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Rettungskostenersatz für Motorradfahrer bei Ausweichen vor Rehwild

Ein Schreckmoment auf der Landstraße: Ein Motorradfahrer geriet nach einem Ausweichmanöver vor Rehen zu Fall und beschädigte sein Fahrzeug sowie seine Schutzkleidung schwer. Die Teilkaskoversicherung lehnte die Regulierung ab, da es zu keiner direkten Kollision mit dem Wildtier kam. Doch ein Gericht entschied nun: Auch die Kosten für die Abwendung eines unmittelbar drohenden Wildunfalls können vom Versicherer zu tragen sein.

Übersicht

Zum vorliegenden Urteil Az.: 5 U 120/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: OLG Saarbrücken
  • Datum: 23.11.2022
  • Aktenzeichen: 5 U 120/21
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Versicherungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ein Motorradfahrer und Versicherungsnehmer, der Schadensersatz von seiner Teilkaskoversicherung nach einem Sturz durch ein Ausweichmanöver forderte.
  • Beklagte: Die Versicherungsgesellschaft des Klägers, die eine Leistung ablehnte, da es nach ihrer Ansicht keine direkte Kollision mit Tieren gab und der Unfallhergang unplausibel sei.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Der Kläger fuhr Motorrad, sah Rehe am Straßenrand, wich diesen aus, um eine Kollision zu vermeiden, und stürzte dabei. Das Motorrad, seine Kleidung und die des Mitfahrers wurden beschädigt. Er verlangte Ersatz von seiner Teilkaskoversicherung.
  • Kern des Rechtsstreits: Der zentrale Streitpunkt war, ob die Teilkaskoversicherung auch zahlt, wenn ein Schaden durch ein Ausweichmanöver zur Vermeidung eines Wildunfalls entsteht, aber keine direkte Kollision mit dem Tier stattfand.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das OLG wies die Berufung der beklagten Versicherung zurück. Es bestätigte die Verurteilung der Versicherung zur Zahlung von 4.295,84 Euro an den Kläger. Nur die Zinsen wurden ab einem späteren Zeitpunkt zugesprochen.
  • Begründung: Das Gericht bestätigte, dass die Teilkaskoklausel nur bei physischem Zusammenstoß mit Tieren greift. Ein Anspruch besteht jedoch aus dem Recht auf Ersatz von Rettungskosten (§§ 83, 90 VVG). Solche Kosten umfassen Schäden, die durch Maßnahmen zur Abwendung eines unmittelbar bevorstehenden Versicherungsfalls entstehen, auch wenn dieser nicht eintritt. Der Kläger konnte durch Zeugenaussagen glaubhaft beweisen, dass die Schäden im Zusammenhang mit einem notwendigen Ausweichmanöver zur Abwendung eines drohenden Wildunfalls entstanden sind.
  • Folgen: Die beklagte Versicherung muss dem Kläger den Schaden am Motorrad und an seiner Kleidung erstatten. Das Urteil verdeutlicht, dass Schäden aus einem Ausweichmanöver zur Vermeidung eines drohenden Wildunfalls vom Rettungskostenersatz erfasst sein können, auch ohne tatsächlichen Kontakt zum Tier.

Der Fall vor Gericht


OLG Saarbrücken: Teilkasko-Versicherung zahlt auch bei Wildunfall ohne Kollision – Rettungskosten für Ausweichmanöver entscheidend

Ein Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken (Az.: 5 U 120/21) bringt Klarheit für Versicherungsnehmer: Auch wenn es bei einem Ausweichmanöver zur Vermeidung eines Wildunfalls nicht zu einer direkten Kollision mit dem Tier kommt, kann die Teilkaskoversicherung für entstandene Schäden am Fahrzeug und an der Schutzkleidung aufkommen. Entscheidend ist hierbei der Aspekt der Rettungskosten, also der Aufwendungen, die der Versicherte tätigt, um einen unmittelbar drohenden Versicherungsschaden abzuwenden oder zu mindern.

Ausgangssituation: Motorradunfall nach Ausweichmanöver vor Rehen und die strittige Leistung der Teilkaskoversicherung

Motorrad in Schräglage weicht Rehen auf ländlicher Straße aus, Fahrer und Sohn in dynamischer Kurve
Motorrad-Ausweichmanöver auf Landstraße gegen Rehe – Gefahr, Sturz und Verantwortung. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Fall begann mit einem Motorradausflug in Frankreich am 7. September 2020. Ein Motorradfahrer war mit seinem Sohn als Sozius unterwegs. Auf einer Landstraße bemerkte er in einer leichten Rechtskurve bei etwa 70 km/h in geringer Entfernung von circa 15 Metern Bewegungen am rechten Straßenrand hinter einem Busch. Er identifizierte diese als mehrere Rehe, die im Begriff waren, die Fahrbahn zu überqueren. Um einen Zusammenstoß mit den Tieren zu verhindern, leitete der Fahrer ein Ausweichmanöver nach links ein. Dabei geriet er auf den Grünstreifen und stürzte. Sowohl sein Motorrad (BMW S 1000 XR) als auch die Motorradkleidung und die Helme von ihm und seinem Sohn wurden beschädigt.

Der Motorradfahrer unterhielt für sein Fahrzeug eine Kraftfahrtversicherung vom Typ „Motor Premium online Privat“, welche eine Fahrzeug-Teilkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von 150 Euro umfasste. Die Reparaturkosten für das Motorrad beliefen sich laut einem von der Versicherung beauftragten Gutachten auf 3.504,81 Euro netto. Den Zeitwert der beschädigten Kleidung und Helme schätzte der Fahrer auf 2.500 Euro (Neuwert circa 2.899,56 Euro). Er forderte von seiner Versicherung insgesamt 6.004,81 Euro sowie Zinsen und vorgerichtliche Anwaltskosten.

