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Privaten Krankenversicherungsvertrag im Basistarif für hilfebedürftige Klägerin

Gericht fordert: Versicherung muss Vertrag mit Hilfebedürftiger schließen

Das Amtsgericht Dortmund hat entschieden, dass die Beklagte einen privaten Krankenversicherungsvertrag im Basistarif mit der Klägerin eingehen muss und den Beitrag für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit um die Hälfte reduzieren muss. Die Klägerin, eine Frau aus Kirgisistan mit einem Wohnsitz in Deutschland, konnte aufgrund fehlender Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenkasse auf den privaten Basistarif zurückgreifen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 423 C 6705/14 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Das Gericht hat entschieden, dass die beklagte Versicherungsgesellschaft einen privaten Krankenversicherungsvertrag im Basistarif mit der Klägerin abzuschließen muss.
  2. Die Klägerin ist aus Kirgisistan und hat einen Wohnsitz in Deutschland, ihre monatliche Rente beträgt nur 70,00 EUR.
  3. Sie ist nicht zur gesetzlichen Krankenversicherung verpflichtet, da sie keine unbefristete Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis besitzt.
  4. Das Gericht hat entschieden, dass die Klägerin Anspruch auf einen Krankenversicherungsbeitrag der Hälfte während ihrer Hilfebedürftigkeit hat.
  5. Die beklagte Partei ist verpflichtet, mit der Klägerin einen privaten Versicherungsvertrag abzuschließen, gemäß § 193 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 VVG.
  6. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass die Klägerin in der Lage und verpflichtet ist, einen Versicherungsvertrag in der gesetzlichen Krankenversicherung abzuschließen.
  7. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die beklagte Partei.
  8. Die Klägerin hat eine befristete Duldung von sechs Monaten, die vom Sohn der Klägerin unterstützt wird, der sich verpflichtet hat, den Lebensunterhalt der Klägerin, einschließlich ihrer Krankenversicherung, sicherzustellen.

Der Fall der privaten Krankenversicherung: Eine gerichtliche Betrachtung

In der Welt des Versicherungsrechts gibt es immer wieder Fälle, die weitreichende Konsequenzen haben können. Ein solcher Fall liegt vor, wenn eine Versicherungsgesellschaft dazu verurteilt wird, eine private Krankenversicherung mit einem Kläger abzuschließen und zugleich den Beitrag für die Versicherung auf die Hälfte zu reduzieren. Aus der Fülle von Gerichtsurteilen sticht ein Fall heraus, in dem das Bundessozialgericht den Beklagten zu einem Zuschuss zur privaten Krankenversicherung des Klägers verurteilte.

Diese Situation wirft eine Reihe von rechtlichen Fragen und Herausforderungen auf. Es ist von Bedeutung, wie das Gericht zu diesem Urteil gekommen ist und welche Auswirkungen es auf zukünftige Fälle haben könnte. Vergleichbare Situationen lassen vermuten, dass eine Vielzahl von individuellen Faktoren und Bedingungen zu berücksichtigen sein könnten. Einer detaillierteren Betrachtung solcher Urteile und ihrer möglichen Konsequenzen auf Versicherungsnehmer und -geber dürfte daher von großem Interesse sein. „Verpflichtung zur Krankenversicherungsvertrag Annahme: Startschuss in den Rechtsstreit“

Im Kern des Geschehens stand die Pflicht der Versicherungsgesellschaft, repräsentiert durch die Beklagte, einen privaten Krankenversicherungsvertrag im Basistarif mit der Klägerin abzuschließen. Es begann mit der Klägerin aus Kirgisistan, die am 20.09.2009 in die Bundesrepublik eingewandert war. Mit lediglich einer monatlichen Rente von 70,00 EUR, befand sie sich in einer prekären finanziellen Situation, und trotz des Fehlens von Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis, erhielt sie eine jeweils sechsmonatige Duldung durch die Stadt I, unter der Bedingung, dass ihr Sohn den Lebensunterhalt einschließlich der Krankenversicherung sicherstellt. Nachdem die Klägerin einen Antrag auf Abschluss eines Krankenversicherungsvertrages im Basistarif bei der Beklagten gestellt hatte, lehnte diese den Antrag am 08.07.2014 ab.

Hilfebedürftigkeit trifft auf Unternehmenspolitik: Verweigerung trifft auf Rechtfertigung

Was zur rechtlichen Auseinandersetzung führte und das Herzstück des rechtlichen Problems darstellt, war die Weigerung der Beklagten, den Antrag der Klägerin anzunehmen. Die Klägerin behauptete, die Beklagte sei verpflichtet, den Vertrag abzuschließen, da sie seit fünf Jahren ihren Wohnsitz bei ihrem Sohn in I hatte und keine Verpflichtung zur gesetzlichen Krankenversicherung bestand. Sie argumentierte weiter, dass sie in Anbetracht ihrer Hilfebedürftigkeit nur einen 50-prozentigen Beitrag leisten könne. Die Beklagte hingegen bestritt das Bestehen eines Kontrahierungsfalls und behauptete, dass die Klägerin dazu verpflichtet sei, sich gesetzlich krankenzuversichern.

