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Ratenschutz-Arbeitsunfähigkeitsversicherung – Anzeige der Arbeitsunfähigkeit als Ausschlussfrist

LG Saarbrücken, Az.: 14 T 3/14, Beschluss vom 14.05.2014

I. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neunkirchen vom 4. März 2014 – 13 C 744/13 (06) – wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Antragsteller bittet um Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage auf Leistungen aus einer Ratenschutz-Arbeitsunfähigkeitsversicherung.

Ratenschutz-Arbeitsunfähigkeitsversicherung - Anzeige der Arbeitsunfähigkeit als Ausschlussfrist
Symbolfoto: Von nitpicker /Shutterstock.com

Unter dem 8. Januar 2010 beantragte der Antragsteller zur Absicherung eines bei der … Bank (im Folgenden: Bank) unterhaltenen Darlehens über 3.000,- Euro, das ab April 2010 in 36 monatlichen Raten zu je 116,22 Euro zurückzuzahlen war, die Aufnahme als versicherte Person in einen von dieser Bank bei der Antragsgegnerin unterhaltenen Gruppenversicherungsvertrag über eine „Ratenschutzversicherung“, u.a. für das versicherte Risiko der Arbeitsunfähigkeit (Bl. 23 GA). Nach dem Antrag werden aufgrund eines vereinbarten Bezugsrechts „alle Leistungen unwiderruflich an die (Bank) erbracht, solange diese nichts Anderes bestimmt. Verbleibt im Leistungsfall nach Tilgung des Darlehens ein Betrag, wird dieser an die überlebende versicherte Person oder hilfsweise an ihre Erben ausgezahlt“. Die Antragsgegnerin erbrachte aus dem Versicherungsvertrag bereits Leistungen wegen einer Arbeitslosigkeit des Antragstellers im Zeitraum vom 15. Oktober 2011 bis zum 4. August 2012. Mit seiner jetzt beabsichtigten Klage begehrt der Antragsteller von der Antragsgegnerin weitere Versicherungsleistungen für den Zeitraum einer angeblichen Arbeitsunfähigkeit vom 16. August 2010 bis zum 31. Juli 2011. Nach Anzeige dieses Versicherungsfalles durch den Antragsteller, die erstmals am 31. Oktober 2011 erfolgte, lehnte die Antragsgegnerin die Gewährung von Leistungen unter Berufung auf ihre Versicherungsbedingungen (§ 2 Nr. 4 der Besonderen Bedingungen für die Ratenschutzarbeitsunfähigkeitsversicherung – RSV-AU, Bl. 21 GA) ab, weil die Arbeitsunfähigkeit nicht unverzüglich nach deren Eintritt mitgeteilt worden sei.

Der Antragsteller, der unter Beweisantritt behauptet hat, er sei in der Zeit vom 16. August 2010 bis zum 31. Juli 2011 arbeitsunfähig gewesen, hält die Antragsgegnerin für leistungspflichtig. Die eingewandte Klausel aus den Besonderen Bedingungen, die lediglich eine vertragliche Obliegenheit zu Lasten des Antragstellers begründe, stehe dem nicht entgegen, weil der Bedingungstext dem Antragsteller bei Vertragsabschluss nicht übergeben und daher nicht wirksam in den Versicherungsvertrag einbezogen worden sei. Da das Darlehen bereits abbezahlt sei, könne der Antragsteller Leistungen an sich selbst verlangen. Mit dieser Begründung hat der Antragsteller unter dem 16. Oktober 2013 einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für – zuletzt – folgende Klageanträge (Bl. 1, 43 GA) eingereicht:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.336,53 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. August 2013 zu zahlen, hilfsweise (wörtlich), die Zahlung des Klageantrages zu 1) an die … Bank AG, … in … auf das Darlehens-Konto mit der Nummer: ….

2. Die Beklagte wird verurteilt, außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 211,23 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Antragsgegnerin ist dem entgegen getreten. Sie verweist auf die vorgenannte Klausel ihrer Versicherungsbedingungen, die auch wirksam zum Gegenstand des Versicherungsvertrages gemacht worden seien. Entgegen der darin begründeten Ausschlussfrist habe der Antragsteller den Versicherungsfall verspätet, nämlich erst nach Abschluss des angeblichen Zeitraumes der Arbeitsunfähigkeit gemeldet mit der Folge, dass ein Anspruch auf Grund dieses Versicherungsfalles nicht bestehe.