Streitpunkt: Gilt ein Ausweichmanöver als versicherter Wildschaden ohne direkten Tierkontakt?

Die Versicherung lehnte eine Leistung aus der Teilkaskoversicherung ab. Sie argumentierte, dass die Versicherungsbedingungen (A.2.2.1.4 der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung, AKB) nur den „Zusammenstoß des in Fahrt befindlichen Fahrzeugs mit Tieren“ versicherten. Da es unstreitig zu keiner physischen Kollision mit den Rehen gekommen war, sei kein Versicherungsfall eingetreten. Zudem bestritt die Versicherung die Darstellung des Motorradfahrers als unwahr und unplausibel. Sie meinte, eine Kollision wäre unvermeidlich gewesen, wenn die Rehe tatsächlich so nahe an oder auf der Straße gewesen wären. Die Versicherung beantragte daher ein Sachverständigengutachten zur Klärung der Plausibilität des Unfallhergangs.

Die Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken: Anspruch auf Rettungskostenersatz statt direkter Wildschadendeckung

Das Landgericht Saarbrücken gab der Klage des Motorradfahrers nach einer Beweisaufnahme, bei der der Sohn des Fahrers und ein zufällig anwesender Landwirt als Zeugen vernommen wurden, teilweise statt. Es verurteilte die Versicherung zur Zahlung von 4.295,84 Euro nebst Zinsen. Das Gericht stellte fest, dass zwar kein Anspruch aus der direkten Wildkollisionsklausel (A.2.2.1.4 AKB) bestehe, da es keinen Zusammenstoß gab. Allerdings bejahte es einen Anspruch auf Rettungskostenersatz gemäß den Paragrafen §§ 83, 82, 90 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG).

Der zugesprochene Betrag setzte sich zusammen aus den Netto-Reparaturkosten für das Motorrad abzüglich der Selbstbeteiligung (3.504,81 Euro – 150 Euro = 3.354,81 Euro) sowie dem Netto-Wiederbeschaffungsaufwand für die eigene Motorradkleidung des Fahrers zum Zeitwert (941,03 Euro). Der Anspruch auf Ersatz der Kleidung und des Helms des Sohnes sowie die Rechtsanwaltskosten wurden abgewiesen. Auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens verzichtete das Landgericht.

Berufung der Versicherung und die endgültige Entscheidung des OLG Saarbrücken: Bestätigung des Rettungskostenanspruchs

Gegen dieses Urteil legte die Versicherung Berufung ein und beantragte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage. Sie kritisierte im Wesentlichen eine fehlerhafte Beweiswürdigung durch das Landgericht, insbesondere angebliche Widersprüche in den Zeugenaussagen von Vater und Sohn sowie die generelle Unplausibilität des Ablaufs. Zudem sah sie in der unterlassenen Einholung des Sachverständigengutachtens einen Verfahrensfehler.

Das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken wies die Berufung der Versicherung jedoch zurück und bestätigte die Verurteilung zur Zahlung von 4.295,84 Euro an den Motorradfahrer. Lediglich hinsichtlich des Beginns der Zinszahlung änderte das OLG das Urteil geringfügig ab: Zinsen waren erst ab dem 11. November 2020 geschuldet, nicht schon früher. Die Kosten des Berufungsverfahrens musste die Versicherung tragen.

Die detaillierte Begründung des OLG Saarbrücken: Kein Anspruch aus der Wildkollisionsklausel A.2.2.1.4 AKB

Das OLG bestätigte zunächst, dass die Teilkaskoversicherung gemäß Klausel A.2.2.1.4 AKB tatsächlich nur den physischen Zusammenstoß des Fahrzeugs mit Tieren abdeckt. Da eine solche Berührung unbestritten nicht stattgefunden hatte, konnte der Motorradfahrer hieraus keine direkten Leistungsansprüche ableiten. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung, unter anderem des Bundesgerichtshofs (BGH).

Die detaillierte Begründung des OLG Saarbrücken: Anspruch auf Rettungskostenersatz nach §§ 83, 82, 90 VVG als Schlüssel zur Leistung

Entscheidend für den Erfolg des Motorradfahrers war jedoch der Anspruch auf Rettungskostenersatz. Gemäß § 83 Abs. 1 VVG muss der Versicherer Aufwendungen des Versicherungsnehmers erstatten, die dieser zur Abwendung oder Minderung eines Schadens macht, sofern er diese den Umständen nach für geboten halten durfte. § 90 VVG erweitert diesen Grundsatz: Der Versicherer leistet auch für Aufwendungen, die der Versicherungsnehmer tätigt, um einen unmittelbar bevorstehenden Versicherungsfall abzuwenden oder zu mindern („Vorerstreckung“).

Unter den Begriff der Aufwendung fällt laut OLG jede unfreiwillige Vermögensminderung, die eine adäquate Folge einer Schadensabwehrmaßnahme ist. Dies schließt ausdrücklich auch Schäden am versicherten Fahrzeug selbst und an anderen Gegenständen – wie hier der Motorradkleidung – ein, die bei einem Fahrmanöver zur Vermeidung eines versicherten Ereignisses (hier: Zusammenstoß mit Wild) entstehen. Solche Ausweichmanöver können somit als Rettungshandlung im Sinne des Gesetzes gelten.

Die detaillierte Begründung des OLG Saarbrücken: Nachweispflicht für die Rettungshandlung und den drohenden Wildunfall durch den Versicherungsnehmer

Der Versicherungsnehmer, also der Motorradfahrer, trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Schäden tatsächlich im Zusammenhang mit der Abwendung eines unmittelbar bevorstehenden Versicherungsfalles entstanden sind. Das Gericht muss nach § 286 ZPO die volle richterliche Überzeugung von der Wahrheit dieser Darstellung gewinnen. Beweiserleichterungen, wie sie etwa bei Diebstahlschäden manchmal greifen, gibt es hier nicht.