Durchbruch im Rechtsstreit: Gerichtliches Urteil zu Gunsten der Klägerin

In einer entscheidenden Wende wurde die zulässige Klage als begründet erkannt. Laut § 193 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 VVG wurde die Beklagte vom Gericht verpflichtet, mit der Klägerin einen privaten Krankenversicherungsvertrag abzuschließen. Für ihre Entscheidung zog das Gericht die unstreitige Existenz einer Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Stadt I über ihre Aufenthaltsberechtigung sowie den Nachweis des Wohnsitzes der Klägerin in der Bundesrepublik heran.

Bedeutung des Urteils: Verantwortung der Versicherungen gegenüber Hilfebedürftigen

In diesem Fall sorgt die Entscheidung des Gerichts für Klarheit hinsichtlich der Verantwortung der Krankenversicherungsgesellschaften gegenüber Hilfebedürftigen. Das Urteil legt fest, dass Versicherungsgesellschaften verpflichtet sind, mit Hilfebedürftigen einen privaten Krankenversicherungsvertrag im Basistarif abzuschließen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.

Die Fakten dieses Falles und das Urteil bieten einen tiefgehenden Einblick in die rechtlichen Pflichten von Versicherungsgesellschaften. Es ist wichtig zu beachten, dass der vollständige Text des Urteils weiter unten nachgelesen werden kann. Es ist der AG Dortmund – Az.: 423 C 6705/14 – Urteil vom 13.01.2015.

✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt

Was bedeutet Basistarif in Bezug auf private Krankenversicherungen?

Der Basistarif in der privaten Krankenversicherung (PKV) ist ein branchenweit einheitlicher Tarif, der seit dem 1. Januar 2009 angeboten wird. Die Leistungen dieses Tarifs sind in Art, Umfang und Höhe mit den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vergleichbar.

Die Krankenversicherungsunternehmen dürfen niemanden zurückweisen, der sich in diesem Tarif versichern darf. Im Basistarif sind Risikozuschläge oder Leistungsausschlüsse nicht erlaubt. Der Basistarif ist insbesondere für Versicherte gedacht, die ihre Beiträge nicht mehr zahlen können oder lange Zeit keine Krankenversicherung hatten.

Die Kosten für den Basistarif sind auf den Höchstbeitrag der GKV begrenzt. Im Jahr 2023 betrug dieser Höchstbeitrag beispielsweise 808 Euro pro Monat.

Es ist zu erwähnen, dass es Unterschiede in der Abrechnung von Arztleistungen zwischen dem Basistarif und anderen PKV-Tarifen gibt. Ärzte rechnen im Basistarif andere Gebührensätze ab als üblicherweise bei Privatpatienten. Es kann passieren, dass Versicherte im Basistarif auf einem Teil ihrer Arztrechnungen sitzenbleiben, wenn sie Leistungen in Anspruch nehmen, die über die der GKV hinausgehen.

Versicherte, die ihren Vertrag seit dem 1. Januar 2009 abgeschlossen haben, haben das Recht, bei einem Wechsel ihrer Versicherung ihre Altersrücklagen teilweise mitzunehmen, und zwar bis zu der Höhe der Rückstellungen, die sie im Basistarif angesammelt hätten.

Der Basistarif wurde mit der Gesundheitsreform 2007 eingeführt und ist Teil der allgemeinen Versicherungspflicht, die zum 1. Januar 2009 eingeführt wurde. Er richtet sich an Menschen in speziellen Ausnahmesituationen, insbesondere bei finanziellen Schwierigkeiten.


Das vorliegende Urteil

AG Dortmund – Az.: 423 C 6705/14 – Urteil vom 13.01.2015

Die Beklagte wird verurteilt, mit der Klägerin einen privaten Krankenversicherungsvertrag im Basistarif abzuschließen.

Die Beklagte wird verurteilt, den Krankenversicherungsbeitrag der Klägerin für die Dauer der Hilfebedürftigkeit der Klägerin auf die Hälfte zu reduzieren.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, mit der Klägerin einen Krankenversicherungsvertrag abzuschließen.

Die Klägerin, geboren am 00.00.0000, kam am 20.09.2009 aus Kirgisistan in die Bundesrepublik eingereist. Sie besitzt eine monatliche Rente von nur 70,00 EUR. Die Klägerin besitzt keine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis. In einem Verwaltungsstreitverfahren schloss die Klägerin mit der Stadt I einen Vergleich, nach dem der Klägerin eine jeweils sechsmonatige Duldung erteilt wird, jeweils unter der Bedingung, dass die Sach- und Rechtslage gleichbleibend ist und der Sohn der Klägerin sich förmlich verpflichtet, den Lebensunterhalt der Klägerin einschließlich ihrer Krankenversicherung sicherzustellen. Diese Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG hat der Sohn der Klägerin am 10. Oktober 2014 gegenüber der Stadt I abgegeben.

