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Lebensversicherung – Zurechenbarkeit von Beratungsfehlern des Maklers

OLG Celle – Az.: 8 U 120/11 – Urteil vom 12.01.2012

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 17. Mai 2011 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung eines die vollstreckbare Forderung um 20 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 300.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger (persönliche Angaben Anlage LW 1) macht gegen die Beklagte Ansprüche, insbesondere auf Schadensersatz wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem Abschluss einer darlehensfinanzierten Lebensversicherung im Rahmen einer sog. Sicherheits-Kompakt-Rente (SKR) geltend.

Der Kläger erhielt ein vom 19. November 1999 datierendes Schreiben der „S.-Gruppe“, L. (Anlage K 1, Anlagenband Kläger), mit dem ihm „Ihre persönliche Berechnung für eine – vollfinanzierte – Sicherheits-Kompakt-Rente (SKR)“ zur Kenntnis gegeben wurde. Es handele sich bei dem Konzept um vier optimal aufeinander abgestimmte Einzelverträge, die intelligent miteinander verknüpft seien, einer privaten Rentenversicherung, einem Bankdarlehen, einer Tilgungskomponente und einer Risiko-Lebensversicherung.

Von der Beklagten oder überhaupt dem Abschluss einer kapitalbildenden Lebensversicherung ist in dem Schreiben nicht die Rede (in einer Fußnote vom „jeweiligen Versicherer“), auch nicht in den dem Schreiben beigefügten Berechnungsdaten.

Bei der sog. Tilgungskomponente handelte es sich um eine vollfinanzierte Kapital- Lebensversicherung der Beklagten. Unter dem 29. November 1999 unterzeichnete der Kläger ein Antragsformular für eine „W. N. (Einmalbetrag)“. Danach sollte ein Zahlungsbetrag in Höhe von 394.130,00 DM zu 100 % bankfinanziert werden. Der Kläger bestätigte den Erhalt verschiedener Unterlagen (Anlage LW 5, Anlagenband Beklagte, siehe auch Versicherungsschein vom 29. Februar 2000, Anlage K 4).

Lebensversicherung - Zurechenbarkeit von Beratungsfehlern des Maklers
Symbolfoto: Von pixfly/Shutterstock.com

Im Dezember 1999 schloss der Kläger mit der H. Landesbank … AG einen Kreditvertrag über 465.325,00 DM sowie 210.648,00 DM bei einem Auszahlungskurs von 90 % und einem Zinssatz von 4,5 % p.a., fest bis zum 30. Oktober 2009. Der Kredit ist am 30. Oktober 2014 in einer Summe in Schweizer Franken zurückzuzahlen. Ausweislich der „Berechnungsdaten“ (Anlage K 2) beträgt der anfängliche effektive Jahreszins 5,92 % p.a. Gemäß als Anlage LW 11 vorgelegter Abtretungsvereinbarung vom 9. Februar 2000 trat der Kläger an die Landeskreditkasse K., Niederlassung der Landesbank H., die gegenwärtigen und künftigen Rechte und Ansprüche aus dem Vertrag mit der Beklagten ab. Das Darlehen diente außerdem in Höhe eines Betrages von 241.419,00 DM dem Abschluss einer Rentenversicherung bei der A. … Lebensvers. a. G. (Anlage K 13).

Nach 15 Jahren sollte mit dem Kapital aus der Lebensversicherung das – endfällige – Darlehen getilgt werden. In einer Musterberechnung (S. 3 der Anlage K 4) gab die Beklagte die „angenommene Wertentwicklung“ mit 8,5 % an. In ihrem sich daran anschließenden „unverbindlichen Beispiel“ nahm sie Policenwerte von 5 %, 8,5 % und 10 % an und wies – hervorgehoben – darauf hin, dass die dargestellten Leistungen nicht garantiert werden könnten, sondern nur als Beispiele anzusehen seien.

Die Höhe der künftigen Überschussbeteiligung lasse sich nur unverbindlich darstellen, da die künftige Überschussentwicklung vor allem von den Kapitalerträgen, aber auch vom Verlauf der Sterblichkeit und von der Entwicklung der Kosten abhinge.

Mit den sofort beginnenden Zahlungen aus der Rentenversicherung sollten zunächst die Kreditzinsen beglichen werden; anschließend sollten sie der Versorgung des Klägers dienen.

Der Kläger hatte für die „Erarbeitung des Finanzierungskonzepts“ und die Kreditvermittlung ausweislich der Rechnungen vom 30. Dezember 1999 (Anlage K 15) 15.547 DM und 20.279 DM an den Vermittler B. bzw. an die „S.-Gruppe“ zu zahlen.

