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Gebäudeversicherung -Zufrieren von Wasserleitungen in einem leer stehenden Haus

LG Köln – Az.: 20 O 444/09 – Urteil vom 07.12.2011

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.

Das Urteil ist vorläufig gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist Eigentümerin des Wohn- und Geschäftsgebäudes S-Straße, …1 I. Dieses Gebäude stand seit einem zwischen den Parteien streitigen Datum im Jahre 2007 leer. Die Klägerin unterhält für dieses Gebäude bei der Beklagten eine Gebäudeversicherung unter Einschluss des Risikos Leitungswasserschaden auf der Grundlage der AWB 2002. Seitens der Beklagten ist eine Anpassung der AWB 2002 an das VVG neuer Fassung nicht vorgenommen worden.

In der Zeit vom 02.01.2009 bis zum 10.01.2009 hielten sich die Klägerin und ihr Ehemann in Ungarn auf.

Am 16.01.2009 wurden sie durch einen Nachbarn darüber informiert, dass im Haus ein Rauschen zu hören sei. Vor Ort stellten die Klägerin und ihr Ehemann dann fest, dass infolge von Frost zahlreiche Heizkörper und andere Sanitäreinrichtungen und zwar 7 Heizkörper, 1 Durchlauferhitzer, 2 Heizwasserspeicher, 1 Tiefspül-WC und ein WC-Spülkasten aufgeplatzt waren und Wasser ausgetreten war.

Gebäudeversicherung -Zufrieren von Wasserleitungen in einem leer stehenden Haus
Symbolfoto: Von Tina Jeans/Shutterstock.com

Auf den der Höhe nach mit insgesamt 43.199,90 EUR zugestandenen Schaden, zahlte die Beklagte vorprozessual einen Betrag von 8.690,92 EUR und am 08.09.2009, d.h. nach Anhängigkeit, aber vor Rechtshängigkeit der Klage weitere 1.512,86 EUR und am 09.09.2009 weitere 11.396,15 EUR. Sie nahm eine 50 %ige Kürzung der Entschädigungsleistung mit der Begründung vor, die Klägerin treffe an dem Schaden ein Mitverschulden.

Die Klägerin bestreitet, dass ihr ein Mitverschulden an der Schadenentstehung anzulasten sei. Dazu behauptet sie, dass ab Mitte Januar 2008 bis Mitte Dezember 2008 in dem leer stehenden Haus umfangreiche Renovierungsarbeiten durchgeführt worden seien. Diese Renovierungsarbeiten seien in Eigenleistung durchgeführt worden, weswegen sie und ihr Ehemann sich mehrfach wöchentlich im Objekt aufgehalten hätten, das zudem durch zahlreiche Kaufinteressenten besichtigt worden sei. Die im Objekt vorhandene Heizung habe seit dem Kauf des Hauses durch sie im Jahre 2001 durchgehend funktioniert, sei auch zuletzt am 05.12.2008 gewartet worden und dabei so eingestellt worden, dass in den Räumen des Hauses eine konstante Temperatur von 10 bis 12 Grad erreicht worden sei. Vor ihrer Abreise nach Ungarn seien sie und ihr Mann zuletzt am 30.12.2008 im Objekt gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe die Temperatur im Haus ihrer Meinung nach deutlich über 0 Grad gelegen. Am 10.01.2009 gegen 16.00 Uhr seien sie und ihr Ehemann aus Ungarn zurück in I gewesen. Bevor sie zu ihrer Wohnadresse gefahren seien, seien sie in dem Anwesen S-Straße gewesen, weil sie dies im Hinblick auf die ihnen bekannt gewesenen winterlichen Temperaturen Anfang Januar 2009 hätten kontrollieren wollen. Bei dieser Gelegenheit hätte die gefühlte Raumtemperatur deutlich über 0 Grad gelegen. Ihr Ehemann habe an diesem Tag den Wasserdruck an der Heizung überprüft und etwas Wasser nachgefüllt. Während er sich im Heizungsraum aufgehalten habe, sei auch die Zündflamme der Heizung zu sehen gewesen. Am Mittag des 11.01.2009 habe sie, die Klägerin, mit der Zeugin H das Anwesen besichtigt. Auch bei dieser Gelegenheit hätten die Temperaturen in den Räumen deutlich über 0 Grad gelegen. Ihr Ehemann sei erneut am 12. oder 13. oder 14.01.2009 und am Nachmittag des 15.01.2009 vor Ort gewesen, wobei er nicht den Eindruck gewonnen habe, dass die Räume unterkühlt gewesen seien. Eine Kontrolle der Heizung habe zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht stattgefunden.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 34.506,64 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2009 zu zahlen, abzüglich am 08.09.2009 gezahlter 1.512,86 EUR und abzüglich am 09.09.2009 gezahlter 11.396,17 EUR;

