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Krankheitskostenversicherung – Erstattungsfähigkeit zahnärztlicher Sachkosten – Höchstgrenzen

OLG Düsseldorf – Az.: 23 U 87/17 – Urteil vom 30.01.2018

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19.06.2017 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 108,71 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.12.2015 und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 887,03 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.12.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz werden dem Kläger zu 96 % und der Beklagten zu 4 % auferlegt. Die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg. Sie führt zur Abänderung der Entscheidung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.

1.Erfolg hat die Berufung, soweit sie sich gegen die Berücksichtigung der Laborkosten in Höhe von 2.272,69 EUR (davon 75 % = 1.704,52 EUR) wendet.

a)Bei den Laborkosten von 2.272,69 EUR handelt es sich um zahntechnische Leistungen. Die Annahme des Landgerichts, es handele sich bei diesen Kosten um zahnärztliche Leistungen gemäß Ziffer 6100 GOZ, ist unzutreffend. Das Landgericht stellt darauf ab, dass das Aufkleben von Brackets eine Leistung des Zahnarztes sei, die über Ziffer 6100 GOZ erfasst werde. Das überzeugt nicht. Der Kläger hat für Ziffer 6100 GOZ die Leistung „Bracket eingliedern“ in Höhe von 1.208,57 EUR abgerechnet. Die Kosten in Höhe von 2.272,69 EUR sind die Kosten für die Herstellung der Brackets und der Drahtbögen, die für die festsitzende Zahnspange benötigt wurden. Es handelt sich mithin um zahntechnische Leistungen.

b)Die Kosten für die zahntechnischen Leistungen sind nur insoweit zu erstatten, als diese Leistungen in dem Preis- und Leistungsverzeichnis für zahntechnische Leistungen erfasst sind. Auch ist der zu erstattende Preis beschränkt auf die in dem Preis- und Leistungsverzeichnis angeführten Preise. Die Erstattungsfähigkeit zahnärztlicher Sachkosten kann durch Anführung von Höchstgrenzen unter Anknüpfung an bestimmte Leistungen in einer dem gewählten Tarif angehängten so genannten Sachkostenliste beschränkt werden (vgl. BGH, Urt. v. 18.01.2006 – IV ZR 244/04, NJW-RR 2006, 750).

Die Ansicht des Klägers, der beschränkten Erstattungsfähigkeit stehe entgegen, dass die Sachkostenliste nicht Vertragsbestandteil geworden sei, kann nicht nachvollzogen werden. Auf den Treuhänder kommt es gemäß § 203 Abs. 3 VVG an, wenn Versicherungsbedingungen geändert werden. Es ist aber nicht ersichtlich, dass die Sachkostenliste erst nachträglich Gegenstand des Versicherungsvertrages geworden ist.

Danach könnte dem Kläger allenfalls ein Anspruch in Höhe von 1.506,30 EUR (75 % von 2.008,40 EUR) zustehen. Denn nach seinen Vortrag im Schriftsatz vom 04.12.2017 wären nach der Sachkostenliste für die 28 Brackets und 10 Bögen 2.008,40 EUR anzusetzen.

c)Auch die vorgenannten Kosten sind indessen nicht zu erstatten, weil sie der Kläger dem behandelnden Arzt nicht schuldet. In den Allgemeinen Bestimmungen des Teils G der Anlage 1 zur GOZ heißt es:

Krankheitskostenversicherung - Erstattungsfähigkeit zahnärztlicher Sachkosten - Höchstgrenzen
(Symbolfoto: Andrey_Popov/Shutterstock.com)

Die Leistungen nach den Nummern 6100, 6120, 6140 und 6150 beinhalten auch die Material- und Laborkosten für Standardmaterialien wie zum Beispiel unprogrammierte Edelstahlbrackets, unprogrammierte Attachments und Edelstahlbänder. Werden darüber hinausgehende Materialien verwendet, können die Mehrkosten für diese Materialien gesondert berechnet werden, wenn dies vor der Verwendung mit dem Zahlungspflichtigen nach persönlicher Absprache schriftlich vereinbart worden ist. Diese Vereinbarung hat Angaben über die voraussichtliche Höhe der einzelnen Material und Laborkosten und die Material- und Laborkosten der in Abzug zu bringenden Standardmaterialien zu enthalten. In der Vereinbarung ist darauf hinzuweisen, dass eine Erstattung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht im vollen Umfang gewährleistet ist.

Eine Vereinbarung ist in der Berufung vorgelegt worden (Anlage B 1, GA 330). Allerdings werden in dieser Vereinbarung nicht die in Abzug zu bringenden Material- und Laborkosten der in Abzug zu bringenden Standardmaterialien benannt. Das Argument des Klägers, dass die Kosten von Standardmaterialien nicht in Abzug zu bringen seien, weil die Beklagte auch keine Standardmaterialien habe genehmigen wollen, überzeugt nicht. Wenn die Standardmaterialien in der Nummer 6100 enthalten sind, dann muss für die Honorierung ein Abzug erfolgen, wenn die Standardmaterialien durch individuelle Materialien ersetzt werden.

d)Danach sind dem Kläger ohne Berücksichtigung der Laborkosten von der Beklagten noch 108,71 EUR zu zahlen. In Höhe dieses Betrages hat die Beklagte das landgerichtliche Urteil nicht angegriffen, so dass es auf die weiteren Ausführungen der Berufungsbegründung zu den Positionen GOZ 5170, 5000 und 2130, aus denen sich ein Erstattungsanspruch des Klägers in Höhe von 108,71 EUR ergibt, nicht ankommt.

2.Keinen Erfolg hat die Berufung bezüglich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Unzutreffend ist der Ansatz der Berufung, es komme für die Erstattung der Rechtsanwaltskosten auf den Erfolg der Klage in der Hauptsache an. Das ist nicht der Fall. Anlass der Beauftragung des Prozessbevollmächtigten des Klägers war das Schreiben vom 05.08.2014. Darin ist eine Zusage für die geplante Behandlungsmaßnahme abgelehnt worden, obwohl die Behandlung medizinisch indiziert war. Das war fehlerhaft und berechtigte den Kläger, die Hilfe eines Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen. Dass der Klägervertreter für seine außergerichtliche Tätigkeit einen Gegenstandswert von 10.000,00 EUR angesetzt hat, ist im Hinblick auf die Ablehnung der Behandlung nicht zu beanstanden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen.

Berufungsstreitwert: 1.704,52 EUR.

Streitwert für das Verfahren erster Instanz: 3.000,00 EUR. Der Wert der Feststellungsklage geht nicht über die Zahlungsansprüche hinaus. Denn zum Zeitpunkt der Feststellungsklage hatte sich die Beklagte weitgehend dazu bereit erklärt, die Kosten zu übernehmen. Die Streitwertfestsetzung des Landgerichts war daher von Amts wegen abzuändern.

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