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Mitteilungspflicht einer privaten Krankenversicherung bei Prämienanpassung

LG Arnsberg – Az.: I-1 O 127/18 – Urteil vom 16.05.2019

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages.

Tatbestand

Mit der Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass die von der Beklagten in der Zeit zwischen November 2009 und November 2016 durchgeführten Prämienanpassungen unwirksam waren und verlangt die Rückerstattung der überbezahlten Prämien sowie diesbezüglichen Nutzungsersatz.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine private Krankenversicherung zu der Versicherungsnummer KV ####. Diese umfasst eine Krankheitskostenvollversicherung nach dem Tarif „X1“, eine Krankentagegeldversicherung nach dem Tarif „X2“, eine private Pflegepflichtversicherung nach dem Tarif „X3“, sowie eine Pflegetagegeldversicherung nach dem Tarif „X4“.

Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Y 1 – Y 3), die den jeweiligen Verträgen zugrunde liegen, regeln eine Beitragsanpassung jeweils in § 8 b AVB.

Bezüglich der monatlich zu zahlenden Versicherungsbeiträge erteilte der Kläger der Beklagten eine Lastschriftermächtigung.

In den Jahren 2009 bis 2016 nahm die Klägerin verschiedene Beitragserhöhungen vor.

Mit Nachtrag zum Versicherungsschein vom 16.11.2009 erhöhte die Beklagte die monatliche Prämie in dem Tarif „X1“ mit Wirkung ab dem 01.01.2010 um 20,00 EUR.

Mit Nachtrag zum Versicherungsschein aus November 2010 erhöhte die Beklagte die monatliche Prämie in dem Tarif „X1“ mit Wirkung ab dem 01.01.2011 um 44,76 EUR sowie in dem Tarif „X2“ um 2,65 EUR.

Mit Nachtrag zum Versicherungsschein aus November 2011 erhöhte die Beklagte die monatliche Prämie in dem Tarif „X1“ mit Wirkung ab dem 01.01.2012 um 31,27 EUR sowie in dem Tarif „X2“ um 4,80 EUR.

Mit Nachtrag zum Versicherungsschein aus November 2012 erhöhte die Beklagte die monatliche Prämie in dem Tarif „X3“ mit Wirkung ab dem 01.01.2013 um 0,85 EUR.

Mit Nachtrag zum Versicherungsschein aus Februar 2013 erhöhte die Beklagte die monatliche Prämie in dem Tarif „X1“ mit Wirkung ab dem 01.04.2013 um 33,12 EUR.

Mit Nachtrag zum Versicherungsschein aus Februar 2014 erhöhte die Beklagte die monatliche Prämie in dem Tarif „X2“ mit Wirkung ab dem 01.04.2014 um 4,22 EUR.

Mit Nachtrag zum Versicherungsschein aus November 2014 erhöhte die Beklagte die monatliche Prämie in dem Tarif „X3“ mit Wirkung ab dem 01.01.2015 um 2,08 EUR.

Mit Nachtrag zum Versicherungsschein aus Februar 2015 erhöhte die Beklagte die monatliche Prämie in dem Tarif „X2“ mit Wirkung ab dem 01.04.2015 um 2,38 EUR.

Mit Nachtrag zum Versicherungsschein aus Februar 2016 erhöhte die Beklagte die monatliche Prämie in dem Tarif „X1“ mit Wirkung ab dem 01.04.2016 um 83,04 EUR.

Mit Nachtrag zum Versicherungsschein aus November 2016 erhöhte die Beklagte die monatliche Prämie in dem Tarif „X3“ mit Wirkung ab dem 01.01.2017 um 5,13 EUR sowie in dem Tarif „X4“ um 2,10 EUR.

Den Nachträgen zum Versicherungsschein waren jeweils ein Begleitschreiben und eine Information zur Beitragsanpassung beigefügt.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird vollumfänglich auf die jeweiligen Nachträge zum Versicherungsschein nebst Begleitschreiben und Informationsblättern (Anlagen Y 4 – Y 11) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 23.11.2017 setzte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit der Beklagten in Verbindung und bat um Übersendung von Kopien der Vertragsunterlagen der letzten 15 Jahre, um die Wirksamkeit der Beitragserhöhungen überprüfen zu können.