Im Februar 2003, 2004 und 2005 erhielt der Kläger von der Beklagten Informationen über den sog. deklarierten Wertzuwachs im Europool, Serie … der Beklagten, von dem der Kläger mit seinem Einmalbetrag Anteile erworben hatte (Anlagen LW 8 bis LW 10). Danach betrug der deklarierte Wertzuwachs 3 5, 1,5 % bzw. 0,5 %; ein Fälligkeitsbonus – der zweite Teil der Rendite – wurde jeweils nicht gezahlt (ebenso in jüngster Vergangenheit, s. Anlagen LW 7 und K 16). Der Rückgabewert betrug danach 155.969,25 €, 161.387,15 € bzw. 164.413,18 €.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beratung sei weder anlage- noch anlegergerecht gewesen. Es handele sich um ein verbundenes Geschäft. Die fehlerhafte Beratung durch den Anlageberater B. müsse sich die Beklagte gemäß § 278 BGB zurechnen lassen.

Der Kläger sei vom Berater B. falsch bzw. ungenügend beraten und arglistig getäuscht worden. Die Rente sei als sicher dargestellt worden. Die Sicherheit der Geldanlage sei ihm zugesichert worden. Er sei konservativer und sicherheitsbewusster Anleger. Über kritische Pressestimmen sei nicht informiert worden. Zum Beweis für den Inhalt des Gesprächs mit dem Vermittler bezieht sich der Kläger auf das Zeugnis seines Steuerberaters S. Die als Anlagen LW 2 bis 4 und LW 6 vorgelegten Unterlagen hätten bei Vertragsschluss nicht vorgelegen. Die Renditen für die Vergangenheit seien falsch gewesen. Er sei aktivlegitimiert. Verjährung sei nicht eingetreten, weil er bis 2009 keine Kenntnis gehabt habe. Die Informationen der Beklagten seien intransparent. Auf erhobene „Garantiekosten“ sei nicht hingewiesen worden. Angaben zu Kosten und Gebühren fehlten bzw. seien fehlerhaft. Lücken beim Vertragswert müssten mit Garantiezahlungen zu Lasten der übrigen Versicherten geschlossen werden, worüber auch nicht aufgeklärt worden sei.

Der Kläger hat zuletzt beantragt (Bl. 238, 207),

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 133.114,83 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. die Beklagte zu verpflichten, den Kläger von weiteren Ansprüchen der F. Bank … AG aus den Darlehensverträgen vom 17.12.1999 nebst Nachträgen Nr. … und … freizustellen,

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle Schäden zu ersetzen, die dem Kläger aufgrund des Abschlusses der C., Policennummer … , Policenbezeichnung „W. N.“, entstanden sind und zukünftig entstehen,

4. die Ansprüche 1 bis 3 stehen unter dem Vorbehalt der Zug-um-Zug-Übertragung sämtlicher Reche aus der Rentenversicherung der A. … Lebensvers. a. G., Versicherungsnummer … , sowie der Lebensversicherungen der Beklagten,

Policennummer … , Policenbezeichnung „W. N.“,

5. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Rechte in der Ziffer 4 im Verzug befindet.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat insbesondere eine Pflichtverletzung sowie eine Zusammenarbeit mit dem Vertrieb in Abrede genommen. Sie hat außerdem die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 17. Mai 2011, berichtigt gemäß Beschluss vom 28. Juli 2011, die Klage abgewiesen.

Der Kläger sei aktivlegitimiert. Prospekthaftungsansprüche bestünden nicht. Schadensersatzansprüche aus culpa in contrahendo seien, von der offen gelassenen Frage der Zurechnung ganz abgesehen, jedenfalls verjährt. Dabei sei nach dem Vorbringen des Klägers nur von einem einheitlichen Beratungsfehler auszugehen dahingehend, dass die als prognostiziert behaupteten Steigerungsmöglichkeiten nicht eingetreten seien und es an Hinweisen bezüglich potentieller wirtschaftlicher Nachteile gefehlt habe. Voraussetzungen einer groben Fahrlässigkeit lägen jedenfalls seit Erhalt von Kontoauszügen vor. Die erzielten Renditen hätten nicht einmal ansatzweise die prognostizierte Höhe erreicht. Dem Kläger habe sich aufdrängen müssen, dass die Renditen nicht nur vorübergehend weit unter den prognostizierten Beträgen zurückgeblieben seien.

Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung unter Aufrechterhaltung seiner erstinstanzlich zuletzt gestellten Anträge. Er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlich gehaltenen Vortrag.

Verjährung sei nicht eingetreten. Aus den Kontoauszügen sei weder in Gestalt eines dringenden Warnhinweises noch sonstwie zu entnehmen gewesen, dass die berechnete Renditeerwartung nicht eingehalten werde und somit die Tilgung in 2014 in Gefahr sei. Auf den Rückgabewert sei es damals noch nicht angekommen. Darauf, dass das Kapital im Jahr 2014 möglicherweise nicht ausreichen werde, sei er nicht hingewiesen worden. Hinweise habe er erst 2009 durch seinen Steuerberater erhalten. Verfahrensfehlerhaft habe das Landgericht ihn nicht – notfalls informatorisch – angehört.

