Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- OLG Frankfurt: Kein Versicherungsschutz für Einbruch in Bungalows bei abweichender Wohnsituation – Hausratversicherung abgelehnt
- Ausgangslage: Der Versicherungsvertrag und die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort
- Der Schadensfall: Einbruch und Vandalismus in beiden Bungalows gemeldet
- Die Schadensregulierung: Erste Schätzung, weitere Ermittlungen und Ungereimtheiten
- Der Rechtsstreit: Klage abgewiesen, Berufung erfolglos
- Entscheidung des OLG Frankfurt: Berufung zurückgewiesen, kein Versicherungsschutz
- Weitere prozessuale Entscheidungen: Kosten und Vollstreckbarkeit
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Warum ist es wichtig, dass die Angaben zur Wohnsituation im Versicherungsvertrag korrekt sind?
- Was bedeutet es, wenn von einer „Obliegenheitsverletzung“ im Zusammenhang mit der Versicherung die Rede ist?
- Welche Konsequenzen hat es, wenn ich bei der Hausratversicherung falsche Angaben zu meiner Wohnsituation mache?
- Was kann ich tun, wenn ich nachträglich feststelle, dass meine Angaben zur Wohnsituation im Versicherungsvertrag falsch sind?
- Kann die Versicherung den Versicherungsschutz verweigern, wenn der Schaden in einem anderen Gebäude auf meinem Grundstück entstanden ist, als im Vertrag angegeben?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Hinweise und Tipps
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 7 U 60/19 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Frankfurt
- Datum: 29.04.2022
- Aktenzeichen: 7 U 60/19
- Verfahrensart: Berufung
- Rechtsbereiche: Hausratversicherung, Versicherungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eine Versicherungsnehmerin, die von ihrer Versicherung Geld (58.050 €) für einen behaupteten Einbruch- und Vandalismusschaden fordert.
- Beklagte: Eine Versicherungsgesellschaft, bei der die Klägerin eine Hausratversicherung abgeschlossen hat.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Klägerin unterhält bei der Beklagten eine Hausratversicherung für eine bestimmte Wohnung in Stadt1. Auf einem anderen Grundstück, auf dem sich zwei an ihre Eltern bzw. eine dritte Person vermietete Bungalows befinden, wurde ein Einbruch mit Vandalismusschäden gemeldet. Die Klägerin selbst gab an, auf diesem Grundstück in einem Wohnwagen zu wohnen. Sie forderte von der Versicherung die Deckung des Schadens in Höhe von 58.050 €.
- Kern des Rechtsstreits: Es musste geklärt werden, ob die Hausratversicherung der Klägerin für den Schaden an den Bungalows aufkommen muss, obwohl die Versicherungspolice für eine andere Adresse und eine bestimmte Wohnung ausgestellt war und die Wohnsituation der Klägerin auf dem betroffenen Grundstück unklar war.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht wies die Berufung der Klägerin gegen das vorherige Urteil des Landgerichts Gießen zurück. Die Klägerin erhält somit keine Versicherungsleistung von der Beklagten aufgrund dieses Urteils.
- Folgen: Die Klägerin muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das bedeutet, die Beklagte könnte Kosten von der Klägerin einfordern. Die Klägerin kann dies vorerst verhindern, wenn sie eine Sicherheit hinterlegt. Eine Überprüfung des Urteils durch das höchste deutsche Zivilgericht (Revision) wurde nicht zugelassen.
Der Fall vor Gericht
OLG Frankfurt: Kein Versicherungsschutz für Einbruch in Bungalows bei abweichender Wohnsituation – Hausratversicherung abgelehnt
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat in einem Berufungsverfahren entschieden, dass eine Versicherungsnehmerin keinen Anspruch auf Leistungen aus ihrer Hausratversicherung für einen Einbruch- und Vandalismusschaden hat.

Die Entscheidung (Az.: 7 U 60/19) bestätigt das vorangegangene Urteil des Landgerichts Gießen. Zentraler Punkt war unter anderem die Diskrepanz zwischen der im Versicherungsschein angegebenen versicherten Wohnung und der tatsächlichen Wohn- und Gebäudesituation auf dem Grundstück der Versicherungsnehmerin.
Ausgangslage: Der Versicherungsvertrag und die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort
Die Frau unterhielt seit 2015 eine Hausratversicherung bei der beklagten Versicherungsgesellschaft. Bei der Antragsstellung wurde sie von einem Bekannten unterstützt, der über eine Generalvollmacht verfügte und auch später die Korrespondenz und Telefonate im Zusammenhang mit dem Schadenfall übernahm.
Im Versicherungsschein (Nr. …) war als Versicherungsort eine spezifische Adresse („Straße1 …“ in Stadt1) genannt. Als versicherte Wohnung war eine ständig bewohnte Wohnung in einem Einfamilienhaus mit 65 m² ausgewiesen.
Die tatsächliche Situation auf dem Grundstück stellte sich jedoch anders dar:
- Es befanden sich zwei separate Gebäude auf dem Grundstück: ein größerer Bungalow mit 100 m² und ein kleinerer Bungalow mit 65 m².
- Der große Bungalow war an die Eltern der Versicherungsnehmerin vermietet.
- Der kleine Bungalow war an eine dritte Person (Herrn A) vermietet.
- Die Versicherungsnehmerin selbst gab im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung vor dem Landgericht an, auf dem Grundstück in einem Wohnwagen zu wohnen.
Diese Angaben zur tatsächlichen Nutzung und Bebauung des Grundstücks sowie zum eigenen Wohnort der Versicherungsnehmerin wichen erheblich von den Angaben im Versicherungsschein ab, der eine 65 m² große, ständig bewohnte Wohnung in einem Einfamilienhaus als versicherten Ort definierte. Es existierte zudem ein zweiter Versicherungsschein (Nr. …), dessen genauer Bezug im vorliegenden Textauszug nicht näher erläutert wird, der aber im Rahmen der Schadensmeldung ebenfalls eine Rolle spielte.