Das OLG Saarbrücken war nach erneuter Anhörung des Motorradfahrers und der Vernehmung seines Sohnes davon überzeugt, dass die Schäden zur Abwendung eines unmittelbar bevorstehenden Zusammenstoßes mit Tieren entstanden waren.
Die Schilderung des Motorradfahrers (Bewegung hinter dem Busch, Identifizierung als Rehe/Hirsche, Ausweichen und Sturz) wurde als nachvollziehbar und glaubhaft bewertet. Kleinere Unsicherheiten bei Detailangaben wie der genauen Entfernung oder Geschwindigkeit seien bei schnell ablaufenden Unfallereignissen typisch und würden die Glaubwürdigkeit der Gesamtdarstellung nicht erschüttern.

Für eine Rettungshandlung ist laut OLG kein subjektiver Rettungswille im Sinne einer bewussten Entscheidung erforderlich. Es genügt, wenn die Handlung objektiv auf die Schadensabwendung gerichtet ist. Daher kann auch eine Reflexhandlung eine Rettungshandlung darstellen. Entscheidend ist, dass die Abwendung des Versicherungsschadens das primäre Ziel der Handlung war. Im vorliegenden Fall zielte das Ausweichen objektiv darauf ab, eine Kollision mit den Tieren und damit einen Schaden am versicherten Motorrad zu verhindern.

Die Zeugenaussagen stützten diese Sichtweise. Der als Sozius mitfahrende Sohn bestätigte die wesentlichen Punkte der Schilderung seines Vaters. Seine Aussage wurde als glaubhaft eingestuft, wobei Abweichungen im Detail als normal für die Rekonstruktion eines schnellen Ereignisses angesehen wurden. Ein zufällig anwesender Landwirt bestätigte, dass der Motorradfahrer ihm unmittelbar nach dem Unfall spontan von einer möglichen Tierberührung erzählt hatte und dass Wild in der Gegend zugegen war. Das Fehlen direkter Spuren wie Tierhaare am Fahrzeug ist bei einem reinen Ausweichmanöver systembedingt und steht der Annahme einer Rettungshandlung nicht entgegen, wenn der Ablauf – wie hier durch glaubhafte Zeugenaussagen – anderweitig bewiesen ist.

Die detaillierte Begründung des OLG Saarbrücken: Ablehnung eines Sachverständigengutachtens als nicht erforderlich

Das OLG bestätigte auch die Entscheidung des Landgerichts, kein Sachverständigengutachten zur Plausibilität des Unfallgeschehens einzuholen. Der Antrag der Versicherung im ersten Rechtszug sei zunächst zu pauschal gewesen und die Konkretisierung erst verspätet nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt. Unabhängig davon sah das OLG auch inhaltlich keinen Grund für ein Gutachten: Es fehlten ausreichende gesicherte Anknüpfungstatsachen für unfallanalytische Berechnungen wie Weg-Zeit-Diagramme. Die von der Versicherung genannten Abstands- und Geschwindigkeitsangaben basierten auf den Schätzungen des Motorradfahrers, die nach der Beweisaufnahme nicht als verlässliche Grundlage für ein Gutachten dienen konnten. Die Hypothesen der Versicherung, die auf anderen Szenarien beruhten (z.B. Tier bereits auf der Straße), entsprachen nicht dem vom Gericht festgestellten Ablauf (Tier am Straßenrand, Ausweichen bevor es auf die Straße läuft). Selbst wenn das Ausweichmanöver objektiv „zu spät“ erfolgt sein sollte, schließe dies einen Anspruch nicht aus, da eine späte Gefahrenwahrnehmung bei Tierwechseln typisch sei und nicht zwangsläufig eine grobe Fahrlässigkeit begründe.

Die detaillierte Begründung des OLG Saarbrücken: Gebotenheit der Rettungsmaßnahme und fehlende grobe Fahrlässigkeit des Fahrers

Die vom Motorradfahrer vorgenommene Rettungshandlung war nach Überzeugung des OLG auch nach den Umständen als geboten anzusehen (§§ 83, 90 VVG).
Objektiv stand fest, dass sich Rehe – also größere Tiere mit erheblichem Gefahrenpotenzial – im unmittelbaren Bereich der Fahrbahn befanden und das Ausweichmanöver veranlassten. Eine Kollision mit Rehen kann auch bei moderaten Geschwindigkeiten zu schwerwiegenden Schäden am Motorrad und erheblichen Verletzungen des Fahrers führen.
Subjektiv durfte der Motorradfahrer, selbst wenn die Gebotenheit objektiv nicht zwingend bestanden hätte, ohne grobe Fahrlässigkeit davon ausgehen. Ein Irrtum über die Gebotenheit der Rettungsmaßnahme schadet dem Versicherungsnehmer nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Grobe Fahrlässigkeit liegt nur bei einer besonders schweren, auch subjektiv vorwerfbaren Pflichtverletzung vor. In einer plötzlichen, überraschenden Gefahrensituation kann ein Fehlverhalten weniger schwer wiegen. Dies gilt insbesondere für Motorradfahrer, die aufgrund der fehlenden Knautschzone einem hohen Verletzungsrisiko ausgesetzt sind, und wenn – wie hier – ein Beifahrer (der eigene Sohn) mitgeführt wird, für dessen Sicherheit der Fahrer eine besondere Verantwortung trägt. Selbst wenn das Ausweichmanöver nicht ideal ausgeführt worden sein sollte, erreichte dies nicht den Grad der groben Fahrlässigkeit.