Der Kläger beantragt (Bl. 267), das Urteil des Landgerichts Hannover, Az.: 2 O 360/09, aufzuheben und die Beklagte entsprechend den zuletzt in erster Instanz gestellten Anträgen zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt (Bl. 202), die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, die Berufung zurückzuweisen, äußerst hilfsweise, das Verfahren an das Landgericht Hannover zurückzuverweisen.

Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages das angefochtene Urteil. Sie meint, die Berufungsbegründung, die nur sporadisch auf das angefochtene Urteil eingehe, sei ungenügend und die Berufung daher als unzulässig zu verwerfen. Sie sei aufgrund eingetretener Verjährung jedenfalls unbegründet.

Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen, das angefochtene Urteil sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

A) Zulässigkeit der Berufung

Entgegen der Ansicht der Beklagten genügt die Berufungsbegründung des Klägers den Anforderungen nach § 520 Abs. 3 ZPO noch mit der Folge, dass eine Verwerfung der Berufung ausscheidet. Aus der Berufungsbegründung, mag sie teilweise auch Vortrag erster Instanz wiederholen, ergibt sich in ausreichender Weise noch, dass und aus welchem Grund das Urteil des Landgerichts angegriffen wird. Der Kläger hat nicht verkannt, dass das Landgericht die angenommene Verjährung im Wesentlichen darauf stützt, dass der Kläger von der Beklagten Mitteilungen über die Entwicklung des Lebensversicherungsvertrages erhalten, daraus aber keine Konsequenzen gezogen hat. Dagegen wendet sich der Kläger insbesondere mit der Ansicht, er habe aufgrund der ihm erteilten Informationen keine Veranlassung zur Prüfung gehabt und insbesondere nicht fürchten müssen, die Lebensversicherung habe nach dem Konzept nicht zur Darlehenstilgung im Jahre 2014 getaugt.

B) Begründetheit der Berufung

1. Auf den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag ist gemäß Ziff. 10.4 der Policenbedingungen (Anlage LW 2) deutsches Recht anzuwenden. Bedenken gegen diese Vereinbarung sind nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich (Art. 27, 29 EGBGB a. F., Art. 8 EGVVG a. F.).

2. Der Kläger ist aktivlegitimiert. Die erfolgte Abtretung an die finanzierende Bank (Anlage LW 11) erfasst nur „Rechte und Ansprüche aus dem bezeichneten Renten-/Lebensversicherungsvertrag“. Nicht erfasst sind damit Ansprüche wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung. Der Senat verbleibt insoweit bei seiner Ansicht, wie er sie bereits in seinem Urteil vom 31. März 2011 in 8 U 154/10 vertreten hat.

3. Pflichtverletzungen des Vertriebs, soweit es zu solchen gekommen sein sollte, wären der Beklagten jedenfalls nicht zuzurechnen.

a) In der Sache 8 U 50/11, Urteil vom 1. Dezember 2011, hat der Senat für ein „EuroPlan-Verfahren“ die Zurechnung des Handelns des Maklers an die Beklagte bejaht. Die dortigen Argumente lassen sich aber nicht auf die SKR übertragen.

Die Besonderheit der Sache 8 U 50/11 bestand darin, dass dort die R. … GmbH nicht ausschließlich die Kapitallebensversicherung der Beklagten zu 1 vermittelt hatte. In dem Anlagemodell EuroPlan war die kapitalbildende Lebensversicherung der Beklagten zu 1 ein – unselbständiger – Baustein. Der Senat hat dort ausgeführt, dass es dem Versicherer gleich sein könne, wer sein vorgefertigtes Versicherungsprodukt, das auch der Makler nicht verändern könne, vertreibe. Darum gehe es aber beim EuroPlan nicht. Die Lebensversicherung sei in Gestalt des EuroPlan in weitere Bausteine eingebunden, die hinsichtlich des letztlich erstrebten Ertrags einander bedingten. Die Erträge der Lebensversicherung aber mussten im Rahmen des EuroPlan sehr hoch sein, um mit diesen die Zinslast tragen zu können.

An dieser Funktion oder einer nur vergleichbaren Funktion der Lebensversicherung in der SKR fehlt es hier vollständig. Irgendwelche Auszahlungen aus der Lebensversicherung mit der Gefahr des Kapitalverlustes fehlen bei der SKR. Die Lebensversicherung war im Anlagemodell auch gar nicht als solche bezeichnet. Weder musste es eine Lebensversicherung der Beklagten noch überhaupt eine Lebensversicherung sein, um diesen austauschbaren Baustein „Tilgungskomponente“ auszufüllen.