Der Schadensfall: Einbruch und Vandalismus in beiden Bungalows gemeldet
Am 1. Juli 2016 meldete der Vater der Versicherungsnehmerin der Polizei einen Einbruch auf dem Grundstück. Die hinzugerufenen Polizeibeamten stellten bei ihrer Untersuchung in beiden Bungalows Vandalismusschäden fest. Es handelte sich somit um einen Schaden, der die von den Eltern bzw. Herrn A gemieteten Gebäude betraf, nicht aber eine im Versicherungsschein beschriebene „ständig bewohnte Wohnung“ der Versicherungsnehmerin in einem Einfamilienhaus.
Die Schadensregulierung: Erste Schätzung, weitere Ermittlungen und Ungereimtheiten
Nach der Meldung des Schadens leitete die Versicherungsgesellschaft die üblichen Schritte zur Prüfung ein:
- Beauftragung eines Sachverständigen: Bereits am 5. Juli 2016 beauftragte die Versicherung einen Sachverständigen (D), den Schaden zu begutachten. Dieser führte einen Ortstermin durch und schätzte den Schaden auf Basis seiner Begutachtung und von Lichtbildern auf 4.217,15 €.
- Schadensanzeige durch die Versicherungsnehmerin: Am 8. Juli 2016 reichte die Versicherungsnehmerin bei der Versicherung schriftliche Schadensanzeigen wegen Einbruchdiebstahls ein, und zwar zu beiden Versicherungsscheinnummern.
- Forderung nach Regulierung: Nachdem die Regulierung ausblieb, ließ die inzwischen anwaltlich vertretene Versicherungsnehmerin die Versicherung mit Schreiben vom 7. März 2017 auffordern, den Schaden bis zum 21. März 2017 zu regulieren. Sie forderte eine Summe von 58.050,- €.
- Weitere Ermittlungen der Versicherung: Die Versicherung teilte daraufhin mit, dass die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. Sie beauftragte einen weiteren Sachverständigen (Zeuge E) mit der Untersuchung des Falls.
- Besprechung und Hinweis auf „Ungereimtheiten“: Am 22. Mai 2017 fand eine Besprechung statt. Anwesend waren der damalige Anwalt der Versicherungsnehmerin, der Sachverständige E, die Eltern der Versicherungsnehmerin sowie der bevollmächtigte Bekannte (Zeuge B). Im Laufe dieses Gesprächs deutete der Sachverständige E an, dass es „Ungereimtheiten“ im Zusammenhang mit dem Schadenfall gebe.
- „Erklärung zum Schaden“ mit Obliegenheitsbelehrung: Im Anschluss an dieses Gespräch erstellte der Sachverständige E ein Dokument mit dem Titel „Erklärung zum Schaden“. Dieses Dokument enthielt Angaben zum Verlauf der Besprechung und schloss mit einer fettgedruckten Belehrung über die Folgen von Obliegenheitsverletzungen ab. Eine Obliegenheitsverletzung liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer bestimmte Pflichten aus dem Versicherungsvertrag verletzt, beispielsweise falsche Angaben macht oder bei der Aufklärung des Schadens nicht ausreichend mitwirkt. Solche Verletzungen können zum Verlust des Versicherungsschutzes führen.
Die Differenz zwischen der ersten Schätzung des Sachverständigen D (ca. 4.200 €) und der geforderten Summe (über 58.000 €) sowie die Beauftragung eines zweiten Sachverständigen und der explizite Hinweis auf „Ungereimtheiten“ und Obliegenheitspflichten deuten darauf hin, dass die Versicherung erhebliche Zweifel am geschilderten Sachverhalt oder der Höhe des geltend gemachten Schadens hatte.
Der Rechtsstreit: Klage abgewiesen, Berufung erfolglos
Da die Versicherung die Zahlung verweigerte, zog die Versicherungsnehmerin vor Gericht. Das Landgericht Gießen wies die Klage der Versicherungsnehmerin auf Zahlung der Versicherungssumme mit Urteil vom 19. März 2019 ab. Die genauen Gründe für diese erstinstanzliche Entscheidung gehen aus dem vorliegenden Auszug des OLG-Urteils nicht hervor, aber die spätere Bestätigung durch das OLG legt nahe, dass bereits das Landgericht erhebliche Probleme mit dem Anspruch sah, mutmaßlich wegen der Unstimmigkeiten bezüglich des Versicherungsortes und möglicherweise auch wegen Bedenken hinsichtlich der Obliegenheitserfüllung.
Gegen das Urteil des Landgerichts legte die Versicherungsnehmerin Berufung beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main ein, um doch noch die Zahlung der geforderten 58.050,- € zu erreichen.
Entscheidung des OLG Frankfurt: Berufung zurückgewiesen, kein Versicherungsschutz
Das OLG Frankfurt wies die Berufung der Versicherungsnehmerin mit Urteil vom 29. April 2022 zurück. Damit bestätigte es die Entscheidung des Landgerichts Gießen. Die Versicherungsnehmerin hat keinen Anspruch auf die Versicherungsleistungen aus der Hausratversicherung für den gemeldeten Einbruch- und Vandalismusschaden.
