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Kaskoversicherung – Versicherungsschutz bei Fahrzeugdiebstahl

Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken: Anspruch auf Entschädigung im Versicherungsrecht

Das Oberlandesgericht Saarbrücken hat in einem Urteil vom 30.09.2020 (Az.: 5 U 91/19) über einen Rechtsstreit im Versicherungsrecht entschieden. Dabei ging es um den Anspruch eines Klägers auf Entschädigung für den Verlust seines entwendeten Fahrzeugs. Die Beklagte, eine Versicherungsgesellschaft, argumentierte, dass die Frist zur Anzeige des Versicherungsfalls erst mit Eingang der schriftlichen Schadensanzeige begann, während der Kläger darauf bestand, dass die telefonische Meldung ausreichte. Das Gericht entschied zugunsten des Klägers und betonte die Bedeutung der schriftlichen Anzeige. Allerdings wurde die Entschädigung aufgrund der Anrechnung des zurückübereigneten Fahrzeugs reduziert.

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Anspruch auf Entschädigung nach Versicherungsvertrag

Das Gericht stellte fest, dass der Anspruch auf Entschädigung aufgrund des bestehenden Versicherungsvertrags zustand. Obwohl das Fahrzeug möglicherweise zu Sicherungszwecken an die finanzierende Bank übergeben wurde, blieb es wirtschaftlich betrachtet im Eigentum des Klägers. Die Entwendung des Fahrzeugs löste den Versicherungsfall gemäß den vertraglichen Regelungen aus.

Frist zur Anzeige des Versicherungsfalls

Die Frist zur Anzeige des Versicherungsfalls begann nach Auffassung des Gerichts erst mit Eingang der schriftlichen Schadensanzeige, nicht bereits mit der telefonischen Meldung. Das Gericht wies darauf hin, dass keine besondere Form für die Anzeige vorgeschrieben war und das Landgericht dies fälschlicherweise angenommen hatte. Somit hatte der Kläger trotz der verspäteten schriftlichen Anzeige Anspruch auf Entschädigung, jedoch in reduziertem Umfang.

Berechnung der Entschädigung

Der Anspruch des Klägers auf Entschädigung wurde aufgrund der Anrechnung des zurückübereigneten Fahrzeugs reduziert. Die Berechnung erfolgte auf Basis des Listenpreises eines vergleichbaren Fahrzeugs abzüglich eines 20-prozentigen Nachlasses. Dadurch ergab sich ein niedrigerer Entschädigungsbetrag für den Kläger.

Keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache

Die Revision des Klägers wurde vom Gericht zurückgewiesen. Es sah keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und keine Erfordernis zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

Insgesamt bestätigte das Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken den Anspruch des Klägers auf Entschädigung, jedoch nur in reduziertem Umfang aufgrund der Anrechnung des zurückübereigneten Fahrzeugs. Es unterstrich die Bedeutung der schriftlichen Schadensanzeige zur Einhaltung der Fristen im Versicherungsfall.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 5 U 91/19 – Urteil vom 30.09.2020

I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 19. September 2019 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – 14 O 142/18 – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.508,18 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17. Juli 2018 zu zahlen mit der Maßgabe, dass die Zahlung an die Firma … pp. GmbH erfolgt.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger ¾ und die Beklagte ¼.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.890,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer Fahrzeugversicherung wegen eines Diebstahlereignisses.

Der Kläger unterhielt bei der Beklagten seit 23. Mai 2017 eine Fahrzeug-Vollkaskoversicherung mit eingeschlossener Teilkaskoversicherung für das von ihm erworbene, über die … pp. GmbH finanzierte Fahrzeug Peugeot 2008 mit dem amtlichen Kennzeichen …-… …, erstmals zugelassen am 23. Mai 2017. Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung mobil komfort, Stand 1. Mai 2017 (AKB; BI. 33 ff. GA), zugrunde. In der Nacht vom 5. auf den 6. April 2018 wurde das versicherte Fahrzeug in W. entwendet. Der Kläger meldete den Diebstahl am 6. April 2018 telefonisch bei dem Versicherungsagenten der Beklagten, dem Zeugen M. E.. Ein ihm in der Folgezeit übermitteltes, von ihm am 2. Mai 2018 unterzeichnetes Schadenanzeigeformular ging bei der Beklagten am 3. Mai 2018 ein. Am 8. Mai 2018 wurde das Fahrzeug in Brücken (Pfalz) wieder aufgefunden (Bl. 98 GA). Mit Schreiben vom 9. Mai 2018 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die in den Versicherungsbedingungen vereinbarte Monatsfrist für den Übergang des Eigentums am Fahrzeug auf den Versicherer (A.2.5.5. AKB) noch nicht abgelaufen sei, da die wesentlichen zur Prüfung und Ermittlung nötigen Unterlagen erst am 3. Mai 2018 bei ihr eingegangen seien, und sie bat den Kläger, das Fahrzeug nach Freigabe durch die Polizei bei dem Abschleppunternehmen abzuholen (Bl. 102 GA). In einem von ihr in Auftrag gegebenen Schadengutachten der DEKRA Automobil GmbH vom 25. Juni 2018 (BI. 6 ff. GA) wurden erforderliche Reparaturkosten zur Beseitigung kleinerer Schäden auf 1.185,43 Euro (netto) beziffert, der Wiederbeschaffungswert auf 13.949,58 Euro (netto), der Restwert auf 11.941,18 Euro (netto) = 14.210,- Euro (brutto), der Listenpreis auf 20.252,10 Euro (netto) = 24.100,- Euro (brutto) und der rabattierte Neupreis unter Berücksichtigung eines ortsüblichen Nachlasses von 20 Prozent inkl. Überführung und Zulassung auf 16.201,68 Euro (netto) = 19.280,- Euro (brutto). Die Beklagte ließ die Schäden am Fahrzeug reparieren. Da das Fahrzeug mit einem Schlüssel entwendet worden war, ließ sie eine neue Schließanlage einbauen, wofür Kosten in Höhe von 496,10 Euro anfielen. Mit Schreiben vom 4. Juni 2018 bat sie den Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten erneut, das Fahrzeug abzuholen (Bl. 104 GA).