Die detaillierte Begründung des OLG Saarbrücken: Höhe des Schadensersatzes und korrekte Zinsberechnung

Das OLG bestätigte auch die vom Landgericht festgestellte Höhe des Anspruchs von 4.295,84 Euro. Der Rettungskostenersatz umfasst neben den Schäden am versicherten Fahrzeug auch die Beeinträchtigungen an der Motorradkleidung des Fahrers, die spezifisch auf den Gefahren der Rettungshandlung beruhen.
Lediglich bei den Zinsen erfolgte eine Korrektur: Die Zinsforderung war erst ab dem 11. November 2020 begründet, da die Versicherung erst durch ein Mahnschreiben vom 28. Oktober 2020 (mit Fristsetzung bis zum 10. November 2020) in Verzug geraten war.

Zusammenfassendes Fazit des OLG Saarbrücken Urteils: Schutz für umsichtiges Handeln bei drohendem Wildunfall

Das Urteil des OLG Saarbrücken stärkt die Position von Versicherungsnehmern, die durch ein Ausweichmanöver einen direkten Wildunfall zu verhindern suchen und dabei selbst zu Schaden kommen. Es macht deutlich, dass die Teilkaskoversicherung auch ohne eine physische Kollision mit dem Wildtier leistungspflichtig sein kann, wenn die Voraussetzungen für einen Rettungskostenersatz erfüllt sind. Der Versicherte muss hierfür den vollen Beweis erbringen, dass ein Versicherungsfall (hier: Kollision mit Wild) unmittelbar drohte und die ergriffenen Maßnahmen (hier: Ausweichmanöver mit Sturzfolge) objektiv und subjektiv geboten waren, um diesen Schaden abzuwenden. Die Entscheidung unterstreicht, dass auch Schäden an der Schutzkleidung als Teil der Rettungskosten ersatzfähig sein können, wenn sie eine direkte Folge der Rettungshandlung sind.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das OLG Saarbrücken-Urteil schafft eine wichtige Klarstellung für Fahrzeughalter: Auch wenn es bei einem Ausweichmanöver vor Wild nicht zur direkten Kollision kommt, können die entstandenen Schäden über den Rettungskostenersatz (§§ 83, 90 VVG) von der Teilkaskoversicherung abgedeckt sein. Der Versicherungsnehmer muss allerdings glaubhaft nachweisen, dass ein Zusammenstoß unmittelbar bevorstand und das Ausweichen eine angemessene Reaktion darstellte. Diese Rechtsprechung ist besonders relevant für Motorradfahrer, die bei Wildunfällen einem erhöhten Verletzungsrisiko ausgesetzt sind und deren Schutzkleidung ebenfalls als Teil der Rettungskosten ersatzfähig sein kann.

Häufig gestellte Fragen zu versicherungsrechtlichen Themen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann spricht man im Versicherungsrecht von Rettungskosten und welche Rolle spielen diese bei Wildunfällen?

Im Versicherungsrecht sind Rettungskosten bestimmte Ausgaben, die Sie tätigen, um einen drohenden Schaden für versicherte Gegenstände zu verhindern oder zumindest zu verringern. Stellen Sie sich vor, eine Gefahr bahnt sich an, die Ihr Auto beschädigen könnte. Das Geld, das Sie ausgeben, um diese Gefahr abzuwenden oder den Schaden klein zu halten, nennt man Rettungskosten.

Rettungskosten allgemein erklärt

Diese Kosten entstehen für Maßnahmen, die getroffen werden, um das Schlimmste zu verhindern. Das können zum Beispiel Ausgaben sein, um das Auto nach einem Unfall an einen sicheren Ort zu bringen, wenn es dort weiteren Gefahren ausgesetzt wäre (zusätzlich zu den reinen Abschleppkosten nach einer Panne). Wichtig ist: Diese Maßnahmen müssen den Umständen entsprechend angemessen sein und darauf abzielen, Schaden zu vermeiden oder zu mindern. Auch wenn die Rettungsmaßnahme am Ende nicht erfolgreich war und der Schaden trotzdem eingetreten ist, können die Kosten dafür unter bestimmten Voraussetzungen von der Versicherung übernommen werden.

Rettungskosten bei Wildunfällen

Bei einem Wildunfall kommt der Gedanke der Rettungskosten oft ins Spiel, wenn Sie versuchen, das Tier auf der Straße zu vermeiden. Das Ausweichmanöver selbst ist eine solche Maßnahme, die darauf abzielt, einen Schaden zu verhindern oder zumindest zu verringern (nämlich den Zusammenstoß mit dem Wild).

Wenn Sie nun bei einem solchen Ausweichmanöver Schäden an Ihrem Fahrzeug verursachen – zum Beispiel weil Sie gegen einen Baum fahren, ins Schleudern geraten oder mit einem anderen Hindernis kollidieren – dann sind die Kosten für die Reparatur dieser Schäden oft der Knackpunkt.

Ob die Versicherung die Kosten für die Schäden, die durch das Ausweichmanöver entstanden sind, übernimmt, hängt davon ab, ob das Manöver als notwendige und angemessene Rettungsmaßnahme anerkannt wird. Das ist typischerweise der Fall, wenn:

  • Eine unmittelbare und ernste Gefahr durch das Wild bestand (das Tier tauchte plötzlich auf und ein Zusammenstoß war sehr wahrscheinlich).
  • Das Ausweichmanöver die einzige oder beste Möglichkeit war, um den Schaden durch das Tier zu verhindern oder deutlich zu reduzieren.
  • Das Manöver selbst nicht grob fahrlässig oder völlig übertrieben war, sondern den Umständen entsprechend vernünftig erschien.

Die Kosten für die Reparatur des durch das Manöver beschädigten Fahrzeugs können dann unter den Versicherungsschutz fallen, weil der Schaden die direkte Folge der Rettungsmaßnahme war, die getroffen wurde, um den ursprünglichen Schaden durch das Wild abzuwenden. Zusätzlich können tatsächliche Rettungskosten im engeren Sinne entstehen, etwa wenn das Fahrzeug nach dem Manöver aus einem Graben geborgen werden muss.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Rettungskosten im Versicherungsrecht Ausgaben zur Schadensabwehr oder -minderung sind. Bei Wildunfällen können die Schäden, die durch ein notwendiges und angemessenes Ausweichmanöver entstehen, unter diesen Aspekt fallen und von der Versicherung übernommen werden, weil sie die Folge der versuchten Rettungsmaßnahme sind.