Mit dem angefochtenen Beschluss (Bl. 51ff. GA), der den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 11. März 2014 zugestellt worden ist und auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht Neunkirchen den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die am 1. April 2014 eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers (Bl. 58 GA), der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat (Bl. 59 GA).

II.

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet. Die vom Antragsteller beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO, weil sich auf der Grundlage des tatsächlichen Vorbringens des Antragstellers nicht feststellen lässt, dass ein Versicherungsfall, für den die Antragsgegnerin eintrittspflichtig wäre, eingetreten ist.

1.

Zu Recht hat das Amtsgericht angenommen, dass der Antragsteller auf Grund seines Antrages vom 8. Januar 2010 (Bl. 23 GA) im streitgegenständlichen Zeitraum zwischen dem 16. August 2010 und dem 31. Juli 2011 als versicherte Gefahrperson (vgl. § 150 Abs. 1 VVG) Versicherungsschutz in der von der Bank bei der Antragsgegnerin unterhaltenen Ratenschutzversicherung genoss und dass sich die Voraussetzungen eines etwaigen Leistungsanspruchs und den darin in Bezug genommenen Versicherungsbedingungen der Antragsgegnerin – im Einzelnen: den Allgemeinen Bedingungen für die Ratenschutzversicherung (AVB-RSV) sowie den Besonderen Bedingungen für die Ratenschutzarbeitsunfähigkeitsversicherung (RSV-AU), Bl. 20ff. GA – ergeben. Diese sind Bestandteil des Versicherungsvertrages, aus dem der Antragsteller Leistungen verlangt.

a)

Der Einwand des Antragstellers, die Versicherungsbedingungen der Antragsgegnerin seien ihm bei  Vertragsschluss – gemeint ist sein am 8. Januar 2010 erklärter Beitritt zum Gruppenversicherungsvertrag, den die Bank als Versicherungsnehmerin bei der Antragsgegnerin unterhält – nicht übergeben worden, steht deren Anwendbarkeit im Streitfall nicht entgegen. Zwar werden Versicherungsbedingungen – als allgemeine Geschäftsbedingungen – nach geltendem Recht grds. nur unter den Voraussetzungen des § 305 Abs. 2 BGB – sog. Einbeziehung – Vertragsbestandteil (Prölss, in: Prölss/Martin, VVG 28. Aufl., Vorbem. I Rn. 24ff.). Erforderlich ist danach, dass der Verwender bei Vertragsschluss die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Orte des Vertragsschlusses auf sie hinweist und der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen, und dass die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist. Mit der „anderen Vertragspartei“ bezeichnet das Gesetz allerdings nicht den Antragsteller, der aufgrund seines Antrages vom 8. Januar 2010 nicht Vertragspartner der Antragsgegnerin, sondern lediglich versicherte Gefahrperson im Rahmen des von einem Anderen – der Bank – bei der Antragsgegnerin abgeschlossenen Gruppenversicherungsvertrages geworden ist (OLG Köln, Beschl. v. 26. März 2010 – 20 U 198/09, als Anlage 7, Bl. 34ff. GA, von der Antragsgegnerin vorgelegt; vgl. auch BGH, Urt. v. 8. Mai 2013 – IV ZR 233/11, VersR 2013, 853). Da der Antragsteller selbst keinen Versicherungsvertrag abgeschlossen hat, er vielmehr seine Vertragsstellung lediglich von der des Versicherungsnehmers – der Bank – ableitet und deshalb Rechte aus diesem Vertrag grundsätzlich nur so erwerben kann, wie die Vertragspartner sie gestaltet haben (vgl. BGH, a.a.O.; ferner auch BGH, Urt. v. 14. Dezember 1967 – II ZR 169/65, BGHZ 49, 130), mussten ihm gegenüber die Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 BGB nicht erfüllt werden (Kammerurt. v. 17. Dezember 2013 – 14 S 6/14; OLG Köln, a.a.O.; zur entsprechenden Rechtslage bei Erfüllung der versicherungsvertragsrechtlichen Informationspflichten gem. § 7 Abs. 1 VVG s. Prölss, in: Prölss/Martin, a.a.O., § 7 Rn. 5; Armbrüster, in: MünchKomm-VVG 1. Aufl., § 7 Rn. 14ff.; Franz, VersR 2008, 1565). Davon zu unterscheiden ist die – hier nicht gegenständliche – Verpflichtung der Bank, im Rahmen des Vertragsverhältnisses zu ihrem Kunden ggf. über die Einzelheiten des Versicherungsvertrages zu informieren.

