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Hausratversicherung – Bestreiten des Zugangs eines Kündigungsschreibens – Leistungsfreiheit

Hausratversicherung: Kläger verliert Entschädigungsanspruch aufgrund arglistiger Täuschung

Das Landgericht Köln hat in seinem Urteil vom 08.01.2015 (Az.: 24 O 149/14) entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Entschädigungsleistung von der Hausratversicherung hat. Der Kläger wurde beschuldigt, arglistig getäuscht zu haben, indem er behauptete, das Kündigungsschreiben der Versicherung nicht erhalten zu haben. Das Gericht fand heraus, dass ihm das Schreiben tatsächlich zugegangen war und er somit die Versicherung bewusst über wesentliche Tatsachen getäuscht hat.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Hausratversicherungsvertrag zwischen Kläger und Beklagter bestand seit 1997.
  2. Kläger behauptete, das Kündigungsschreiben der Versicherung nicht erhalten zu haben.
  3. Gericht fand, dass der Kläger das Schreiben erhalten hatte und somit eine arglistige Täuschung vorlag.
  4. Kläger verlor den Anspruch auf Entschädigung aufgrund dieser Täuschung.
  5. Kündigung des Versicherungsvertrags zum 01.02.2013 war gültig.
  6. Kläger trug die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention.
  7. Kein Beratungsverschulden der Beklagten festgestellt.
  8. Entscheidung basiert auf § 22 Ziff. 1 der G.-Konzern Allgemeinen Hausrat-Versicherungsbedingungen (GKA VHB 95.1).

Hausratversicherung: Leistungsfreiheit bei Bestreiten des Kündigungsschreiben-Zugangs

Eine Hausratversicherung kann unter bestimmten Umständen von der Leistungspflicht befreit werden, wenn der Versicherungsnehmer grob fahrlässig gehandelt hat. In Bezug auf das Bestreiten des Zugangs eines Kündigungsschreibens kann dies zu Leistungsfreiheit führen. Laut Vertragsgrundlagen einer Hausratversicherung kann die Versicherung von ihrer Leistungspflicht befreit sein, wenn der Versicherungsnehmer grob fahrlässig handelt.

Kündigung Hausratversicherung
(Symbolfoto: fizkes /Shutterstock.com)

Das Bestreiten des Zugangs eines Kündigungsschreibens kann zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen, da der Versicherungsnehmer möglicherweise versucht, die Versicherung arglistig zu täuschen. In solchen Fällen kann die Versicherung von ihrer Leistungspflicht befreit sein, wie im Versicherungsvertragsrecht und Versicherungsprozess beschrieben wird. Es ist wichtig, dass der Versicherungsnehmer die Kündigung rechtzeitig und ordnungsgemäß erhält, um mögliche Leistungsfreiheiten der Versicherung zu vermeiden. Im Arbeitsrecht kann das Bestreiten des Zugangs der Kündigung zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen, wie in verschiedenen Quellen erläutert wird.

Ein konkretes Urteil zu diesem Thema könnte interessante Einblicke in die rechtlichen Herausforderungen und die daraus resultierenden Konsequenzen bieten.

Der Beginn des Rechtsstreits: Ein umgezogener Kläger und ein Kündigungsschreiben

Im Zentrum des Falles steht ein seit 1997 bestehender Hausratversicherungsvertrag zwischen dem Kläger und der beklagten Versicherungsgesellschaft. Der Wendepunkt trat ein, als der Kläger im Januar 2012 einen Umzug meldete, woraufhin die Versicherung eine Aktualisierung der Wohnfläche forderte, um den vollen Versicherungsschutz zu gewährleisten. Als der Kläger dieser Aufforderung nicht nachkam, kündigte die Versicherung das Vertragsverhältnis zum 1. Februar 2013. Das Kündigungsschreiben wurde per Einwurf-Einschreiben versandt, doch ein Zugangsbeleg konnte später nicht mehr beschafft werden.

