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Hausratversicherung vor Gericht: Wertvolle Gegenstände gestohlen

Diebstahl oder Täuschung? Versicherungsfall unter der Lupe

Das Landgericht Hamburg wies die Klage einer Versicherungsnehmerin gegen ihre Hausratversicherung ab, da sie den geforderten Vollbeweis für einen behaupteten Einbruchsdiebstahl nicht erbringen konnte. Es bestanden erhebliche Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit, unter anderem aufgrund von Widersprüchen in ihren Aussagen und dem Verschweigen eines laufenden Privatinsolvenzverfahrens. Die Klägerin muss daher die Kosten des Rechtsstreits tragen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 337 O 371/22 >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Klage abgewiesen: Das Gericht konnte den von der Klägerin behaupteten Einbruchsdiebstahl nicht zweifelsfrei feststellen.
  2. Zweifel an Glaubwürdigkeit: Ungereimtheiten in den Aussagen der Klägerin und das Verschweigen eines Privatinsolvenzverfahrens erschütterten ihre Glaubwürdigkeit.
  3. Kein Vollbeweis für Einbruchsdiebstahl: Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass der behauptete Diebstahl tatsächlich stattgefunden hat.
  4. Beweislast beim Versicherungsnehmer: Es wird grundsätzlich vermutet, dass Versicherungsnehmer wahrheitsgemäße Angaben machen, jedoch kann diese Vermutung erschüttert werden.
  5. Redlichkeit des Versicherungsnehmers: Zweifel an der Redlichkeit können durch unrichtige oder ungenaue Angaben entstehen.
  6. Finanzielle Interessen: Die finanzielle Situation der Klägerin könnte ein Motiv für die Vortäuschung des Diebstahls sein.
  7. Kosten des Rechtsstreits: Die Klägerin muss die Kosten des Rechtsstreits tragen.
  8. Wichtigkeit von klaren Beweisen: In Versicherungsfällen ist es entscheidend, klare Beweise vorlegen zu können.

Streitigkeiten im Versicherungsrecht: Ein Fall von Einbruchsdiebstahl und Glaubwürdigkeit

Im Fokus des Versicherungsrechts steht häufig die Frage der Leistungspflicht von Versicherungen in Schadensfällen. Ein besonders interessanter Aspekt hierbei ist die Rolle der Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers, insbesondere wenn es um Fälle von behauptetem Einbruchsdiebstahl geht. In solchen Fällen sind die Beweislast und die Ermittlung der Wahrheit oft zentrale Herausforderungen. Die Thematik gewinnt zusätzlich an Komplexität, wenn persönliche Umstände wie eine Privatinsolvenz des Versicherungsnehmers in die Bewertung einfließen. Solche Fälle bieten nicht nur juristische, sondern auch ethische und moralische Fragestellungen.

Das nachstehende Urteil des Landgerichts Hamburg behandelt genau einen solchen Fall. Es illustriert, wie Gerichte mit den Herausforderungen von Beweisführung und Redlichkeitsvermutung im Versicherungsrecht umgehen und welche Rolle die persönlichen Verhältnisse des Klägers dabei spielen können. Dieser Fall zeigt eindrucksvoll, wie im Versicherungsrecht nicht nur die trockenen Fakten, sondern auch die menschliche Komponente eine entscheidende Rolle spielt. Lesen Sie weiter, um zu erfahren, wie das Gericht in diesem speziellen Fall entschieden hat und welche Lehren daraus für das Versicherungsrecht gezogen werden können.

Konfrontation im Versicherungsrecht: Einbruchsdiebstahl und die Suche nach der Wahrheit

Das Landgericht Hamburg sah sich mit einem komplexen Fall konfrontiert, bei dem eine Klägerin, Versicherungsnehmerin verschiedener Policen, einschließlich einer Hausratversicherung, eine Klage gegen ihre Versicherungsgesellschaft einreichte. Der Streit entzündete sich, nachdem sie einen angeblichen Einbruchsdiebstahl gemeldet hatte. Die Klägerin, beraten von einem Versicherungsagenten, hatte ihre Wertsachen, darunter Schmuck, Goldmünzen und hochwertige Lederwaren, aufgelistet und versichert. Später meldete sie den Diebstahl dieser Gegenstände, darunter Luxusartikel und Bargeld im Gesamtwert von über 60.000 Euro.