b)

Soweit der Antragsteller „mit Nichtwissen“ bestreitet, dass „dem Gruppenversicherten“ – gemeint ist wohl die Bank als Versicherungsnehmerin – die Versicherungsbedingungen  zur Verfügung gestellt wurden, ist auch dies unbehelflich. Dabei mag offenbleiben, ob der Antragsteller, der als Versicherter seine Rechtsstellung aus der des Versicherungsnehmers ableitet, Umstände, die den Vertrag betreffen und über die er sich unschwer Kenntnis verschaffen könnte, überhaupt zulässigerweise mit Nichtwissen – gewissermaßen „ins Blaue hinein“ – bestreiten darf (vgl. OLG Köln, VersR 1997, 596). Denn die Voraussetzungen des § 305 Abs. 2 BGB, aus denen im Verkehr mit Verbrauchern eine Verpflichtung des Versicherers zur Übergabe der Versicherungsbedingungen an den Versicherungsnehmer gefolgert wird, ist bei der Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Unternehmern – hier: der Bank – nicht anwendbar (§ 310 Abs. 1 BGB; vgl. Prölss, in: Prölss/Martin, a.a.O., Vorbem. I Rn. 25 und § 7 Rn. 47).

2.

Der vertragliche Leistungsanspruch des Antragstellers scheitert vorliegend – entgegen der Auffassung des Amtsgerichts – nicht von vornherein daran, dass dieser die angebliche Arbeitsunfähigkeit hier erstmals am 31. Oktober 2011 und damit nach Ende des hier streitgegenständlichen Zeitraumes der Antragsgegnerin angezeigt hat.

a)

Das Amtsgericht hat sich zur Begründung dieser Auffassung auf die von der Antragsgegnerin eingewandte Klausel in § 2 Nr. 4 RSV-AU gestützt; diese lautet wie folgt: „Zeigt die versicherte Person dem Versicherer die Arbeitsunfähigkeit schuldhaft nicht unverzüglich nach Eintritt an (vgl. den nachfolgenden § 4 Ziff. 1), wird die Versicherungsleistung erstmalig zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Darlehensrate des auf die Anzeige folgenden Monats erbracht“. Das Amtsgericht hat – unter Berufung auf die von der Antragsgegnerin vorgelegte Entscheidung des OLG Celle (VersR 2007, 1641), die sich mit einer ähnlich formulierten, allerdings noch den Anforderungen des VVG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung entsprechenden Bestimmung befasst hat – diese Klausel als „Ausschlussfrist“ gewertet, deren Missachtung einen Anspruch auf Versicherungsleistungen für die Vergangenheit ausschließe. Da bei der Anzeige des Versicherungsfalles durch den Antragsteller der Zeitraum, für den jetzt Zahlung begehrt wird, bereits abgelaufen sei, scheide eine Leistungspflicht der Antragsgegnerin aus.

b)

Diese Auffassung, die wesentlich von der Einordnung der streitgegenständlichen Klausel als Ausschlussfrist abhängt, überzeugt nicht; vielmehr ist die gegenständliche Regelung hier nach den Versicherungsbedingungen als echte Anzeigeobliegenheit ausgestaltet, mit der Folge, dass zur Begründung der Leistungsfreiheit der Antragsgegnerin weitere Voraussetzungen (§ 7 Ziff. 3ff. AVB-RSV, § 28 Abs. 2ff. VVG) erfüllt sein müssen, zu denen von den Parteien bislang nichts Ausreichendes vorgetragen ist:

aa)