Mit der daraufhin am 31. Juli 2018 eingereichten Klage hat der Kläger zunächst auf Zahlung eines Betrages von 9.890,- Euro an sich angetragen, den er als „Neuwertentschädigung“ aus der Differenz des Brutto-Listenpreises und des Brutto-Restwertes errechnet hat. Mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2018 hat er die Klage unter Vorlage einer entsprechenden Ermächtigung (Bl. 126 GA) auf Zahlung an die finanzierende Bank umgestellt. Der wiederholt geäußerten Bitte der Beklagten, zur Vermeidung weiteren Wertverlustes ohne Präjudiz für den Ausgang des Rechtsstreits einer Verwertung des Fahrzeuges zuzustimmen, entsprach er nicht; statt dessen teilte er nach einem erfolglosen Herausgabebegehren gegenüber dem Autohaus, bei dem sich das Fahrzeug in Verwahrung befand, der Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 11. Dezember 2018 (BI. 161 f. GA) folgendes mit:

„Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens möchten wir auf den Klageantrag zu 1) verweisen. Es geht sowieso nur um einen Betrag von 9.890,- Euro. Nicht mehr und nicht weniger.

Sollte Ihre Partei nun die Herausgabe des Fahrzeugs definitiv verweigern, werden wir dem Gericht entsprechend vortragen, dass sich Ihre Partei als Eigentümerin des Fahrzeuges fühlt. Nur als Eigentümer kann ich über ein Fahrzeug frei verfügen.

Wir möchten auch darauf hinweisen, dass unser Mandant hier Eigentümer des Fahrzeuges ist. Er hat das Fahrzeug, den Kfz-Brief und die Zulassung.

Sollte eine Freigabe nun nicht definitiv bis zum 20. Dezember 2018 gegenüber der Werkstatt erteilt werden, so werden wir ab Klagedatum Nutzungsausfall geltend machen und die Klage entsprechend erhöhen. (…). Des Weiteren werden die Kfz-Steuer und die Versicherungsleistung, die unser Mandant nach wie vor zahlt, ebenfalls gerichtlich geltend gemacht.“

Daraufhin erklärte die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 19. Dezember 2018, sie sei

„aufgrund der Tatsache, dass Ihr Mandant nun doch das Eigentum an dem Pkw beansprucht (…) mit der Freigabe einverstanden“.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Monatsfrist zur Rücknahme des Fahrzeugs (A.2.5.5 AKB) sei bei dessen Wiederauffinden bereits abgelaufen gewesen. Nach den Versicherungsbedingungen sei allein der Eingang der Schadensanzeige für den Fristbeginn maßgeblich; eine besondere Form sei nicht vorgeschrieben. Bei dem Telefonat am 6. April 2018 habe er dem Zeugen M. E. den Vorfall genau und in allen Einzelheiten eingehend geschildert. Dieser habe ihn nicht darauf hingewiesen, dass er ein Formular ausfüllen müsse; vielmehr habe er ihm erklärt, dass die mündliche Schadensanzeige ausreiche, er diese weiterleiten und der Kläger das Geld erhalten werde. Erst ca. 14 Tage später sei der Zeuge bei ihm erschienen und habe ihm erklärt, dass auch noch eine schriftliche Schadensanzeige erforderlich sei; diese habe ihm der Zeuge gegeben, der Kläger habe sie ausgefüllt und an den Zeugen zurückgereicht. Die Beklagte, die für den Beginn der Monatsfrist auf den Eingang der schriftlichen Schadensmeldung abstellen will, hat behauptet, der Zeuge M. E. habe dem Kläger, der ihn am 7. April 2018 angerufen habe, mitgeteilt, er könne sich wegen eines Trauerfalles nicht persönlich um den Schadensfall kümmern, jedoch in Aussicht gestellt, den Schaden am darauffolgenden Montag, dem 9. April 2018, der Agentur mitzuteilen. An diesem Montag sei der Kläger auch per WhatsApp über die Telefonnummer der Schadenabteilung informiert worden mit der Bitte, den Schaden dort selbst noch einmal zu melden. Bei einer Nachfrage des Klägers habe sich einige Tage später herausgestellt, dass die schriftliche Schadensanzeige noch nicht eingegangen sei, woraufhin der Zeuge diese dem Kläger überbracht habe. Einem etwaigen Zahlungsanspruch stehe weiter entgegen, dass der Kläger in der Schadensanzeige falsche Angaben gemacht und dadurch Auskunftsobliegenheiten vorsätzlich verletzt habe und dass er mit Anwaltsschreiben vom 11. Dezember 2018 das Eigentum an dem Fahrzeug beansprucht und die Beklagte der Herausgabe zugestimmt habe. Der Höhe nach wäre überdies allenfalls der rabattierte Neupreis laut Gutachten in Höhe von 16.201,68 Euro (netto) abzüglich des ausgewiesenen Restwertes in Höhe von 14.210,- Euro (brutto) geschuldet gewesen.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Inhalt auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht Saarbrücken die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Versicherungsfall – Verlust des Fahrzeuges – nicht vorliege, weil dieses unstreitig bereits am 8. Mai 2018 aufgefunden worden sei und daher vor Ablauf der Monatsfrist gemäß A.2.5.5 AKB vom Kläger mit zumutbaren Anstrengungen wieder in Besitz habe genommen werden können. Aus der Regelung, wonach der Versicherungsfall in der Kaskoversicherung in Textform anzuzeigen sei (E.1.3.1 AKB), folge, dass die Frist hier nicht schon mit der telefonischen Mitteilung der Entwendung an den Agenten, sondern erst mit Eingang der schriftlichen Schadensanzeige am 3. Mai 2018 zu laufen begonnen habe.