Privatinsolvenz und Glaubwürdigkeit: Ein Dilemma für das Gericht

Eine zentrale Wendung nahm der Fall, als die Beklagte die Glaubwürdigkeit der Klägerin infrage stellte. Es kam heraus, dass die Klägerin seit 2016 in einem Privatinsolvenzverfahren steckte, ein Detail, das sie gegenüber der Versicherung verschwiegen hatte. Diese Information warf ein neues Licht auf den Fall, da die Vermögensverhältnisse der Klägerin möglicherweise ein Motiv für die Vortäuschung des Einbruchsdiebstahls darstellten. Die Beklagte argumentierte, dass die Schäden an der Wohnungstür der Klägerin inszeniert worden seien und wies auf Unstimmigkeiten in ihren Aussagen hin.

Beweislast und Redlichkeitsvermutung: Die juristische Herausforderung

Die juristische Herausforderung in diesem Fall lag in der Beweisführung. Laut Gesetz steht dem Versicherungsnehmer die Redlichkeitsvermutung zur Seite, was bedeutet, dass grundsätzlich davon ausgegangen wird, dass er wahrheitsgemäße Angaben macht. Allerdings kann diese Vermutung erschüttert werden. Die Klägerin konnte keinen Vollbeweis für den behaupteten Einbruchsdiebstahl erbringen, und das Gericht fand ihre Aussagen unglaubwürdig, vor allem aufgrund der verschwiegenen Privatinsolvenz und weiterer widersprüchlicher Angaben.

Urteil des Landgerichts Hamburg: Klage abgewiesen

In seinem Urteil wies das Landgericht Hamburg die Klage der Versicherungsnehmerin ab. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass die Klägerin keinen ausreichenden Beweis für den behaupteten Einbruchsdiebstahl erbringen konnte. Es wurden schwerwiegende Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit festgestellt, und es wurde angenommen, dass die behaupteten Einbruchsspuren vorgetäuscht waren. Als Folge wurde die Klägerin zur Übernahme der Kosten des Rechtsstreits verurteilt. Dieser Fall unterstreicht die Bedeutung einer ehrlichen Kommunikation mit Versicherungsunternehmen und zeigt die Schwierigkeiten auf, die entstehen können, wenn Versicherungsnehmer wichtige Informationen zurückhalten.

Das Urteil des Landgerichts Hamburg zeigt deutlich, wie komplex und facettenreich Rechtsfälle im Versicherungsrecht sein können, insbesondere wenn es um die Glaubwürdigkeit von Versicherungsnehmern und die Beweislast bei behaupteten Schadensfällen geht.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Welche Rolle spielt die Glaubwürdigkeit eines Versicherungsnehmers in einem Versicherungsrecht-Fall?

Die Glaubwürdigkeit eines Versicherungsnehmers ist im Versicherungsrecht von zentraler Bedeutung, da sie maßgeblich die Entscheidungen der Gerichte und Versicherer beeinflusst. In Fällen, in denen der Versicherungsnehmer Ansprüche geltend macht, wird seine Glaubwürdigkeit oft kritisch geprüft. Dies kann sich auf die Beweislast auswirken, die in Versicherungsfällen eine entscheidende Rolle spielt. Unredlichkeiten des Versicherungsnehmers, selbst wenn sie nicht direkt mit dem Versicherungsfall in Verbindung stehen, können seine Glaubwürdigkeit untergraben und somit die Entscheidung des Versicherers oder des Gerichts beeinflussen.

Die Glaubwürdigkeit ist nicht nur im Kontext von Schadensfällen relevant, sondern auch im Hinblick auf die Reputation des Versicherungsnehmers. Attribute wie Ehrlichkeit und Vertrauen sind wichtige Faktoren, die das Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer prägen. In der Rechtsprechung wird deutlich, dass die Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers durch Tatsachen erschüttert werden kann, die Zweifel an seiner Vertrauenswürdigkeit aufkommen lassen. Dies kann beispielsweise bei der Hausratversicherung relevant sein, wo die Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers für die Beurteilung von Ansprüchen eine Rolle spielt.