Anders als – abweichend formulierte – Klauseln in der Berufsunfähigkeitsversicherung (dazu BGH, Urt. v. 2. November 1994 – IV ZR 324/93, VersR 1995, 82) oder in anderen Bedingungswerken zur Arbeitsunfähigkeitsversicherung (dazu etwa OLG Karlsruhe, RuS 2008, 520), die ausdrücklich das „Entstehen“ des Anspruchs  von der rechtzeitigen Anzeige des Versicherungsfalles abhängig machen, ist die Verpflichtung des Versicherten zur Anzeige der Arbeitsunfähigkeit in den hier verwendeten Bedingungen der Antragsgegnerin nach Wortlaut und Systematik als echte Anzeigeobliegenheit ausgestaltet, deren Rechtsfolgen sich nach Maßgabe des § 28 VVG beurteilen. Der bereits zitierte § 2 Nr. 4 RSV-AU betrifft nach seiner Überschrift („Versicherungsleistung und Karenzzeit“) und Formulierung („wird… erbracht“) lediglich die Fälligkeit der Versicherungsleistungen. Hinsichtlich der Verpflichtung zur Anzeige des Versicherungsfalles heißt es hingegen in den – von § 2 Nr. 4 RSV-AU ausdrücklich in Bezug genommenen – § 4 Nr. 1 und 5 RSV-AU: „Der Eintritt einer den leistungsfreien Zeitraum von 42 Tagen übersteigenden Arbeitsunfähigkeit der versicherten Person ist dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen. Bei Verletzung einer der Obliegenheiten nach den vorgenannten Absätzen gilt § 7 der AVB-RSV“. § 7 AVB-RSV wiederum enthält eine dem § 28 VVG entsprechende Regelung über die Rechtsfolgen von Obliegenheitsverletzungen.

bb)

Vor diesem Hintergrund begegnet die Wertung, bei der streitgegenständlichen Regelung über die Anzeigepflicht des Versicherten (vgl. § 30 Abs. 1 VVG) handele es sich um die Bestimmung einer Ausschlussfrist, deren Missachtung die Leistungspflicht der Antragsgegnerin ohne weiteres entfallen lasse, durchgreifenden Bedenken. Denn der durchschnittliche Versicherte ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse, auf dessen Verständnis es für die Auslegung der Versicherungsbedingungen im Rahmen der hier vorliegenden Gruppenversicherung ankommt (BGH, Urt. v. 14. Juni 2006 – IV ZR 54/05, VersR 2006, 1246; Urt. v. 11. September 2013 – IV ZR 303/12, VersR 2013, 1397; zur Auslegung von AVB grundlegend BGH, Urt. v. 23. Juni 1993 – IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83), wird die vorstehende Regelung bei sorgfältiger, aufmerksamer Lektüre aufgrund des Wortlautes und der Systematik dahin begreifen, dass § 2 Nr. 4 RSV-AU lediglich den Zeitpunkt für die Erbringung der Versicherungsleistung betrifft, während sich die Anforderungen an die Anzeige der Arbeitsunfähigkeit und die Rechtsfolgen bei Verstößen gegen dieses Erfordernis allein nach § 4 RSV-AU und § 7 AVB-RSV richten. Dass Sinn und Zweck der Anzeigepflicht eine strengere Sanktion des säumigen Versicherten gebieten mögen (so OLG Celle, VersR 2007, 1641), ist in diesem Zusammenhang unerheblich, ebenso wie etwaige dahin gehende Vorstellungen der Antragsgegnerin als Verfasserin dieser Bedingungen, nachdem dieses Ziel im Bedingungswortlaut keinen Anhalt gefunden hat und damit für den Versicherten nicht erkennbar ist (vgl. BGH, Urt. v. 25. Juli 2012 – IV ZR 201/10, BGHZ 194, 208; zuletzt Urt. v. 26. März 2014 – IV ZR 422/12, WM 2014, 851). Soweit dieser Zweck bei der Auslegung anderer Bedingungswerke, namentlich der Berufsunfähigkeitsversicherung, herangezogen worden ist, um darin enthaltene Klauseln im Sinne einer Ausschlussfrist auszulegen (vgl. BGH, Urt. v. 2. November 1994 – IV ZR 324/93, VersR 1995, 82), worauf auch das OLG Celle (a.a.O.) verweist, ließ der abweichende Wortlaut dieser anderen Bedingungswerke – im Gegensatz zum vorliegenden Fall – eine dahin gehende Auslegung gerade zu.

cc)