Eskalation und Brandereignis: Streit um die Kündigung

Im November 2013 ereignete sich ein Brand in der Wohnung des Klägers, woraufhin er Entschädigungsleistungen von der Versicherung forderte. Hier begann der eigentliche Konflikt: Der Kläger bestritt vehement, das Kündigungsschreiben erhalten zu haben, was die Versicherung als arglistige Täuschung interpretierte und die Regulierung des Schadens ablehnte. Diese Weigerung, gepaart mit dem Bestreiten des Zugangs des Kündigungsschreibens, führte zu der juristischen Auseinandersetzung.

Juristische Feinheiten: Arglistige Täuschung und Beratungsverschulden

Der Kläger argumentierte, dass er den Versicherungsvertrag durch die Meldung seiner geänderten Wohnfläche aktiv fortgeführt habe und warf der Versicherung ein Beratungsverschulden vor. Die Versicherung hingegen beharrte darauf, dass der Vertrag durch die Kündigung beendet worden sei und keine Beratungspflicht bestanden habe. Sie betonte, dass der Kläger den Zugang des Kündigungsschreibens arglistig bestritten habe, um die Entscheidung zur Schadensregulierung zu seinen Gunsten zu beeinflussen.

Urteil des Landgerichts Köln: Keine Entschädigungsleistung

Das Landgericht Köln wies die Klage des Versicherungsnehmers ab. Es stellte fest, dass der Kläger die Versicherung arglistig getäuscht habe, indem er behauptete, das Kündigungsschreiben nicht erhalten zu haben. Diese Täuschung führte dazu, dass der Versicherer von der Leistungspflicht befreit wurde. Das Gericht betonte, dass eine arglistige Täuschung ein bewusstes Einwirken des Versicherungsnehmers auf die Entscheidungen des Versicherers durch unrichtige Angaben impliziert und keine gesonderte Belehrung des Versicherungsnehmers erfordert.

Fazit: In diesem Fall entschied das Gericht, dass der Kläger keinen Anspruch auf Entschädigung hatte, da er durch sein Verhalten – das Bestreiten des Erhalts des Kündigungsschreibens – eine arglistige Täuschung begangen hatte. Diese Entscheidung zeigt die Bedeutung der Ehrlichkeit in der Kommunikation mit Versicherungsgesellschaften und die potenziellen Konsequenzen von Täuschungen.

✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt

Was ist unter arglistiger Täuschung im Versicherungsrecht zu verstehen?

Unter arglistiger Täuschung im Versicherungsrecht versteht man eine bewusste und vorsätzliche Darlegung von irreführenden, unrichtigen oder unvollständigen Angaben. Diese Angaben dienen meist der Verschleierung des tatsächlich zu beantragenden bzw. zu versichernden Risikos, um so den Versicherer wissentlich zu einem Vertragsabschluss im Sinne des Antragsstellers zu bewegen.

Die arglistige Täuschung setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer willentlich falsche Angaben macht, dabei auf den Entschluss des Versicherers Einfluss nehmen will und sich dabei bewusst ist, dass der Versicherer den Versicherungsvertrag nicht abschließen wird, wenn der Versicherungsnehmer die Wahrheit sagt.

Die Beweispflicht einer arglistigen Täuschung liegt beim Versicherer. Ist es diesem möglich, einen geeigneten Nachweis zu erbringen, kann er den auf diese Weise zustande gekommenen Vertrag nach §22 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) anfechten.

Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung kann rückwirkend erfolgen, was bedeutet, dass selbst wenn der Versicherer erst nach Eintritt des Versicherungsfalls zurücktritt, der entstandene Schaden unter Umständen nicht mehr von der Versicherung übernommen wird.

Es ist zu betonen, dass nicht wahrheitsgemäße Angaben aus Nachlässigkeit, falscher Scham oder Trägheit nicht als arglistige Täuschung verstanden werden.

Welche Konsequenzen hat die arglistige Täuschung eines Versicherungsnehmers gegenüber seinem Versicherer?

Die arglistige Täuschung eines Versicherungsnehmers gegenüber seinem Versicherer kann erhebliche Konsequenzen haben. Der Versicherer hat das Recht, den Versicherungsvertrag anzufechten und sich damit rückwirkend von der Verpflichtung zur Leistung zu lösen[1]. Dies bedeutet, dass selbst wenn der Versicherungsfall bereits eingetreten ist, der entstandene Schaden möglicherweise nicht mehr von der Versicherung übernommen wird.