Die Beklagte kam dieser Aufforderung mit Schreiben vom 05.12.2017 nach und übersandte die entsprechenden Vertragsunterlagen. Des Weiteren teilte sie mit, bei dem Treuhänder, welcher mit der Prüfung der Beitragserhöhungen seit 2008 vertraut gewesen sei, handele es sich um Herrn P1, welcher zuverlässig und unabhängig sei.

Die zuständige Aufsichtsbehörde hatte zuvor die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen geprüft und die Bestellung des Treuhänders genehmigt.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 15.02.2018 forderte der Kläger die Beklagte dazu auf, von den Beitragserhöhungen seit November 2009 Abstand zu nehmen und die überbezahlten Beträge sowie die gezogenen Nutzung zuzüglich Zinsen an ihn zurückzuerstatten. Zur Begründung führte er aus, die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Treuhänders sei nicht gewährleistet.

Die Beklagte reagierte hierauf nicht.

Der Kläger behauptet, die Beitragsanpassungen seien materiell unwirksam.

Der Kläger ist der Ansicht, die jeweiligen Beitragserhöhungen seien formell unwirksam, da der Treuhänder von der Beklagten in Anlehnung an § 319 Abs. 3 Nr. 5 HGB wirtschaftlich abhängig gewesen sei und er daher nicht wirksam zugestimmt habe. Außerdem habe die Beklagte die maßgeblichen Gründe für die Beitragserhöhungen nicht ordnungsgemäß mitgeteilt.

Der Kläger beantragt,

Mitteilungspflicht einer privaten Krankenversicherung bei Prämienanpassung
(Symbolfoto: Von fizkes/Shutterstock.com)

1.  es wird festgestellt, dass folgende Erhöhungen des Monatsbeitrag in der zwischen den Klageparteien bestehenden privaten Krankenversicherung mit der Versicherungsnummer KV #### unwirksam waren und der Kläger nicht zur Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbetrags verpflichtet ist:

a)  Im Hinblick auf den Tarif X1 die Erhöhungen

– zum 01.01.2010 um 20,00 EUR,

– zum 01.01.2011 um 44,76 EUR,

– zum 01.01.2012 um 31,27 EUR,

– zum 01.04.2013 um 33,12 EUR,

– zum 01.04.2016 um 83,04 EUR,

b)  im Hinblick auf den Tarif X2 die Erhöhungen

– zum 01.01.2011 um 2,65 EUR,

– zum 01.01.2012 um 4,80 EUR,

– zum 01.04.2014 um 4,22 EUR,

– zum 01.04.2015 um 2,38 EUR,

c)  im Hinblick auf den Tarif X3 die Erhöhungen

– zum 01.01.2013 in Höhe von 0,85 EUR,

– zum 01.01.2015 in Höhe von 2,08 EUR,

– zum 01.01.2017 in Höhe von 5,13 EUR,

d)  im Hinblick auf den Tarif X4 die Erhöhung

– zum 01.01.2017 in Höhe von 2,10 EUR.

2.  Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 13.005,48 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zahlen.

3.  Es wird festgestellt, dass die Beklagte

a)  dem Kläger zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie bis zur Rechtshängigkeit aus dem Prämienanteil gezogen hat, den der Kläger auf die unter Ziff. 1 aufgeführten Beitragserhöhungen gezahlt hat,

b)  die nach Ziff. 3a) herauszugebenden Nutzungen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verzinsen hat.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, der Feststellungsantrag sei bereits unzulässig. Der Feststellungsantrag müsse zeitlich bis zur nächsten wirksamen Folgebeitragsanpassung, mit der eine Neukalkulation verbunden sei, begrenzt werden. Die Anpassungen seien auch den Anforderungen aus § 203 Abs. 5 VVG entsprechend ausreichend begründet. Die wesentlichen Gründe seien jeweils in den Anpassungsschreiben erwähnt und in dem jeweils beigefügten Beileger näher ausgeführt worden. Die Anforderungen an die Begründungspflicht dürften auch nicht übersteigert werden.

