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Kaskoversicherung – Beweislast Diebstahlsversuch

LG Frankfurt – Urteil vom 20.06.2018 – Az.: 2-08 S 11/16

1. Die Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Bad Homburg v.d.H. vom 25.04.2016, Az. 2 C 1607/11 (10) wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte und Berufungsklägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Ursache von Beschädigungen des Fahrzeugs des Klägers und Berufungsbeklagten sowie die Frage einer darauf abstellend zu beurteilenden Deckung des Schadens in der Teilkaskoversicherung.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird nach § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Das Amtsgericht Bad Homburg hat die Beklagte und Berufungsklägerin (nachfolgend nur als „Berufungsklägerin“ bezeichnet) zur Zahlung der erforderlichen Reparaturkosten aus den Beschädigungen des Fahrzeugs des Klägers und Berufungsbeklagten (nachfolgend nur als „Berufungsbeklagter“ bezeichnet) in Höhe von 1.780,37 € verurteilt. Zur Begründung führt das Amtsgericht aus, dem Berufungsbeklagten stehe ein Anspruch aus A.2.6 und A.2.3.3 AKB gegen die Berufungsklägerin zu, da Beschädigungen durch mut- oder böswillige Handlungen nach A.2.3.3 AKB vorlägen. Die Beweisaufnahme habe zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass unberechtigte Personen mut- oder böswillig das Fahrzeug des Berufungsbeklagten beschädigt und dabei an der Beifahrerseite das Fenster zerstört und Lackschäden sowie Eindellungen hervorgerufen hätten. Dafür spreche das äußere Erscheinungsbild, das aufgrund zahlreicher Fotos dokumentiert sei. Auch die Behauptung der Berufungsklägerin, dass von außen eine Krafteinwirkung auf das Auto eingewirkt habe, spreche nicht gegen die Annahme, dass diese von dritten Personen mut- oder böswillig hervorgerufen wurde. Entscheidend sei, dass die Zeugin …widerspruchsfrei, schlüssig und ohne jeglichen Zweifel ausgeführt habe, dass das Fahrzeug am 22.01.2011 gegen 22 Uhr in der Gutleutstraße in Frankfurt am Main unbeschädigt abgestellt worden sei, mithin, dass die Scheibe intakt gewesen sei und es keine Beschädigungen an der Beifahrerseite am Lack oder Eindellungen gegeben habe. Weiterhin habe die Zeugin ca. 2 Stunden später die der Klage zugrunde liegenden Beschädigungen bezeugt. Es sei für die Frage des Versicherungsfalls nicht entscheidend, wie die Scheibe zerborsten sei und ob tatsächlich eine Hebelwirkung stattgefunden habe, da die Beweisaufnahme die Beschädigung durch mut- oder böswillige Handlungen ergeben habe.

Die Berufungsklägerin führt in ihrer Berufungsbegründung vom 04.07.2016 (Bl. 431 ff d.A.) aus, das Amtsgerichts Bad Homburg habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass eine Beschädigung durch mut- oder böswillige Handlungen in der Teilkaskoversicherung abgedeckt sei. Es treffe zwar zu, dass nach dem äußeren Bild von einem sogenannten Vandalismusschaden auszugehen sei, ein solcher sei jedoch nicht in der Teilkaskoversicherung versichert. Das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls könne aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen … vor dem Amtsgericht nicht bejaht werden.

Die Berufungsklägerin beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Bad Homburg v.d.H. vom 24.04.2016, Az. 2 C 1607/11 (10) abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Berufungsbeklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, ihm stehe der geltend gemachte Anspruch zu, da aufgrund der erstinstanzlich erhobenen Beweise das äußere Bild einer Entwendung bewiesen sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Anhörung des Sachverständigen …. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Verhandlungsprotokoll vom 11.05.2018 (Bl. 537 ff d.A.) Bezug genommen.

II.

Das Amtsgericht Bad Homburg hat im Ergebnis zurecht einen Anspruch des Berufungsbeklagten gegen die Berufungsklägerin bejaht, dies jedoch unter in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht fehlerhafter Begründung.

