgestellt. Wenn der Zeuge sich danach noch einige Minuten vor der Haustür mit dem Zeugen T2 unterhalten und dann erst seine Schwester und Mutter begrüßt hätte, hätte diese ihre Arbeitsstelle im Sonnenstudio erst kurz vor 22.00 Uhr erreichen und dort jedenfalls nicht noch eine Stunde arbeiten können.

Die Klägerin hat für diese zeitlichen Widersprüche keine nachvollziehbare Erklärung gehabt und nur darauf verwiesen, dass sie sich an die Uhrzeiten am Abend des 11.12.2012 nicht mehr erinnern könne.

Vor diesem Hintergrund vermag der Senat mit den Angaben der Klägerin nicht die Überzeugung davon zu gewinnen, dass das versicherte Fahrzeug am Abend des 11.12.2012 um 21.30 Uhr in der Q-Straße abgestellt wurde und am nächsten Morgen dort nicht mehr aufgefunden werden konnte. Die für den Versicherungsnehmer streitende Redlichkeitsvermutung ist vorliegend widerlegt.

3. Unabhängig davon ist das Landgericht zu Recht von einer erheblichen Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung ausgegangen. Die erwiesenen Falschangaben des Zeugen C zur Fahrzeughistorie (insbesondere zum Ankauf am 14.05.2011) sowie die widersprüchlichen Aussagen sowohl der Zeugen als auch der Klägerin zum genauen Abstellort des Fahrzeugs begründen in Zusammenschau mit der (unstreitigen) Häufung von Versicherungsfällen der tatsächlich vom Zeugen C geführten ehemaligen Firma und den (ebenfalls eingestandenen) finanziellen Problemen dieser Firma die Annahme, dass der Fahrzeugdiebstahl nur vorgetäuscht wurde, um eine Entschädigungsforderung gegen die Beklagte zu realisieren, zumal der Zeuge C unstreitig Verkaufsabsichten hatte und es ihm bislang (etwa über das Angebot vom Autohaus H) nicht gelungen war, den von ihm für angemessen erachteten Preis zu erzielen.

Die Klägerin ist im Hinblick auf die behauptete Fahrzeugentwendung damit insgesamt beweisfällig.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

 

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