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Hausratversicherung – Diebstahl wertvolles Fahrrad aus Kellerverschlag

LG Krefeld – Az.: 2 O 142/18 – Urteil vom 02.10.2019

Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 12.666,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 11.452,98 € seit dem 13.03.2018 und aus 1.213,96 € seit dem 01.03.2019 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 958,19 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für die Beklagte nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Hausratversicherung in Folge eines behaupteten Einbruchdiebstahls.

Die Klägerin unterhält bei der Beklagten seit dem 11.10.1995 einen Hausratsversicherungsvertrag unter der Versicherungsnummer 60-XXXX/00/XX/XXXXXXX/47 für die von ihr und ihrem Ehegatten, dem Zeugen F, bewohnte Wohnung in N-Weg 9, Krefeld. Bestandteil des Versicherungsvertrags sind die allgemeinen Hausrat-Versicherungsbedingungen GKA VHB 74.11. Zu den versicherten Gefahren zählt unter anderem der Einbruchdiebstahl. Die Neuwert-Versicherungssumme beträgt 61.356,00 €.

Am Abend des 3.10.2017 meldete der Ehemann der Klägerin der Polizei Krefeld einen Einbruch in den Kellerraum im Wohngebäude der Klägerin. Die Klägerin zeigte den Vorgang bei der Beklagten mit Email vom 6.10.2017 an. Diese forderte sie mit Schreiben vom 17.10.2017 auf, die Bescheinigung über die Erstattung der Anzeige bei der Polizei einzureichen, sowie die Belege über die als entwendet gemeldeten Gegenstände an die Beklagte zu übersenden. Dieser Aufforderung kam die Klägerin nach. Die Beklagte lehnte eine Schadensregulierung unter anderem mit dem Hinweis ab, dass ein Einbruch nicht nachweisbar sei.

Die Klägerin behauptet:

In den Kellerraum sei am 3.10.2017 in der Zeit zwischen 3:00 und 20:00 eingebrochen worden. Die dorthin führende Brandschutztür sei entweder aufgebrochen oder mit einem Nachschlüssel geöffnet worden. So habe die Tür bei Entdeckung der Tat offen gestanden, obwohl ihr Ehemann sie in der Nacht zuvor verschlossen habe. Ferner seien an der Brandschutztür Einbruchspuren erkennbar gewesen. Zudem sei auch in ihren Mieterkeller eingebrochen worden. Zum Zeitpunkt der Entdeckung der Tat habe der Kellerraum offen gestanden und das Vorhängeschloss, welches ansonsten den Kellerraum sichere, habe gefehlt.

In dem Kellerraum hätten sich zum Tatzeitpunkt vier Fahrräder befunden. Entwendet worden seien zwei Fahrräder: zum einen ein Mountainbike der Firma Cannondale, petrol farbend, grüner Sattel, grüner race hace downhill Lenker mit einem zwischen den Parteien unstreitigen Wiederbeschaffungspreis von 3.598,00 €; zum anderen ein Rennrad Super Six Carbon Teamfahrrad in liquigas schwarz, Lenkerband in neongrün, schwarzer Sattel im Wert von knapp 9.138,75 €. Beide Fahrräder seien mit verschiedenen Anbauteilen versehen gewesen, die individuell auf die Bedürfnisse des Zeugen F zusammengestellt seien. Für weitere Details bzgl. der verbauten Anbauteile wird auf die jeweiligen Aufstellungen der Klägerin verwiesen (Anlagenkonvolut Sch 10, Anlagenkonvolut Sch 11).

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen an sie, hilfsweise an ihren Ehemann, den Zeugen Thorsten F, 12.736,84 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 11.452,98 € seit dem 13.03.2018 und aus 1.283,86 € seit dem 01.03.2019 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 958,19 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt: die Klage abzuweisen.