1. In rechtlicher Hinsicht geht das Amtsgericht in seiner Entscheidung fehlerhaft davon aus, ein Anspruch des Berufungsbeklagten aus dem Teilkaskoversicherungsvertrag könne aufgrund des Vorliegens mut- oder böswilliger Handlungen bejaht werden. Dabei geht das erstinstanzliche Gericht offensichtlich davon aus, dass aufgrund der Formulierung des A.2.6 AKB, der auf die Regelungen zu versicherten Ereignissen in der Teilkaskoversicherung (A.2.2 AKB) sowie zu versicherten Ereignissen in der Vollkaskoversicherung (A.2.3 AKB) verweist, grundsätzlich jede Kaskoversicherung sämtliche versicherten Ereignisse abdecke. Diese Schlussfolgerung ist in rechtlicher Hinsicht nicht mit den Versicherungsbedingungen in Einklang zu bringen. Es würde schon den Sinn und Zweck der Differenzierung zwischen Teil- und Vollkaskoversicherung grundsätzlich in Frage stellen, wenn es hierauf im Ergebnis für die Frage der versicherten Deckung nicht mehr ankäme. Ein Versicherungsnehmer könnte insofern durch Abschluss einer Teilkaskoversicherung Versicherungsbeiträge sparen, würde jedoch de facto die Vorzüge der Vollkaskoversicherung genießen.

Das ein solche rechtliches Verständnis des Versicherungsvertrages aus Sicht des Versicherers nicht gemeint sein kann, erschließt sich fraglos. Auch aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers kann die Regelung des A.2.6 jedoch nicht so verstanden werden, dass hierüber auch in der Teilkaskoversicherung ein Vollkaskoversicherungsschutz abgedeckt werden soll. Zum einen müsste sich auch dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer insofern die Frage stellen, warum er bei Abschluss des Versicherungsvertrages die Optionen einer Teil- und Vollkaskoversicherung überhaupt hat. Schon begrifflich sollte auch dem rechtsunkundigen Versicherungsnehmer erkennbar sein, dass eine Vollkaskoversicherung umfassenden Versicherungsschutz bietet, während eine Teilkaskoversicherung Einschränkungen beim Versicherungsschutz beinhaltet. Weiterhin definiert A.2.6 AKB schon nur den Begriff der Beschädigung und bringt somit gar nicht klar zum Ausdruck, dass insofern jeder Versicherungsnehmer für alle Fälle des A.2.2 und A.2.3 AKB Versicherungsschutz genießt. Spätestens durch aufmerksames Lesen der Regelungen des A.2.2 und A.2.3 AKB, auf die A.2.6 Bezug nimmt, muss auch einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer klar werden, dass durch die Verweisung nicht der Versicherungsschutz hierdurch auch für Teilkaskoversicherte erweitert werden sollte. Denn A.2.3.1 AKB bringt zum Ausdruck, dass in der Vollkaskoversicherung alle Schadensereignisse der Teilkaskoversicherung nach A.2.2 versichert sind, während es unter A.2.2 eine entsprechende Regelung unter Bezugnahme auf die Regelungen zur Vollkaskoversicherung nicht gibt, so dass erkennbar die Vollkaskoversicherung auch in der Teilkaskoversicherung versicherte Ereignisse umfasst, nicht jedoch die Teilkaskoversicherung auch Ereignisse der Vollkaskoversicherung abdeckt.

2. Soweit das Amtsgericht einen Anspruch aufgrund mut- oder böswilliger Handlung bejaht, wäre ein solches Ereignis entsprechend obiger Ausführungen vorliegend nicht vom Versicherungsschutz umfasst, da die Regelung des A.2.3.3 nur für Fälle der Vollkaskoversicherung eingreift. Auch die Annahme des Vorliegens eines mut- oder böswilligen Ereignisses durch das erstinstanzliche Gericht ist jedoch jedenfalls mit der vorgenommenen Begründung fehlerhaft, da es auf einer unzureichenden Beweiswürdigung beruht. Das Berufungsgericht sieht sich insofern an die getroffenen Feststellungen des Amtsgerichts nicht gebunden nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO und kommt in eigenständiger Beweiswürdigung zum Ergebnis, dass ein adäquater Zusammenhang der vorgefundenen Beschädigungen mit einem Diebstahlsversuch zu bejahen ist.