Mit seiner dagegen eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein erfolglos gebliebenes Begehren weiter. Er meint weiterhin, die Monatsfrist habe schon mit der telefonischen Meldung des Versicherungsfalles an den Versicherungsvertreter der Beklagten zu laufen begonnen, zumal nach den Versicherungsbedingungen hierfür keine besondere Form vorgeschrieben sei.

Der Kläger beantragt (Bl. 226 GA): Das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 19. September 2019, Az. 14 O 142/18, wird abgeändert und

a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.890,- Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17. Juli 2018 zu zahlen mit der Maßgabe, dass die Zahlung an die Firma … pp. GmbH erfolgt.

b) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen weiteren Betrag in Höhe von 887,03 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28. Oktober 2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt (Bl. 243 GA), die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und verweist erneut darauf, dass der Kläger sich zuletzt dafür entschieden habe, das Fahrzeug zu behalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 18. Juli 2019 (Bl. 181 ff. GA) sowie des Senats vom 2. September 2020 (Bl. 305 ff. GA) verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg und führt insoweit zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Der Kläger hat nach Eintritt des – unstreitigen – Versicherungsfalles gegen die Beklagte dem Grunde nach Anspruch auf Ersatz der bedingungsgemäß geschuldeten Entschädigung wegen Fahrzeugverlustes, deren Auszahlung er aufgrund der vorgelegten Ermächtigung berechtigterweise im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft (dazu BGH, Urteil vom 7. März 2017 – VI ZR 125/16, VersR 2017, 830) zugunsten der finanzierenden Bank geltend macht. Der Höhe nach besteht dieser Anspruch jedoch nur in sehr reduziertem Umfang, weil für die Berechnung der Neupreisentschädigung, die hier auf der Grundlage von Netto-Beträgen zu erfolgen hat, vom rabattierten Listenpreis auszugehen ist und der Kläger sich darauf den Gegenwert des ihm vereinbarungsgemäß zurückübereigneten Fahrzeugs anrechnen lassen muss.

1.

Als Rechtsgrundlage der geltend gemachten Entschädigung kommt vorliegend nur der zwischen den Parteien bestehende Versicherungsvertrag in Betracht, der ausweislich des Versicherungsscheins (Bl. 31 GA) im Rahmen der Teilkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von 150,- Euro u.a. das Risiko des Fahrzeugverlusts durch Entwendung einschließt (vgl. A.2.2.1.2 der dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung – AKB, Bl. 33 ff. GA). Dieser Versicherungsfall ist vorliegend eingetreten. Dass das versicherte Fahrzeug in der Nacht vom 5. auf den 6. April 2018 in W. entwendet wurde, ist zwischen den Parteien unstreitig geblieben; damit ist – unbeschadet der nachgelagerten Fragen der Entschädigungsberechnung – der Anspruch des Klägers auf die Versicherungssumme nach Maßgabe der vertraglich vereinbarten Regelung entstanden (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 1981 – IVa ZR 230/80, VersR 1982, 135).

2.

Die vertraglichen Voraussetzungen, unter denen die Beklagte eine Entschädigung wegen Totalschadens, Zerstörung oder Verlusts zahlt (A.2.5.1 AKB), liegen ebenfalls vor. Wie das Landgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen hat, hat die Beklagte bei einem Verlust des Fahrzeugs innerhalb von 24 Monaten nach der Erstzulassung den Neupreis des Fahrzeugs (A.2.5.1.18 AKB) unter Abzug eines etwa vorhandenen Restwertes zu bezahlen (A.2.5.1.3 und A.2.5.1.6 AKB). Soweit sich das Fahrzeug bei Eintritt des Schadensereignisses im Eigentum dessen befinden muss, der es als Neufahrzeug vom Kfz-Händler oder Kfz-Hersteller erworben hat (vgl. A.2.5.1.5 AKB), war auch das hier der Fall. Die Erstzulassung des klägerischen Fahrzeugs erfolgte am 23. Mai 2017. Dass dieses möglicherweise zu Sicherungszwecken an die finanzierende Bank übereignet war, wie die Beklagte vorträgt und wofür auch die vom Kläger zwischenzeitlich vorgelegte Ermächtigung zur Prozessführung sprechen könnte, änderte nichts daran, dass das Fahrzeug bei wirtschaftlicher Betrachtung im Sinne dieser Klausel im Eigentum des Klägers verblieben ist (BGH, Urteil vom 31. Oktober 1984 – IVa ZR 33/83, VersR 1985, 78). Entgegen der Annahme der Erstrichterin scheitert der Anspruch auch nicht daran, dass das entwendete Fahrzeug hier innerhalb der Monatsfrist (A.2.5.5.1 AKB) wiederaufgefunden worden und der Kläger deshalb zur Rücknahme verpflichtet gewesen wäre; denn das war hier bei zutreffender rechtlicher Betrachtung gerade nicht der Fall:

a)