Der Kläger hat auch selbst eingeräumt, dass das SKR-Konzept älter sei als die Einbindung der Beklagten. Dies belegen auch unter juris abrufbare Veröffentlichungen insbesondere zu steuerrechtlichen Aspekten der SKR, die aus einer Zeit stammen, als die Beklagte noch gar nicht auf dem deutschen Markt tätig war (s. a. den Sachverhalt, der dem Urteil des BGH vom 19. Februar 2008, XI ZR 23/07, zugrunde lag). Dass die Beklagte an der Konzeption der SKR nicht mitgewirkt hat, hat der Kläger ebenfalls eingeräumt (Schriftsatz vom 18. August 2010). Dass die Beklagte vom Konzept Kenntnis hatte, kann ohne Weiteres unterstellt werden. Unter den bei juris abrufbaren Veröffentlichungen aus den neunziger Jahren sind auch mehrere Veröffentlichungen zum Konzept insbesondere aus steuerrechtlicher Sicht enthalten. Ein Geheimnis war das Konzept in keiner Weise. Dass die Beklagte entsprechend dem Vortrag des Klägers das Konzept selbst prüfte und es nutzen wollte, um in Deutschland Geschäfte zu generieren, ist ebenfalls keine Grundlage für eine – ausnahmsweise – Zurechnung des Handelns von Maklern. Nichts anderes gilt für Kontakte zwischen der Beklagten und dem Initiator S., zumal ungeachtet der „Einbindung“ der Beklagten auch weiterhin die SKR mit anderen Versicherern vertrieben wurde. Besondere Umstände, die es rechtfertigten, den Vertrieb nicht mehr dem Lager der – späteren – Versicherungsnehmer zuzurechnen und ihn als Hilfsperson der Beklagten anzusehen, zeigt auch der Vortrag des Klägers Bl. 174 ff. nicht auf, sodass insoweit auch keine Beweisaufnahme stattzufinden hatte.

In dem Sachverhalt, der dem Urteil in 8 U 50/11 zugrunde lag, bestand eine Besonderheit weiter darin, dass der Beklagten gegenüber ein Versicherungsantrag mit dem „Versicherungsgrund“ EuroPlan gestellt worden war; dies wusste sie mit dem entsprechenden Hinweis in dem Versicherungsantrag des dortigen Klägers. Vorliegend aber fehlt ein entsprechender Hinweis in dem Antragsformular für die Lebensversicherung; die Rubrik „Versicherungsgrund“ ist leer geblieben (Anlage LW 5).

Dies bedeutet, dass die SKR im Bereich der Sachverhalte anzusiedeln ist, in denen es um den bloßen Vertrieb der Lebensversicherung ging. Ein solcher Sachverhalt lag dem Senatsurteil vom 31. März 2011 in der Sache 8 U 166/10 zugrunde. Es heißt dort u. a.

“ Ein Makler tritt „in erster Linie“ als Vertreter bzw. Sachwalter des Versicherungsnehmers auf, der die Interessen seines Kunden wahrzunehmen hat (vgl. BGH, NVersZ 2000, 124, zitiert nach juris, Rdnrn. 12 ff.; Schimikowski, Versicherungsvertragsrecht, 4. Aufl. 2009, Rdnr. 141). Er wird deshalb grundsätzlich nicht in Erfüllung der Verbindlichkeiten des Versicherers tätig.

Die selbständige Stellung des Maklers steht seiner Einordnung als Erfüllungshilfe nur dann nicht grundsätzlich entgegen, wenn er nicht auf reine Maklerdienste beschränkt, sondern mit Wissen und Wollen einer der späteren Vertragsparteien (hier der Beklagten) Aufgaben übernimmt, die typischerweise ihr obliegen und damit in deren Pflichtenkreis tätig wird. Dann ist er zugleich als Hilfsperson zu betrachten (BGH, WM 1996, 315, 316). Wann eine solche Einschätzung gerechtfertigt ist, lässt sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nur aufgrund einer die Interessen beider Parteien wertenden Betrachtung der Einzelfallumstände entscheiden (BGH, a. a. O.; NJW-RR 1997, 116, zitiert nach juris, Rdnr. 8). Maßgeblich ist dabei nicht, ob dem Makler für den Vertrag Vertretungsmacht eingeräumt ist (BGH, a. a. O.) oder auch, ob er Formulare des Versicherers benutzt hat (BGH, NVersZ 2000, 124, für die Wissenszurechnung des Maklers). Entgegen der Auffassung der Klägerin genügt es auch nicht, dass die Beklagte ihre Anlageprodukte ausschließlich über selbständige Makler und ohne eigenen Vertrieb verkauft. Maßgeblich ist, welchen Umfang die Aufgabenerfüllung für diese hatte, sie beispielsweise die gesamte Geschäftsführung aus dem Versicherungsvertrag und Entwicklung und Verhandlungen der Verträge bzw. Geschäftsmodelle bis zur Unterschriftsreife eigenständig übernimmt. Dafür reicht es noch nicht, dass der Vermittler das Produkt der Beklagten unter Zugrundelegung und Verwendung deren Informationsmaterial anbietet und im Hinblick auf das Kapitalanlagemodell in sog. „Pools“ dieses Produkt auch zusätzlichen Erläuterungs- bzw. Aufklärungsbedarf aufweist. Gerade darin besteht die klassische Tätigkeit eines Maklers durch Aufzeigen und Vergleichen unterschiedlicher Möglichkeiten und Modelle.“

Daran hält der Senat auch für vorliegenden Sachverhalt einer SKR, in dem die Lebensversicherung der Beklagten nur einen fast beliebig austauschbaren Baustein darstellt, fest.

b) Der Kläger kann sich von vornherein auch nicht auf ein institutionelles Zusammenwirken zwischen der S.-Gruppe und der Beklagten beziehen.