Die Anfechtung des Vertrages durch den Versicherer hat zur Folge, dass der Vertrag nicht fortgeführt wird. Der Versicherungsnehmer erhält dabei für die Vergangenheit keine Versicherungsbeiträge zurück. Es ist auch möglich, dass der Versicherer eine Teilanfechtung vornimmt, wenn sich die Täuschung nur auf einzelne, inhaltlich abgrenzbare Teile des gesamten Versicherungsvertrages bezieht.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Beweispflicht für eine arglistige Täuschung beim Versicherer liegt. Dieser muss nachweisen, dass der Versicherungsnehmer wissentlich falsche Angaben gemacht hat und sich dabei bewusst war, dass der Versicherer den Versicherungsvertrag nicht abschließen würde, wenn der Versicherungsnehmer die Wahrheit sagt.

Darüber hinaus kann der Versicherer auch vom Vertrag zurücktreten und/oder diesen anfechten, wenn eine arglistige Täuschung vorliegt. In diesem Fall muss der Versicherer die Versicherungsleistung nicht erfüllen. Bis die Rücktritts- oder Anfechtungserklärung wirksam wird, behält der Versicherer den Anspruch auf die Prämie.

Schließlich ist zu beachten, dass der arglistig handelnde Versicherungsnehmer sich nicht auf eine Verletzung der Pflicht des Versicherers berufen kann, ihn über die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung zu belehren.

Inwiefern spielt der Nachweis des Zugangs eines Kündigungsschreibens bei Versicherungsverträgen eine Rolle?

Der Nachweis des Zugangs eines Kündigungsschreibens spielt bei Versicherungsverträgen eine entscheidende Rolle. Dies liegt daran, dass der Zugang der Kündigung beim Versicherer maßgeblich für die Wirksamkeit der Kündigung ist, nicht das Datum des Poststempels.

Erklärungen, die eine Beendigung eines Versicherungsvertrages zur Folge haben, sind grundsätzlich in Schriftform an die Gesellschaft zu richten. Mündliche Erklärungen durch den Versicherungsnehmer sind unwirksam.

Der Versicherer trägt die Beweislast für den Zugang und das Zugangsdatum von Schreiben an den Versicherungsnehmer. Es gibt keine Beweiserleichterungen dafür. Die Absendung des Schreibens beweist weder den Zugang noch das Zugangsdatum.

In einem Zivilprozess kann der Nachweis für den Zugang eines Schreibens an den Empfänger auch nach den Grundsätzen über den Beweis des ersten Anscheins geführt werden. Ein positives Beweisanzeichen für deren Zugang lässt sich jedoch nicht aus dem bloßen Absenden eines Schreibens ableiten, da nicht auszuschließen ist, dass das Kündigungsschreiben auf dem Postweg verlorengegangen sein könnte.

Um die Kündigungsfrist der Kfz-Versicherung zu wahren, ist das Schreiben einige Tage vor Fristablauf per Einschreiben zu versenden.

Bei Verträgen, die seit dem 1. Oktober 2016 abgeschlossen wurden, ist eine Kündigung per E-Mail möglich, wobei der Absender für das Versicherungsunternehmen identifizierbar sein muss.

Bei einer Kündigung durch das Versicherungsunternehmen wird diese Kündigung einen Monat nach Zugang beim Versicherungsnehmer wirksam.

Diese Informationen verdeutlichen, dass der Nachweis des Zugangs eines Kündigungsschreibens bei Versicherungsverträgen von großer Bedeutung ist, da er die Wirksamkeit der Kündigung bestimmt.


Das vorliegende Urteil

LG Köln – Az.: 24 O 149/14 – Urteil vom 08.01.2015

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages.

Tatbestand

Zwischen den Parteien bestand seit 1997 ein Hausratversicherungsvertrag. Auf den Versicherungsschein vom 20.02.1997 nebst Nachträgen wird ebenso Bezug genommen wie auf die G.-Konzern Allgemeine Hausrat-Versicherungsbedingungen (GKA VHB 95.1); vgl. Anlagen K 1 bis K 5, Bl. 9 ff. GA).