Kaskoversicherung - Beweislast Diebstahlsversuch
(Symbolfoto: /Shutterstock.com)

a) Die Feststellungen des Amtsgerichts, es liege eine Beschädigung durch mut- oder böswillige Handlungen Unberechtigter vor, überzeugen nicht. Das Amtsgericht lässt es schon an einer Definition der Begriffe mut- oder böswillige Handlungen vermissen und kommt abstellend auf die Entscheidungsgründe wohl maßgeblich aufgrund eigener Wertung der Lichtbilder der Beschädigungen zur Einschätzung des Vorliegens eines sogenannten Vandalismusschadens. Es fehlt insofern schon an einer ausreichenden Offenlegung, was das Amtsgericht unter dem Begriff „mut- oder böswillige Handlungen“ versteht, so dass schon objektiv nicht klar erkennbar ist, wie das Gericht zur Überzeugung kommt, dass gerade dies die Ursache der Beschädigungen gewesen sein soll. Ferner ist nicht erkennbar, wie das erstinstanzliche Gericht diese Einschätzung eigens aufgrund der vorliegenden Lichtbilder in der Form treffen kann. Da das Amtsgericht insbesondere die Frage des Vorliegens von Hebelwirkungen als unerheblich einschätzt, scheint das Gericht davon auszugehen, dass auch etwaige Hebelwirkungen eine mut- oder böswillige Beschädigung darstellen würden und grenzt insofern schon gar nicht zum Vorliegen eines Einbruchdiebstahls ab. Dies ließe sich bei unterstellter Richtigkeit der rechtlichen Einordnung durch das Amtsgericht durchaus nachvollziehen, da dann tatsächlich dahinstehen könnte, ob das versicherte Ereignis des Vandalismusschadens oder das gleichfalls versicherte Ereignis mut- oder böswilliger Handlungen vorläge. Da, wie ausgeführt, diese rechtliche Einschätzung jedoch fehlerhaft ist und es insofern auf die entsprechende Unterscheidung in tatsächlicher Hinsicht ankommt, kann die Begründung jedenfalls unter den zugrunde zu legenden rechtlichen Bedingungen keinesfalls überzeugen.

b) Das Berufungsgericht kommt nach § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO aufgrund der Beweisaufnahme zur Überzeugung, dass im vorliegenden Fall ein adäquater Zusammenhang der Beschädigungen des versicherten Fahrzeugs mit einem Diebstahlsversuch anzunehmen ist, so dass Versicherungsschutz nach A.2.2.2 AKB besteht.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung kommen dem Versicherungsnehmer hinsichtlich der Behauptung eines Einbruchsdiebstahls aufgrund seiner durch die Entwendung begründeten Beweisnot Beweiserleichterungen zu. Ein versicherter Entwendungsfall soll demnach schon dann als nachgewiesen gelten, wenn Tatsachen feststehen, die nach ihrem äußeren Bild mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine Wegnahme gegen den Willen des Versicherungsnehmers schließen lassen. Ein solches äußeres Bild eines Diebstahls sei im Allgemeinen schon dann gegeben, wenn der Versicherungsnehmer das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt habe, an dem er es später nicht mehr vorfinde (BGH NJW 1995, 2169; NJW-RR 2002, 671).

Das Berufungsgericht ist insofern der Überzeugung, dass im Falle eines behaupteten Diebstahlsversuchs der Nachweis des äußeren Bildes durch den Versicherungsnehmer nicht ausreichend ist, sondern ein entsprechender Vollbeweis zu erbringen ist (so auch Prölss/Martin-Klimke, 30. Auflage 2018, AKB 2015 § A.2.2.1 Rdn. 30). Denn der Grundsatz der höchstrichterlichen Einschätzung, nach der ein äußeres Bild durch das Nicht-Wiederauffinden eines Fahrzeugs erbracht werden kann, findet für den Diebstahlsversuch schon keine Anwendung, da das Fahrzeug mangels Diebstahlserfolges ja aufgefunden wurde. Auch eine entsprechende Beweisnot des Versicherungsnehmers besteht nicht in vergleichbarer Form, da das versicherte Fahrzeug zur Begutachtung zur Verfügung steht. Die Einschätzung steht insofern in Einklang mit der Entscheidung des BGH, nach der dem Versicherungsnehmer auch für die Behauptung des Vorliegens einer Beschädigung durch mut- oder böswillige Handlungen keine Beweiserleichterungen zugute kommen, da das versicherte Objekt besichtigt werden könne (BGH VersR 1997, 1095).

bb) Das Gericht kommt insofern aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen …zur Einschätzung, dass aufgrund eines Anscheinsbeweises das Vorliegen von Beschädigungen durch einen Diebstahlsversuch anzunehmen sind.