Die Theorie der Glaubwürdigkeit wird auch von Versicherungsmathematikern genutzt, um Risiken zu verstehen und die Exponierung gegenüber Ansprüchen und Verlusten zu begrenzen. In der Praxis bedeutet dies, dass Versicherungsnehmer, die als glaubwürdig eingestuft werden, eher in der Lage sind, ihre Ansprüche durchzusetzen, während solche, die als unglaubwürdig gelten, mit größeren Schwierigkeiten konfrontiert sein können.

In Fällen von Betrug oder Täuschung, wie beispielsweise bei der betrügerischen Vortäuschung von Berufsunfähigkeit, können falsche Angaben des Versicherungsnehmers zu rechtlichen Konsequenzen führen. Auch im Kontext der Kfz-Kaskoversicherung ist die Glaubwürdigkeit entscheidend, da der Versicherer von der Leistung befreit sein kann, wenn ihm der Nachweis eines Versicherungsbetrugs gelingt.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers in einem Versicherungsrechtsfall eine Schlüsselrolle spielt und sowohl die Beweisführung als auch die Entscheidungsfindung maßgeblich beeinflussen kann.


Das vorliegende Urteil

LG Hamburg – Az.: 337 O 371/22 – Urteil vom 15.03.2023

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 60.479,05 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin ist Versicherungsnehmerin bei der Beklagten und unterhält bei dieser verschiedene Versicherungen, unter anderem die hier streitgegenständliche Hausratsversicherung.

In diesem Zusammenhang wird sie seit Jahren von Herrn B. in Versicherungsfragen beraten, der für die Beklagte eine Generalagentur in N. leitet. Nachdem die Klägerin Ende 2020 in die im Rubrum angegebene Anschrift umgezogen war, unterbreitete Herr B. ihr den Vorschlag, den Versicherungsschutz zu überprüfen. In diesem Zusammenhang listete sie gemeinsam mit Herrn B. ihre Wertsachen auf, die insbesondere aus Schmuck, Goldmünzen und einer umfangreichen Sammlung hochwertiger Lederwaren bestanden. Auf Anraten des Herrn B. wurde der Versicherungsschutz dem Versicherungsrisiko angepasst; insofern wird auf den Versicherungsschein Anlage K 1a verwiesen.

Hinsichtlich der Versicherungsbedingungen und ihres Versicherungsschutzes „Premium“ wird auf die Anlagen K 1b und K 1c verwiesen. Zudem fertigte die Klägerin auf Anraten von Herrn B. Fotos ihrer Wertgegenstände, die sie diesen im Februar 2021 übersandte.

Am 06.06.2021 meldete die Klägerin einen Wohnungseinbruchsdiebstahl. Nach den Feststellungen in der Ermittlungsakte wurde die Wohnungseingangstür der Klägerin mittels mechanischer Gewalt aufgebrochen. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin arbeitslos und bezog Hartz-IV-Leistungen. Zudem lief seit 2016 ein Privatinsolvenzverfahren.

Die Beklagte schaltete ihren Regulierungsbeauftragten ein. Mit diesem fand ein Orts- und Besprechungstermin statt. Über diesen Termin wurde ein Verhandlungsprotokoll gefertigt, das die Klägerin unterzeichnete. Dieses lautet auszugsweise wie folgt: „Vor Schadeneintritt gab es keine Vollstreckungsmaßnahmen, wie z.B. eine Privatinsolvenz, gegen mich. Auch war ich davon nicht betroffen. Aktuelle Kredit- und/oder Darlehenskündigungen habe ich ebenfalls nicht erhalten. (…) Vor Schadensfeststellung war ich letztmalig gegen 19:00 Uhr in meinen Mieträumen. Ich habe dann die Wohnung verlassen um zu meiner Freundin zu fahren, die ein Kind bekommen hat.“ Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage BLD 2 Bezug genommen.