Gemäß A.2.5.5.1 AKB ist der Versicherungsnehmer zur Rücknahme des entwendeten Fahrzeugs verpflichtet, wenn dieses „innerhalb eines Monats nach Eingang der Schadensanzeige“ wieder aufgefunden wird. Voraussetzung ist, dass der Versicherungsnehmer das Fahrzeug innerhalb dieses Zeitraumes mit objektiv zumutbaren Anstrengungen wieder in Besitz nehmen kann. Besteht keine Rücknahmepflicht, wird der Versicherer Eigentümer des Fahrzeugs (A.2.5.5.3 AKB); im Gegenzug ist er zur Entschädigung nach Maßgabe des Vertrages verpflichtet. Diese Regelungen bewirken, dass – nur – die Fälligkeit des mit dem Eintritt des Versicherungsfalles entstandenen Anspruchs auf die Versicherungsleistung jedenfalls bis zum Ablauf der Monatsfrist hinausgeschoben wird. Der Eintritt des Versicherungsfalles „Verlust“ ist also – anders als das Landgericht offenbar gemeint hat – nicht durch das Wiederauffinden bis zum Ablauf der Frist auflösend bedingt; vielmehr kann durch das Wiederauffinden der Versicherungsfall – nur – „ausgeglichen“ werden (BGH, Urteil vom 17. November 1981 – IVa ZR 230/80, VersR 1982, 135). Wird der entwendete Gegenstand innerhalb eines Monats nach Eingang der Schadensanzeige wieder zur Stelle gebracht, hat der Versicherungsnehmer ihn zurückzunehmen. Der Versicherer braucht dann nur zu leisten, soweit gleichzeitig der Versicherungsfall „Beschädigung“ eingetreten ist; solche Ansprüche werden hier nach unstreitig erfolgter Reparatur des Fahrzeugs nicht geltend gemacht. „Zur Stelle gebracht“ bedeutet, dass es dem Versicherungsnehmer jedenfalls bei objektiv zumutbaren Anstrengungen möglich sein muss, den versicherten Gegenstand innerhalb der Monatsfrist in seine Verfügungsgewalt zurückzuerlangen (BGH, Urteil vom 17. November 1981 – IVa ZR 230/80, VersR 1982, 135; Klimke, in: Prölss/Martin, VVG 30. Aufl. A.2.5 AKB 2015 Rn. 45; Koch, in: Bruck/Möller, VVG 9. Aufl., A.2 AKB Rn. 583).

b)

Die Voraussetzungen, unter denen der Versicherungsnehmer zur Rücknahme verpflichtet ist und die Entschädigung wegen des Verlusts nicht beanspruchen kann, lagen im Streitfall aber nicht vor:

aa)

