LG Flensburg – Az.: 1 S 40/11 – Beschluss vom 01.08.2011
Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
Gründe
Die Kammer ist davon überzeugt, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg bietet, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung der Kammer nicht erfordert, § 522 Abs. 2 ZPO.
Das Amtsgericht Husum hat in seinem angefochtenen Urteil vom 24.03.2011 zu Recht angenommen, dass die Kündigung des privaten Krankenversicherungsvertrages durch den Nachweis der Nachversicherung jedenfalls zum 25.01.2010 wirksam geworden ist, weil der Nachweis auch noch nach Ablauf der Kündigungsfrist beigebracht werden kann und die Beendigung des gekündigten Vertrages bewirkt.
1.
§ 205 Abs. 6 VVG, der gemäß Artikel 1 Abs. 1 EG VVG auf das im Jahr 2003 begründete Versicherungsverhältnis anwendbar ist, verlangt für eine wirksame Kündigung eines Krankenversicherungsvertrages durch einen versicherungspflichtigen Versicherungsnehmer, dass
– ein neuer Vertrag geschlossen worden ist, der die Versicherungspflicht im Sinne des § 193 Abs. 3 Satz 1 WG erfüllt und Versicherungsschutz ohne Unterbrechung gewährt (§ 206 Abs. 6 Satz 1 VVG) und
– diese Voraussetzungen dem alten Versicherer nachgewiesen werden (§ 206 Abs. 6 Satz 2 VVG).
Nach dem Wortlaut von § 206 Abs. 6 Satz 2 VVG ist der Nachweis an keine Frist gebunden. Der gegenüber dem alten Versicherer zu führende Nachweis kann also auch noch nach dem Zeitpunkt erbracht werden, in dem die Kündigung wirksam werden soll.
Es dürfte sich hierbei nicht um eine unbewusste Auslassung des Gesetzgebers handeln, wie der Vergleich mit anderen versicherungsrechtlichen Kündigungstatbeständen zeigt. Der Kündigungstatbestand von § 205 Abs. 2 Satz 2 VVG macht die Wirksamkeit der Kündigung ausdrücklich davon abhängig, dass der Versicherungsnehmer dem Versicherer den Eintritt der Versicherung innerhalb von 2 Monaten nachweist, nachdem der Versicherer ihn hierzu in Textform aufgefordert hat. Nach § 175 Abs. 4 Satz 4 SGB V setzt die Wirksamkeit der Kündigung ebenfalls ausdrücklich voraus, dass der Versicherungspflichtige innerhalb der Kündigungsfrist eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse durch eine Mitgliedsbescheinigung oder das Bestehen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall nachweist.
Sinn und Zweck der Regelung erfordern ebenfalls nicht, dass die Wirksamkeit der Kündigung davon abhängig ist, dass der Versicherungsnachweis innerhalb der Kündigungsfrist beigebracht werden muss. Der Gesetzgeber wollte durch die Einführung des § 205 Abs. 6 VVG einen ununterbrochenen, lückenlosen Versicherungsschutz im Sinne einer allgemeinen Versicherungspflicht gewährleisten. Dieses gesetzgeberische Motiv wird jedoch bereits allein durch den Umstand des Bestehens einer Anschlussversicherung erreicht, ohne dass hierfür die Übermittlung des Nachweises innerhalb der Kündigungsfrist erforderlich wäre (LG Karlsruhe, Urteil vom 18.07.2011, 1 S 176/10; AG Baden-Baden, Urteil vom 23.03.2010, 7 C 434/09, zitiert Juris; Marlow/Spuhl, Die Neuregelungen der privaten Krankenversicherung durch das VVG, in: VersR 2009, 593 [598]; Voit, in: Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 28. Auflage, 2010, § 205 Rdnr. 43).
Das Interesse des Versicherers, möglichst zeitnah Klarheit über die Frage der Wirksamkeit der Kündigung zu erhalten, steht dieser Auslegung nicht entgegen. Der Schutz des alten Versicherers wird dadurch sichergestellt, dass ohne Nachweis der Vertrag nicht endet und er deshalb seinen Prämienanspruch erhält, andererseits aber auch gegebenenfalls zu leisten hat (Marlow/Spuhl, Versicherungsrecht 2009, 593 [598]). Der Versicherungsnehmer dürfte wegen der doppelten Prämienzahlungspflicht zudem ein Interesse daran haben, den Zustand der Doppelversicherung möglichst rasch zu beenden und den Anschlussversicherungsnachweis beizubringen (LG Karlsruhe, Urteil vom 18.07.2011, 1 S 175/10).
2.
Die hiervon abweichende Regelung von § 13 Abs. 7 Satz 2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung in der Fassung vom Januar 2009 (Anlage K 2, Blatt 20 d. A.), die wegen Artikel 1 Abs. 3 EG VVG auf das Versicherungsverhältnis anwendbar ist, ist nach § 208 Satz 1 VVG unwirksam. Diese Versicherungsbedingung macht die Wirksamkeit der Kündigung davon abhängig, dass der Versicherungsnehmer das Bestehen anderweitigen Versicherungsschutzes innerhalb der Kündigungsfrist nachweist. Das stellt im Vergleich mit § 205 Abs. 6 VVG eine Erschwerung des Kündigungsrechts dar und weicht damit zum Nachteil des Versicherungsnehmers von der gesetzlichen Regelung ab, die keine Frist für den Nachweis anderweitigen Versicherungsschutzes vorsieht.
Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen gegeben.