„Im Interesse der Effektivierung des Verbraucherschutzes bei realkreditfinanzierten Wohnungskäufen und Immobilienfondsbeteiligungen, die nicht als verbundene Geschäfte behandelt werden können“ hat der BGH im Jahr 2006 das Institut des institutionalisierten Zusammenwirkens begründet. In Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber einer finanzierten Anlage können sich die Anleger unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des Fondsprospekts über das Anlageobjekt berufen.

Damit ist ein eigenständiger Zurechnungstatbestand geschaffen, von dem nicht nur nicht ersichtlich ist, dass seine Voraussetzungen hier vorlägen oder er entsprechend Anwendung finden könnte, sondern der auch nicht dazu führen kann, dass die bislang grundsätzlich angenommene fehlende Zurechnungsmöglichkeit des Maklerhandelns auf diesem Weg unterlaufen werden könnte.

c) Ein verbundenes Geschäft liegt nicht vor; davon unabhängig wird aus dem Vortrag des Klägers nicht klar, welche für ihn günstigen Rechtsfolgen sich daraus ergeben sollen.

§ 9 Abs. 1 VerbrKrG in der bis zum 30. September 2000 gültigen Fassung bestimmte, dass ein Kaufvertrag ein mit dem Kreditvertrag verbundenes Geschäft bildet, wenn der Kredit der Finanzierung des Kaufpreises dient und beide Verträge als wirtschaftliche Einheit anzusehen sind. Eine wirtschaftliche Einheit ist danach insbesondere anzunehmen, wenn der Kreditgeber sich bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Kreditvertrags der Mitwirkung des Verkäufers bedient. § 9 Abs. 4 VerbrKrG erweiterte den Anwendungsbereich dahingehend, dass die Absätze 1 bis 3 entsprechend für Kredite gelten, die zur Finanzierung des Entgelts für eine andere Leistung als die Lieferung einer Sache gewährt werden. Was damit gemeint ist, ist in manchen Bereichen strittig geblieben. Gedacht war wohl v. a. an andere Arten von Erwerbsverträgen wie den Werklieferungsvertrag. Keinesfalls reicht allein der Umstand aus, dass das Darlehen zum Zweck der Finanzierung eines anderen Vertrages gewährt wird. Zwar „passt“ hier der Kreditzweck, weil der Kläger über das Geld nicht frei verfügen konnte. Auch die wirtschaftliche Einheit dürfte vorliegen. Das Verbundgeschäft setzt eine „Nähebeziehung“ voraus; gefordert wird eine zumindest faktisch planmäßige und arbeitsteilige Zusammenarbeit (BGH, WM 2007, 1456, 1458). Aber die Finanzierung der Lebensversicherung, mag es sich dabei wegen der Einmalzahlung um eine ungewöhnliche, an Rente erinnernde Art der Lebensversicherung handeln, ist kein Erwerbsgeschäft. Zwar findet sich nunmehr in § 358 BGB eine deutlich erweiterte Begriffsbestimmung dessen, was ein verbundenes Geschäft sein kann, weil mit einem Verbraucherdarlehensvertrag nicht nur ein Vertrag über die Lieferung einer Ware verbunden sein kann, sondern auch ein Vertrag über die Erbringung einer anderen Leistung, so dass etwa ein Darlehen mit einer Restschuldversicherung verbunden sein kann (OLG Celle, WM 2011, 456, m. w. N.), doch gilt dies für das Verbraucherkreditgesetz gerade noch nicht.

4. Eigene Pflichtverletzungen der Beklagten im Zusammenhang mit der SKR hat der Kläger weder ausreichend vorgetragen, noch sind solche ersichtlich.

a) Der Senat ist in der Vergangenheit in seinen Entscheidungen zum Anlagekonzept EuroPlan davon ausgegangen, dass es gegenüber den Anlegern an der vertraglich geschuldeten richtigen und vollständigen Aufklärung fehlte, und zwar im Hinblick auf die Vergangenheitsrenditen. Angaben zu den in der Vergangenheit erzielten Renditen fanden sich dort im Prospekt zum EuroPlan. Dort wurden die von britischen Versicherern bei einer monatlichen Anlage von 50 Pfund in den letzten 15 bzw. 25 Jahren erzielten Renditen dargestellt und für die Beklagte mit 11,33 % p. a. bzw. 13,35 % p. a. ausgewiesen. Um eine vergleichbare Anlage geht es hier freilich nicht.