Der Kläger müsse sich jedenfalls seinerseits erlangte Vermögensvorteile anrechnen lassen. Hierzu behauptet sie, der Kläger habe Vermögensvorteile in Höhe von 9.449,08 EUR erlangt. In Höhe dieses Betrages erklärt die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung. Außerdem habe er aufgrund der Beitragsanpassungen Beitragsrückerstattungen in Höhe von 360,00 EUR erhalten, die – unterstellt die Beitragsanpassungen seien unwirksam – unberechtigt an ihn ausbezahlt worden seien.

Des Weiteren sei die Beklagte in Höhe der Klageforderung entreichert.

Hinsichtlich sämtlicher Beitragsanpassungen bis zum 01.04.2014 erhebt sie die Einreden der Verjährung und Verwirkung.

Im Übrigen wird auf die wechselseitigen Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

1.

Entgegen der Auffassung der Beklagten sind auch die Klageanträge zu 1) und 3) als Feststellungsanträge gemäß § 256 ZPO zulässig.

Der Klageantrag zu 1) ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Vorliegend steht auch nicht der Vorrang der Leistungsklage entgegen. Durch ein Leistungsurteil wäre nicht rechtskräftig festgestellt, dass der Kläger zukünftig nicht zur Zahlung der Erhöhungsbeiträge verpflichtet ist, die sich aus den streitgegenständlichen Beitragsanpassungen ergeben. Ein gegenwärtiges Feststellungsinteresse kann daher hinsichtlich früherer Prämienanpassungen allenfalls dann zu verneinen sein, wenn sich der Versicherungsnehmer nicht zugleich gegen die Wirksamkeit einer nachfolgenden Prämienanpassungen wendet (BGH, Urteil vom 19.12.2018 – IV ZR 255/17, Rn. 17).

Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, denn der Kläger wendet sich gegen sämtliche Beitragsanpassungen seit dem 01.01.2010.

Des Weiteren ist die begehrte Feststellung der Unwirksamkeit der Prämienerhöhung eine Vorfrage für den Leistungsantrag die zugleich über das dort erfasste Rechtsschutzziel des Klägers hinaus. Deshalb ist der Klageantrag zu1) auch als Zwischenfeststellungsklage im Sinne von § 256 Abs. 2 ZPO zulässig (BGH, Urteil vom 19.12.2018 – IV ZR 255/17, Rn. 17).

Der Klageantrag zu 3), der auf die Feststellung der Verpflichtung zur Herausgabe von Nutzungen gerichtet ist, ist ebenfalls gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.

Zwar ist grundsätzlich eine auf Feststellung des Anspruchsgrundes gerichtete Klage unzulässig, wenn dem Kläger eine Leistungsklage möglich und zumutbar ist und diese das Rechtsschutzziel erschöpft, weil er im Sinne einer besseren Rechtsschutzmöglichkeit den Streitstoff in einem Prozess klären kann. Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor, wenn die gezogenen Nutzungen aus rechtsgrundlos gezahlten Prämienanteilen im Zeitpunkt der Klageerhebung nur teilweise bezifferbar waren und es daher an der Zumutbarkeit der Erhebung einer Leistungsklage fehlte (BGH, Urteil vom 19.12.2018 – IV ZR 255/17, Rn. 19, 20).

Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass der Kläger die gezogenen Nutzungen bereits im Zeitpunkt der Klageerhebung beziffern konnte. Gegenteiliges wird auch von der Beklagten nicht vorgetragen.

2.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

a)

Der Klageantrag zu 1) ist unbegründet, das der Kläger die formelle und materielle Unwirksamkeit der angegriffenen Beitragserhöhungen nicht schlüssig dargelegt hat.

aa)

Die formelle Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Beitragserhöhungen ist nicht ersichtlich.

(1) Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich die formelle Unwirksamkeit nicht daraus, dass es an einer wirksamen Zustimmung eines unabhängigen Treuhänders gemäß § 203 Abs. 2 S. 1 VVG fehlt.