Hausratversicherung - Diebstahl wertvolles Fahrrad aus Kellerverschlag
(Symbolfoto: Von Henk Vrieselaar/Shutterstock.com)

Die Beklagte behauptet, dass ein versicherter Einbruchdiebstahl nicht vorliege, da hierfür erforderliche Einbruchsspuren nicht festgestellt worden seien. Insbesondere bestreitet sie mit Nichtwissen die Form eines qualifizierten Eindringens in den Kellerraum sowie dass die Fahrräder sich zum tatrelevanten Zeitpunkt in dem Keller befunden hätten und nach dem Bemerken der Tat nicht wieder vorgefunden werden konnten. Ferner habe die Klägerin selbst in ihrer Schadensmeldung vom 6.10.2017 angegeben, dass keine Einbruchsspuren an der Brandschutztür erkennbar gewesen seien. Schließlich sei der Kellerraum nicht Teil der versicherten Wohnung. Der Keller könne auch dem Ehemann im Rahmen seiner Tätigkeit als Hausmeister im Wohngebäude der Klägerin zur Verfügung gestellt worden sein.

Der Entschädigungsanspruch bestehe nicht in der von der Klägerin geltend gemachten Höhe. Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die von der Klägerin geltend gemachten Komponenten an den Fahrrädern verbaut und individuell auf den Ehemann der Klägerin abgestimmt gewesen seien. Jedenfalls könne ein entsprechendes Rennrad bereits zu einem Marktpreis von 2.599,00 € im Fachhandel erworben werden.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen F sowie durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.10.2018 sowie auf die Gutachten des Sachverständigen D vom 24.01.2019 und 25.05.2019 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in dem tenorierten Umfang begründet.

I.

Das Landgericht Krefeld ist sachlich und örtlich gemäß §§ 1, 5 ZPO iVm. §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG und §§ 215 VVG, 7 BGB zuständig.

Die Klägerin als Versicherungsnehmerin ist im Wege der gesetzlichen Prozessstandschaft befugt mögliche Entschädigungsansprüche für die im Eigentum ihres Ehemanns stehenden Fahrräder im eigenen Namen geltend zu machen, § 45 Abs. 1 VVG, § 12 Abs. 1 GKA VHB 74.11.

II.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte wegen des Einbruchsdiebstahls vom 3.10.2017 ein Anspruch auf Entschädigung für die als entwendet gemeldeten Fahrräder: Rennrad Super Six Carbon Teamfahrrad und Mountainbike der Firma Cannondale in Höhe von 12.666,94 € gemäß §§ 1 Abs. 1, 49 VVG iVm. § 1 Abs. 1 lit. b, 3 B Abs. 1 GKA VHB 74.11 zu.

1.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Versicherungsfall in Form des Einbruchsdiebstahls in den Kellerraum eingetreten ist. Nach § 3 B GKA VHB 74.11 liegt ein versicherter Einbruchdiebstahl vor, wenn jemand in ein Gebäude oder den Raum eines Gebäudes einbricht, einsteigt oder mittels falschen Schlüssels oder anderer nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeuge eindringt.

a.

Ein versicherter Einbruchdiebstahl liegt danach nur vor, wenn alle Voraussetzungen des § 3 B GKA VHB 74.11 innerhalb des Versicherungsorts verwirklicht werden. Versicherungsort ist nach § 6 Abs. 1 S. 1 GKA VHB 74.11 die im Versicherungsvertrag bezeichnete Wohnung des Versicherungsnehmers. Der Kellerraum ist ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Mietvertrags, bestätigt durch das Schreiben des Vermieters vom 14.08.2018, Teil der von der Klägerin mit der Hausratversicherung versicherten Wohnung.