Weiter hat der Senat – bislang ohne Entscheidung in der Sache – es für möglich erachtet, für den EuroPlan einen Strukturfehler (Stichwort: Beeinträchtigung der Renditeerwartung durch „Abschmelzen“) anzunehmen. Auch wenn diese Argumentation sich als tragfähig erweisen sollte, kann sie nicht auch für die SKR gelten, weil sich das Problem bei dieser weder in identischer noch in nur vergleichbarer Weise stellt.

Vorliegend ist die Lebensversicherung der Beklagten nur die sog. Tilgungskomponente. Ihrer begrenzten Funktion entsprechend war sie nahezu beliebig austauschbar. Bedeutsam ist weiter, dass aus dieser Tilgungskomponente keine laufenden Leistungen zu erbringen waren. Die Zinszahlungen wurden aus der Rentenversicherung bestritten. Es bestand lediglich die Gefahr, dass die Erträge des Modells SKR niedriger waren als die Zinskosten. Das aber ist nur das allgemeine Risiko eines jeden finanzierten Anlagegeschäfts und ist nicht vergleichbar mit der Frage des „Abschmelzens“ als – möglichem – Strukturfehler des EuroPlan.

b) Auf diese beiden Aspekte aber stützt der Kläger hier seinen Anspruch ohnehin nicht. Soweit er sich auf Vergangenheitsrenditen bezieht, meint er ersichtlich nicht die von der Beklagten in England bei monatlicher Anlage erzielten Renditen. Der Kläger bezieht sich zum Einen auf Angaben zur Wertentwicklung. Sein Vortrag dazu ist uneinheitlich. Mal heißt es, die Sicherheit der Anlage sei zugesichert worden (Klagschrift), mehrmals heißt es danach aber, mit der Rendite von 8,5 % sei seitens der Beklagten geworben worden (Schriftsatz vom 18. August 2010 und vom 18. März 2011). Die bloße Werbung damit, und etwas darüber Hinausgehendes hat der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht behauptet, ist von vornherein keine Pflichtverletzung. Es trifft auch nicht zu, wenn der Kläger meint, eine solche Rendite sei seitens der Beklagten in der Vergangenheit nicht erreicht worden. Dieser Vortrag leidet schon daran, dass nicht zwischen Rendite und deklarierten Wertzuwächsen, die nur einen Teil der Rendite ausmachen, unterschieden wird. Die Beklagte war außerdem überhaupt erst seit relativ kurzer Zeit auf dem deutschen Markt tätig. Auf ihrem Heimatmarkt hatte die Beklagte auch höhere Renditen in den Jahren bis 1999 erzielt. Der Absturz an den Börsen kam erst im März 2000 und damit nach Abschluss der hier in Rede stehenden Verträge. Bis dahin waren die Kurse an den internationalen Aktienmärkten über Jahre stark angestiegen, allein der englische FTSE 100 hatte seinen Wert in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre ungefähr verdoppelt, wie sich einschlägigen, allgemein zugänglichen Quellen leicht entnehmen lässt. Dass 8,5 % Rendite nicht von der Beklagten garantiert waren, ergibt sich auch aus den Berechnungsbeispielen aus Anlage zum Schreiben vom 19. November 1999, außerdem aus den „Wichtigen Hinweisen“ (Anlage LW 6) auf der Vorderseite des Antragsformulars, deren Kenntnis der Kläger durch seine Unterschrift unter den Versicherungsantrag (Anlage LW 5) bestätigt hat, so dass er auch nicht pauschal bestreiten kann, diese Unterlage zu kennen. Aus der vom Kläger selbst vorgelegten und in Bezug genommenen Modellrechnung (Anlage K 4) ergaben sich überdies verschiedene Varianten, eine auch mit nur 5 % Rendite. Welchen Sinn sollen die Alternativberechnungen gehabt haben, wenn nicht den impliziten Hinweis auf die – ohnehin naheliegende wenn nicht sogar selbstverständliche – Unsicherheit über die Möglichkeit zukünftiger Wertentwicklungen einer Anlage? In dieser Beispielrechnung wird ohnehin nochmals explizit und fettgedruckt darauf hingewiesen, dass die dargestellten Leistungen nicht garantiert werden können und nur als Beispiele anzusehen sind. Der Schluss aus dem Berechnungsbeispiel auf eine „Garantie“ von 8,5 % jährlicher Rendite, wie der Kläger meint, ihn ziehen zu können, bleibt unverständlich. Deshalb kann auch von vornherein der Vorwurf der Intransparenz insoweit nicht verfangen.