Nach Maßgabe der vereinbarten Versicherungsbedingungen hat die Monatsfrist hier nicht – erst – mit dem Eingang des schriftlichen Schadensanzeigeformulars am 3. Mai 2018, sondern – schon – mit der telefonischen Anzeige des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherungsvertreter der Beklagten, dem Zeugen M. E., am 6. April 2018 zu laufen begonnen. Die Beklagte selbst hat unter Hinweis auf das Schreiben dieses Zeugen vorgetragen, dass der Kläger ihm an diesem Tag telefonisch mitgeteilt habe, dass sein Fahrzeug am vorherigen Tag gestohlen worden sei. Das war für den Eingang einer Schadensanzeige im hier geforderten Sinne ausreichend. Hierfür genügt jetzt der Eingang bei einem Versicherungsvertreter (§ 69 Abs. 1 Nr. 2 VVG in der seit 1. Januar 2008 geltenden Fassung); denn diese – halbzwingende – Vorschrift, die den Versicherungsvertreter mit einer Empfangsvollmacht im Sinne des § 164 Abs. 3 BGB ausstattet (Dörner, in: Prölss/Martin, a.a.O. § 69 Rn. 11), erfasst u.a. „sonstige das Versicherungsverhältnis betreffende Erklärungen sowie die während der Dauer des Versicherungsverhältnisses zu erstattenden Anzeigen“ und damit – nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers – „alle Anträge, Erklärungen und Anzeigen, die vom Versicherungsnehmer nach Vertragsschluss gegenüber dem Versicherer abgegeben werden (BT-Drucks. 16/3945, S. 77; Koch, in: Bruck/Möller, a.a.O. A.2 AKB Rn. 579; Klimke, in: Prölss/Martin a.a.O. A.2.5 AKB 2015 Rn. 44; a.A. Meinecke, in: Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung 19. Aufl., A.2 AKB Rn. 674). Entgegen der Ansicht des Landgerichts war insoweit auch keine besondere Form für die Schadensanzeige erforderlich. Die maßgebliche Klausel (A.2.5.5.1 AKB) stellt – nur – auf den „Eingang der Schadensanzeige“ ab; eine Schrift- oder Textform, wie sie z.T. in anderen, nicht einschlägigen Bedingungswerken gefordert wird (z.B. die Muster-AKB 2015; dazu Klimke, in: Prölss/Martin, a.a.O., A.2.5 AKB 2015 Rn. 44), ist hier gerade nicht vorgesehen. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse, auf dessen Verständnis es ankommt (grundlegend BGH, Urteil vom 23. Juni 1993 – IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83; zur Kaskoversicherung etwa BGH, Urteil vom 26. Oktober 2016 – IV ZR 193/15, VersR 2017, 90), kann der Regelung selbst daher keinerlei Formerfordernis entnehmen. Soweit das Landgericht dieses gleichwohl, und zwar aus der an ganz anderer Stelle geregelten Obliegenheit zur Anzeige des Versicherungsfalles bei Entwendung des Fahrzeugs (E.1.3.1 AKB), gefolgert hat, die dafür die Textform verlangt, vermag der Senat dem nicht beizutreten. Ein Versicherungsnehmer, der das Textformerfordernis in E.1.3.1 AKB zur Kenntnis nimmt und auch sehen wird, dass dessen Verletzung gemäß E.2 ausdrücklich (nur) zu den dort genannten Rechtsfolgen – insbesondere Leistungsfreiheit und Leistungskürzung – führt, wird daraus nicht schließen, dass die Nichteinhaltung der Form, die im Übrigen bei anderweitiger Kenntniserlangung des Versicherers auch nicht anspruchsschädlich wäre (§ 30 Abs. 2 VVG; vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 1965 – II ZR 173/63, VersR 1966, 153), jenseits des Bedingungswortlautes zu einem Hinausschieben der Monatsfrist – und damit der Fälligkeit des Anspruchs – führen soll. Das ausdrückliche Textformerfordernis bei der Anzeigeobliegenheit und dessen Fehlen bei A.2.5.5.1 AKB wird ihn vielmehr zu dem Schluss verleiten, dass das In-Gang-Setzen der Monatsfrist gerade keine besondere Form der Anzeige voraussetzt. Besondere inhaltliche Anforderungen, wie sie zu älteren Klauseln z.T. gefordert wurden (zuletzt OLG Köln, VersR 2000, 96, m.w.N.; a.A. Koch, in: Bruck/Möller, a.a.O. A.2 AKB Rn. 580), werden von der vorliegenden Regelung ebenfalls nicht gestellt. Der Bedingungswortlaut – „Schadensanzeige“ – verlangt ersichtlich nur solche Angaben, die geeignet sind, eine Fahrzeugentwendung und damit den Versicherungsfall darzulegen; solche sind hier unstreitig anlässlich des Telefonats erfolgt, was sich unbeschadet der weiteren Details zum Vorgang schon aus dem von der Beklagten vorgelegten Schreiben des Zeugen M. E. ergibt. Mehr war auch deshalb nicht notwendig, weil der Versicherer, sollte er weitergehende Auskünfte benötigen, diese nach Kenntnis vom Eintritt des Schadens zeitnah durch Rückfragen erlangen könnte. Dass dies spontan geschuldet sein sollte, wie die Beklagte meint, kann der Versicherungsnehmer ihren Bedingungen nicht entnehmen.

bb)

Infolgedessen liegt auf der Hand, dass es dem Kläger hier innerhalb der Frist von einem Monat seit „Eingang der Schadensanzeige“ auch nicht möglich gewesen wäre, mit objektiv zumutbaren Anstrengungen die Verfügungsgewalt über das Fahrzeug wiederzuerlangen. Ohnehin wurde dieses erst am 8. Mai 2018 wieder aufgefunden. Darüber hinaus würde eine Pflicht zur Rücknahme des Fahrzeugs nach A.2.5.5.1 AKB aber auch schon dann entfallen, wenn die Mitteilung über das Wiederauffinden den Versicherungsnehmer zwar vor Ablauf der Monatsfrist erreicht hätte, dieser aber das Fahrzeug im Rahmen objektiv zumutbarer Anstrengung erst nach Fristablauf in seine Verfügungsmacht bringen kann (BGH, Urteil vom 17. November 1981 – IVa ZR 230/80, VersR 1982, 135). Insoweit wurde der Kläger hier ausweislich des von der Beklagten vorgelegten Polizeivermerks (Bl. 98 ff. GA) zwar am 8. Mai 2018 telefonisch über das Wiederauffinden des Fahrzeugs informiert. Jedoch musste das Fahrzeug, weil es mit einem Fahrzeugschlüssel entwendet worden war und auch der zweite Schlüssel später verloren ging, zunächst sichergestellt und nach Freigabe durch die Polizei, die im Anschluss an eine Durchsuchung am 25. Mai 2018 erfolgte, noch mit einer neuen Schließanlage versehen werden. Vorher wäre dem Kläger eine zumutbare Inbesitznahme des Fahrzeugs nicht möglich gewesen; insoweit ist die Lage hier von vornherein eine andere, als bei dem von der Beklagten zuletzt angeführten Beispiel eines nicht betriebsbereiten, aber ohne weiteres zugänglichen Fahrzeug (nachgelassener Schriftsatz vom 16. September 2020, Bl. 310 GA). Im Streitfall wurde dem Kläger das Fahrzeug hingegen nach Aktenlage erst zweifelsfrei mit Erhalt des – weiteren – Schreibens der Beklagten vom 4. Juni 2018 (Bl. 104 GA) zur Inbesitznahme angetragen, als ihm mitgeteilt wurde, dass das Fahrzeug repariert und abholbereit sei. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist von einem Monat ab Eingang der Schadensanzeige seit langem abgelaufen, und dies im Übrigen selbst unter der – unzutreffenden – Prämisse, dass dazu nicht auf die telefonische Schadensanzeige, sondern auf das am 3. Mai 2018 eingegangene schriftliche Schadensanzeigeformular abgestellt werden müsste.