Mit Schriftsatz vom 10.04.2014 hatte die Klägerin bei der Beklagten den Abschluss eines privaten Krankenversicherungsvertrages im Basistarif beantragt. Ein ihr zugesandtes Formular hat sie ausgefüllt. Die Beklagte lehnte am 08.07.2014 den Antrag ab.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte sei zum Abschluss des Krankenversicherungsvertrages verpflichtet, da sie seit fünf Jahren ihren Wohnsitz bei ihrem Sohn in I habe und sie nicht verpflichtet sei, sich gesetzlich krankenzuversichern. Eine solche Verpflichtung bestehe nach ihrer Ansicht nicht, da sie keine unbeschränkte Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis habe. Nach Ansicht der Klägerin sei die Beklagte verpflichtet, für den Zeitraum der Bedürftigkeit der Klägerin einen Tarif mit nur einem 50-prozentigen Beitrag anzubieten.

Die Klägerin beantragt,  wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,  die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass ein Kontrahierungsfall nicht bestehe. Das Bestehen eines Wohnsitzes wird bestritten und im Übrigen sei die Klägerin verpflichtet sich im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung zu versichern.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Beklagte ist gemäß § 193 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 VVG verpflichtet, mit der Klägerin einen privaten Krankenversicherungsvertrag abzuschließen.

Soweit die beklagte Partei ursprünglich einen Wohnsitz der Klägerin in der Bundesrepublik bestritten hatte, hat sie dieses Bestreiten nach der dezidierten Darlegung des Wohnsitzes der Klägerin in einem nachfolgenden Schriftsatz nicht weiter aufrechterhalten. Darüber hinaus wurden sämtliche Zustellungen im Klageverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unter der angegebenen Adresse der Klägerin vorgenommen. Ferner hat die Klägerin unstreitig mit der Stadt I einen Vergleich über ihre Aufenthaltsberechtigung getroffen, wobei aus dem überreichten Vergleichstext und dem dort in Ansatz gebrachten Rubrum auch hervorgeht, dass die Klägerin unter der in diesem Verfahren mitgeteilten Adresse wohnhaft ist. Es bestehen daher keinerlei Ansatzpunkte, dass die Klägerin einen Wohnsitz in Deutschland nicht hat, obwohl sie sich vor dem Oberverwaltungsgericht im Wege des Vergleichs einen Aufenthaltstitel erstritten hat. Unter dieser Voraussetzung genügt das pauschale Bestreiten des Bestehens eines Wohnsitzes durch die Beklagte nicht. Es hätte der beklagten Partei oblegen, konkrete Tatsachen vorzubringen, aus denen sich entnehmen lässt, dass die Klägerin tatsächlich keinen Wohnsitz in Deutschland unterhält.

Die beklagte Partei kann auch nicht damit gehört werden, die Klägerin sei berechtigt und verpflichtet im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung einen Versicherungsvertrag abzuschließen. Denn insoweit übersieht die Beklagte, dass die Klägerin von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 11 SGB V ausgenommen ist. Nach dieser Vorschrift werden Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als 12 Monate nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhaltes besteht. Die vorgenannten Voraussetzungen liegen in der Person der Klägerin nicht vor.

Ausweislich der im Termin überreichten Unterlagen des Oberverwaltungsgerichtes besitzt die Klägerin lediglich eine auf sechs Monate angelegte Duldung die zudem mit der Verpflichtung verbunden wurde, dass der Sohn der Klägerin sich förmlich verpflichtet den Lebensunterhalt einschließlich der Krankenversicherung sicherzustellen. Damit steht fest, dass die Klägerin gerade nicht einen solchen Aufenthaltstitel besitzt, der dazu führen würde, dass sie gesetzlich versicherungspflichtig im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ist.

Die beklagte Partei war daher zum Abschluss eines entsprechenden Versicherungsvertrages zu verurteilen.

Auch die weitergehende Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gemäß § 12 Abs. 1 VAG Anspruch auf Reduzierung des Krankenversicherungsbeitrages um die Hälfte. Die Klägerin bezieht derzeit unstreitig eine Rente in Höhe von 70,00 EUR. Allein die Zahlung des Krankenversicherungsbeitrages für den Basistarif wird damit zur Hilfebedürftigkeit der Klägerin führen. Die beklagte Partei ist daher zur Reduzierung des Beitrages entsprechend der gesetzlichen Vorschrift verpflichtet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit resultiert aus § 709 ZPO.

 

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