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Was sind die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rettungskostenersatz nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) im Falle eines Ausweichmanövers vor Wildtieren?

Wenn Sie mit Ihrem Fahrzeug unterwegs sind und plötzlich ein Wildtier auf die Straße springt, kann ein schnelles Ausweichmanöver nötig sein, um einen Zusammenstoß zu verhindern. Solch ein Manöver kann jedoch dazu führen, dass Ihr Fahrzeug gegen einen Baum prallt, in den Graben fährt oder mit einem anderen Hindernis kollidiert. Die Kosten, die dann entstehen, um das Fahrzeug zu bergen, abzuschleppen oder die Unfallstelle zu sichern, werden oft als „Rettungskosten“ bezeichnet. Die Frage ist, ob Ihre Versicherung diese Kosten übernimmt.

Die Grundlage für die Übernahme solcher Kosten durch die Versicherung findet sich im Versicherungsvertragsgesetz (VVG), insbesondere in den Paragraphen §§ 82 und 83 VVG. Diese Regeln besagen grob gesagt, dass die Versicherung unter bestimmten Bedingungen Kosten erstattet, die Ihnen entstehen, weil Sie versucht haben, einen Schaden zu vermeiden oder zu verringern, der von Ihrer Versicherung abgedeckt wäre.

Die zentralen Bedingungen für Rettungskosten

Damit Ihre Versicherung die Rettungskosten nach einem Ausweichmanöver vor einem Wildtier übernimmt, müssen in der Regel mehrere Bedingungen erfüllt sein:

  • Ein versichertes Ereignis stand unmittelbar bevor oder ist eingetreten: Das bedeutet, es musste die Gefahr eines Schadens bestehen, der grundsätzlich von Ihrer Kfz-Versicherung (zum Beispiel einer Vollkaskoversicherung, die Wildunfälle abdeckt) übernommen würde. Das plötzliche Auftauchen eines Wildtiers, das eine Kollision wahrscheinlich macht, kann eine solche Situation darstellen. Auch der Schaden, der durch das Ausweichmanöver selbst entsteht (z.B. die Kollision mit einem Baum), ist das eingetretene versicherte Ereignis.
  • Sie haben eine Rettungshandlung vorgenommen: Das Ausweichmanöver selbst gilt als eine solche Handlung, da sie darauf abzielt, den ursprünglichen Schaden (den Wildunfall) zu verhindern oder zumindest abzumildern. Auch die anschließenden Maßnahmen zur Schadensbegrenzung oder -beseitigung (wie das Abschleppen des beschädigten Fahrzeugs) gehören dazu.
  • Die Rettungshandlung war notwendig: Dies ist ein sehr wichtiger Punkt. Das Ausweichmanöver musste wirklich nötig sein, um einen unmittelbar drohenden, erheblichen Schaden abzuwenden. Es kommt darauf an, ob ein verständiger Fahrer in dieser konkreten Situation ebenso gehandelt hätte. War das Wildtier so nah und die Situation so gefährlich, dass ein Ausweichen die einzig sinnvolle Reaktion war, um einen schlimmeren Schaden zu verhindern? Dies wird oft im Nachhinein beurteilt.
  • Die Kosten waren angemessen: Die entstandenen Kosten für die Rettungsmaßnahmen (z.B. fürs Abschleppen) müssen im Verhältnis zum erwarteten Schaden angemessen sein. Es dürfen keine unnötig hohen Kosten verursacht worden sein, wenn eine günstigere, aber gleich wirksame Maßnahme möglich gewesen wäre.
  • Die Kosten sind durch die Rettungshandlung entstanden: Es muss ein direkter Zusammenhang zwischen den Kosten und der Maßnahme zur Schadensvermeidung oder -minderung bestehen.

Wer muss was beweisen?

Grundsätzlich liegt die Beweislast beim Versicherungsnehmer, also bei Ihnen. Sie müssen Ihrer Versicherung nachweisen, dass die genannten Voraussetzungen erfüllt waren:

  • Dass ein Wildtier die Gefahr eines versicherten Schadens hervorgerufen hat.
  • Dass Sie deswegen ausweichen mussten und dadurch Kosten entstanden sind.
  • Dass das Ausweichmanöver notwendig war.
  • Dass die entstandenen Kosten angemessen sind.

Hierfür sind oft Beweise wie Fotos von der Unfallstelle (auch wenn kein Tier getroffen wurde, aber z.B. Bremsspuren oder Tierhaare am Auto zu finden sind), Zeugenaussagen oder eine polizeiliche Unfallaufnahme hilfreich. Auch die Meldung des Unfalls an die zuständige Jagdbehörde kann relevant sein, selbst wenn das Tier nicht verletzt wurde.

Die Vorschrift des § 90 VVG regelt grundsätzlich, bis zu welcher Höhe die Versicherung im Schadenfall zahlen muss – nämlich in der Regel bis zur vereinbarten Versicherungssumme. Die Besonderheit bei Rettungskosten nach §§ 82, 83 VVG kann jedoch sein, dass diese unter Umständen sogar über die eigentliche Versicherungssumme hinaus erstattet werden können, wenn sie zur Abwendung oder Minderung eines versicherten Schadens entstanden sind. Dies unterstreicht die Wichtigkeit der Schadensvermeidung aus Sicht der Versicherung.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Ein Anspruch auf Rettungskostenersatz nach einem Ausweichmanöver vor Wildtieren besteht, wenn ein unmittelbar drohender, versicherter Schaden durch eine notwendige und angemessene Handlung abgewendet oder gemindert werden sollte und dadurch Kosten entstanden sind. Sie als Versicherungsnehmer müssen die Umstände belegen, die diese Notwendigkeit und Angemessenheit zeigen.