3.

Leistungsansprüche des Klägers sind vorliegend auch nicht aus besonderen Gründen insgesamt ausgeschlossen.

a)

Vergeblich beruft sich die Beklagte auf eine zur Leistungsfreiheit führende Verletzung von (Auskunfts-)Obliegenheiten durch den Kläger nach Maßgabe ihres erstinstanzlichen Schriftsatzes vom 6. März 2019.

aa)

Soweit die Beklagte in der schriftlichen Schadensanzeige (Bl. 88 ff. GA) vom Kläger u.a. nähere Angaben zum Tatzeitraum erfragt hatte, war dieser zwar nach dem Vertrag dazu verpflichtet, „alles zu tun, was zur Aufklärung des Versicherungsfalles und des Umfanges (der) Leistungspflicht erforderlich ist“, insbesondere die „Fragen zu den Umständen des Schadensereignisses, zum Umfang des Schadens und (zur) Leistungspflicht wahrheitsgemäß und vollständig beantworten“ (E.1.1.3 AKB). Dass der Kläger die von ihm erfragten Angaben zum Tatzeitraum hier nachweislich unzutreffend beantwortet hätte, hat die – für den objektiven Tatbestand der Obliegenheit darlegungs- und beweisbelastete, vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2006 – IV ZR 252/05, VersR 2007, 389 – Beklagte jedoch schon nicht dargetan. Auch wenn der Kläger gegenüber der Polizei als (mutmaßlichen) Tatzeitraum die Zeit zwischen 0h00 und 6h00 angegeben hat, folgt daraus nicht, dass seine Angabe in der Schadensanzeige, wonach er den Diebstahl um „ca. 9h00“ festgestellt haben will, unrichtig gewesen wäre; denn beide Angaben widersprechen einander nicht, sondern sind ganz im Gegenteil konsistent. Dass der Kläger den Diebstahl entgegen seinen Angaben schon früher festgestellt hätte und die Frage deshalb falsch beantwortet worden wäre, ist ohnehin nicht erwiesen. Entsprechendes gilt für die weiteren, von der Beklagten in ihrer Klageerwiderung aufgezeigten vermeintlichen Verstöße (Bl. 80 f. GA), die der Kläger schon erstinstanzlich nachvollziehbar entkräftet hatte (Bl. 123 f. GA) und wogegen die Beklagte in der Folge auch nichts mehr erinnert hat.

bb)

Daraus, dass der Kläger entgegen der Aufforderung der Beklagten aus ihrem Schreiben vom 10. Juli 2018 nicht mehr auf die weiteren Fragen zur tatverdächtigen N. G. antwortete, kann die Beklagte ebenfalls keine ihre Eintrittspflicht ausschließende oder beschränkende Obliegenheitsverletzung herleiten. Anerkanntermaßen hat ein Versicherungsnehmer nach dem Versicherungsfall Aufklärungs- oder Auskunftsobliegenheiten nur solange zu erfüllen, wie er es mit einem Versicherer zu tun hat, der noch prüfungs- und damit verhandlungsbereit ist. Mit der endgültigen Leistungsablehnung des Versicherers enden, solange der Versicherer an ihr festhält, die Verhandlungen über eine Entschädigungsleistung, während derer der Versicherer auf Angaben eines redlichen Versicherungsnehmers angewiesen ist. Nur bis zu der Erklärung, die Leistung abzulehnen, besteht die besondere Schutzbedürftigkeit des Versicherers, der im Versicherungsrecht mit der – dem übrigen Schuldrecht unbekannten – Sanktion der Leistungsfreiheit wegen schuldhaft begangener Obliegenheitsverletzungen Rechnung getragen werden darf (BGH, Urteil vom 13. März 2013 – IV ZR 110/11, VersR 2013, 609; Senat, Urteil vom 7. November 2018 – 5 U 22/18, VersR 2019, 353). Vorliegend hatte die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 10. Juli 2018 aber zugleich zu erkennen gegeben (§§ 133, 157 BGB), dass sie nicht gewillt sein würde, den geltend gemachten Anspruch des Klägers zu erfüllen; dies folgte schon aus dem Hinweis auf die vom Kläger angedrohte Klage und die zwischen den Parteien „strittige Frage der Monatsfrist“, die – als Rechtsfrage – durch „weitere Ermittlungen“ ohnehin nicht mehr weiter aufzuklären war. Da insoweit auf Seiten der Beklagten erkennbar keine Prüfungs- und Verhandlungsbereitschaft mehr bestand, war der Kläger im Gegenzug auch nicht mehr obliegenheitsgebunden; eine Nichtbeantwortung weiterer Fragen zu diesem Zeitpunkt war daher für seinen Leistungsanspruch unschädlich.

b)