Der Kläger teilte der Beklagten am 16.01.2012 mit, dass er umgezogen sei und nun unter der Adresse M.Höhe 1 in B.G. wohne. Mit Schreiben vom 19.01.2012 (Anlage K 7, Bl. 35 GA) bestätigte die Beklagte, dass Versicherungsort nunmehr die neue Anschrift des Klägers ist. Zugleich forderte die Beklagte den Kläger auf, bis zum 15.02.2012 die neue Wohnfläche schriftlich mitzuteilen, um seinen Anspruch auf volle Entschädigung zu bewahren; hieran erinnerte die Beklagte mit Schreiben vom 04.05.2012. Dem kam der Kläger zunächst nicht nach.

Mit Schreiben vom 25.04.2012 kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis zum 01.02.2013 (Anlage K 8, Bl. 40 GA). Das Kündigungsschreiben wurde dem Kläger als Einwurf-Einschreiben übersandt (vgl. Einlieferungsbeleg der Deutschen Post, Anlage … 1, Bl. 71 GA); ein Zugangsbeleg konnte nach Eintritt des Versicherungsfalles wegen Ablaufs der Speicherfrist bei der Deutschen Post nicht mehr erlangt werden.

Unter dem 02.05.2012 kam es auf einen entsprechenden Rückrufwunsch des Klägers (vgl. Mail vom 30.04.2012, Anlage … 2, Bl. 73 GA) zwischen dem Kläger und der Sachbearbeiterin der Beklagten, der Zeugin T, zu einem Telefonat; der Inhalt des Telefonats ist zwischen den Parteien streitig.

Mit Schreiben vom 04.05.2012 teilte der Kläger die neue (erheblich größere) Wohnfläche der Beklagten mit (Anlage K 9, Bl. 41 GA); der Beklagten ging das Schreiben spätestens am 16.05.2012 zu.

Mit Schreiben vom 28.08.2012 (Anlage K 10, Bl. 43 GA) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die O2 Versicherungs AG und die O1 Firmen und Privat Versicherung AG eine Veränderung der gesellschaftsrechtlichen Unternehmensstrukturen planen und nach der Verschmelzung als O Versicherung AG firmieren würden. Dies werde voraussichtlich Ende September 2012 der Fall sein. Weiter heißt es dann: „Ihr Versicherungsvertrag wird dann von der O Versicherung AG unverändert fortgeführt…“.

Am 04.11.2013 kam es in der Wohnung des Klägers zu einem Brand, für den der seitens der Beklagten eingeschaltete Sachverständige C einen Neuwertschaden (einschließlich versicherter Kosten) von 77.829,- € ermittelte sowie einen Versicherungswert von 158.500,- € bei einer Versicherungssumme von 23.000,00 € (Auszug aus dem Gutachten Anlage K 11, Bl. 44 ff. GA).

Mit Schreiben vom 08.11.2013 (Anlage 4 zum Protokoll vom 01.12.2014, Bl. 166 GA) bestritt der Kläger, eine Kündigung erhalten zu haben.

Unter dem 11.11.2013 führte der beklagtenseits beauftragte Schadensregulierer, der Zeuge G, einen Ortstermin mit dem Kläger durch. Im Rahmen dieses Ortstermins behauptete der Kläger auf den Hinweis des Schadensregulierers auf die Vertragsbeendigung zum 01.02.2013, er habe kein Kündigungsschreiben erhalten.

Mit Schreiben vom 22.11.2013 lehnte die Beklagte eine Regulierung mit der Begründung ab, dass der Vertrag seit dem 01.02.2013 nicht mehr bestehe (Anlage K 12, Bl. 48 GA). Bei ihrer ablehnenden Regulierungsentscheidung blieb sie auch in Ihrem Schreiben vom 24.04.2014 an den Prozessbevollmächtigten des Klägers (vgl. Anlage … 5, Bl. 76 GA).

