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Unfallversicherung – Aktivlegitimation eines Fremdversicherten

OLG Düsseldorf – Az.: 4 U 202/14 – Beschluss vom 21.04.2016

1.)Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, seine Berufung gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (Einzelrichterin) vom 30.10.2014 durch einstimmigen Beschluss als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

2.)Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 12.05.2016.

Gründe

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Feststellungsanspruch wegen der Verpflichtung zur Zahlung einer Invaliditätsleistung aus einer privaten Unfallversicherung geltend.

Die beklagte Versicherungsgesellschaft schloss mit der Ehefrau des Klägers als Versicherungsnehmerin einen Versicherungsvertrag „A. Unfall-Schutz“ (Versicherungsnummer …) in der Leistungsvariante „Unfall-Schutz Comfort“, den die Beklagte mit Versicherungsschein vom 26.05.2010 bestätigte. Der Kläger war unter diesem Versicherungsvertrag mitversichert als Fremdversicherter. Der Versicherungsschutz umfasste u.a. die Einmalzahlung bei Unfallinvalidität, Unfall-Krankenhaustagegeld sowie Genesungsgeld.

Grundlage für den Versicherungsvertrag waren insbesondere die ARAG Unfallversicherungs-Bedingungen AUB 2007 (2.0). § 12.1 der AUB 2007 regelt die „Ausübung der Rechte aus diesem Vertrag“ wie folgt: „Ist die Versicherung gegen Unfälle abgeschlossen, die einem anderen zustoßen (Fremdversicherung), steht die Ausübung der Rechte aus dem Vertrag nicht der versicherten Person, sondern Ihnen zu. (…)“.

Der Kläger erlitt am 07.09.2010 einen Unfall mit dem Fahrrad. Die Ehefrau des Klägers meldete daraufhin den Schaden durch Schadensanzeige vom 05.02.2011 bei der Beklagten. Die Beklagte gewährte in der Folgezeit mit dem Schreiben vom 22.02.2011, welches an die Ehefrau des Klägers gerichtet war, Krankenhaustagegeld sowie Genesungsgeld für eine erfolgte ambulante Operation des Klägers. Mit Schreiben vom 01.04.2011 machte der Kläger selbst Ansprüche aus der Unfallinvaliditätsversicherung gegen die Beklagte geltend. Mit einem an die Ehefrau gerichteten Schreiben vom 04.05.2011 reagierte die Beklagte darauf mit der Bitte um Einreichung einer ärztlichen Bescheinigung. Auf das entsprechende Schreiben des Klägers vom 20.06.2011 wies die Beklagte die Ansprüche mit wiederum an die Ehefrau des Klägers gerichteten Schreiben vom 06.07.2011 sowie 04.08.2011 zurück, da zum einen nicht innerhalb der vorgegebenen Frist von 12 Monaten eine Invalidität eingetreten sei und zum anderen eine unfallbedingte Beeinträchtigung nicht nachgewiesen sei.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihm Ansprüche aus der Unfallinvaliditätsversicherung gegen die Beklagte zustünden. Die Beklagte handele treuwidrig, soweit sie sich nunmehr darauf berufe, dass nicht er, sondern nur seine Ehefrau Ansprüche klageweise geltend machen könne.

Er hat beantragt, die Beklagte zu verpflichten, ihm aus dem zwischen den Parteien bestehenden Unfallversicherungsvertrag Nr. … eine Invaliditätsentschädigung für die auf urologischem Fachgebiet eingetretenen Folgen eines am 07.09.2010 erlittenen Unfalls zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, die erhobene Feststellungsklage sei wegen des Vorrangs einer zu erhebenden Leistungsklage unzulässig. Ferner sei der Kläger aufgrund der Regelung in § 12.1 AUB 2007 nicht aktivlegitimiert. Schließlich hat sie vorsorglich eine Invalidität des Klägers und deren Eintritt binnen der vorausgesetzten Jahresfrist bestritten und sich zudem auf den Standpunkt gestellt, dass eine Invalidität jedenfalls nicht innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall ärztlich festgestellt worden sei.

Mit Urteil vom 30.10.2014 hat die 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf – Einzelrichterin – die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Frage der Zulässigkeit der Feststellungsklage dahinstehen könne, da dem Kläger in jedem Fall die Aktivlegitimation aufgrund der wirksamen Regelung in § 12.1 AUB 2007 fehle. Die Beklagte habe insoweit auch nicht treuwidrig gehandelt. Der Kläger habe aus der außergerichtlichen Korrespondenz, die die Beklagte ausschließlich mit der Ehefrau des Klägers geführt habe, nicht schließen können, dass er zur gerichtlichen Geltendmachung etwaiger Ansprüche entgegen § 12.1 AUB 2007 berechtigt sein sollte.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts richtet sich die Berufung des Klägers. Er rügt, dass das Landgericht zu Unrecht die Aktivlegitimation des Klägers verneint habe, da die Beklagte jedenfalls treuwidrig handele, wenn sie sich im streitigen Verfahren darauf berufe. Die Beklagte sei gehalten gewesen, ihm mitzuteilen, dass er zur Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag nicht befugt sei. Zudem habe das Landgericht ihn nicht darauf hingewiesen, dass er eine Leistungsklage statt einer Feststellungsklage geltend machen müsse.