Der Anspruch des Klägers auf Auszahlung der Verlustentschädigung ist auch durch die späteren individuellen Abreden der Beteiligten und die in diesem Zusammenhang bewirkte Rückgabe des Fahrzeugs an den Kläger nicht wieder (vollständig) entfallen; insbesondere hat der Kläger, indem er mit anwaltlichem Schreiben vom 11. Dezember 2018 (BI. 161 f. GA) die Herausgabe des Fahrzeugs unter Hinweis auf „sein Eigentum“ forderte und die Beklagte sich darauf einließ, nicht auf den bereits zu seinen Gunsten entstandenen Anspruch verzichtet. Das folgt aus der Auslegung der wechselseitigen Erklärungen und des Verhaltens der Beteiligten unter Berücksichtigung der Umstände des Falles nach den §§ 157, 133 BGB, die auch in Rechnung stellen muss, dass ein Verzicht auf Ansprüche grundsätzlich nicht zu vermuten ist und an die Feststellung des Verzichtswillens und die Annahme eines Erlassvertrages vielmehr strenge Anforderungen zu stellen sind (BGH, Urteil vom 16. Juni 1999 – IV ZR 22/98, VersR 1999, 1104; Senat, Urteil vom 24. Juli 2019 – 5 U 95/18, ZEV 2020, 423). Der Kläger hatte seinen mit der Differenz von Neupreis und Restwert errechneten Entschädigungsanspruch schon zuvor gerichtlich geltend gemacht. Soweit er, offenbar in Verkennung der vertraglichen Regelung, die ihn nach Ablauf der Monatsfrist angesichts des hierdurch bedingten Eigentumsüberganges (A.2.5.5.3 AKB) zur Einforderung der vollen Neupreisentschädigung berechtigt hätte, sodann mit der Beklagten über die Verwertung des Fahrzeuges stritt und letztlich dessen Rückübereignung erwirkte, geschah dies – für die Beklagte erkennbar – nicht mit dem Willen, auf bereits entstandene und lediglich unzutreffend errechnete vertragliche Entschädigungsansprüche zu verzichten. Soweit die Beklagte dies bis zuletzt, auch unter Hinweis auf das „Wesen der Kaskoversicherung“ (Bl. 310 GA) anders sehen will, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Der mit dem Versicherungsfall entstandene, mit Ablauf der Monatsfrist fällig gewordene Anspruch auf die Neuwertentschädigung folgt unmittelbar aus dem vertraglichen Leistungsversprechen der Beklagten, die dies mit ihrer sehr weitgehende Zusage, die Neuwertentschädigung für die Dauer von 24 Monaten zu leisten, bewusst in Kauf genommen hat; dies ist mit Blick auf die Vertragsfreiheit und weil das Versicherungsvertragsrecht ein allgemeines Bereicherungsverbot nicht kennt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 1997 – IV ZR 136/96, BGHZ 137, 319 = VersR 1998, 305; Urteil vom 4. April 2001 – IV ZR 138/00, BGHZ 147, 212 = VersR 2001, 749), auch ohne weiteres möglich. Was der Versicherer vertraglich versprochen hat, muss er aber auch halten, es sei denn, aus dem Gesetz ergäben sich Leistungsbeschränkungen (BGH, Urteil vom 4. April 2001 – IV ZR 138/00, VersR 2001, 749); dafür ist hier jedoch nichts ersichtlich. Im Übrigen wäre es den Parteien selbstverständlich unbenommen gewesen, in Erledigung ihres Streites eine Abrede zu treffen, wonach mit Rückgabe des Fahrzeugs an den Kläger auch das weitergehende Entschädigungsbegehren erledigt sein solle (vgl. § 779 BGB); dies ist hier jedoch nicht geschehen.

4.

Der Höhe nach bemisst sich der Betrag, den der Kläger von der Beklagten beanspruchen kann, jedoch nur auf 2.508,18 Euro:

a)

Was die Höhe der bedingungsgemäß geschuldeten Neupreisentschädigung anbelangt, so ist dies nach der einschlägigen Bestimmung „der Betrag, der für den Kauf eines neuen Fahrzeugs in der Ausstattung des versicherten Fahrzeugs oder – wenn der Typ des versicherten Fahrzeugs nicht mehr hergestellt wird – eines vergleichbaren Nachfolgemodells am Tag des Schadensereignisses aufgewendet werden muss. Maßgeblich für den Kaufpreis ist die „unverbindliche Empfehlung des Herstellers abzüglich orts- und marktüblicher Nachlässe“ (A.2.5.1.18 AKB). Dieser Betrag beläuft sich hier, wie die Beklagte zu Recht ausführt, ausweislich des mit der Klage vorgelegten Gutachtens, auf 16.201,68 Euro (netto); der Brutto-Betrag einschl. Umsatzsteuer ist dagegen nicht geschuldet, weil, worauf die Beklagte mit Blick auf die eigenen Angaben des Klägers in der Schadensanzeige (Bl. 97 GA) zu Recht hingewiesen hat, der Kläger vorsteuerabzugsberechtigt ist (A.2.5.4 Satz 2 AKB). Die Ermittlung des geschuldeten Betrages beruht nach der im Gutachten aufgeführten, ohne weiteres nachvollziehbaren Berechnung, auf dem Listenpreis eines vergleichbaren Fahrzeuges und berücksichtigt einen – allgemein und auch nach Kenntnis des Senats (§ 291 ZPO) bei Fahrzeugen eines französischen Herstellers hierzulande in jeder Hinsicht ortsüblichen – Nachlass von 20 Prozent (siehe hierzu auch https://www.meinauto.de/peugeot/2008/barkauf/). Der Kläger ist dem erstinstanzlich nicht entgegengetreten; sein erstmaliges (schlichtes) Bestreiten im Berufungsrechtszug ist mangels Darlegung eines Zulassungsgrundes gemäß § 531 Abs. 2 ZPO bereits verspätet und wäre außerdem inhaltlich ungeeignet, die gutachterlich begründete Wertberechnung wirksam in Abrede zu stellen (vgl. § 138 Abs. 3 ZPO). Von dem sich hiernach ergebenden Betrag wäre an sich, nachdem ein Verlust des Fahrzeugs durch Entwendung in Rede stand, auch kein Restwert in Abzug zu bringen; statt dessen sehen die Bedingungen vor, dass, sofern der Versicherungsnehmer – wie hier – mit Ablauf der Monatsfrist nicht (mehr) zur Rücknahme des Fahrzeugs verpflichtet ist, der Versicherer dessen Eigentümer wird mit der Folge, dass an sich kein Restwert bei dem Kläger verblieben wäre.