Die Unabhängigkeit eines Treuhänders ist von den Zivilgerichten im Rahmen eines Rechtsstreits über eine Prämienanpassung nicht gesondert zu prüfen. Soweit § 203 Abs. 2 S. 1 VVG die Berechtigung des Versicherers zur Neufestsetzung der Prämie von der Zustimmung eines „unabhängigen Treuhänders“ abhängig macht, handelt sich dabei nur um eine Bezeichnung für diejenige Person, die nach den Bestimmungen des Versicherungsaufsichtsgesetzes für diese Aufgaben bestellt worden ist. Dagegen stellt die Unabhängigkeit des Treuhänders kein eigenständiges Tatbestandsmerkmal dar, das von den Zivilgerichten im Rechtsstreit um die Berechtigung einer Prämienanpassung gesondert zu prüfen ist (BGH, Urteil vom 19.12.2018 – IV ZR 255/17, Rn. 30).

(2) Die formelle Unwirksamkeit folgt auch nicht aus einer nach § 203 Abs. 5 VVG ungenügenden Begründung der Beklagten. Diese ist dem Begründungserfordernis jeweils in ausreichender Weise nachgekommen.

Die Mitteilung der Gründe der Prämienanpassung entspricht jedenfalls dann den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG, wenn sie die Rechnungsgrundlage, deren Veränderung die Prämienanpassung ausgelöst hat, und die wesentlichen Kriterien, die deren Höhe beeinflusst haben, benennt (OLG Celle, Urteil vom 20.08.2018 – 8 U 57/18). Auch eine nur sehr allgemein gehaltene oder kurze Begründung ist eine Begründung i.S.v. § 203 Abs. 5 VVG (Langheid/Wandt/Boetius, 2. Aufl. 2017, VVG § 203 Rn. 1158).

Diesen Anforderungen ist die Beklagte hinsichtlich der streitgegenständlichen Beitragsanpassungen jeweils nachgekommen.

Den Begleitschreiben lässt sich jeweils entnehmen, dass eine Veränderung der Rechnungsgrundlage, welche die Versicherungsleistungen betrifft, die Beitragserhöhung erforderlich macht, damit Versicherungsleistung und Beiträge weiterhin in einem angemessenen Verhältnis stehen. In Zusammenschau mit den jeweiligen Informationsblättern führt die Beklagte weiter aus, dass Ursachen hierfür eine Veränderung der Leistungsausgaben durch steigende Lebenserwartung, die höhere Inanspruchnahme medizinischer Leistungen und der medizinische Fortschritt mit neuen Diagnose- und Therapieformen sind. Hinsichtlich der Beitragsanpassungen in der Krankentagegeldversicherung führt sie zur Begründung zudem aus, dass Ursache der Veränderung der Rechnungsgrundlage die Zunahme schwerwiegender Krankheitsfälle wie psychischer Erkrankungen sei, was zu einer langen Arbeitsunfähigkeit der Betroffenen führe. Bezüglich der Pflegepflicht- und der Pflegetagegeldversicherung benennt sie als weitere wesentliche Kriterien die Verbesserung der Leistungen in der Pflegeversicherung durch das Pflegestärkungsgesetz II sowie die steigende Inanspruchnahme von Pflegeleistungen. Diese sei auf die steigende Lebenserwartung und darauf zurückzuführen, dass es auch immer häufiger zur Pflegebedürftigkeit jüngerer Menschen käme.

Dies ist nach Wertung des Gerichts als Begründung ausreichend.

bb)

Die materielle Unwirksamkeit ist ebenfalls nicht ersichtlich. Das Gericht war auch nicht gehalten, diesbezüglich in die Beweisaufnahme einzutreten.

Der Kläger hat die materielle Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Beitragserhöhungen nicht substantiiert bestritten.

In einem gerichtlichen Verfahren hat der Versicherer darzulegen und zu beweisen, dass die Voraussetzungen für die erhöhte Prämie vorliegen (BGH, Urteil vom 09. Dezember 2015 – IV ZR 272/15 -, Rn. 21, juris). Dem ist die Beklagte in hinreichender Weise nachgekommen. Sie hat die Beitragsberechnungsbögen zur Beitragsanpassung und die Anlagen zur Zustimmung zu den Anpassungen durch den Treuhänder vorgelegt und die Quoten mitgeteilt, um die die erforderlichen Leistungen die kalkulierten Leistungen jeweils überstiegen haben, weshalb eine Beitragsanpassung erforderlich gewesen sei.