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Welche Unterschiede bestehen zwischen einem direkten Wildschaden durch Kollision und einem indirekten Wildschaden durch ein Ausweichmanöver im Hinblick auf die Versicherungsleistung?

Wenn es um Schäden am Fahrzeug durch Wildtiere geht, unterscheiden Versicherungen oft danach, wie der Schaden entstanden ist. Dies hat Auswirkungen darauf, ob und in welchem Umfang die Versicherung zahlt. Man spricht hier von direktem Wildschaden und Schäden, die durch ein Ausweichmanöver entstanden sind.

Der direkte Wildschaden liegt vor, wenn Ihr Fahrzeug unmittelbar mit einem Wildtier kollidiert. Stellen Sie sich vor, Sie fahren und ein Hirsch läuft direkt vor Ihr Auto, und Sie stoßen mit ihm zusammen. Dies ist ein klarer Fall eines unmittelbaren Zusammenstoßes mit Haarwild (wie z.B. Hirsch, Reh, Wildschwein). Viele Teilkasko-Versicherungen decken solche Schäden ab. Das bedeutet, die Reparaturkosten für die direkte Folge des Zusammenstoßes werden in der Regel von der Versicherung übernommen, abzüglich einer vereinbarten Selbstbeteiligung.

Anders sieht es oft bei Schäden aus, die durch ein Ausweichmanöver entstehen. Hier stoßen Sie nicht direkt mit dem Tier zusammen. Stattdessen reißen Sie das Lenkrad herum, um den Zusammenstoß zu vermeiden, und fahren dabei beispielsweise gegen einen Baum, landen im Graben oder kollidieren mit einem anderen Hindernis. Der Schaden am Fahrzeug ist hier nicht die direkte Folge des Kontakts mit dem Tier, sondern die Folge des Ausweichvorgangs.

Typische Teilkasko-Versicherungen sind primär für den unmittelbaren Zusammenstoß mit Haarwild konzipiert. Schäden durch ein Ausweichmanöver sind nach den Grundbedingungen vieler Teilkasko-Verträge nicht automatisch mitversichert. Dies liegt daran, dass der Schaden eben nicht durch den direkten Aufprall auf das Tier entstanden ist.

Allerdings kann es sein, dass in Ihrer Versicherungspolice zusätzliche Klauseln existieren, die Schäden durch notwendige Ausweichmanöver abdecken. Manchmal fallen solche Schäden unter Regelungen, die den Ersatz von „Rettungskosten“ oder ähnlichen Aufwendungen vorsehen. Dabei geht es darum, ob das Ausweichmanöver erforderlich war, um einen noch größeren Schaden (z.B. einen schweren Unfall oder eine Kollision mit einem sehr großen Tier) zu verhindern. Die Auslegung solcher Klauseln und die Frage, ob das Ausweichmanöver tatsächlich notwendig und verhältnismäßig war, können im Einzelfall komplex sein.

Für Sie als Versicherten ist es daher entscheidend, die genauen Bedingungen Ihrer spezifischen Versicherungspolice zu prüfen. Dort steht detailliert beschrieben, welche Arten von Wildschäden versichert sind und ob auch Schäden durch Ausweichmanöver abgedeckt sind. Die Leistungspflicht der Versicherung hängt maßgeblich vom Wortlaut Ihres individuellen Versicherungsvertrages ab.


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Wie wirkt sich eine Selbstbeteiligung in der Teilkaskoversicherung auf den Anspruch auf Rettungskostenersatz aus?

Wenn Sie eine Teilkaskoversicherung für Ihr Fahrzeug abgeschlossen haben, deckt diese bestimmte Schäden ab, die nicht selbst verschuldet sind, wie etwa Diebstahl, Wildunfälle oder Schäden durch Sturm und Hagel. Teil dieser Absicherung können auch sogenannte Rettungskosten sein. Das sind Kosten, die entstehen, um Ihr beschädigtes Fahrzeug zu bergen, abzuschleppen oder sicherzustellen, zum Beispiel nach einem Unfall oder einer Naturkatastrophe, die unter die Teilkasko fällt.

Viele Versicherungsnehmer vereinbaren in ihrer Teilkaskoversicherung eine Selbstbeteiligung. Das ist ein fester Betrag, den Sie im Schadensfall immer selbst tragen, bevor die Versicherung zahlt. Durch die Vereinbarung einer Selbstbeteiligung sinkt in der Regel Ihre jährliche Versicherungsprämie.

Nun zur Frage, wie sich diese Selbstbeteiligung auf den Ersatz von Rettungskosten auswirkt: Wenn Ihre Versicherung den Anspruch auf Rettungskosten anerkennt, weil der Schaden unter die Teilkaskoversicherung fällt, wird die vereinbarte Selbstbeteiligung vom erstattungsfähigen Betrag abgezogen.

Das bedeutet: Die Selbstbeteiligung reduziert die Höhe der Auszahlung durch die Versicherung.

Stellen Sie sich vor, die notwendigen und von der Versicherung anerkannten Rettungskosten betragen 1.000 Euro und Sie haben in Ihrer Teilkasko eine Selbstbeteiligung von 300 Euro vereinbart. In diesem Fall würde die Versicherung 700 Euro an Sie auszahlen (1.000 Euro – 300 Euro). Die restlichen 300 Euro müssten Sie selbst bezahlen.