Der Kläger vertritt die Auffassung, der ursprüngliche Versicherungsvertrag habe trotz der Kündigung unverändert fortbestanden, da er seinen Willen zur Fortführung des Vertrages durch die nach Ausspruch der Kündigung erfolgte Mitteilung der geänderten Wohnfläche dokumentiert und die Beklagte ihm sodann mitgeteilt habe, dass der Vertrag unverändert fortgeführt werde, ohne darauf hinzuweisen, dass die Kündigung Bestand haben solle. Auch nach dem Telefongespräch mit der Zeugin T sei der Kläger davon ausgegangen, dass mit der Mitteilung der neuen Wohnfläche weiterhin Versicherungsschutz mit erhöhter Prämienbelastung bestehe. Dass ihm in der Folgezeit keine Prämienrechnung bzw. kein Nachtrag zugesandt worden sei, sei ihm nicht aufgefallen, da Versicherungsunterlagen und Rechnungen grundsätzlich von seiner Ehefrau bearbeitet würden.

Jedenfalls aber liege ein Beratungsverschulden der Beklagten vor. Sie habe aufgrund der Mitteilung der geänderten Wohnfläche erkennen müssen, dass der Kläger den Vertrag fortsetzen wolle. Beratungsbedarf sei jedenfalls durch das Schreiben vom 28.08.2012 entstanden, da ein Hinweis auf den Fortbestand der Kündigung fehle, was bei dem Kläger die Vorstellung hervorgerufen habe, sein Vertrag werde trotz der früher ausgesprochenen Kündigung fortgesetzt. Wäre der Kläger darauf hingewiesen worden, hätte er sich anderweitigen Hausratversicherungsschutz besorgt.

Es sei keine Leistungsfreiheit wegen arglistiger Aufklärungsobliegenheitsverletzung eingetreten. In der Aufregung nach dem Brandereignis habe der Kläger seine Versicherungsunterlagen nicht umfänglich überprüft, so dass ihm der Zugang der Kündigung nicht präsent gewesen sei. Zudem könne dann nicht von einer arglistigen Täuschung ausgegangen werden, wenn der Versicherer von dem Umstand, auf dem die Arglist gründet, bereits Kenntnis gehabt hat. Vorliegend sei der Beklagten aufgrund des Telefongesprächs mit der Zeugin T und der sich hierzu verhaltenden Gesprächsnotiz bekannt gewesen, dass der Kläger das Kündigungsschreiben erhalten hat. Ob die Beklagte einen schriftlichen Nachweis des Zugangs über die Deutsche Post habe beibringen können, spiele demgemäß keine Rolle.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 77.829,- € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22.11.2013 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn von den außergerichtlichen Anwaltsgebühren der Rechtsanwälte K & Collegen in Höhe von 2.085,95 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, aufgrund der Kündigung im Schreiben vom 25.04.2012 sei der Hausratversicherungsvertrag mit dem Kläger zum 01.02.2013 beendet gewesen. Zum Brandzeitpunkt habe daher kein Versicherungsschutz bestanden. Dieser könne weder aus dem Rundschreiben vom 28.08.2012 noch aus dem Umstand der Beauftragung eines Sachverständigen gefolgert werden; Letztere sei lediglich aus Gründen zeitnaher Beweissicherung erfolgt. Zudem sei – was für sich genommen unstreitig ist – bereits beim Ortstermin am 11.11.2013 auf die Kündigung hingewiesen worden.

Der Kläger könne auch keinen Anspruch aus § 6 VVG herleiten. Nach der Kündigung habe eine anlassbezogene Beratungspflicht der Beklagten nicht bestanden. Dem Kläger sei von der Zeugin T in dem Telefonat vom 02.05.2012 der Kündigungsgrund erläutert worden und ihm sei erklärt worden, dass er über die Streithelferin ein neues Angebot zum Abschluss einer Hausratversicherung erhalten werde. Dem entsprechend habe die Zeugin T nach Erhalt der Wohnfläche die Streithelferin mit der E-Mail vom 04./07.05.2012 (vgl. Anlage … 3, Bl. 74 GA) veranlasst, auf Basis der Wohnfläche ein entsprechendes Angebot zu erstellen. Ein entsprechender Neuantrag sei jedoch – was für sich genommen unstreitig ist – zu keinem Zeitpunkt erfolgt.

Schließlich sei die Beklagte wegen arglistiger Aufklärungsobliegenheitsverletzung durch den Kläger leistungsfrei geworden. Die – für sich genommen unstreitige – Behauptung des Klägers im Rahmen des Ortstermins vom 11.11.2013, er habe das Kündigungsschreiben nicht erhalten, sei objektiv falsch gewesen und sei zu dem Zweck erfolgt, auf die Regulierungsentscheidung der Beklagten unlauter Einfluss zu nehmen.