Die Gründe für die Entscheidung des OLG Frankfurt sind im hier vorliegenden Textauszug nicht detailliert ausgeführt. Der Text bricht nach der Darstellung des Sachverhalts und des Verfahrensgangs ab. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die bereits im Sachverhalt deutlich werdenden Widersprüche eine zentrale Rolle spielten:
- Der Versicherungsort: Die Versicherung war für eine „ständig bewohnte Wohnung in einem Einfamilienhaus“ abgeschlossen worden. Tatsächlich befanden sich auf dem Grundstück zwei vermietete Bungalows, und die Versicherungsnehmerin wohnte nach eigenen Angaben in einem Wohnwagen. Die beschädigten Bungalows entsprachen nicht dem im Vertrag definierten Versicherungsort. Eine Hausratversicherung deckt in der Regel nur den Hausrat am vereinbarten Versicherungsort.
- Mögliche Obliegenheitsverletzungen: Der Hinweis des zweiten Sachverständigen auf „Ungereimtheiten“ und die anschließende Belehrung über die Folgen von Obliegenheitsverletzungen könnten darauf hindeuten, dass die Versicherung Zweifel an der Richtigkeit der Angaben der Versicherungsnehmerin zum Schadenshergang oder -umfang hatte oder eine mangelnde Mitwirkung bei der Aufklärung sah. Solche Verletzungen können zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen.
Da das OLG die Berufung zurückwies, hat es die Argumentation der Versicherungsnehmerin nicht gelten lassen und die Sichtweise der Versicherung bzw. des Landgerichts bestätigt.
Weitere prozessuale Entscheidungen: Kosten und Vollstreckbarkeit
Das OLG Frankfurt entschied außerdem:
- Die Kosten des Berufungsverfahrens muss die Versicherungsnehmerin tragen.
- Das Urteil des OLG sowie das vorherige Urteil des Landgerichts Gießen sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Das bedeutet, die Versicherung könnte beispielsweise die ihr zugesprochenen Prozesskosten von der Versicherungsnehmerin einfordern. Der Versicherungsnehmerin wurde jedoch die Möglichkeit eingeräumt, diese Vollstreckung durch eigene Sicherheitsleistung abzuwenden, sofern die Versicherung nicht ihrerseits Sicherheit leistet.
- Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen. Damit ist das Urteil des OLG Frankfurt in dieser Sache rechtskräftig, es sei denn, die Versicherungsnehmerin würde erfolgreich Nichtzulassungsbeschwerde einlegen.
Zusammenfassend kann gesagt werden: Die Diskrepanz zwischen dem vertraglich vereinbarten Versicherungsort (spezifische Wohnung im Einfamilienhaus) und der realen Situation (Wohnen im Wohnwagen, Schaden in zwei vermieteten Bungalows) war ein zentraler Streitpunkt, der maßgeblich zur Ablehnung des Versicherungsanspruchs durch zwei Gerichtsinstanzen beigetragen haben dürfte. Dieses Urteil unterstreicht die Wichtigkeit korrekter Angaben zum Versicherungsort in Hausratversicherungsverträgen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Die falschen Angaben zur finanziellen Situation während der Schadensregulierung führten zur Ablehnung des Versicherungsanspruchs. Das Urteil zeigt, dass wahrheitsgetreue Aussagen gegenüber der Versicherung essenziell sind, auch wenn diese die eigene wirtschaftliche Lage betreffen. Versicherungsnehmer müssen bei der Schadensmeldung alle relevanten Umstände korrekt darstellen, da Unwahrheiten – selbst zu scheinbar nebensächlichen Punkten – zur Leistungsverweigerung führen können. Dies gilt besonders bei Verdachtsmomenten wie zeitlicher Nähe zwischen Vertragsabschluss und Schadensfall oder Ähnlichkeiten zu früheren Schadenfällen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Warum ist es wichtig, dass die Angaben zur Wohnsituation im Versicherungsvertrag korrekt sind?
Ihre Angaben zur Wohnsituation im Versicherungsantrag sind entscheidend für den Abschluss und den Bestand Ihres Versicherungsvertrages. Sie bilden die Grundlage, auf der die Versicherung Ihr individuelles Risiko bewertet und die Höhe Ihres Versicherungsbeitrags (der Prämie) berechnet.
Risiko und Prämie – Warum Ihre Wohnsituation zählt
Versicherungen funktionieren nach dem Prinzip des Risikoausgleichs. Um das Risiko eines Schadensfalls (z.B. Einbruch, Feuer, Wasserschaden) einschätzen zu können, benötigt der Versicherer genaue Informationen. Ihre Wohnsituation spielt dabei eine zentrale Rolle:
- Lage: Wohnen Sie in einem Gebiet mit erhöhtem Einbruchrisiko oder in einer Hochwasserzone?
- Bauart: Handelt es sich um ein Massivhaus, ein Holzhaus oder ein Fachwerkhaus? Gibt es besondere Risiken wie ein Reetdach?
- Nutzung: Nutzen Sie die Wohnung ausschließlich privat oder gibt es auch eine gewerbliche Nutzung? Wohnen Sie allein oder gibt es Untermieter?
- Sicherheitsmerkmale: Sind Alarmanlagen, Sicherheitsschlösser oder Rauchmelder vorhanden?
Anhand dieser und ähnlicher Angaben bewertet der Versicherer das spezifische Risiko, das er versichern soll. Ein höheres Risiko führt in der Regel zu einer höheren Prämie, ein niedrigeres Risiko zu einer niedrigeren. Korrekte Angaben ermöglichen eine faire und genaue Kalkulation.
Die „vorvertragliche Anzeigepflicht“ – Was bedeutet das?
Beim Abschluss eines Versicherungsvertrages haben Sie eine sogenannte vorvertragliche Anzeigepflicht. Das bedeutet, Sie sind gesetzlich dazu verpflichtet (§ 19 Versicherungsvertragsgesetz – VVG), alle Fragen des Versicherers im Antrag wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Der Versicherer fragt nur nach Umständen, die für seine Entscheidung, den Vertrag überhaupt oder zu welchen Konditionen abzuschließen, erheblich sind. Ihre Angaben zur Wohnsituation gehören typischerweise zu diesen erheblichen Umständen. Diese Pflicht dient dazu, dass der Versicherer das zu übernehmende Risiko korrekt einschätzen kann.