Die Klägerin trägt vor, sie habe am 06.06.2021 gegen 20:00 Uhr ihre Wohnung verlassen. Bei ihrer Rückkehr gegen ca. 23:30 Uhr habe sie festgestellt, dass ihre Wohnungseingangstür beschädigt gewesen sei und offen gestanden habe. Darauf habe sie mit ihren Kindern umgehend den Hausflur verlassen und sich nach draußen begeben. Von dort habe sie die Polizei benachrichtigt. Ihr seien zahlreiche Wertgegenstände entwendet worden. Insoweit werde auf die Stehlgutlisten Anlage K 16 und 17 sowie 20 verwiesen. Insbesondere seien hochwertige Tasche, Schuhe, Jacken und sonstige Lederwaren von Luxusgüterherstellern, deren Besitzerin sie zum Zeitpunkt des Einbruchs gewesen sei und die sie in ihrer Wohnung aufbewahrt gehabt hätte, gestohlen worden. Diese Gegenstände, die in ihrem Eigentum gestanden hätten, habe sie über Jahre zum Teil selbst erworben oder von ihrem Ehemann geschenkt bekommen. Gefehlt hätte im übrigen Bargeld in Höhe von 3.000,00 €, das sie in einer Geldkassette in der Wohnung aufbewahrt habe. Ferner seien Goldmünzen entwendet worden. Diese habe sie zur Verlobung sowie zur Geburt ihrer Kinder geschenkt bekommen. Gleiches gelte für den Großteil ihrer Schmucksammlung. Der Wert der entwendeten Sachen betrage insgesamt 60.497,05 €.

Hintergrund des Verbraucherinsolvenzverfahrens sei eine Darlehensforderung gewesen, für die das kreditgebende Institut Ende 2015 einen Vollstreckungsbescheid erwirkt gehabt habe. Zwangsvollstreckungen jeglicher Art seien indes von der Gläubigerin nie eingeleitet worden. Zum Zeitpunkt des Gespräches im Juli 2021 habe sie das Insolvenzverfahren schlicht nicht gegenwärtig gehabt, weil dieses ohne spürbare Weiterungen für sie seit etlichen Jahren gelaufen sei.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 60.479,05 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.03.2022 zu zahlen,

2. die Beklagte des Weiteren zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.147,83 € nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass die massiven Gewaltspuren, die die Türzarge der Wohnung der Klägerin aufweise, innenliegend seien und sich nur dann widerspruchsfrei erklären würden, wenn die Gewaltspuren innenseitig und bei geöffneter Tür und bestimmten Öffnungswinkeln herbeigeführt worden seien. Ein Einbruchsdiebstahl durch Gewalteinwirkung bei verschlossener Tür oder auch nur bei zugezogener Tür sei auszuschließen, sodass es sich um vorgetäuschte Einbruchsspuren handele.

Bei weiteren Gesprächen habe die Klägerin abweichend angegeben, sie sei um 20:30 Uhr bei ihrer Freundin angekommen und die Fahrt zu deren Wohnung dauere 45 Minuten. Sie, die Beklagte, habe die Freundin der Klägerin befragt. Dieser habe eigens bei ihrem Handy bei WhatsApp nachgeschaut, wann sie der Klägerin am behaupteten Tattag geschrieben habe, dass diese vorbeikommen solle. Anhand der Chat-Historie sei es so gewesen, dass die Freundin der Klägerin diese erstmals um 21:30 Uhr angeschrieben habe; die Klägerin sei auch erst um 22:30 Uhr bei ihr eingetroffen.

Die Klägerin sei bereits nicht glaubwürdig, da sie gegenüber der ARGE und dem Insolvenzverwalter ihre Wertsachen nicht angegeben habe. Zudem bestehe die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Versicherungsfalles. Die Klägerin wohne in einer sehr großen Wohnungsanlage, in der es seit Errichtung im Jahr 2020 noch nie zu Einbruchsdiebstählen gekommen sei. Auffällig sei auch das äußerst enge Tatzeitfenster. Zudem liege ein wirtschaftliches Motiv der Klägerin auf der Hand. Ferner seien die Einbruchsspuren vorgetäuscht.

Die Angaben der Klägerin, dass es keine Vollstreckungsmaßnahmen gegeben habe, seien unzutreffend; gleiches gelte für die Tatsache der Privatinsolvenz. Vielmehr habe es eine Fülle von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegeben, die dann in das Verbraucherinsolvenzverfahren gemündet hätten. Insofern habe die Klägerin sie, die Beklagte, arglistig getäuscht.