Die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten seien unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt erstattungsfähig.

Der Kläger hat der F. AG mit Schriftsatz vom 18.09.2014 den Streit verkündet (vgl. Bl. 117 ff. GA). Die F. AG ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten als Streithelferin beigetreten (vgl. Bl. 131 GA).

Das Gericht hat den Kläger persönlich nach § 141 ZPO angehört und gemäß Beweisbeschluss vom 09.10.2014 (Bl. 125 GA) die Zeugin T vernommen. Auf die Sitzungsniederschrift vom 01.12.2014 (Bl. 159 ff. GA) nebst Anlagen (Bl. 163 ff. GA) wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entschädigungsleistung, da er die Beklagte im Sinne von § 22 Ziff. 1 der G.-Konzern Allgemeine Hausrat-Versicherungsbedingungen (GKA VHB 95.1) dahingehend arglistig getäuscht hat, dass er im Rahmen des Ortstermins am 11.11.2013 gegenüber den Beauftragten der Beklagten behauptet hat, er habe das Kündigungsschreiben vom 25.04.2012 nicht erhalten, obwohl ihm das Kündigungsschreiben unstreitig zugegangen ist.

Nach § 22 Ziff. 1 GKA VHB 95.1 i.V.m. § 28 VVG ist der Versicherer von der Entschädigungspflicht frei, wenn der Versicherungsnehmer versucht, den Versicherer arglistig über Tatsachen zu täuschen, die für den Grund oder für die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind.

Arglist setzt insoweit ein bewusstes Einwirken des Versicherungsnehmers auf die Entscheidungen des Versicherers durch unrichtige oder unvollständige Angaben voraus. Eine Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht ist hingegen nicht erforderlich. Ausreichend ist vielmehr die Absicht, Beweisschwierigkeiten zu vermeiden oder die Regulierung zu beschleunigen oder allgemein unlauter auf die Entscheidung des Versicherers Einfluss nehmen zu wollen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 17.11.2009, 9 U 53/09 – recherchiert über juris).

Bei dem besonderen Verwirkungsgrund der arglistigen Täuschung bedarf es keiner gesonderten Belehrung des Versicherungsnehmers (vgl. § 28 Abs. 4 VVG), da es eine Selbstverständlichkeit darstellt, dass ein Versicherungsnehmer gegenüber seinem Versicherer keine arglistigen Falschangaben machen darf und ein arglistig täuschender Versicherungsnehmer überdies nicht schützenswert ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.03.2014, IV ZR 306/13 – recherchiert über juris).

Die arglistige Täuschung des Klägers ist vorliegend darin begründet, dass er gegenüber dem Schadensregulierer im Rahmen des Ortstermins am 11.11.2013 und bereits mit Schreiben vom 08.11.2013 bewusst falsch behauptet hat, er habe das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 25.04.2012 nicht erhalten, obwohl unstreitig das Gegenteil der Fall gewesen ist. Damit wollte er – wie sich dem Schreiben vom 08.11.2013 und seinen Angaben im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vom 01.12.2014 zwanglos ergibt – die Beklagte zur Regulierung des Schadensfalles bewegen, obwohl das Vertragsverhältnis durch die Kündigung zum 01.02.2013 beendet gewesen ist und jedenfalls auch aus Sicht des Klägers ungewiss war, inwieweit nach Zugang der Kündigung wieder ein Vertragsverhältnis begründet worden war, zumal der Kläger über eine Neubegründung oder Fortsetzung des gekündigten Vertrages nichts Schriftliches hatte; es kann nicht angenommen werden, dass der Kläger davon ausgegangen wäre, mit dem Schreiben vom 28.08.2012, in dem er von der Verschmelzung zweier Versicherungen informiert wurde, sei die zuvor ausgesprochene Kündigung zurückgenommen worden; das Versicherungsverhältnis sollte „unverändert fortgeführt werden“, aber eben nur bis zum Ablauf der Auslauffrist nach Kündigung. Der Kläger machte im Rahmen seiner Anhörung einen durchaus intelligenten Eindruck, wozu auch sein akademischer Grad passt, und ist nicht als so unbeholfen anzusehen, dass er einfache rechtliche Fallgestaltungen nicht auseinanderhalten könnte und insbesondere etwa die schlichte Frage des Zugangs eines Schreibens mit der Frage verwechselt hätte, ob trotz der Kündigung das Vertragsverhältnis wegen nachfolgender Verhandlungen neu aufgelebt wäre. Bei seiner Darstellung des Ablaufs des Ortstermins hat er dementsprechend auch zunächst gezielt das Bestreiten des Zugangs der Kündigung außen vor gelassen, obwohl – oder besser: weil er natürlich aus den Schriftsätzen wusste, dass gerade dieser Punkt streitentscheidend sein könnte.