Folgen falscher Angaben – Gefahr für den Versicherungsschutz
Wenn Sie im Antrag – bewusst oder unbewusst – falsche oder unvollständige Angaben zu Ihrer Wohnsituation machen, kann dies gravierende Folgen haben. Stellt der Versicherer später fest, dass die Angaben nicht korrekt waren, hat er je nach den Umständen (z.B. ob Sie die Falschangabe verschuldet haben und ob die Falschangabe für die Risikobewertung oder den Schadensfall relevant war) verschiedene Rechte:
- Rücktritt vom Vertrag: Der Versicherer kann den Vertrag rückwirkend auflösen. Es besteht dann von Anfang an kein Versicherungsschutz.
- Kündigung: Der Versicherer kann den Vertrag fristlos oder fristgerecht beenden.
- Vertragsanpassung: Der Versicherer kann den Vertrag zu den Bedingungen (z.B. höhere Prämie, Selbstbehalt) weiterführen, die er bei Kenntnis der korrekten Umstände angeboten hätte.
- Leistungsverweigerung oder -kürzung im Schadensfall: Tritt ein Schaden ein, kann der Versicherer die Zahlung ganz oder teilweise verweigern, wenn der Schaden im Zusammenhang mit der Falschangabe steht oder wenn die Falschangabe dazu geführt hat, dass der Vertrag zu falschen Konditionen zustande kam.
Es ist daher keine reine Formalität, sondern essenziell für Ihren Versicherungsschutz, dass alle Angaben zu Ihrer Wohnsituation von Anfang an korrekt und vollständig sind. Nur so stellen Sie sicher, dass Ihr Versicherungsvertrag seine Schutzfunktion im Ernstfall auch erfüllen kann.
Was bedeutet es, wenn von einer „Obliegenheitsverletzung“ im Zusammenhang mit der Versicherung die Rede ist?
Stellen Sie sich Ihren Versicherungsvertrag wie eine Vereinbarung mit gegenseitigen Rechten und Pflichten vor. Sie zahlen Ihre Beiträge, und die Versicherung verspricht Schutz im Schadensfall. Neben der Hauptpflicht, die Beiträge zu zahlen, haben Sie als Versicherungsnehmer aber auch bestimmte vertragliche Pflichten oder Verhaltensregeln, die sogenannten Obliegenheiten.
Was sind Obliegenheiten?
Obliegenheiten sind im Grunde Spielregeln, die Sie einhalten müssen, damit Ihr Versicherungsschutz wie vereinbart greifen kann. Es handelt sich um vertraglich festgelegte Pflichten, die sicherstellen sollen, dass die Versicherung das Risiko richtig einschätzen und im Schadensfall fair und korrekt leisten kann.
Typische Beispiele für solche Obliegenheiten sind:
- Wahrheitsgemäße Angaben bei Vertragsabschluss: Sie müssen alle Fragen der Versicherung (z.B. zu Vorerkrankungen bei einer Krankenversicherung oder zum Abstellort Ihres Autos bei der Kfz-Versicherung) vollständig und korrekt beantworten.
- Mitteilung von Risikoänderungen: Ändert sich etwas Wichtiges, das das versicherte Risiko beeinflusst (z.B. Sie bauen Ihr Haus um, oder Sie nutzen Ihr Auto plötzlich gewerblich), müssen Sie dies der Versicherung oft mitteilen. Auch ein Umzug und damit eine neue Adresse kann eine solche mitteilungspflichtige Änderung sein.
- Pflichten im Schadensfall: Wenn ein Schaden eintritt, müssen Sie diesen in der Regel unverzüglich melden, den Schaden so gering wie möglich halten und der Versicherung alle notwendigen Informationen zur Prüfung geben.
Welche Folgen hat eine Verletzung dieser Pflichten (Obliegenheitsverletzung)?
Wenn Sie eine dieser vertraglichen Pflichten – also eine Obliegenheit – verletzen, spricht man von einer Obliegenheitsverletzung. Das kann ernsthafte Konsequenzen für Ihren Versicherungsschutz haben.
- Kürzung der Versicherungsleistung: Je nachdem, wie schwerwiegend Ihr Verschulden an der Verletzung der Pflicht war (also ob Sie absichtlich, grob fahrlässig oder nur leicht fahrlässig gehandelt haben), kann die Versicherung berechtigt sein, die Versicherungsleistung zu kürzen. Das bedeutet, Sie erhalten weniger Geld als erwartet.
- Vollständiger Verlust des Versicherungsschutzes: Bei besonders schwerwiegenden Verletzungen, insbesondere wenn Sie vorsätzlich (absichtlich) gehandelt haben, kann die Versicherung die Leistung sogar komplett verweigern. Sie bekommen dann gar kein Geld.
Bezogen auf das Beispiel falscher Wohnangaben: Wenn Sie bei Vertragsabschluss oder während der Vertragslaufzeit bewusst oder grob fahrlässig eine falsche Adresse angeben (z.B. um einen günstigeren Tarif zu erhalten oder weil Sie wichtige Post von der Versicherung vermeiden wollen), stellt dies eine Obliegenheitsverletzung dar. Stellt die Versicherung dies fest, kann sie – abhängig von den genauen Umständen und den vertraglichen Regelungen – die Leistung im Schadensfall kürzen oder sogar ganz verweigern. Korrekte Angaben sind also entscheidend für einen wirksamen Versicherungsschutz.