Das Gericht hat die Klägerin persönlich angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 13.02.2023.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze samt Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten keine Entschädigungsleistung gemäß des Versicherungsvertrags iVm § 3 VHB 2019 verlangen.

Nach der Anhörung der Klägerin steht nicht mit der erforderlichen Gewissheit im Sinne des § 286 ZPO fest, dass der von ihr behauptete Einbruchsdiebstahl stattgefunden hat.

Den Vollbeweis für einen Einbruchdiebstahl, den die Beklagte bestreitet, kann die Klägerin nicht führen. Die Polizei konnte den oder die Täter nicht ermitteln. Die Rechtsprechung hilft dem Versicherungsnehmer mit Beweiserleichterungen. Er muss lediglich einen Sachverhalt darlegen und beweisen, der mit „hinreichender Sicherheit“ den Schluss auf einen Einbruchdiebstahl zulässt, d.h. das „äußere Bild“ eines Einbruchs vermittelt. Dazu gehört neben der Existenz von Einbruchspuren, dass zumindest ein Teil der als gestohlen gemeldeten Sachen vor dem Schadensereignis in den versicherten Räumlichkeiten vorhanden war und nachher nicht mehr aufgefunden werden konnte (vgl. OLG Köln, Urteil vom 18.06.2002, Az.: 9 U 42/01, Rn. 8, BGH, Urteil vom 08.11.1995, Az.: IV ZR 221/94, jeweils zitiert nach juris).

Für den entsprechenden Nachweis kann der Versicherungsnehmer auf die Aussage von Zeugen oder, falls ihm keine tauglichen Beweismittel zur Seite stehen, auf seine eigenen Angaben zurückgreifen, da ihm die einem Versicherungsnehmer grundsätzlich zukommende Redlichkeitsvermutung zur Seite steht. Danach wird vermutet, dass der Versicherungsnehmer regelmäßig keinen Versicherungsfall, hier einen Diebstahl seiner als gestohlen gemeldeten Sachen, vortäuscht, sondern wahrheitsgemäße Angaben hierzu macht. Allerdings kann die Redlichkeitsvermutung im Einzelfall erschüttert werden und dazu führen, dass der Versicherungsnehmer beweisfällig bleibt und deshalb die Klage abzuweisen ist. Hierbei gilt es zu beachten, dass mit der Redlichkeit oder Unredlichkeit kein allgemeines moralisches Wert- oder Unwerturteil über die Person des Versicherungsnehmers verbunden ist, sondern die Feststellungen zu einer erschütterten Redlichkeit einen spezifischen Bezug zum Versicherungsfall aufweisen und sich aus einer Gesamtschau aller für die Prüfung einer Glaubwürdigkeit des jeweiligen Versicherungsnehmers maßgeblichen Umstände ergeben müssen. In diesem Zusammenhang können etwa auch unrichtige, korrigierte oder ungenaue Angaben des Versicherungsnehmers zum Versicherungsfall seine Redlichkeit infrage stellen, wobei in erster Linie Angaben zum Kerngeschehen der behaupteten Diebstahlstat Bedeutung erlangen, allerdings –  abhängig vom Einzelfall, wie bei der Würdigung jeder anderen Aussage auch – sonstige Angaben zum Randgeschehen mit einzubeziehen sind (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 10.10.2013, Az.: 4 Z 69/12, VersR 2015, 316). Von der Redlichkeitsvermutung kann aber nicht mehr ausgegangen werden, wenn konkrete Tatsachen vorliegen, die den Versicherungsnehmer als unglaubwürdig erscheinen lassen oder doch schwerwiegende Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit und an der Richtigkeit der von ihm aufgestellten Behauptung der Entwendung aufdrängen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.01.1998, Az.: 4 U 31/97, Rn. 6, zitiert nach juris).

Zeugen für den behaupteten Einbruch hat die Klägerin vorliegend nicht. Nach ihrer Anhörung hat die Kammer erhebliche Bedenken an ihrer Redlichkeit.

