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Kaskoversicherung – falsche Schadensschilderung ist Obliegenheitsverletzung

LG Hamburg, Az.: 331 O 160/09, Urteil vom 05.08.2011

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin hielt ihren Alfa Romeo 147 mit dem amtlichen Kennzeichen … bei der Beklagten mit einer Selbstbeteiligung in Höhe von 300,00 EUR Vollkasko versichert. Dem Vertrag lagen die AKB 2008 zugrunde.

Am 05.11.2008 unterzeichnete die Klägerin ein Schadensformular der Beklagten, wonach der Alfa am 27.10.2008 gegen 4.30 Uhr auf einer Landstraße in der Nähe von O. nachdem plötzlich die Motorhaube aufgesprungen sei, nach rechts von der Straße abgekommen und dort gegen einen Stein gestoßen sei. Das Schadensformular der Beklagten enthielt eine Belehrung zur Leistungsfreiheit. Das Fahrzeug wurde vom Sohn der Klägerin, dem Zeugen M. M. geführt.

Mit der Klage begehrt die Klägerin Ersatz des Wiederbeschaffungswertes abzüglich 680,00 EUR Restwert und 300,00 EUR Selbstbeteiligung.

Kaskoversicherung - falsche Schadensschilderung ist Obliegenheitsverletzung
Symbolfoto: journeydiary/Bigstock

Mit der Klage trägt die Klägerin erneut vor, die Motorhaube sei in voller Fahrt plötzlich aufgesprungen und über die Windschutzscheibe auf das Dach gefallen. Da dem Fahrer die Sicht versperrt gewesen sei, habe er das Fahrzeug nach rechts verzogen und sei dort gegen einen größeren Stein am Straßenrand gestoßen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.395,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.04.2009 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, über den behaupteten Unfallhergang die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet das von der Klägerin behauptete Unfallgeschehen und behauptet, es habe sich um ein manipuliertes Schadensereignis gehandelt. Zudem beruft sie sich auf Leistungsfreiheit wegen einer Obliegenheitsverletzung, da der Unfallhergang nicht zutreffend geschildert worden sei. Die am Fahrzeug festgestellten Beschädigungen seien nicht nur auf ein Schadensereignis zurückzuführen.

Das Gericht hat über den behaupteten Schadensfall Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen M. M. Im Übrigen ist ein Sachverständigengutachen über die Behauptung der Klägerin, der Schaden sei durch den geschilderten Schadenshergang erklärbar eingeholt worden. Auf das Protokoll der Sitzung vom 17.02.2011, Blatt 43 ff., und das Sachverständigengutachten des Sachverständigen W vom 15.07.2010, Blatt 68 ff., wird Bezug genommen. Im Übrigen wird bezüglich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Entschädigungsbetrag aus der zwischen den Parteien unstreitig bestehenden Fahrzeugvollversicherung wegen der geltend gemachten Schäden am Alfa zu, da nach nachgelesen ist, dass der mit der Klage behauptete Schadenshergang zutreffend ist. Im Übrigen ist die Beklagte auch leistungsfrei wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzungen der Klägerin.

Die für den Eintritt eines bedingungsgemäßen Versicherungsfalls darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat nicht nachweisen können, dass ihr Sohn am 27.10.2008 den mit der Klagschrift geschilderten Verkehrsunfall mit dem versicherten Fahrzeug erlitten hat. Der Zeuge M. hat den Verkehrsunfall zwar ausdrücklich so dargestellt wie von der Klägerin behauptet. Dem vermag das Gericht jedoch nicht zu folgen. Aufgrund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen W. ist das Gericht aufgrund des feststehenden Schadensbildes überzeugt, dass der behauptete Unfallhergang zu der angegebenen Zeit in der vorgetragenen Art und Weise überhaupt so wie behauptet nicht stattgefunden hat. Die Unfalldarstellung des Sohnes der Klägerin ist zum festgestellten und mit Lichtbildern dokumentierten Schadensbild nicht plausibel. Der Sachverständige hat überzeugend ausgeführt und durch Markierungen auf den Fotos belegt, dass aufgrund der nach unten abgeknickten Motorhaubenkante (Blatt 85 der Akte) davon auszugehen ist, dass das Fahrzeug mit der geschlossenen Motorhaube zunächst gegen ein ortsfestes Hindernis gefahren sein muss. Dies hat der Sachverständige zutreffend aufgrund der vorhandenen Biegekanten und Lackabplatzungen festgestellt. Die nachträglich vom Prozessbevollmächtigen der Klägerin ins Spiel gebrachte Entstehung der Beschädigung durch das gewaltsame Zurückziehen der Motorhaube mittels einer Zange zur Weiterfahrt überzeugt das Gericht nicht, da die entsprechenden vom Sachverständigen markierten Biegekanten und Lackabplatzungen schon augenscheinlich angesichts der Lage nicht einer Beschädigung mit einer Zange zuzuordnen sind. Darüberhinaus hat der Zeuge M. , mit dem das Schadensbild in dessen Vernehmung ausdrücklich erörtert wurde, eine entsprechende Maßnahme oder Bearbeitung der Motorhaube mit einer Zange nicht bekundet.

Ob das Fahrzeug möglicherweise im versicherten oder unter anderen Bedingungen verunfallt ist, ist bei dieser Sachlage unerheblich. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und der Schadensanzeige ist nur der im Formular vom 05.11.2008 vorgetragene Unfall, den die Klägerin aber nicht beweisen konnte.

Die unzutreffende Schadensschilderung in der Schadensanzeige vom 05.11.2008 ist auch als vorsätzliche Obliegenheitsverletzung (§ 6 WG) zu werten. Die Klägerin muss sich die unzutreffende Schadensschilderung ihres Sohnes insoweit zurechnen lassen. Mithin ist die Beklagte auch leistungsfrei.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

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