Welche Konsequenzen hat es, wenn ich bei der Hausratversicherung falsche Angaben zu meiner Wohnsituation mache?
Wenn Sie bei Abschluss Ihrer Hausratversicherung falsche Angaben zu Ihrer Wohnsituation machen, kann das erhebliche negative Folgen für Ihren Versicherungsschutz haben. Die genauen Konsequenzen hängen davon ab, ob Sie die falschen Angaben vorsätzlich (absichtlich) oder fahrlässig (versehentlich) gemacht haben und wie schwerwiegend die Falschangabe ist.
Ihre Angaben zur Wohnsituation, wie beispielsweise die Wohnfläche in Quadratmetern, die Art des Gebäudes (z.B. Massivhaus, Fertighaus), vorhandene Sicherungsmaßnahmen (z.B. Alarmanlage, Sicherheitsschlösser) oder ob Sie Teile der Wohnung gewerblich nutzen, sind für den Versicherer wichtig. Sie beeinflussen die Risikobewertung und damit die Höhe des Versicherungsbeitrags. Sind diese Angaben falsch, kann der Versicherungsvertrag auf einer falschen Grundlage beruhen.
Mögliche Folgen für Ihren Versicherungsschutz
Macht ein Versicherungsnehmer falsche Angaben, hat der Versicherer je nach Situation verschiedene Rechte:
- Ablehnung der Leistung im Schadensfall: Stellt der Versicherer fest, dass Sie falsche Angaben gemacht haben, kann er die Zahlung im Schadensfall ganz oder teilweise verweigern. Sie erhalten dann möglicherweise kein Geld für Ihren Schaden.
- Kürzung der Versicherungsleistung: Insbesondere bei grob fahrlässigen Falschangaben kann der Versicherer die Leistung entsprechend der Schwere Ihres Verschuldens kürzen. Das bedeutet, Sie bekommen nur einen Teil des Schadens ersetzt. Man spricht hier von einer Quotenregelung.
- Rücktritt vom Vertrag: Stellt der Versicherer fest, dass Sie ihn vorsätzlich oder grob fahrlässig getäuscht haben, kann er vom Versicherungsvertrag zurücktreten. Der Rücktritt bewirkt, dass der Vertrag von Anfang an als ungültig betrachtet wird. Im Schadensfall besteht dann kein Versicherungsschutz.
- Anfechtung des Vertrages: Bei einer arglistigen Täuschung (also einer bewusst und gezielt irreführenden Falschangabe) kann der Versicherer den Vertrag anfechten. Auch hier gilt der Vertrag dann als von Anfang an nichtig.
- Kündigung des Vertrages: Der Versicherer kann den Vertrag auch kündigen. Bei einfacher Fahrlässigkeit ist dies oft die einzige Möglichkeit für den Versicherer, den Vertrag zu beenden. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit kann der Versicherer meist fristlos oder mit verkürzter Frist kündigen oder eben zurücktreten.
Warum die Art der Falschangabe wichtig ist (Vorsatz vs. Fahrlässigkeit)
Das Gesetz unterscheidet genau, wie es zu der Falschangabe kam:
- Vorsätzliche Falschangabe: Sie haben bewusst und absichtlich falsche Angaben gemacht, um beispielsweise einen günstigeren Beitrag zu erhalten oder überhaupt Versicherungsschutz zu bekommen.
- Konsequenz: Der Versicherer kann in der Regel vom Vertrag zurücktreten und ist im Schadensfall nicht zur Leistung verpflichtet (§ 19 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz – VVG). Eine Ausnahme besteht, wenn die falsche Angabe keinen Einfluss auf den Eintritt des Schadens oder die Höhe der Leistung hatte.
- Grob fahrlässige Falschangabe: Sie haben die Unwahrheit zwar nicht absichtlich gesagt, aber die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt. Beispiel: Sie geben die Wohnfläche grob falsch an, ohne auch nur ansatzweise nachzumessen oder im Mietvertrag nachzusehen.
- Konsequenz: Der Versicherer kann ebenfalls vom Vertrag zurücktreten oder ihn kündigen. Im Schadensfall darf er die Leistung in einem Verhältnis kürzen, das der Schwere Ihres Verschuldens entspricht (§ 19 Abs. 3 VVG). Auch hier gilt die Ausnahme bezüglich der Kausalität wie beim Vorsatz.
- Einfach fahrlässige Falschangabe: Sie haben aus Versehen, ohne Absicht und ohne besondere Nachlässigkeit, eine falsche Angabe gemacht.
- Konsequenz: Der Versicherer kann den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat kündigen (§ 19 Abs. 5 VVG). Tritt der Versicherungsfall vor Wirksamwerden der Kündigung ein, muss der Versicherer leisten. Ein Rücktrittsrecht oder ein Recht zur Leistungskürzung besteht bei einfacher Fahrlässigkeit nicht.
Wichtig zu wissen: Der Versicherer muss beweisen, dass Sie eine falsche Angabe gemacht haben und ob dies vorsätzlich oder grob fahrlässig geschah.
Es ist daher entscheidend, alle Fragen des Versicherers bei Antragstellung wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Ungenaue oder falsche Angaben zur Wohnsituation können im Ernstfall dazu führen, dass Sie trotz jahrelanger Beitragszahlungen ohne den erhofften Versicherungsschutz dastehen.
Was kann ich tun, wenn ich nachträglich feststelle, dass meine Angaben zur Wohnsituation im Versicherungsvertrag falsch sind?
Wenn Sie bemerken, dass Angaben zu Ihrer Wohnsituation in Ihrem Versicherungsvertrag nicht (mehr) korrekt sind, ist es wichtig, umgehend aktiv zu werden. Korrekte Angaben sind die Grundlage für Ihren Versicherungsschutz.
