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Kfz-Kaskoversicherung – pauschale Vertragsstrafe für Überschreitung vereinbarter Jahreslaufleistung

AG Gelsenkirchen – Az.: 36 C 208/10 – Urteil vom 04.03.2011

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 27,37 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.07.2010 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 46,41 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.12.2010 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 95 % und die Beklagte zu 5 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von einer Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 27,37 € aus dem Versicherungsvertrag. Der dem Kläger gegen die Beklagte zustehende Anspruch auf Erstattung der Reparaturkosten in Höhe von 527,37 € ist in Höhe von 500,00 € durch Aufrechnung gem. § 389 BGB erloschen.

Die Beklagte hat aus Nr. K.4.4 der Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) gegen den Kläger einen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe von 500,00 €.

I.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist diese vertragliche Regelung (Nr. K.4.4 AKB) auch nicht unwirksam.

Kfz-Kaskoversicherung - pauschale Vertragsstrafe für Überschreitung vereinbarter Jahreslaufleistung
(Symbolfoto: Von Song Pin/Shutterstock.com)

Sie ist nicht unter Verstoß gegen § 307 BGB unangemessen. Insbesondere liegt keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers aufgrund von Unvereinbarkeit mit den wesentlichen Grundgedanken des § 26 VVG vor. Die hier in Rede stehende Regelung berührt nicht die Leistungspflicht der Versicherung, die gem. § 26 VVG im Verhältnis zur Schuld des Versicherungsnehmers zu bemessen ist, sondern begründet eine von der Leistungspflicht unabhängigen Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur Zahlung einer Vertragsstrafe. Das eine Geltendmachung dieser Vertragsstrafe im Wege der Aufrechnung gegenüber einem unberührt entstandenen Leistungsanspruch unter Umständen – abhängig von der Höhe des Schadens – wie hier geschehen, auch zu einer Leistungsfreiheit der Versicherung führen kann, führt zu keinem anderen Ergebnis.

Die Klausel ist auch nicht überraschend i. S. d. § 305 c BGB. Dies ist nur dann gegeben, wenn es sich nach den Gesamtumständen um eine objektiv ungewöhnliche Klausel handelt (Palandt/Heinrichs § 305 c BGB, Rn. 3). Die hier in Rede stehende Klausel wird jedoch in zumindest vergleichbarer Form in vielen Versicherungsverträgen verwandt. Eine „Überrumpelung“ des Klägers liegt nicht vor. Auch bei Berücksichtigung der der Angemessenheitsprüfung zugrunde zu legenden Einsichtsfähigkeit eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine unmittelbar versicherungsprämienrelevante Meldepflicht nicht sanktionierst wird. Ansonsten könnte jedermann durch die Angabe einer niedrigen Fahrleistung eine geringe Prämienzahlung erreichen (vgl. AG Leutkirch, VersR 2009, 1398).

Die Klausel knüpft, entgegen der Ansicht des Klägers, auch nicht in überraschender Weise an die Leistungspflicht der Beklagten an. Der Kläger wird lediglich, aufgrund einer schuldhaften Pflichtverletzung, verpflichtet eine, von der Leistung grundsätzlich unabhängige Strafzahlung leisten.

II.

Die Voraussetzungen der Nr. K.4.4 AKB liegen vor.

Der Kläger hat die vereinbarte Jahresfahrleistung unstreitig deutlich überschritten, ohne hiervon der Beklagten Mitteilung zu machen.

Dass die Erhöhung der Jahreslaufleistung des versicherten Pkw möglicherweise erst nach Abschluss des Versicherungsvertrages eingetreten ist, enthebt den Kläger nicht von seiner Mitteilungsverpflichtung. Diese Verpflichtung hat der Kläger auch nach seinem eigenen Vorbringen schuldhaft verletzt. Zwar mag es für ihn unabsehbar gewesen sein, wie oft er mit dem bei der Beklagten versicherten Pkw … werde fahren müssen, spätestens bei der tatsächlichen Überschreitung der vereinbarten Laufleistung hätte der Kläger jedoch erkennen können und müssen, dass er diese Vereinbarung nicht einhalten würde. Dies gilt hier umso mehr, als der Kläger vorliegend schon 3 Monate vor Jahresende die vereinbarte Jahreslaufleistung um mehr als 50% überschritten hatte. (Der Kläger hätte bis zum 30.08.2010 rund 40.000 km fahren dürfen, am 19.05.2010 hatte er jedoch bereits 64.452 km zurückgelegt.) Entgegen der Ansicht des Klägers ist nicht erst eine dauerhafte oder berechenbare Veränderung der Laufleistung Voraussetzung einer Mitteilungspflicht, sondern auch eine bereits erfolgte Überschreitung der vereinbarten Laufleistung.

III.

Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind gem. den §§ 280, 286 BGB unter Verzugsgesichtspunkten als Schaden zu erstatten.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 BGB.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 92, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

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