b)

Jedoch muss sich der Kläger, weil er sich in der Folgezeit, abweichend von der vertraglichen Regelung, mit der Beklagten über eine Rückübertragung des versicherten Fahrzeugs geeinigt hat, den dadurch erlangten Vermögensvorteil, d.h. dessen Restwert zzgl. der zwischenzeitlich von der Beklagten in das Fahrzeug investierten Beträge, auf seinen Zahlungsanspruch anrechnen lassen; das ergibt die Auslegung der von den Beteiligten im Rahmen des anwaltlichen Schriftverkehrs getroffenen Individualvereinbarung (§§ 133, 157 BGB), die diese Rechtsfolge zwanglos miteinschließt. Schon zuvor hatte der Kläger nur die aus seiner Sicht errechnete Differenz aus Neupreisentschädigung und Restwert eingeklagt. Soweit die Parteien im weiteren Schriftverkehr die Frage einer Verwertung des Fahrzeugs diskutiert haben, geschah dies stets ohne Rücksicht auf das Schicksal der mit der Klage beanspruchten Forderung mit dem erkennbaren Anliegen, weitere Nachteile durch eine möglichst gewinnbringende Veräußerung des Fahrzeugs abzuwenden. Auch das Schreiben vom 11. Dezember 2018, mit dem der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Herausgabe des Fahrzeugs forderte, stellte erneut klar, dass es dem Kläger „sowieso nur um einen Betrag von 9.890,- Euro, nicht mehr und nicht weniger“, gehe. Seine gleichzeitige Aufforderung, das Fahrzeug herauszugeben, weil er „Eigentümer“ sei, durfte die Beklagte deshalb dahin verstehen, dass diese Herausgabe, der vom Kläger aufgestellten, freilich mit fehlerhaft ermittelten Beträgen versehenen Berechnung entsprechend, nur unter Anrechnung der dadurch bewirkten Vermögensvorteile auf die Neupreisentschädigung erfolgen solle. Dieser anzurechnende Vorteil entspricht hier in erster Linie dem sachverständig ermittelten Fahrzeugrestwert in Höhe von 11.941,18 Euro (netto); der von der Beklagten angesetzte Brutto-Betrag, der erstinstanzlich ebenfalls unstreitig war und vom Kläger erstmals mit der Berufung verspätet (§ 531 Abs. 2 ZPO) und ohne nähere Substanz in Abrede gestellt wird, ist mit Blick auf die Vorsteuerabzugsberechtigung des Klägers nicht maßgeblich (Koch in: Bruck/Möller, a.a.O. A.2 Rn. 567; Meinecke, in: Stiefel/Maier a.a.O. A.2 AKB 2015 Rn. 667; vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 6. Mai 2014 – I-1 U 34/13, juris). Wirtschaftlich begünstigt wird der Kläger zudem dadurch, dass die Beklagte unstreitig (Bl. 152 GA) am Fahrzeug vorhandene Schäden in gutachterlich ermittelter Höhe von 1.185,43 Euro (netto) reparieren und eine neue Schließanlage einbauen ließ, wofür weitere Kosten in Höhe von 416,89 Euro (netto) anfielen. Die Summe aus Restwert und Reparaturkosten, insgesamt 13.543,50 Euro (netto), muss sich der Kläger auf die Neupreisentschädigung anrechnen lassen. Dies führt nach Abzug der vereinbarten Selbstbeteiligung von 150,- Euro letztlich zu einem berechtigten Entschädigungsbetrag in Höhe von 2.508,18 Euro.

c)

Der Zinsanspruch aus der berechtigten Forderung des Klägers folgt im geltend gemachten Umfang aus § 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hatte bereits mit Schreiben vom 10. Juli 2018 zu erkennen gegeben (§§ 133, 157 BGB), dass sie nicht gewillt sein würde, den geltend gemachten Anspruch freiwillig zu erfüllen; darin lag jedenfalls eine ernsthafte und endgültige Ablehnung des Leistungsanspruchs, die gemäß § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 BGB ohne weiteres zum Verzugseintritt führte (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2006 – IV ZR 34/05, VersR 2002, 472; Senat, Beschluss vom 27. August 2019 – 5 W 46/19, VersR 2019, 1546).

4.

Ein Anspruch des Klägers auf Erstattung einer vorgerichtlichen Geschäftsgebühr, die durch die Beauftragung seines Prozessbevollmächtigten am 15. Mai 2018 entstanden sein soll, besteht dagegen nicht. Ein solcher Erstattungsanspruch käme unter den gegebenen Umständen nur als Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 BGB in Betracht; er scheidet aus, weil sich die Beklagte, worauf diese in der Klageerwiderung zu Recht unwidersprochen hingewiesen hat, zu diesem früheren Zeitpunkt mangels Mahnung, die bis dahin auch noch nicht gemäß § 286 Abs. 2 BGB entbehrlich geworden war, nicht im Verzug befand.

5.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 3, 4 ZPO, §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG.

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