Nachdem die Beklagte ihrerseits substantiiert zur materiellen Rechtmäßigkeit vorgetragen hatte, beschränkte sich der Vortrag des Klägers auf ein pauschales Bestreiten des Vortrags der Gegenseite zur Steigerung der erforderlichen Leistungen gegenüber den kalkulierten Leistungen.

Dies ist insofern aber nicht ausreichend. Es wird einer Partei häufig nicht erspart bleiben, im Zivilprozess Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genauen Kenntnisse haben kann, die sie aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält. Unzulässig wird ein solches prozessuales Vorgehen dann, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufstellt (BGH, Urteil vom 25. April 1995 – VI ZR 178/94 -, Rn. 13, juris).

Greifbare Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der Berechnung hat der Kläger nicht dargelegt. Insoweit hätte der Kläger die Möglichkeit wahrnehmen können, die Plausibilität technischer Nachweise durch einen eigenen Sachverständigen überprüfen lassen zu können (s.a. BGH, aaO). Ausreichend wäre aber nach Wertung der Kammer bereits die Darlegung von Anzeichen für eine fehlerhafte Berechnung gewesen, wie beispielsweise im Vergleich zu anderen Versicherern ungewöhnlich hohe Beitragsanpassungen. Solche Anzeichen hat der Kläger aber ebenfalls nicht dargelegt. Sie sind auch nicht ersichtlich.

b)

Hinsichtlich des Klageantrags zu 2) steht dem Kläger kein Anspruch auf Rückerstattung überbezahlter Beiträge aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB in Höhe von 13.005,48 EUR zu.

(1) Mangels formeller und materieller Unwirksamkeit der angegriffenen Beitragserhöhungen (s.o.) erfolgten die Zahlungen nicht ohne Rechtsgrund.

(2) In Höhe von 10.832,00 EUR steht dem Anspruch außerdem die Einrede der Verjährung entgegen.

Soweit der Kläger Rückzahlungsansprüche aufgrund von Beitragserhöhungen geltend macht, die vor Beginn des Jahres 2015 erhoben worden sind, steht diesen Ansprüchen die Einrede der Verjährung entgegen. Diese hat die Beklagte ausdrücklich erhoben.

Die Verjährung richtet sich vorliegend nach den §§ 195, 199 BGB. Danach beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre. Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die Verjährung mit Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt.

Es genügt die Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, während nicht erforderlich ist, dass der Gläubiger den Vorgang rechtlich zutreffend bewertet. Grundsätzlich reicht eine Kenntnis aus, die den Berechtigten in die Lage versetzt, – wenn auch nicht ohne Risiko – eine Feststellungsklage zu erheben was hier anzunehmen ist, zumal den Versicherer dann die Darlegungs- und Beweislast für die Berechtigung der Prämienanpassung trifft (OLG Köln, Urteil vom 07. April 2017 – 20 U 128/16 -, Rn. 16).

Der Kläger hat von den Beitragserhöhungen bis zum 01.04.2014 jeweils kurz vorher durch Erhalt des jeweiligen Nachtrags zum Versicherungsschein Kenntnis erlangt. Für die Beitragsanpassung aus dem Jahr 2014 trat jedenfalls Verjährung mit Ablauf des Jahres 2017 ein. Für die übrigen Beitragserhöhungen früher.

Eine Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist nicht gegeben. Die Klage ist erst am 24.05.2018 anhängig geworden.

Die Verjährung war auch nicht nach § 15 VVG gehemmt. Der Kläger hat seine Ansprüche bei der Beklagten erst am 15.02.2018 angemeldet, mithin zu einem Zeitpunkt, zu dem bereits Verjährung eingetreten war.

c)

Der Klageantrag zu 3) ist unbegründet.

Ein Anspruch auf Herausgabe gezogener Nutzungen aus §§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt., 818 Abs. 1 BGB kommt aus den obigen Gründen ebenfalls nicht in Betracht.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1 S. 1, 709 ZPO.

 

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