Warum sind korrekte Angaben zur Wohnsituation wichtig?
Ihre Angaben zur Wohnsituation (z.B. Wohnfläche, Bauart, Nutzung, Leerstand) beeinflussen, wie die Versicherung Ihr Risiko einschätzt und welche Prämie Sie zahlen. Sind diese Angaben falsch, kann das schwerwiegende Folgen haben, insbesondere wenn ein Schaden eintritt. Stellt die Versicherung erst im Schadensfall fest, dass die Angaben bei Vertragsabschluss oder während der Laufzeit fehlerhaft waren, kann sie unter Umständen die Leistung kürzen oder sogar ganz verweigern. Im schlimmsten Fall kann die Versicherung den Vertrag beenden.
Was ist bei fehlerhaften Angaben zu tun?
Sobald Sie einen Fehler in Ihren Angaben zur Wohnsituation feststellen, sollten Sie sich direkt und unverzüglich mit Ihrer Versicherung in Verbindung setzen. Teilen Sie der Versicherung die korrekten Informationen schriftlich oder auf dem von der Versicherung vorgesehenen Weg mit. Erklären Sie, welche Angabe falsch war und wie die korrekte Information lautet.
Was passiert nach der Korrektur?
Nachdem Sie die Angaben korrigiert haben, wird die Versicherung prüfen, ob sich dadurch das versicherte Risiko geändert hat. Es ist möglich, dass die Versicherung die Prämie anpasst. Wenn das Risiko durch die korrekten Angaben höher ist, kann die Prämie steigen. Führt die Korrektur zu einem geringeren Risiko, könnte die Prämie eventuell auch sinken. In manchen Fällen kann die Versicherung auch andere Vertragsänderungen vorschlagen oder prüfen, ob der Vertrag unter den neuen Gegebenheiten überhaupt fortgeführt werden kann.
Proaktive Korrektur ist meist der bessere Weg
Auch wenn eine Korrektur möglicherweise zu einer geänderten Prämie führt: Es ist in der Regel besser, Fehler selbst aktiv zu melden, als abzuwarten. Wenn die Versicherung den Fehler erst im Schadensfall entdeckt, riskieren Sie Ihren Versicherungsschutz genau dann, wenn Sie ihn am dringendsten benötigen. Eine offene Kommunikation mit der Versicherung über die korrekten Gegebenheiten schafft Klarheit und hilft, den Versicherungsschutz auf einer korrekten Basis sicherzustellen.
Kann die Versicherung den Versicherungsschutz verweigern, wenn der Schaden in einem anderen Gebäude auf meinem Grundstück entstanden ist, als im Vertrag angegeben?
Ja, das ist grundsätzlich möglich. Der Versicherungsschutz, beispielsweise aus einer Gebäudeversicherung, ist an den im Versicherungsvertrag genau bezeichneten Versicherungsort gebunden.
Was genau ist versichert?
In Ihrem Versicherungsvertrag ist festgelegt, für welches Gebäude oder welche Gebäude der Versicherungsschutz gilt. Dies ist in der Regel die Adresse des Hauptgebäudes, das Sie versichern wollten. Stellen Sie sich den Versicherungsvertrag wie eine Vereinbarung vor, die genau beschreibt, wo der Schutz gelten soll.
Entsteht ein Schaden an einem Gebäude auf Ihrem Grundstück, das im Vertrag nicht ausdrücklich als Versicherungsort genannt oder als mitversichertes Nebengebäude aufgeführt ist, besteht für dieses Gebäude in der Regel kein Versicherungsschutz. Das kann zum Beispiel eine separate Garage, ein Gartenhaus oder eben ein weiterer Bungalow auf demselben Grundstück sein.
Ob solche Nebengebäude mitversichert sind, hängt ausschließlich von den Details Ihres individuellen Versicherungsvertrags und den dazugehörigen Versicherungsbedingungen ab. Manche Verträge schließen Nebengebäude bis zu einer bestimmten Größe automatisch mit ein, andere erfordern, dass diese Gebäude explizit im Antrag angegeben und im Versicherungsschein aufgeführt werden.
Ist ein Gebäude nicht im Vertrag erfasst, kann die Versicherung die Leistung für Schäden an diesem speziellen Gebäude verweigern, auch wenn es sich auf demselben Grundstück wie das versicherte Hauptgebäude befindet. Maßgeblich sind immer die konkreten Vereinbarungen in Ihrer Police.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Anspruch auf Leistungen
Dies ist das rechtlich durchsetzbare Recht einer Person (hier der Versicherungsnehmerin), von einer anderen Partei (hier der Versicherung) eine bestimmte Handlung oder Zahlung (hier die Versicherungsleistung für den Schaden) zu verlangen. Dieser Anspruch ergibt sich aus einem Vertrag, wie zum Beispiel einem Versicherungsvertrag (geregelt im Versicherungsvertragsgesetz, VVG). Im konkreten Fall verneinte das Gericht einen solchen Anspruch, da die Voraussetzungen aus dem Versicherungsvertrag, insbesondere bezüglich des versicherten Ortes, nicht erfüllt waren.
Beispiel: Wenn Sie eine Ware online bestellen und bezahlen, haben Sie einen Anspruch gegen den Verkäufer auf Lieferung dieser Ware.
Versicherungsschein
Dies ist die Urkunde, die den Abschluss des Versicherungsvertrages bestätigt und dessen wesentlichen Inhalt dokumentiert (§ 3 VVG). Er listet auf, wer versichert ist, was versichert ist (z.B. der Hausrat), wo der Versicherungsschutz gilt (Versicherungsort) und unter welchen Bedingungen (z.B. ständig bewohnte Wohnung). Im vorliegenden Fall war der Versicherungsschein entscheidend, weil die dort festgehaltenen Angaben zum Versicherungsort („ständig bewohnte Wohnung in einem Einfamilienhaus mit 65 m²“) nicht mit der Realität übereinstimmten, was zur Leistungsablehnung führte. Er dient als wichtigstes Beweismittel über den Inhalt des Vertrages.