Der Sachverständige hatte in seinen erstinstanzlichen schriftlichen Begutachtungen ursprünglich eine Beschädigung durch ein Hebelwerkzeug verneint (Gutachten vom 18.03.2013, Bl. 171 ff d.A.), später aufgrund Vorlage weiterer Bilder ergänzend erklärt, dass der Einsatz eines Werkzeuges nicht mehr auszuschließen sei bzw. die Bilder den Anschein zuließen, dass ein Gegenstand benutzt wurde, um sich Zutritt zum Fahrzeug zu verschaffen (Ergänzungsgutachten vom 27.12.2013, Bl. 234 ff d.A.). In weiteren Ergänzungsgutachten (vom 22.12.2014, Bl.294ff d.A. sowie vom 02.08.2015, Bl. 322 ff d.A.) kam der Sachverständige zur Einschätzung, der Einsatz von Hebelwerkzeugen sei sehr wahrscheinlich und die Beschädigungen zum Teil mit überwiegender Wahrscheinlichkeit hierauf zurückzuführen bzw. der Nachweis für ein Hebelwerkzeug und der Versuch eines gewaltsamen Öffnens sei zweifelsfrei gegeben.

Der Sachverständige … hat in seiner Anhörung vorm Berufungsgericht am 11.05.2018 wiederholt, dass auf den Bildern eine Druckspur zu erkennen sei, die eindeutig auf die Verwendung eines Hebelwerkzeugs und dessen Ansetzen zwischen Karosserie und Türrahmen schließen lasse. Die Entstehung der Spur durch eine äußere Einwirkung hätte am Fahrzeug außen massivere Beschädigungen hervorgerufen. Aus dem gleichen Grund könne ein Hervorrufen der Wellen der am Türrahmen befindlichen Filzdichtung durch äußere Einwirkung ausgeschlossen werden. Auch die Beschädigung der Scheibe durch einen Gegenstand von außen sei unwahrscheinlich, da dann stärkere Beschädigungen am Türrahmen vorliegen müssten. Eine Gegendruckspur am Türrahmen sei aufgrund der Elastizität des Türrahmens nicht in vergleichbarer Form vorhanden, was der Annahme eines Hebelns demnach nicht entgegenstehe. Die Filzdichtung sei jedoch aus massivem Material und ermögliche so einen entsprechenden Druckaufbau, der eine Druckspur an der Karosserie wie im vorliegenden Fall hervorrufen könne.

Das Berufungsgericht kommt aufgrund der Angaben des Sachverständigen … zur Überzeugung, dass es am versicherten Fahrzeug zum Einsatz eines Hebelwerkzeuges kam. Der Sachverständige konnte im Ergebnis nachvollziehbar erläutern, dass Spuren am versicherten Fahrzeug vorliegen, die mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit durch die Verwendung eines Hebelwerkzeugs verursacht wurden. Dabei konnte der Sachverständige auch die hierbei bestehenden Rückfragen so beantworten, dass sich das von dem Sachverständigen festgestellte Ergebnis dem Gericht klar erschließt und dem Gericht insofern keine Zweifel an den getroffenen Feststellungen verbleiben. Insbesondere können vom Sachverständigen ebenfalls untersuchte Alternativursachen, hier maßgeblich die etwaige äußere Einwirkung, aus nachvollziehbaren Gründen ausgeschlossen werden.