Einfach ausgedrückt folgt die Berechnung, wie viel die Versicherung von den Rettungskosten übernimmt, dieser Regel:

Auszahlung der Versicherung = Anerkannte Rettungskosten – Vereinbarte Selbstbeteiligung

Für Sie als Versicherungsnehmer bedeutet dies, dass Sie trotz des Anspruchs auf Ersatz der Rettungskosten einen Teil der Kosten selbst tragen müssen, wenn Sie eine Selbstbeteiligung vereinbart haben. Die Höhe dieses Anteils entspricht genau der Höhe Ihrer Selbstbeteiligung.


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Welche Beweismittel sind erforderlich, um einen Anspruch auf Rettungskostenersatz nach einem Ausweichmanöver gegenüber der Versicherung geltend zu machen?

Um einen Anspruch auf Ersatz von Rettungskosten nach einem notwendigen Ausweichmanöver bei der Versicherung erfolgreich geltend zu machen, ist es entscheidend, den Unfallhergang und die Notwendigkeit des Ausweichmanövers klar und nachvollziehbar zu belegen. Stellen Sie sich vor, die Versicherung muss aus Ihren Unterlagen genau verstehen, was passiert ist und warum das Ausweichen der einzige Weg war, einen Zusammenstoß zu vermeiden.

Wichtige Beweismittel für Ihren Anspruch

Es gibt verschiedene Arten von Belegen, die helfen können, Ihren Fall zu untermauern. Eine gute Dokumentation ist hierbei der Schlüssel.

  • Fotos und Videos vom Unfallort: Machen Sie Aufnahmen von der Unfallstelle, den beteiligten Fahrzeugen (auch dem, dem Sie ausgewichen sind, falls identifizierbar), der Fahrbahn, der Verkehrssituation und Schäden an Ihrem Fahrzeug oder anderen Objekten, die durch das Ausweichmanöver entstanden sind (z.B. ein Zaun oder Baum). Bilder können oft mehr erklären als Worte und zeigen, wie die Situation unmittelbar nach dem Vorfall aussah.
  • Zeugenaussagen: Wenn andere Personen das Geschehen beobachtet haben, können deren Aussagen sehr wertvoll sein. Notieren Sie sich Namen, Adressen und Telefonnummern möglicher Zeugen. Eine schriftliche Aussage der Zeugen, die den Hergang aus ihrer Sicht schildert, kann ebenfalls hilfreich sein.
  • Polizeiliche Unfallaufnahme: Wurde die Polizei zum Unfallort gerufen, erstellt sie in der Regel einen Unfallbericht. Dieser Bericht dokumentiert den Hergang aus Sicht der Beamten und kann wichtige Feststellungen zu beteiligten Personen, Fahrzeugen und Umständen enthalten. Ein solcher Bericht hat hohes Gewicht bei der Klärung der Schuldfrage.
  • Informationen zum Verursacher: Wenn das Fahrzeug, dem Sie ausweichen mussten, bekannt ist, sind dessen Kennzeichen, Fahrzeugtyp und die Kontaktdaten des Fahrers oder Halters sehr wichtige Informationen.
  • Schadensdokumentation: Fotografieren Sie alle Schäden an Ihrem Fahrzeug oder anderen Dingen, die durch das Ausweichmanöver entstanden sind. Halten Sie fest, wann und wo diese Schäden aufgetreten sind.
  • Rechnungen für Rettungskosten: Sammeln Sie alle Belege über die Ihnen entstandenen Kosten. Dazu gehören beispielsweise Rechnungen für das Abschleppen Ihres Fahrzeugs, Bergungskosten oder andere unmittelbare Ausgaben, die direkt durch das Manöver und dessen Folgen verursacht wurden.

Warum detaillierte Dokumentation entscheidend ist

Je umfassender und detaillierter Ihre Dokumentation ist, desto einfacher ist es für die Versicherung, den Unfallhergang nachzuvollziehen und die Notwendigkeit Ihres Ausweichmanövers zu erkennen. Eine lückenlose Beweiskette kann helfen, Zweifel auszuräumen und Ihren Anspruch auf Ersatz der Rettungskosten zu begründen. Das Ziel ist, der Versicherung klar aufzuzeigen, dass das Ausweichen eine Reaktion auf eine gefährliche Situation war, die von einem Dritten verursacht wurde.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Rettungskosten

Rettungskosten sind Aufwendungen, die ein Versicherter tätigt, um einen unmittelbar drohenden oder bereits eingetretenen versicherten Schaden abzuwenden oder zu mindern. Im Versicherungsvertragsgesetz (VVG), insbesondere in den §§ 82, 83 und 90, sind diese Kosten geregelt und können auch über die eigentliche Versicherungssumme hinaus ersetzt werden. Im konkreten Fall handelt es sich bei den Rettungskosten um die Schäden am Fahrzeug und an der Schutzkleidung, die durch ein Ausweichmanöver vor Wildtieren entstanden sind, obwohl keine direkte Kollision mit dem Tier stattfand. Wichtig ist, dass die Maßnahme zur Schadensverhinderung objektiv geboten und angemessen war.

Beispiel: Wenn Sie einen Baum umfahren, um einen plötzlich auf die Straße laufenden Hund zu vermeiden, und dabei Ihr Fahrzeug beschädigen, sind die Reparaturkosten durch dieses Ausweichmanöver potenziell Rettungskosten.


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Ausweichmanöver

Ein Ausweichmanöver ist eine vorsätzliche Fahrbewegung, mit der ein Fahrzeugführer ein Hindernis oder Gefahr auf der Fahrbahn vermeidet, etwa durch Lenken oder Bremsen. Im vorliegenden Fall diente das Ausweichmanöver dazu, eine Kollision mit Wildtieren zu verhindern, führte aber selbst zu einem Sturz und Schäden am Motorrad und der Schutzkleidung. Für den Versicherungsschutz ist entscheidend, ob dieses Manöver als notwendige, angemessene und objektiv gebotene Rettungshandlung anerkannt wird. Nicht jedes Ausweichmanöver führt automatisch zu einem Anspruch; seine Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit sind entscheidende Faktoren.