Begreift man die hier geregelte Anzeigepflicht des Versicherten als Obliegenheit, kommt eine Leistungsfreiheit der Antragsgegnerin jedoch nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 7 Nr. 3ff. AVB-RSV und § 28 Abs. 2ff. VVG in Betracht. Dazu fehlt es bislang jedoch an ausreichendem Sachvortrag. Die Antragsgegnerin müsste hierzu darlegen und ggf. beweisen, dass der Antragsteller die Anzeigeobliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Dabei wäre zu beachten, dass nach hergebrachten Grundsätzen in diesen Fällen eine tatsächliche Vermutung gegen das Vorliegen von Vorsatz spricht, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass sich der Versicherte durch willentliches Unterlassen der gebotenen Anzeige seines Versicherungsschutzes begeben möchte (vgl. BGH, Urt. v. 8. Januar 1981 – IVa ZR 60/80, VersR 1981, 321). Für das Fehlen einer – zur Leistungskürzung berechtigenden – groben Fahrlässigkeit trägt dagegen der Antragsteller die Darlegungs- und Beweislast. Schließlich steht – von Fällen der Arglist abgesehen, wofür hier jedoch derzeit keine Anhaltspunkte bestehen – dem Versicherten nunmehr stets der sog. Kausalitätsgegenbeweis (§ 28 Abs. 3 VVG) offen, wonach auch bei schuldhafter Verletzung der Anzeigepflicht unter bestimmten Voraussetzungen die Leistungspflicht des Versicherers nicht entfällt.

3.

Wenngleich damit die Leistungspflicht der Antragsgegnerin nicht allein aufgrund der verspäteten Meldung des Versicherungsfalles entfällt, erweist sich die Entscheidung des Amtsgerichts jedoch aus einem anderen Grund als in der Sache zutreffend. Der Antragsteller hat nämlich, obschon nicht zuletzt auf der Grundlage des die Prozesskostenhilfe versagenden Beschlusses hierfür Anlass bestand, auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens die vertraglichen Voraussetzungen seines (vermeintlichen) Anspruches nicht schlüssig dargelegt. Da der Antragsteller als Versicherter Ansprüche wegen Arbeitsunfähigkeit geltend machen will, oblag es ihm, zu den bedingungsgemäßen Voraussetzungen dieses Versicherungsfalles schlüssig und nachprüfbar vorzutragen. Eine versicherte Arbeitsunfähigkeit besteht nach den Versicherungsbedingungen der Antragsgegnerin, wenn die versicherte Person infolge einer ärztlich nachgewiesenen Gesundheitsstörung nach Versicherungsbeginn vorübergehend außerstande ist, ihre bisherige berufliche Tätigkeit in keiner Weise auszuüben, sie auch nicht ausübt und keiner anderen Erwerbstätigkeit nachgeht (§ 1 Nr. 2 RSV-AU). Mithin kommt es darauf an, ob die versicherte Person in der Lage ist, einzelne in ihren Beruf fallende Tätigkeiten zu verrichten (vgl. OLG Karlsruhe, VersR 2005, 1422). Ein Versicherter, der, wie der Antragsteller, bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit behauptet, ist deshalb gehalten, darzulegen, welche gesundheitlichen Hindernisse ihn in welcher konkreten Weise beeinträchtigen, die Anforderungen seines Berufs zu erfüllen (vgl. OLG Hamm, VersR 2013, 358; zur Berufsunfähigkeitsversicherung auch BGH, Urt. v. 22. September 2004 – IV ZR 200/03, VersR 2005, 676; Saarl. OLG, Urt. v. 8. März 2006 – 5 u 269/05-22, VersR 2007, 96). Daran fehlt es hier völlig, weshalb das Amtsgericht mit dieser Begründung, gegen die der Antragsteller auch mit seiner Beschwerde nichts erinnert, die nachgesuchte Prozesskostenhilfe zu Recht versagt hat.

4.

Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich, da im Rahmen der Prozesskostenhilfe außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden (vgl. § 127 Abs. 4 ZPO) und sich die Verpflichtung des Antragstellers, die im Beschwerdeverfahren anfallenden Gerichtskosten zu tragen, aus dem Gesetz ergibt.

5.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen (§ 574 Abs. 2 und 3 ZPO) nicht vorliegen.

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