Der Einwand der Beklagten, dass es sich eventuell um einen von dem Ehemann der Klägerin im Rahmen seiner Tätigkeit als Hausmeister genutzte Räumlichkeit handelt greift nicht durch. Nach § 6 Abs. 1 GKA VHB 74.11 zählen zwar solche Räume nicht zu dem Versicherungsort, die ausschließlich beruflich oder gewerblich genutzt werden. Dass eine solche ausschließliche berufliche Nutzung vorliegt ist von der Beklagten zu beweisen. Hierzu hat die Beklagte jedoch nicht substantiiert vorgetragen. Das pauschale Bestreiten, welches sich insbesondere nur auf eine bloße berufliche Mitnutzung des Ehemanns beschränkt, ist nicht erheblich.

b.

Ferner steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass in den Kellerraum in einer von § 3 B GKA VHB 74.11 versicherten Begehungsweise eingedrungen wurde.

Der Versicherungsnehmer genügt dabei seiner Beweislast bereits dann, wenn er das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung beweist, also ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die behauptete Entwendung zulassen. Zu dem Minimum an Tatsachen, die das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls ausmachen, gehört zum einen, dass – abgesehen von Fällen des Nachschlüsseldiebstahls – Einbruchsspuren vorhanden sind und zum anderen, dass die als gestohlen gemeldeten Sachen vor dem Einbruchdiebstahl vorhanden und später nicht mehr dort vorhanden waren. (vgl. zu alldem BGH, Urteil vom 8.04.2015, IV ZR 171/13, VersR 2015, 710 f. mwN., st. Rspr.). Gelingt der Klägerin dieser Beweis, wäre es Sache der Beklagten als Versicherer ihrerseits zu beweisen, dass der Versicherungsfall nur vorgetäuscht war oder die Tatbegehung in Form einer nicht versicherten Begehungsweise erfolgte. Dabei kommen auch dem Versicherer Beweiserleichterungen zugute. Für den Gegenbeweis erforderlich ist lediglich der Nachweis von konkreten Tatsachen, die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass der Diebstahl nur vorgetäuscht ist (vgl. BGH, Urteil vom 4.02.1996, IV ZR 334/94, NJW-RR 1996, 981 mwN.). Gelingt wiederum der Beklagten dieser Beweis, obliegt der Klägerin der Vollbeweis des Einbruchsdiebstahls.

aa.

Bei Anwendung dieser Grundsätze hat die Klägerin – entgegen der Auffassung der Beklagten – zu der Überzeugung des Gerichts einen Einbruchsdiebstahl in den Kellerraum nachgewiesen. Zu dem äußeren Bild eines Einbruchsdiebstahls in den Kellerraum gehört demnach zunächst der Nachweis geeigneter Einbruchspuren.

Das steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest. Der Zeuge F hat in glaubhafter Weise bekundet, dass der Kellerraum stets mit einem Vorhängeschloss gesichert war und dieses Schloss am Abend des 03.10.2017 nicht mehr auffindbar war. Zwar ist er der Ehemann der Klägerin und bei den entwendeten Gegenständen handelt es sich um seine Fahrräder, sodass er am Ausgang des Rechtsstreits interessiert ist. Allein dieser Umstand vermag aber nicht die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu erschüttern. Die Aussage des Zeugen F ist in sich schlüssig, frei von Widersprüchen und detailreich. Seine Aussage korrespondiert mit seinen Angaben bei der Aufnahme der Strafanzeige am Abend des 3.10.2017 durch die Polizei Krefeld. Er hat offen und unbefangen ausgesagt und wusste eigene Wahrnehmungen von Vermutungen und Schlussfolgerungen zu trennen.

Gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen spricht entgegen der Ansicht der Beklagten nicht, dass er in Details fehlerhafte Angaben zur Ausstattung des Rennrades (Flaschenhalter, Kurbel, Schalthebel) gemacht hat. Zwar ist der Beklagten zuzugestehen, dass von einem am Thema interessierten Zeugen eine bessere Erinnerung zu erwarten ist als von einem unbeteiligten Zeugen. Es ist aber zu bedenken, dass auch höchstes Interesse nicht vor Fehlern schützt. In diesem Sinne waren die fehlerhaften Angaben des Zeugen selbst für einen begeisterten Radrennfahrer nicht nur geringfügig, es war sogar so, dass der Zeuge die Wertermittlung zu seinen Ungunsten vorgenommen hat. Die Ermittlungen des Sachverständigen haben einen um über 1.000,00 € höheren Wert ergeben als er selbst ermittelt und ursprünglich eingeklagt wurde.

Der Annahme von Einbruchspuren steht nicht entgegen, dass das aufgebrochene Vorhängeschloss nach dem Einbruch nicht mehr vorgefunden wurde. Dies ist nicht ungewöhnlich. Die Täter können die Sicherung mitgenommen haben, weil sich an dieser, wie den Tätern regelmäßig bekannt sein wird, sehr gut Spuren sichern lassen; so kann insbesondere festgestellt werden, welches Tatwerkzeug verwendet wurde, und es können unter Umständen Rückschlüsse auf bestimmte Täterkreise möglich sein (vgl. zu dem Nichtauffinden des Schließzylinders: OLG Hamm, Urteil vom 21.10.2011, I-20 U 62/11, VersR 2011, 436).

Zudem greift der Einwand der Beklagten, dass die Aussagen der Klägerin zu möglichen Einbruchspuren an der dem Kellerraum vorgelagerten Brandschutztür widersprüchlich seien, nicht durch. Die Voraussetzungen des Versicherungsfalls, hier des Einbruchsdiebstahls, müssen alle an dem jeweiligen Versicherungsort erfüllt sein. Versicherungsort ist der Kellerraum der Klägerin und nicht der vorgelagerte Flurbereich. Wie Dritte möglicherweise in diesen vorgelagerten Bereich eingedrungen sind, ob im Wege eines Aufbrechens der Brandschutztür oder auf anderem Wege, ist insoweit unerheblich.

Ferner hat die Klägerin zur Überzeugung des Gerichts für das äußere Bild eines Einbruchsdiebstahls nachgewiesen, dass das Mountainbike von der Firma Cannondale und das Rennrad Super Six Carbon Teamfahrrad vorher vorhanden und nach der Tat nicht mehr auffindbar waren. Zur Führung des Entwendungsnachweis ist der Nachweis erforderlich, dass die streitgegenständlichen Fahrräder sich am Tattag zumindest zeitnah in den versicherten Räumen befunden und nach dem Einbruch verschwunden waren; die bloße Vorlage der Anschaffungsrechnungen ist nicht ausreichend (BGH, Urteil vom 14.06.1995, IV ZR 116/94, VersR 1995, 956).

Die Entwendung der streitgegenständlichen Fahrräder steht zu der Überzeugung des Gerichts aufgrund der nachvollziehbaren, widerspruchsfreien und detaillierten Aussage des Zeugen F fest. Herr F hat dabei zunächst erläutert, dass er in der Nacht vom 3.10.2017 sein Transportfahrrad der Marke Merida in den Kellerraum gebracht hat. Zu diesem Zeitpunkt haben sich seine drei anderen Räder, das streitgegenständliche Mountainbike und das streitgegenständliche Rennrad sowie das Downhillbike im Kellerraum befunden. Der Zeuge hat dabei auch plausibel dargelegt, dass er Semiprofirennen bestreitet und daher über derartig hochwertige Räder verfügt. Ferner korrespondiert seine Zeugenaussage mit den am 3.10.2017 gegenüber der Polizei getätigten Angaben bei der Aufnahme der Strafanzeige. Stets hat er frei von Widersprüchen das Mountainbike und das Rennrad angegeben.

bb.