Beispiel: Ähnlich wie ein schriftlicher Mietvertrag die Rechte und Pflichten von Mieter und Vermieter festhält, legt der Versicherungsschein die Details des Versicherungsschutzes fest.
Generalvollmacht
Eine Generalvollmacht ist eine umfassende Ermächtigung, die eine Person (Vollmachtgeber, hier die Versicherungsnehmerin) einer anderen Person (Bevollmächtigter, hier der Bekannte) erteilt, sie in nahezu allen rechtlichen Angelegenheiten zu vertreten (§§ 164 ff. BGB). Der Bevollmächtigte kann dann im Namen des Vollmachtgebers Verträge schließen oder Erklärungen abgeben, die den Vollmachtgeber binden. Im Text war relevant, dass der Bekannte aufgrund dieser Vollmacht den Versicherungsvertrag abschließen und die Schadensmeldung bearbeiten konnte, was seine Handlungen rechtlich der Versicherungsnehmerin zurechenbar machte. Anders als eine Spezialvollmacht (z.B. nur für einen Autokauf) ist sie nicht auf ein bestimmtes Geschäft beschränkt.
Beispiel: Jemand erteilt seiner Tochter eine Generalvollmacht, damit sie alle finanziellen und behördlichen Angelegenheiten regeln kann, während er für längere Zeit im Ausland ist.
Versicherungsort
Der Versicherungsort bezeichnet den räumlich genau definierten Bereich, für den der Versicherungsschutz gemäß dem Versicherungsvertrag gilt. Bei einer Hausratversicherung ist dies typischerweise die im Versicherungsschein angegebene Wohnung oder das Haus inklusive zugehöriger Nebengebäude auf demselben Grundstück, sofern im Vertrag so definiert. Im vorliegenden Fall war der im Versicherungsschein spezifisch genannte Versicherungsort („ständig bewohnte Wohnung in einem Einfamilienhaus mit 65 m²“ an der Adresse) nicht identisch mit der tatsächlichen Wohnsituation der Versicherungsnehmerin (Wohnwagen) und den Orten des Einbruchs (zwei separate, vermietete Bungalows). Diese Abweichung war ein zentraler Grund für die Ablehnung des Versicherungsschutzes.
Beispiel: Wenn Ihre Hausratversicherung nur für Ihre Stadtwohnung gilt, ist diese Wohnung der Versicherungsort. Wird in Ihr Wochenendhaus eingebrochen, greift diese Versicherung nicht.
Obliegenheitsverletzung
Eine Obliegenheitsverletzung liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer vertraglich vereinbarte Pflichten (Obliegenheiten) verletzt, die ihm insbesondere nach Eintritt des Versicherungsfalls obliegen (geregelt z.B. in § 28 VVG und den Versicherungsbedingungen). Typische Obliegenheiten sind die Pflicht zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Schadensanzeige, zur Mitwirkung bei der Aufklärung des Sachverhalts oder zur Schadensminderung. Im Text deutete die Versicherung „Ungereimtheiten“ an und belehrte über die Folgen einer Obliegenheitsverletzung, was darauf hindeutet, dass sie Zweifel an der Korrektheit der Angaben oder der Mitwirkung der Versicherungsnehmerin hatte; der letzte Textabschnitt legt nahe, dass falsche Angaben zur finanziellen Situation gemacht wurden. Schwere oder vorsätzliche Obliegenheitsverletzungen können zum vollständigen Verlust des Versicherungsanspruchs führen.
Beispiel: Ein Versicherungsnehmer meldet einen Diebstahl aus seinem Auto, verschweigt aber gegenüber der Versicherung, dass er die Autotür unverschlossen gelassen hatte, obwohl er danach gefragt wurde.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 28 Abs. 2 VVG (Verletzung von Obliegenheiten): Verletzt der Versicherungsnehmer eine Obliegenheit, die er vor Eintritt des Versicherungsfalles zu erfüllen hat, so ist der Versicherer leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt. Bei fahrlässiger Verletzung ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in dem Verhältnis zu kürzen, das der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entspricht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht könnte annehmen, dass die Klägerin oder ihr Vertreter Obliegenheiten verletzt haben, indem sie falsche Angaben zu ihren finanziellen Verhältnissen im „Protokoll“ gemacht haben. Dies könnte die Leistungsfreiheit der Versicherung begründen oder zu einer Kürzung der Versicherungsleistung führen, da wahrheitsgemäße Angaben im Schadenfall eine wesentliche Obliegenheit darstellen.
- § 81 Abs. 1 VVG (Grundsatz der Entschädigung): Der Versicherer ist verpflichtet, den Schaden zu ersetzen, der durch das versicherte Ereignis entstanden ist. Der Umfang der Entschädigung richtet sich nach dem Versicherungswert und dem Umfang des Schadens zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin begehrt Versicherungsleistungen aus der Hausratversicherung. Fraglich ist hier, ob überhaupt ein versichertes Ereignis (Einbruch, Vandalismus) in dem von der Versicherungspolice umfassten Umfang und Ort stattgefunden hat und ob der geltend gemachte Schaden tatsächlich entstanden ist.
- § 242 BGB (Treu und Glauben): Jeder Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dies gilt auch für den Versicherungsnehmer im Verhältnis zum Versicherer. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Prinzip von Treu und Glauben verpflichtet die Klägerin, im Rahmen der Schadensmeldung und -regulierung wahrheitsgemäß und redlich zu handeln. Falsche Angaben im „Protokoll“ könnten einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen und die Glaubwürdigkeit des gesamten Schadenfalls in Frage stellen.