Zum einen bleiben Ungereimtheiten hinsichtlich der Uhrzeit, zu der die Klägerin die Wohnung verlassen haben will. So hat sie gegenüber der Polizei und in der Klagschrift vorgetragen, sie habe gegen 20 Uhr ihre Wohnung verlassen. Ausweislich der in der Anlage BLD 2 aufgenommenen Angaben, die die Klägerin selbst unterzeichnet hat, ist von ca. 19 Uhr die Rede. Bei einem späteren Gespräch soll dann von 20:30 Uhr die Rede gewesen sein. Die Kammer vermag nachzuvollziehen, dass die Klägerin nicht mit dem Anruf ihrer Freundin gerechnet hatte. Dennoch erscheint es nicht vollends plausibel, dass man im Nachhinein nicht anhand der Erinnerung oder dem Speicher des Handys oder des Telefons versucht, nachzuvollziehen, zu welcher Uhrzeit man losgefahren ist. Angesichts des Umstandes, dass die Klägerin zwei kleine Kinder hat, hätte es nahegelegen, dass sie ungefähr weiß, ob sie diese hat wecken müssen oder ob diese noch wach gewesen sind.

Zum anderen aber hat die Klägerin gegenüber der Beklagten unstreitig verschwiegen, dass über ihr Vermögen seit 2016 ein Privatinsolvenzverfahren läuft. Dabei handelt es sich indes um einen Umstand, den sie zu offenbaren hatte. Die vom Versicherungsnehmer zu offenbarenden Umstände dürfen alle Angaben betreffen, die der Versicherer, abgestellt auf die Masse der Versicherungsfälle, nach seinen Erfahrungen für sachdienlich halten darf, um sich ein möglichst zuverlässiges Bild von dem für seine Leistung maßgebenden Tatbestand zu verschaffen. Zu den sachdienlichen Auskünften, für deren Kenntnis auf Seiten eines Hausratversicherers ein berechtigtes Interesse besteht, zählen insbesondere auch Angaben zur Vermögenssituation des Versicherungsnehmers. Da ungeordnete Vermögensverhältnisse des Versicherungsnehmers Anreiz für die Vortäuschung von Versicherungsfällen sein können, ist der Versicherer im Interesse der Versichertengemeinschaft gehalten, zur Prüfung der Berechtigung seiner Inanspruchnahme auch die finanziellen Verhältnisse des Anspruchsstellers zu beleuchten (vgl. LG Saarbrücken, Beschluss vom 24.09.2013, Az.: 14 O 122/13, Rn. 16, zitiert nach juris; OLG Köln, Beschluss vom 28.03.2008, Az.: 20 U 231/07, zitiert nach juris; BGH, Beschluss vom 13.04.2016, Az.: IV ZR 152/14, zitiert nach juris). Die Klägerin konnte auch in der Anhörung nicht wirklich plausibel erläutern, weshalb sie angegeben habe, es habe keine Vollstreckungsmaßnahmen wie z.B. eine Privatinsolvenz gegen sie gegeben.

Im Übrigen hat sie selbst eingeräumt, dass sie im Insolvenzverfahren gegenüber dem Insolvenzverwalter ihre Wertgegenstände wie Schmuck und Taschen nicht angegeben hat. Dies verdeutlicht indes, dass sie hinsichtlich ihrer Angaben von Vermögen und Vermögensverhältnissen nicht zuverlässig ist. Ausweislich der aufgeführten Gegenstände, die entwendet worden sein sollen, finden sich insbesondere im Hinblick auf den Schmuck und die Goldmünzen nicht unerhebliche Werte, die auch bereits 2016 vorhanden gewesen sind bzw. im Laufe des Insolvenzverfahrens in ihr Eigentum übergegangen sind.

Da die Kammer aufgrund der geschilderten Umstände schwerwiegende Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Klägerin hat, vermag die Kammer auch nicht zur Überzeugung festzustellen, dass ein Einbruch und vor allem der Diebstahl der behaupteten Gegenstände tatsächlich stattgefunden hat.

Wie dargelegt, hat die Klägerin auch den Vollbeweis für einen Einbruchsdiebstahl nicht führen können, so dass sie letztlich beweisfällig geblieben ist.

2. Mangels eines Anspruchs in der Hauptsache hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf die begehrte Nebenforderung.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

III. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

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