Dass es sich um ein Zinsdifferenzgeschäft handelt, konnte dem Kläger, Diplom-Kaufmann und Mitarbeiter eines Wirtschaftsunternehmens in leitender Funktion, nicht verborgen bleiben. Es war klar, dass sinkende Renditen an den Aktien- bzw. sonstigen Kapitalmärkten das Modell SKR zum Scheitern bringen konnten, wenn die Erträge unter den Zinsverpflichtungen zurückblieben. Dann kann, was ebenfalls keiner außergewöhnlichen Kenntnisse bedarf, auch das eingesetzte Kapital nicht mehr völlig sicher sein, denn woraus sollen bei fehlenden Renditen die Zinsverpflichtungen oder überhaupt Erträge erwirtschaftet werden?

Dass Verwaltungskosten anfallen, versteht sich von selbst und bedurfte keines besonderen Hinweises, ganz abgesehen davon, dass in der vom Kläger selbst als Anlage K 4 überreichten Beispielrechnung ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Höhe der künftigen Überschussbeteiligung u. a. von der Entwicklung der Kosten abhänge. Inwieweit die Angaben der Beklagten zu den Kosten in deren Unterlagen fehlerhaft sein sollen, wird vom Kläger nicht ausgeführt und bleibt unklar. Dass sich der Kläger im Verhältnis zur Beklagten nicht auf möglicherweise unrichtige Angaben des Vermittlers berufen kann, sei nur zur Wiederholung erwähnt.

Ein Anspruch darauf zu erfahren, wie die Beklagte im Einzelnen das an sie geleistete Geld verwaltet und investiert, besteht nicht; darüber musste sie auch nicht näher informieren, jedenfalls nicht über das Maß hinaus, wie es sich aus ihren Unterlagen ergibt (vgl. auch § 2 VVG-InfoV zu § 7 VVG n. F.; BGH, NJW 2001, 2014).

Soweit der Kläger weiter zu meinen scheint, es liege eine Art von Schneeballsystem vor („die Auszahlungen beendeter Verträge erfolgen aus dem laufenden Anlagevolumen“, S. 8 der Klagschrift), fehlt es seinem Vortrag an der erforderlichen Substanz. Dass Kapitalverlust hinsichtlich der Lebensversicherung droht, ist nicht ersichtlich, da anders als beim EuroPlan bei der SKR aus dem Einmalbetrag der Lebensversicherung gerade keine laufenden Leistungen zu erbringen sind.

Eine Pflicht, Presseberichte zu verfolgen, besteht nur in engem Rahmen. Der Kläger verweist auf einen Bericht von Stiftung Warentest im Jahr 1994 (der weitere aus dem Jahr 2001 ist erst nach Abschluss der Verträge erschienen und kann daher für die auf einer Falschberatung beruhende Anlageentscheidung des Klägers nicht ursächlich geworden sein). Nicht nur, dass es auch insoweit an jeder Substanz fehlt („kritischer Bericht“) und Beweisangebote (S.) hier wie auch sonst den Sachvortrag nicht ersetzen können, sind einzelne Meldungen ohnehin nicht geeignet, Pflichten zu begründen (vgl. nur BGH, NJW 2008, 3700).

5. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass Ansprüche des Klägers, hätten sie wegen der behaupteten Falschberatung bestanden, jedenfalls verjährt wären.

In der Sache macht der Kläger einen Anspruch wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung geltend. Für einen solchen Anspruch galt bis zum 31. Dezember 2001 die regelmäßige Verjährungsfrist von dreißig Jahren. Ab dem 1. Januar 2002 beträgt die Verjährungsfrist auch insoweit gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB i. V. m. § 195 BGB drei Jahre, d. h. es müssen auch die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen. Ein Gläubiger, der einen solchen Anspruch verfolgt, hat Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, wenn er von den Tatsachen weiß, aus denen sich die jeweilige Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt, wobei bei mehreren, voneinander abgrenzbaren Fehlern die Verjährung für jeden Fehler gesondert zu berechnen ist (BGH, NJW 2008, 506; VersR 2011, 1152). Der Verjährungsbeginn setzt grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen voraus. Nicht erforderlich ist in der Regel, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht.

Für die Frage, wann der Gläubiger die nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderliche Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners besitzt, greift der BGH weitgehend auf seine Rechtsprechung zu § 852 Abs. 1 BGB a. F. zurück. Danach liegt die erforderliche Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist (vgl. nur BGH, NJW 2004, 510). Weder ist notwendig, dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können (vgl. nur BGH, NJW 2001, 885, 886). Auch kommt es grundsätzlich nicht auf eine zutreffende rechtliche Würdigung an. Vielmehr genügt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit im Grundsatz die Kenntnis der den Ersatzanspruch begründenden tatsächlichen Umstände (BGHZ 170, 260, 271). Hierzu gehört in Fällen unzureichender Aufklärung auch die Kenntnis der Umstände einschließlich der wirtschaftlichen Zusammenhänge, aus denen sich die Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt (BGH, VersR 2009, 685, 688 f.).