Soweit der Kläger im Rahmen des Termins am 01.12.2014 erklärt hat, er sei bei Abgabe seiner Erklärung betreffend den Zugang der Kündigung krank gewesen, habe nicht klar denken können und habe letztlich sagen wollen, er habe das Kündigungsschreiben nicht greifbar gehabt, so ist dies nicht glaubhaft, weil der Kläger bereits mit Schreiben vom 08.11.2013, also 2 Tage vor dem Ortstermin, bestritten hat, eine Kündigung erhalten zu haben. Die entsprechenden „Erklärungen“ des Klägers sind auch erst auf wiederholte Rückfrage erfolgt und nach einem zweimaligen Zuflüstern durch den Prozessbevollmächtigten. Es ist völlig ausgeschlossen, dass dem Kläger der Zugang der Kündigung im Rahmen der Regulierungsverhandlungen nicht mehr präsent gewesen sein soll, nachdem gerade wegen der Kündigung seitens des Klägers mit der Zeugin T telefoniert worden ist.

Soweit der Kläger meint, der Vorwurf der Arglist gerate in Wegfall, wenn ein Aufklärungsinteresse des Versicherers nicht bestehe, weil er von dem Umstand, auf den sich der Arglistvorwurf gründet, bereits Kenntnis gehabt hat, so kann er mit dieser Argumentation nicht durchdringen. Insoweit ist anerkannt, dass der Versicherer, der einen regulierungsrelevanten Umstand bereits kennt, kein schützenswertes Aufklärungsinteresse für sich beanspruchen kann (vgl. BGH, Entscheidung vom 26.01.2005, IV ZR 239/03 – recherchiert über juris). Mit Blick auf ihre Beweisnot hinsichtlich des Zugangs des Kündigungsschreibens kann die Beklagte vorliegend trotz ihrer Kenntnis von dem Zugang der Kündigung ein Aufklärungsinteresse für sich in Anspruch nehmen. Auch wenn die Beklagte aufgrund der Mail vom 30.04.2012 (Anlage … 2, Bl. 73 GA) und der Gesprächsnotiz der Zeugin T vom 02.05.2012 Kenntnis davon gehabt hat, dass dem Kläger das Kündigungsschreiben vom 25.04.2012 zugegangen ist, so hätte das Bestreiten des Zugangs im Falle eines gerichtlichen Verfahrens zu einer Beweisaufnahme mit ungewissem Ausgang geführt, da Postbelege für den Zugang nicht mehr verfügbar gewesen sind. Das Aufklärungsinteresse fehlt nur dann, wenn der Versicherer positive Kenntnis über einen regulierungsrelevanten Umstand bereits vor einer täuschenden Äußerung des Versicherungsnehmers hat und insoweit auch keine Beweisbedürftigkeit entstehen kann, wie etwa bei der Leugnung eines Vorschadens, den der Versicherer selbst reguliert hat, nicht jedoch, wenn der Versicherer nur die Möglichkeit hat, eine Klärung herbeizuführen (vgl. die Urteile des BGH vom 17.01.2007, IV ZR 106/06, und vom 11.07.2007, IV ZR 332/05 – recherchiert über juris).

Mangels Begründetheit der Hauptforderung ist auch die prozessuale Nebenforderung betreffend die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht begründet.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 101, 709 ZPO.

Streitwert: 77.829,00 €

 

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