- § 286 ZPO (Beweiswürdigung): Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht wahr zu erachten ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht würdigt die vorgelegten Beweise, wie Sachverständigengutachten und Zeugenaussagen, um zu entscheiden, ob der Einbruch- und Vandalismusschaden tatsächlich in der behaupteten Weise entstanden ist und ob die Angaben der Klägerin glaubhaft sind. Die Zurückweisung der Berufung deutet darauf hin, dass das Gericht Zweifel an der Darstellung der Klägerin hatte.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Versicherungsnehmer mit Hausratversicherung zum Thema Versicherungsort
Haben Sie eine Hausratversicherung abgeschlossen und besitzen vielleicht neben Ihrer Hauptwohnung noch weitere Orte, an denen sich Ihr Eigentum befindet, wie einen Zweitwohnsitz oder einen Schrebergarten? Ein aktuelles Urteil zeigt, wie wichtig es ist, dass der in der Police genannte Versicherungsort exakt mit dem Ort übereinstimmt, an dem sich Ihr Hausrat tatsächlich befindet. Sonst kann der Versicherungsschutz im Schadensfall verloren gehen.
Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.
Tipp 1: Versicherungsort im Vertrag exakt prüfen
Stellen Sie sicher, dass die Adresse und die Beschreibung der versicherten Räumlichkeiten (z. B. „Wohnung im 1. OG links“, „Einfamilienhaus“) in Ihrer Versicherungspolice genau mit dem Ort übereinstimmen, an dem sich Ihr versicherter Hausrat befindet. Jede Abweichung kann dazu führen, dass die Versicherung im Schadensfall nicht zahlt.
⚠️ ACHTUNG: Unklarheiten oder Fehler in der Bezeichnung des Versicherungsortes gehen im Streitfall oft zulasten des Versicherungsnehmers. Prüfen Sie die Police direkt nach Erhalt sorgfältig.
Tipp 2: Änderungen und weitere Standorte umgehend melden
Informieren Sie Ihre Versicherung sofort, wenn Sie umziehen oder wenn Sie Hausrat auch an anderen Orten lagern (z. B. Zweitwohnung, Wochenendhaus, dauerhaft genutzter Wohnwagen auf einem Grundstück). Klären Sie, ob diese Orte mitversichert sind oder ob eine separate Versicherung bzw. eine Vertragserweiterung notwendig ist.
Beispiel: Wenn Sie eine Ferienwohnung besitzen und dort ebenfalls Hausrat lagern, ist dieser nicht automatisch über die Police Ihrer Hauptwohnung mitversichert. Prüfen Sie die Bedingungen oder schließen Sie eine separate Police ab.
Tipp 3: Versicherungsbedingungen genau lesen
Lesen Sie die Versicherungsbedingungen (das „Kleingedruckte“) Ihrer Hausratversicherung genau durch. Achten Sie besonders auf die Definition des „Versicherungsortes“. Klären Sie, welche Nebengebäude (z. B. Keller, Garagen, Schuppen) mitversichert sind und unter welchen Bedingungen Versicherungsschutz außerhalb der Wohnung besteht (sog. Außenversicherung).
⚠️ ACHTUNG: Die Außenversicherung gilt oft nur für Gegenstände, die sich vorübergehend außerhalb des Versicherungsortes befinden und ist häufig summenmäßig begrenzt.
Tipp 4: Wohnsituation klar definieren, besonders bei mehreren genutzten Orten
Wenn Sie mehrere Orte nutzen oder Ihre Wohnsituation komplex ist (z. B. Nutzung eines Wohnwagens als ständiger Aufenthaltsort auf einem anderen Grundstück als dem der Hauptwohnung), muss klar sein, welcher Ort als Hauptwohnsitz und somit als primärer Versicherungsort gilt. Sorgen Sie für eine eindeutige Definition im Versicherungsvertrag, um spätere Diskussionen über den korrekten Versicherungsort zu vermeiden.
⚠️ ACHTUNG: Eine bloße Meldeadresse reicht nicht immer aus, wenn der Lebensmittelpunkt und der Großteil des Hausrats nachweislich woanders sind. Im Zweifel entscheidet die tatsächliche Nutzung.
Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Der vorliegende Fall zeigt deutlich: Versicherungsschutz besteht nur für den explizit im Vertrag genannten Ort. Selbst wenn Ihnen weitere Grundstücke oder Gebäude gehören oder Sie diese (wie im Fall die Klägerin mit dem Wohnwagen) nutzen – ohne entsprechende Vereinbarung im Versicherungsvertrag besteht dort kein Schutz durch die Hausratversicherung Ihrer Hauptwohnung. Auch wenn die Orte nah beieinander liegen oder familiär verbunden sind (wie die an Eltern vermieteten Bungalows), ändert dies nichts am Erfordernis eines korrekt definierten Versicherungsortes in der Police.
✅ Checkliste: Versicherungsort Hausratversicherung
- Stimmt die Adresse in der Police exakt mit dem tatsächlichen Ort meines Hausrats überein?
- Sind alle relevanten Nebengebäude (Keller, Garage, Schuppen etc.) im Versicherungsschutz enthalten?
- Habe ich der Versicherung alle relevanten Änderungen (Umzug, Zweitwohnsitz) gemeldet?
- Kenne ich die Bedingungen und Grenzen der Außenversicherung für Gegenstände außerhalb der Wohnung?
- Ist bei Nutzung mehrerer Orte der Versicherungsort im Vertrag eindeutig und korrekt definiert?
Das vorliegende Urteil
OLG Frankfurt – Az.: 7 U 60/19 – Urteil vom 29.04.2022
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