§ 199 BGB verlangt für den Beginn der Verjährungsfrist neben der Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen auch Kenntnis vom Schuldner. Ausreichend ist insoweit die Kenntnis von Tatsachen, aus denen die Verantwortlichkeit (und nicht nur die Person als solche) des konkreten Schädigers folgt. Es geht mithin um die Frage, wann der Kläger wusste oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht wusste, dass die Beklagte ihm zum Schadensersatz verpflichtet war oder jedenfalls sein konnte.

Der Kläger hat nicht nur über Jahre hinweg Informationen erhalten, die deutlich machten, dass die Rendite, um die und deren Sicherheit es dem Kläger gerade ging und hinsichtlich derer er eine Falschberatung annimmt, weit unter den prognostizierten 8,5 % jährlich lag und die von ihm erwartete Sicherheit der Anlage gerade nicht bestand. Sein Anwalt hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, der Kläger habe den ihm von der Beklagten übersandten Unterlagen keine nähere Beachtung geschenkt, sondern diese „nur abgeheftet“. Er hat sich dadurch in vorwerfbarer Weise der naheliegenden Erkenntnis verschlossen, dass der über Jahre andauernde, sich stetig verschlimmernde Misserfolg der Lebensversicherung den Erfolg der SKR insgesamt gefährdete. Diese Erkenntnis lag bei Klagerhebung nicht wesentlich näher als bereits im Jahre 2005. Da Risikolosigkeit nicht der Maßstab sein kann, war dem Kläger die Erhebung einer Klage zumutbar, und zwar sowohl im Verhältnis zum Vertrieb als auch zur Beklagten, denn der Kläger rügt nicht nur die falschen Angaben des Vertriebs, sondern auch die Unrichtigkeit von Unterlagen der Beklagten, derer sich der Vertrieb bediente.

Die Annahme grober Fahrlässigkeit begegnet dabei keinen Bedenken. Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt demnach nur vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung („Verschulden gegen sich selbst“) vorgeworfen werden können. Dies nimmt der Senat hier an, weil sich dem Kläger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben, und dies über einen Zeitraum von mehreren Jahren, er davor aber – in Gestalt bloßen „Abheftens“ – letztlich die Augen in einer solchen Weise verschlossen hat, die sein Untätigbleiben nach Lage des Falles als geradezu unverständlich erscheinen lassen muss (vgl. nur BGH, NJW 2011, 3573; VersR 2011, 395).

Dabei begann vorliegend die Verjährung nicht erst mit der Beratung durch einen Rechtskundigen. Nach der – allerdings leider nicht einheitlichen – Terminologie des BGH kann bei einer „besonders verwickelten und unklaren Rechtslage“ der Verjährungsbeginn ausnahmsweise trotz voller Tatsachenkenntnis aufgeschoben sein (NJW 1996, 117, 118 zu der vergleichbaren Problematik im Rahmen von § 852 BGB a. F.). Gemeint ist nur eine solche unübersichtliche oder zweifelhafte Rechtslage, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag (BGH, NJW 2008, 1942). Dieser Tatbestand der Unzumutbarkeit der Klagerhebung in besonderen Fällen muss auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben, weil andernfalls der Sinn und Zweck der Verjährung, und zwar gerade im Sinne der die langen Verjährungsfristen beseitigenden Schuldrechtsreform des Jahres 2001, leer liefe. Es kann viel Zeit vergehen, bis eine unklare Rechtslage durch ein letztinstanzliches Urteil des BGH, möglicherweise auch erst des Großen Senats für Zivilsachen oder des EuGH oder möglicherweise auch eines anderen Gerichts letztendlich als geklärt betrachtet werden kann. Ob eine Frage letztlich geklärt ist, ist zuverlässig ohnehin kaum zu beantworten, zumal eine Änderung der Rechtsprechung wieder eine Unsicherheit bedeuten kann mit der Folge, dass Verjährung vorher doch nicht eingetreten wäre (vgl. BGHZ 160, 216, 232). Es kann ein lang andauernder Schwebezustand entstehen, der dem Rechtsfrieden gerade abträglich und dem Schuldner möglicherweise auch nicht zuzumuten ist. Der Wortlaut des Gesetzes, das in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf die „den Anspruch begründenden Umstände“ abstellt, gibt dafür keine Rechtfertigung her. Es droht, dass gerade in den Abertausenden anhängiger „Anlegerprozesse“ die zentrale Frage sein wird, welche Rechtsfrage seit wann geklärt ist und welche nicht. Vorliegend kann der Senat jedenfalls nicht davon ausgehen, dass ein solcher Ausnahmefall gegeben ist; eine solche unübersichtliche oder zweifelhafte Rechtslage, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag, lag nicht vor.

Einer Anhörung des Klägers, die im Ermessen des Senats stand, bedurfte es nicht. Sie war vorsorglich und nur im Hinblick auf mögliche Fragen zur Verjährung angeordnet worden; die Anordnung persönlichen Erscheinens ist ohne Widerspruch des Klägers vor dem Termin aufgehoben worden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.

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