Der Beklagten ist dahingegen nicht der Beweis gelungen, dass der Versicherungsfall lediglich vorgetäuscht ist. Die Beklagte hätte konkrete Tatsachen vortragen müssen, die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit darauf hindeuten, dass der Versicherungsfall lediglich vorgetäuscht ist. Das bloße Bestreiten mit Nichtwissen seitens der Beklagten genügt diesem Erfordernis nicht; insbesondere lassen, entgegen dem Vortrag der Beklagten, weder das Fehlen des Vorhängeschlosses oder ein etwaiger Widerspruch bzgl. möglicher Einbruchspuren an der vorgelagerten Brandschutztür einen gesicherten Rückschluss auf die Vortäuschung des gesamten Einbruchdiebstahls zu. Hinzu kommt, dass auch die polizeilichen Ermittlungen, wie der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft zu entnehmen ist, keinerlei Hinweise auf eine mögliche Vortäuschung des Einbruchsdiebstahls ergeben haben.

2.

Der der Klägerin entstandene Schaden beläuft sich auf insgesamt 12.353,95 €, 3.598,00 € für das Mountainbike der Firma Cannondale und 9.068,85 für das Rennrad Super Six.

Für das Mountainbike der Firma Cannondale steht der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 3.598,00 € zu. Es steht zu der Überzeugung des Gerichts fest, dass das Mountainbike mit den beschriebenen Zusatzteilen Magura MT Trail poliert und Race Face Atlas Alu Lenker ausgestattet war. Die von der Klägerin übersandte Aufstellung bzgl. der Ausstattung des Mountainbikes korrespondiert mit den eingereichten Anschaffungsrechnungen. Das so ausgestattete Mountainbike hat einen – zwischen den Parteien unstreitigen – Wiederbeschaffungspreis von 3.598,00 €.

Für das Rennrad Super Six Carbon Teamfahrrad steht der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 9.068,85 € zu. Diesen Wert hat der Sachverständige an Hand der von der Klägerin vorgelegten Fotos in seinem Gutachten vom 24.01.2019 in Verbindung mit seinem Ergänzungsgutachten vom 25.05.2019 zur vollen Überzeugung des Gerichts ermittelt. In diesem Ergänzungsgutachten hat er den ursprünglich ermittelten Wert auf Einwendung der Beklagten hinsichtlich der Flaschenhalter um 69,90 € nach unten korrigiert. Nach dem Ergänzungsgutachten hat die Beklagte ihre ursprünglich mit Schriftsatz vom 11.03.2019 erhobenen Einwendungen zum Wert des Fahrrades nicht wiederholt, die der Sachverständige in dem Ergänzungsgutachten überzeugend ausgeräumt hat.

3.

Die von der Beklagten zu erbringende Entschädigung von 12.353,95 € ist nicht gem. § 81 Abs. 2 VVG zu kürzen. Denn die Klägerin hat den eingetretenen Schaden nicht grob fahrlässig dadurch herbeigeführt, dass sie (bzw. der Zeuge F) die Fahrräder mit einem Neuwert von knapp 12.000 € unter erheblicher Herabsetzung des versicherungsvertraglich vorauszusetzenden Sicherheitsstandards in einem Holzlatten-Kellerverschlag eines Mehrfamilienwohnhauses gelagert hat.

Ein grob fahrlässiges Herbeiführen ist bei einem Einbruchdiebstahl als Versicherungsfall anzunehmen, wenn der Versicherungsnehmer den versicherungsgemäß vorausgesetzten Standard an Sicherheit gegenüber der Diebstahlsgefahr in erheblichem Umfang unterschreitet (BGH, Urteil vom 5.10.1983, IVa ZR 19/82, VersR 1984, 29). Das ist vorliegend nicht der Fall gewesen.