Er beantragt, das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 30.10.2014 aufzuheben und der Klage stattzugeben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages als zutreffend.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Es bestehen keine konkreten Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil wird Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.

1.

Es kann dahinstehen, ob die Feststellungsklage im vorliegenden Fall zulässig ist.

Die Klage ist in jedem Fall unbegründet, da der Kläger bereits nicht zur Geltendmachung eines etwaigen Anspruchs aus der zwischen der Beklagten und der Ehefrau des Klägers abgeschlossenen Unfallversicherung aktivlegitimiert ist.

Nach § 12.1 AUB 2007 kann nur der Versicherungsnehmer, hier die Ehefrau des Klägers, und nicht der mitversicherte Dritte Rechte gegen den Versicherer geltend machen. Der Versicherte ist zwar materieller Inhaber des Rechts aus dem Versicherungsvertrag (§ 44 Abs. 1 VVG) in dem Umfang, wie es auch dem Versicherungsnehmer zustehen würde. Da er aber nicht in die Position des Versicherungsnehmers eintritt, kann er diese Rechte nicht durchsetzen. Mit der vertraglichen Regelung in § 12.1 AUB 2007 werden zulässigerweise die Bestimmungen in §§ 44 Abs. 2, 45 Abs. 2 VVG abbedungen (vgl. Prölss/Martin, Knappmann, VVG, 29. Aufl., Nr. 12 AUB 2010, Rn. 2 m.w.N.).

Die vertragliche Regelung in § 12.1 AUB 2007 verstößt auch nicht gegen § 307 BGB, da der Vertragspartner der Verwenderin der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nämlich der Versicherungsnehmer, durch diese Bestimmung nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt wird (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.07.1993, 4 U 114/93).

Die Berufung des Versicherers auf § 12.1 AUB 2007 wäre nur dann ausgeschlossen, wenn er sich (ausdrücklich oder konkludent) mit der Geltendmachung durch den Versicherten einverstanden erklärt hat (vgl. Prölss/Martin, Knappmann, VVG, 29. Aufl., Nr. 12 AUB 2010, Rn. 2.) Dies ist indes vorliegend nicht der Fall. Wie schon das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, wurde die gesamte Korrespondenz betreffend das streitgegenständliche Unfallereignis seitens der Beklagten ausschließlich mit der Versicherungsnehmerin, der Ehefrau des Klägers geführt. Selbst in den Fällen, in denen der Kläger selbst an die Beklagte geschrieben hat (Schreiben vom 01.04.2011 sowie vom 20.06.2011) hat die Beklagte durchweg ausschließlich an die Versicherungsnehmerin und eben nicht an den Kläger geantwortet. Sie hat sich damit weder ausdrücklich noch konkludent mit der Geltendmachung von Ansprüchen durch den Kläger einverstanden erklärt.

Es bestehen auch sonst keinerlei Anhaltspunkte, denen der Kläger ein entsprechendes Einverständnis der Beklagten hätte entnehmen können. Vor dem Hintergrund der eindeutigen vertraglichen Regelung in § 12.1 AUB 2007 war die Beklagte auch nicht gehalten, den Kläger oder die Versicherungsnehmerin auf die entsprechende Bestimmung noch einmal hinzuweisen. Dafür bestand kein Anlass.

Die Beklagte hat sich auch in keiner Weise treuwidrig verhalten. Sie hat zu keiner Zeit mit dem Kläger verhandelt oder korrespondiert und sich auch nicht widersprüchlich verhalten. Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte, dass sie den Kläger bewusst nicht auf die Bestimmung in § 12.1 AUB 2007 hingewiesen hat, um durch diese Einwendung Ansprüche in einem gerichtlichen Verfahren erfolgreich abwenden zu können.

Auch der Einwand des Klägers, seine Ehefrau habe im Rahmen der außergerichtlichen Korrespondenz namens und in Vollmacht des Klägers gehandelt, vermag entsprechend obiger Ausführungen keine Rechtfertigung für eine andere Beurteilung zu geben. Der Kläger war gerade nicht zur Durchsetzung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag legitimiert. Den Schreiben der Ehefrau des Klägers ist keinerlei Hinweis auf eine Vertretung zu entnehmen, so dass für die Beklagte auch insoweit keinerlei Anlass bestand, auf die fehlende Aktivlegitimation des Klägers hinzuweisen.

Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass der Zweck der Regelung des § 12.1 AUB 2007, nämlich dass der Versicherer wegen der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag nur mit einer Person, seinem Vertragspartner, Verhandlungen führen und nicht mit einer unbestimmten Vielzahl ihm unbekannter Personen das Vertragsverhältnis abwickeln muss, es ausschließt, dass der Versicherungsnehmer seine Rechte aus dem Vertrag auf den Versicherten oder einen sonstigen Dritten überträgt (vgl. Grimm, Unfallversicherung, 5. Aufl., Nr. 12 AUB, Rn. 1).

III.

Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung.

Im Hinblick darauf, dass sich dann die Verfahrenskosten reduzieren, mag der Kläger bedenken, ob er seine Berufung innerhalb der Stellungnahmefrist zurücknimmt.

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