Aufgrund der anzunehmenden Einsetzung eines Hebelwerkzeugs besteht zur Überzeugung des Gerichts ein Anscheinsbeweis dahingehend, dass die Beschädigungen am Fahrzeug insgesamt einem Entwendungsversuch zuzuordnen sind. Trotz der für den Versicherungsnehmer bestehenden Beweislast muss insoweit zumindest die Beweisschwierigkeit des Versicherungsnehmers bei der Frage, was konkret zur Erfüllung dieser Beweislast erforderlich ist, beachtet werden. Denn auch wenn das Fahrzeug des Versicherungsnehmers in Fällen wie diesem zur Begutachtung zur Verfügung steht, wird es dem Versicherungsnehmer naturgemäß nicht möglich sein, die Hintergründe jeder einzelnen vorgefundenen Beschädigung nachzuweisen und insbesondere, ob diese mit der Entwendung in Zusammenhang stand oder z.B. auf im Zusammenhang mit der Entwendung stehenden Vandalismus zurückzuführen ist. Um den Versicherungsschutz des teilkaskoversicherten Versicherungsnehmers für den Fall von Diebstahlsversuchen nicht leerlaufen zu lassen, muss insoweit ein Anscheinsbeweis möglich sein, der auch für solche Beschädigungen, bei denen eine genaue Schadensursache letztlich nicht mehr mit Sicherheit festzustellen ist, eine Zuordnung zum Entwendungsversuch ermöglicht. Das schließt nicht aus, dass dem Versicherer gegen diesen Anscheinsbeweis die Möglichkeit zusteht, seinerseits Tatsachen darzulegen und zu beweisen, die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit für die Vortäuschung eines Entwendungsversuchs sprechen. Denn auch eine gescheiterte Entwendung könnte vorgetäuscht sein, so dass dem Versicherer gegen den eine Entwendung begründenden Anscheinsbeweis im Falle des Diebstahlsversuchs ebenso die Möglichkeit eines Gegenbeweises zustehen muss, wie es nach der Rechtsprechung in den Konstellationen der Fall ist, bei denen der Versicherungsnehmer lediglich das äußere Bild einer Entwendung darlegen muss. Vorliegend sind jedoch schon keine dahingehenden Anhaltspunkte dargelegt und wurde eine etwaige Vortäuschung von der Beklagten schon nie behauptet.

Die Annahme des Anscheinsbeweises beruht vorliegend auf dem Hintergrund, dass die Hebelspur als Aufbruchspur zu werten ist, bei der ein adäquater Zusammenhang mit einem Entwendungsversuch unproblematisch bejaht werden kann (Stiefel/Maier-Stadler, AKB-Kommentar, 18.Auflage 2010, A.2.2 Rdn.71). Ob der Täter tatsächlich den Willen hatte, das Fahrzeug oder versicherte Teile des Fahrzeugs zu entwenden, kann nicht der Beweislast des Versicherungsnehmers unterliegen, dem insoweit jegliche Anhaltspunkte fehlen und der dementsprechend einen Beweis unter normalen Umständen nie führen könnte. Ausreichend muss insoweit sein, dass das Aufbrechen eines Fahrzeugs jedenfalls üblicherweise der Vornahme von Entwendungshandlungen dienen wird, so dass ein dahingehender Anschein aufgrund der vorgefundenen Hebelspuren bejaht werden kann.

Der Anscheinsbeweis umfasst ferner den gesamten am Fahrzeug vorgefundenen Schaden. Es kann zwar nicht mit Sicherheit festgestellt werden, wie beispielsweise die Fensterscheibe am Fahrzeug beschädigt wurde. Da jedoch fest steht, dass die Scheibe beim Wiederauffinden beschädigt war und dass zugleich Hebelspuren vorgefunden wurden, die zuvor nicht am Fahrzeug vorhanden waren, besteht auch ein hinreichender Anschein dafür, dass die Scheibe in Zusammenhang mit dem Entwendungsversuch beschädigt wurde. Gleiches gilt für die weiteren Schäden am Fahrzeug, die sich auf den Bereich der Beifahrertür bzw. der Karosserie in diesem Bereich begrenzen und somit realistisch mit einem Hebelversuch zur Öffnung des Fahrzeugs in Verbindung gebracht werden können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Vollstreckbarkeitsentscheidung liegt § 708 Nr. 10 ZPO zugrunde. § 711 ZPO war nach §§ 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO nicht anzuwenden.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO sind vorliegend nicht erkennbar.

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