Zwar wird erfahrungsgemäß in Kellerräume leichter eingebrochen, da die Sicherung mittels eines Vorhängeschlosses deutlich schlechter ausfällt im Vergleich zu der Sicherung von Wohnungseingangstüren und da Diebe insbesondere im Keller eines Mehrfamilienhauses in aller Regel mit geringerer Gefahr des Entdecktwerdens vorgehen können (vgl. OLGR Frankfurt 2001, 249; KG, VersR 1996, 972; LG Berlin, VersR 2013, 998, 999; LG Rottweil, Urteil vom 19.09.2007, 1 S 69/07, juris Rn. 8; LG Köln, Urteil vom 11.01.2006, 20 O 185/05, juris Rn. 23).

Dies führt aber nicht notwendig dazu, dass die Lagerung wertvoller Gegenstände in Kellerräumen zwingend ausgeschlossen ist. Denn bei der weiteren Voraussetzung der Anspruchskürzung, dem versicherungsgemäß vorausgesetzten Sicherheitsstandard, ist nicht nur der Wert der Gegenstände maßgeblich, sondern auch deren übliche Aufbewahrung. Fahrräder können wegen ihrer Größe und Sperrigkeit in aller Regel nicht in der Wohnung abgestellt werden, sie werden vielmehr üblicherweise in Garagen, Verschlägen oder Kellern abgestellt. Hier sind sie leichter zugänglich als in der Wohnung und damit auch einem höheren Diebstahlsrisiko ausgesetzt, was sich im Übrigen vielfach auch in besonderen Versicherungsbedingungen oder Versicherungssummen für die Erstattung von Fahrraddiebstählen wiederspiegelt. Diese Üblichkeit der Aufbewahrung prägt den versicherungsgemäß vorausgesetzten Sicherheitsstandard.

4.

Die Klägerin hat ferner gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz der im Zusammenhang mit der Regulierung des Versicherungsfalls entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in beantragter Höhe. Die Beklagte befand sich infolge der – von ihr nicht bestrittenen – mündlichen Mahnung im Februar und März 2018 zum Zeitpunkt des Tätigwerdens der Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit dem Schreiben vom 16.03.2018 in Regulierungsverzug.

Entgegen der Auffassung der Beklagten war die vertraglich geschuldete Versicherungsleistung zu diesem Zeitpunkt fällig. Nach § 14 Abs. 1 VVG sind Geldleistungen des Versicherers fällig mit der Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfanges der Leistung des Versicherers notwendigen Erhebungen.

Für die Durchführung der notwendigen Erhebungen wir der Versicherung eine Prüffrist zugebilligt, deren Länge von dem konkreten Einzelfall abhängt. Selbst bei Annahme einer sehr großzügigen Prüffrist, war diese jedoch zum Zeitpunkt der erstmaligen Mahnung im Februar 2018, also knapp fünf Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalls, abgelaufen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten wird ein Verzug nach Ablauf der angemessenen Prüfungsfrist nicht dadurch ausgeschlossen, dass diese bis zu jenem Zeitpunkt noch keine Einsicht in die Ermittlungsakten hat nehmen können. Sofern es auf diesen Umstand ankommt, würden berechtigte Interessen des Geschädigten an einer zügigen Regulierung des Schadens ohne triftigen Grund unberücksichtigt bleiben (vgl. OLG München, Urteil vom 20.07.2010, 10 W 1789/10, juris Rn. 7; OLG Dresden, Beschluss vom 29.06.2009, 7 U 499/09, juris Rn. 15; OLG Saarbrücken, Urteil vom 16.11.1990, 3 U 199/89, NZV 1991, 312).

Der hiernach ersatzfähige Verzugsschaden beläuft sich gemäß §§ 13, 14 RVG iVM. Ziffern 2300, 7002 und 7008 VV RVG unter Ansetzung eines Gegenstandswert von 11.452,98 € und einer 1,3fachen Geschäftsgebühr auf 958,19 €.

5.

Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Verzugszinsen für 6.176,98 € seit dem 13.03.2018 folgt aus den §§ 286, 288 BGB.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 S. 2, 708 Nr. 11, 709 ZPO.

Streitwert: 12.736,84 €

 

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