Beispiel: Ein Autofahrer muss bei plötzlich auftauchendem Wild auf der Fahrbahn ausweichen und beschädigt dabei sein eigenes Fahrzeug am Straßenrand.


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Wildschaden (direkt vs. indirekt)

Ein Wildschaden bezeichnet Schäden am Fahrzeug durch das Zusammenstoßen mit Wildtieren. Ein direkter Wildschaden liegt vor, wenn es zu einer physischen Kollision des Fahrzeugs mit dem Tier kommt, was häufig von der Teilkaskoversicherung gedeckt ist. Ein indirekter Wildschaden entsteht hingegen durch Folgen eines Ausweichmanövers, also ohne direkten Tierkontakt, etwa wenn das Fahrzeug beim Ausweichen gegen einen Baum fährt. Im Fall ist der direkte Wildschaden ausgeschlossen, da keine Kollision mit den Rehen stattfand, der Versicherungsschutz bezieht sich stattdessen auf die Rettungskosten.

Beispiel: Ein Auto stößt direkt mit einem Wildschwein zusammen (direkter Wildschaden) vs. ein Fahrer weicht aus und fährt gegen einen Baum (indirekter Schaden).


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Selbstbeteiligung

Die Selbstbeteiligung ist ein vertraglich vereinbarter Betrag, den der Versicherungsnehmer im Schadensfall selbst tragen muss. Sie reduziert die Auszahlung der Versicherung um diesen festgelegten Betrag. Im vorliegenden Fall hat der Motorradfahrer eine Selbstbeteiligung von 150 Euro in seiner Teilkaskoversicherung; diese wird von den erstattungsfähigen Rettungskosten abgezogen. Die Selbstbeteiligung dient dazu, kleinere Schäden nicht der Versicherung zu melden und die Prämien bezahlbar zu halten. Bei größeren Schadenssummen führt sie zu einer Verminderung der Erstattung, nicht zum vollständigen Ausschluss.

Beispiel: Reparaturkosten von 1.000 Euro abzüglich einer Selbstbeteiligung von 300 Euro führen zu einer Versicherungszahlung von 700 Euro.


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Darlegungs- und Beweislast

Die Darlegungs- und Beweislast beschreibt die Verpflichtung des Versicherten (Versicherungsnehmers), die Tatsachen vorzutragen und zu beweisen, die den Anspruch auf Versicherungsleistung begründen. Nach § 286 ZPO verlangt das Gericht die volle richterliche Überzeugung von der Wahrheit der Angaben. Im Fall muss der Motorradfahrer belegen, dass ein unmittelbar drohender Wildunfall vorlag, das Ausweichmanöver objektiv notwendig und angemessen war und die Schäden daraus entstanden sind. Sind hierfür keine Beweise oder wahrheitsgemäße Darstellungen erbracht, kann der Versicherer die Leistung ablehnen.

Beispiel: Nach einem Unfall müssen Sie beweisen, dass das Wildtier auf der Fahrbahn war, der Ausweichvorgang notwendig war und die Schäden direkt daraus resultieren, etwa durch Zeugenaussagen oder Unfallfotos.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 83 Versicherungsvertragsgesetz (VVG): Regelt die Erstattung von Aufwendungen des Versicherungsnehmers zur Abwendung oder Minderung eines Schadens, sofern diese den Umständen nach für geboten gehalten wurden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG Saarbrücken stützt den Anspruch des Motorradfahrers auf Ersatz der durch das Ausweichmanöver entstandenen Schäden an Motorrad und Schutzkleidung als Rettungskosten im Sinne dieser Vorschrift.
  • § 90 Abs. 1 VVG: Erweitert den Versicherungsschutz auf Aufwendungen, die zur Abwendung eines unmittelbar bevorstehenden Versicherungsfalles getätigt werden („Vorerstreckung“). | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Ausweichmanöver wurde als Handlung verstanden, die einen unmittelbar bevorstehenden Wildunfall verhindern sollte, wodurch der Anspruch auf Rettungskostenersatz begründet wird.
  • § 82 VVG: Definiert den Versicherungsfall als das eingetretene schadensauslösende Ereignis, von dem auch die Ersatzpflicht abhängig ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das drohende Ereignis eines Wildunfalls war der versicherte Sachverhalt, dessen Abwendung die Grundlage für die Rettungskostenentschädigung bildet.
  • Klausel A.2.2.1.4 der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB): Versichert die Schäden durch den physischen Zusammenstoß des Fahrzeugs mit Tieren. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG bestätigt, dass ohne eine tatsächliche Kollision kein Anspruch aus der Wildkollisionsklausel besteht, weshalb die Leistung auf die Rettungskostenregelung gestützt wird.
  • § 286 Zivilprozessordnung (ZPO): Vorschrift zur richterlichen Überzeugung bei der Beweiswürdigung, wonach das Gericht nur bei voller Überzeugung von der Wahrheit der behaupteten Tatsachen entscheiden darf. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht musste die Glaubwürdigkeit der Schilderungen des Motorradfahrers und der Zeugen zweifelsfrei feststellen, um den Anspruch auf Rettungskosten anerkennen zu können.
  • Grundsatz der gebotenen Rettungsmaßnahme (Auslegung der §§ 83, 90 VVG in der Rechtsprechung): Eine Rettungshandlung muss objektiv geeignet und subjektiv nicht grob fahrlässig sein, um Ersatzansprüche zu begründen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG sah das Ausweichmanöver als geboten und nicht grob fahrlässig an, da es objektiv sinnvoll war, die Kollision mit Rehen zu vermeiden und subjektiv eine verständliche Reaktion in einer Gefahrenlage darstellte.

Das vorliegende Urteil


OLG Saarbrücken – Az.: 5 U 120/21 – Urteil vom 23.11.2022


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