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.530,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.08.2009 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet nicht nur die von der Klägerin behaupteten Kontrollgänge durch das versicherte Objekt, sondern behauptet, dass der Vortrag der Klägerin insoweit angesichts der damals herrschenden Temperaturen nachweislich falsch sei, weshalb sie der Klägerin den Versuch einer arglistigen Täuschung im Sinne von § 14 Ziffer 2 AWB 2002 vorwirft. Daneben beruft sie sich auf die Verletzung der Aufklärungsobliegenheit durch die Klägerin gemäß § 13 Ziffer 1 d AWB 2002 und die Verletzung von Sicherheitsvorschriften gemäß § 7 Ziffer 1 d AWB 2002, weil die Klägerin das nicht genutzte Gebäude nicht häufig genug kontrolliert habe bzw. dort nicht alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abgesperrt, entleert und entleert gelassen habe. Zudem liege in dem Leerstehen des Gebäudes eine Gefahrerhöhung, die ihr nicht rechtzeitig im Sinne von § 23 Abs. 3 VVG n.F. angezeigt worden sei, weshalb sie gemäß § 26 Abs. 2 VVG n.F. leistungsfrei sei. Schließlich sei der Klägerin auch die grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalles anzulasten. Insgesamt sei daher eine Leistungskürzung von 7/10 gerechtfertigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen, die Protokolle der Sitzungen sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben nach Maßgabe der Beweisbeschlüsse vom 20.01.2010 und 24.08.2010 durch die Vernehmung von Zeugen sowie die Einholung zweier Sachverständigengutachten bei dem Sachverständigen Prof. Dr. Y und beim Deutschen Wetterdienst.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird wegen der Zeugenvernehmung auf das Protokoll der Sitzung vom 18.08.2010 verwiesen, im Übrigen auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Y vom 31.03.2011, Bl. 175 ff. d.A., und das Gutachten des Deutschen Wetterdienstes vom 24.11.2010, Bl. 145 ff. d.A.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin ist nicht gemäß § 1 VVG n.F., §§ 1, 11 AWB 2002 zu weiteren Leistungen an die Klägerin wegen des Leitungswasserschadens im Haus S-Straße in I verpflichtet.

Zwar kann sich die Beklagte nach Maßgabe der allseits bekannten Entscheidung des BGH vom 12.10.2011, IV ZR 199/10, nicht auf Obliegenheitsverletzungen der Klägerin berufen, sie ist aber leistungsfrei, weil die Klägerin den Schaden grob fahrlässig herbeigeführt hat – § 81 VVG n.F. – mit der Folge, dass ihr Entschädigungsanspruch um 50 % zu kürzen ist. Auf den Einwand der grob fahrlässigen Herbeiführung des Schadenfalls kann sich die Beklagte, auch wenn sie ihre Versicherungsbedingungen nicht dem VVG n.F. angepasst hat, weiterhin berufen (BGH, a.a.O.)

Aufgrund des ausführlichen, überzeugend begründeten Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Y, das auf den Daten des Gutachtens des Deutschen Wetterdienstes basiert, steht fest, dass es zu dem Schaden, nämlich dem Zufrieren von Wasserleitungen, deshalb gekommen ist, weil die Heizung wahrscheinlich bereits am 06./07.01.2009 ausgefallen ist. Angesichts der an diesen und den nachfolgenden Tagen ausweislich der Aufstellung des Deutschen Wetterdienstes (Bl. 149 d.A.) herrschenden extremen Minustemperaturen hätte es sich die Klägerin angelegen sein lassen müssen, sich nicht nur regelmäßig einen gefühlten Eindruck von der Zimmertemperatur zu verschaffen, sondern hätte es ihr oblegen, sich durch eine regelmäßige Kontrolle der Heizung und durch Anfassen der Heizkörper die Sicherheit zu verschaffen, dass die Heizung in dem leer stehenden Haus auch tatsächlich funktionierte. Dass sie dies unterlassen und sich auf das gelegentliche Aufsuchen des Hauses – wie von den Zeugen glaubhaft bestätigt worden ist – beschränkt hat, rechtfertigt nach Auffassung der Kammer den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit. Es musste der Klägerin klar sein, dass bei den extremen Minustemperaturen über einen längeren Zeitraum in einem leer stehenden Haus die konkrete Gefahr bestand, dass Leitungen einfrieren könnten.

Die Entschädigungsleistung ist nach Auffassung der Kammer um 50 % zu kürzen. Bei der Bildung der Quote war einerseits wiederum die Tatsache des lang andauernden Frostes zu berücksichtigen, andererseits aber auch, dass die Klägerin wohl subjektiv den fehlerhaften Eindruck gewonnen hatte, die Temperatur im Haus halte sich noch im Plusbereich. Da die Beklagte bereits 50 % des Schadens reguliert hat, stehen der Klägerin damit weitere Ansprüche nicht zu.

Den Kausalitätsgegenbeweis kann die Klägerin nicht führen. Hätte sie sich nach der Rückkehr aus dem Ausland regelmäßig vergewissert, ob die Heizung funktionierte oder nicht, wäre das nach den Ausführungen des Sachverständigen erst am 11.01. bzw. 12.01.2009 erfolgte Einfrieren der Leitungen zu vermeiden gewesen.

Den Ersatz vorprozessualer Anwaltskosten kann die Klägerin nicht verlangen, da sie ihren Prozessbevollmächtigten bereits zu einem Zeitpunkt mandatiert hat, zu dem sich die Beklagte noch nicht in Verzug befunden hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 269 III S. 3 ZPO.

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