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PKV – Erstattung Behandlungskosten für Katarakt-OP

AG Burgwedel – Az.: 7 C 283/19 – Urteil vom 07.11.2019

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 102,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 16.05.2019 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 90 % und die Beklagte 10 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die die Zwangsvollstreckung betreibende Partei zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert für das Verfahren wird auf 1.040,32 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten, seiner privaten Krankenversicherung, die Erstattung weiterer Behandlungskosten für eine Katarakt-OP.

Der Kläger unterzog sich am 16.10.2018 bei dem Augenarzt … zur Behandlung eines grauen Stars einer Katarakt-OP, die unter Einsatz eines Femtosekundenlasers erfolgte. Für seine Leistungen verlangte die Augenarztpraxis mit Rechnung vom 02.02.2019 die Zahlung eines Honorars in Höhe von insgesamt 2.746,38 €, wobei sie für den Einsatz des Femtosekundenlasers eine gesonderte Gebühr gem. Gebührenziffer 5855 GOÄ analog in Höhe von 1.005,46 € berechnete. Die Beklagte übernahm diese Kosten wie auch die Kosten für die Erstellung zweier ausführlicher Berichte in Höhe von zusammen 34,86 € nicht.

Der Kläger behauptet, es sei medizinisch notwendig gewesen, die Katarakt-OP mittels eines Femtosekundenlasers durchzuführen. Diese Methode sei zudem für das Auge, für die Hornhaut und für die Netzhaut schonender und präziser. Er ist der Auffassung, dass die mit dem Femtosekundenlaser durchgeführten Behandlungsschritte in der Gebührenposition für die Katarakt-OP nicht enthalten seien und eine zusätzliche Berechnung der Position 5855 GOÄ analog rechtfertigen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.040,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass der Einsatz eines Femtosekundenlasers bei der Katarakt-OP eine gesonderte Abrechnung nach der Gebührenziffer 5855 analog nicht rechtfertige, weil der Einsatz eines Femtosekundenlasers keine selbständige ärztliche Leistung sei, sondern lediglich der Erbringung der eigentlichen Leistung, nämlich der Katarakt-OP, diene.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, hat aber nur in geringem Umfang Erfolg.

1.

Der Kläger kann von der Beklagten wegen des Einsatzes eines Femtosekundenlasers im Rahmen der bei ihm durchgeführten Katarakt-OP lediglich den Zuschlag nach Ziffer 441 der GOÄ in Höhe von 67,49 € verlangen. Dabei ist unerheblich, dass der den Kläger behandelnde Augenarzt in seiner Rechnung vom 02.02.2019 den Einsatz des Femtosekundenlasers nach einer anderen Gebührenziffer abgerechnet hat, weil die Fälligkeit einer ärztlichen Rechnung nicht davon abhängt, dass die Rechnung inhaltlich zutrifft (vgl. hierzu u.a. BGH in NJW-RR 2007, 494).

Darüber hinaus hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für zwei ausführliche Berichte gem. Gebührenziffer 75 der GOÄ in Höhe von Insgesamt 34,86 €, da der die Operation ausführende Arzt unstreitig sowohl der Augenärztin als auch dem Hausarzt des Klägers ausführliche schriftliche Berichte übersandt hat.

2.

Ein weitergehender Zahlungsanspruch steht dem Kläger gegen die Beklagte dagegen nicht zu, denn der Einsatz des Femtosekundenlasers im Rahmen der Katarakt-OP rechtfertigt eine gesonderte Berechnung der Gebührenziffer 5855 analog nach Ansicht des Gerichts nicht. Die GOÄ enthält für den Einsatz eines Femtosekundenlasers keine eigene Gebührenziffer. Gemäß § 6 Abs. 2 GOÄ können selbständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis der GOÄ nicht aufgenommen sind, entsprechend einer nach Art, Kosten und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden. Gemäß

§ 4 Abs. 2 a GOÄ kann der Arzt allerdings für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, eine gesonderte Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Voraussetzung für eine analoge Berechnung ist deshalb, dass es sich bei dem Einsatz des Femtosekundenlasers um eine selbständige Leistung im Sinne von § 6 Abs. 2 GOÄ handelt. Das ist nach Ansicht des Gerichts jedoch nicht der Fall. Vielmehr ist der Einsatz des Femtosekundenlasers lediglich eine unselbständige Leistung der Zielleistung Katarakt-OP.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Selbständigkeit einer ärztlichen Leistung danach zu beurteilen, ob für sie eine eigenständige medizinische Indikation besteht. Bei einer Katarakt-OP wird, worüber zwischen den Parteien kein Streit besteht, die im Auge befindliche Linse zertrümmert und abgesaugt und anschließend durch eine Kunstlinse ersetzt. Die Linse befindet sich in einer Hülle, dem sog. Kapselsack, der im Rahmen der OP zuvor geöffnet werden muss. Die Katarakt-OP kann dabei mit oder ohne Femtosekundenlaser durchgeführt werden, wobei bei der Femtosekundenlaser-assistierten Katarakt-OP einzelne OP-Schritte, nämlich das Schneiden der Zugänge ins Auge, das Eröffnen des Kapselsacks und die Zertrümmerung des Linsenkerns mit dem Femtosekundenlaser durchgeführt werden. Durch Einsatz des Femtosekundenlasers werden also lediglich einzelne OP-Schritte, die sonst manuell-chirurgisch vorgenommen werden, auf eine andere Art und Weise, nämlich mittels Einsatz des Femtosekundenlasers durchgeführt. Die Zielleistung beider Vorgehensweisen ist und bleibt dabei die Katarakt-OP, also die Entfernung der eingetrübten Linse und der Einsatz einer Kunstlinse. Beim Einsatz des Femtosekundenlasers handelt es sich daher lediglich um eine besondere Ausführung der Katarakt-OP, für die der behandelnde Augenarzt ein Honorar gemäß der Gebührenziffer 1375 der GOÄ erhält, nicht aber um eine eigenständige Leistung, die eine gesonderte Berechnung nach der Gebührenziffer 5855 analog rechtfertigt. Dabei ist unerheblich, ob, wie der Kläger behauptet, diese OP-Methode für das Auge, für die Hornhaut und für die Netzhaut schonender und präziser ist, weil nach der vom Gericht geteilten Rechtsprechung des BGH eine bestimmte OP-Methode bzw. einzelne Schritte dieser Methode nicht dadurch zu einer selbständigen Leistung werden, dass ihr Zweck lediglich darin besteht, bei Erreichen des OP-Ziels benachbarte Strukturen zu schonen (vgl. Urteile des BGH vom 05.06.2008 in den Verfahren III ZR 239/07 und vom 21.01.2010 in dem Verfahren 3 III ZR 147/09).

Der Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zu der Problematik bedurfte es nicht, weil die medizinischen Aspekte des Einsatzes eines Femtosekundenlasers im

Rahmen einer Katarakt-OP hinreichend geklärt sind und es sich bei der Frage, ob es sich bei dem Einsatz eines Femtosekundenlasers im Rahmen der Katarakt-OP um eine selbständige Leistung handelt, die eine analoge Berechnung der Gebührenziffer 5855 GOÄ rechtfertigt, um eine reine Rechtsfrage handelt, die dem Sachverständigen beweis nicht zugänglich ist.

2.

Die Entscheidung über den Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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