Skip to content

Hausratsversicherung – Darlegungs- und Beweislast bei Einbruchsdiebstahl

LG Arnsberg – Az.: 4 O 285/16 – Urteil vom 01.02.2017

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von dem Beklagten Zahlung aus einer bei diesem abgeschlossenen Hausratsversicherung.

Zwischen dem Kläger und dem Beklagten besteht ein Hausratsversicherungsvertrag, der unter anderem Schäden durch einen Wohnungseinbruchdiebstahl absichert.

Am 05.12.2015 bemerkte Ehefrau des Klägers den Verlust einer im ersten Obergeschoss des Hauses X-Straße XX unter einem Sofa versteckten Geldkasse. Sie erstattete am selben Tag Strafanzeige. In der Sachverhaltsschilderung des zuständigen Polizeibeamten ist unter anderem festgehalten: „An allen Fenstern und Türen des Wohnhauses konnten keinerlei Einbruchsspuren festgestellt werden. Lediglich an einer Seiteneingangstür konnte ein verbogenes und bereits angerostetes Blech festgestellt werden. Nach Angaben des Geschädigten ist dieses Blech schon seit Jahren verbogen.“

Am 09.12.2015 erfolgte auf Bitten der Ehefrau des Klägers eine erneute Untersuchung der „Eingangstür zum Kontor“, bei der es sich um die bereits in der Anzeige vom 05.12.2015 bezeichnete Seiteneingangstür handelt. In dem zugehörigen Aktenvermerk vom 09.12.2015 ist ausgeführt: „Die Tür weist unterhalb des Schlosses, von außen Beschädigungen auf, leicht nach außen gebogen. Diese Spuren sind älteren Ursprungs. Ebenfalls ist die Türdichtung im Rahmen an gleicher Stelle/Höhe leicht beschädigt … Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Kontortür mit einem geeigneten Gegenstand ohne weitere sichtbare Beschädigung der Tür im Tatzeitraum geöffnet wurde.“

Am 18.12.2015 teilte die Ehefrau des Klägers der örtlichen Kriminalpolizei ferner mit, dass sie inzwischen festgestellt habe, dass auch ihr im Schlafzimmerschrank aufbewahrter Schmuck fehle. Der Schmuck sei in sechs Schmuckkästchen gewesen. Da die Schmuckkästchen nach der Entwendung der Geldkasse noch vorhanden gewesen seien, habe sie den Inhalt nicht weiter kontrolliert, weshalb der Verlust des Schmucks erst später aufgefallen sei.

Der Beklagte beauftragte in der Folgezeit die Firma G damit, vorhandene Gebäudebeschädigungen darauf zu überprüfen, ob sie auf einen Einbruch zurückzuführen seien. Ferner beauftragte der Beklagte den Sachverständigen U mit der Begutachtung des Schadens. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf die Lichtbildaufnahmen (Anlage B2) und den Besprechungsbericht vom 28.01.2016 (Anlage B3) Bezug genommen.

Der Kläger macht gegenüber den Beklagten abhanden gekommenes Bargeld in Höhe von 10.000,00 EUR sowie abhanden gekommenen Schmuck in einem Wert von weiteren 10.000,00 EUR geltend.

Der Kläger behauptet, es sei zwischen dem 03.12.2015 und 05.12.2015 zu einem bedingungsgemäßen Einbruchdiebstahl gekommen. Dies ergebe sich aus den polizeilichen Feststellungen. Zwar hätten zunächst keine frischen Einbruchsspuren festgestellt werden können, da insbesondere die vorhandenen Hebelspuren – insoweit unstreitig – auf einen älteren, tatsächlich stattgefundenen Wohnungseinbruchsdiebstahl zurückzuführen seien. Die Ermittlungen hätten aber letztlich ergeben, dass nicht auszuschließen sei, dass die Kontortür mit einem geeigneten Gegenstand ohne weitere sichtbare Beschädigung der Tür im Tatzeitraum geöffnet worden sei.

Hausratsversicherung - Darlegungs- und Beweislast bei Einbruchsdiebstahl
(Symbolfoto:
Von sdecoret/Shutterstock.com)

Der Kläger ist der Auffassung, die polizeilich ermittelten Tatumstände reichten aus, um den äußeren Anschein eines Einbruchdiebstahls hinreichend darzulegen. Dies gelte umso mehr, als es sein könne, dass nicht sichtbare Überdeckungen der alten Einbruchsspuren mit den neuen Einbruchsspuren vorhanden seien. Es könne aber auch mittels eines Dietrichs ohne klassische Einbruchsspuren eingebrochen worden sein. Da sich alle Wohnungsschlüssel im fraglichen Zeitraum beim Kläger befunden hätten, sei jedenfalls dem äußeren Bild nach von einem bedingungsgemäßen Einbruchdiebstahl auszugehen.

Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 20.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.05.2016 zu zahlen, sowie, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 597,74 EUR nebst Zinsen in Höhe 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.05.2016 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, die Klägerseite sei ihrer Darlegungs- und Beweislast für einen Einbruchdiebstahl nach dem äußeren Anschein nicht hinreichend nachgekommen. Es lägen überhaupt keine aktuellen Einbruchsspuren vor, sodass sich nicht die Frage stelle, ob ein vorhandenes äußeres Bild hinreichend „stimmig“ sein müsse, oder nicht.

In Ermangelung von Einbruchsspuren könne ebenfalls ein einfacher Diebstahl vorgelegen haben. Die Ehefrau des Klägers habe insoweit gegenüber dem Sachverständigen U geäußert, es sei in der Vergangenheit ein Schlüssel abhanden gekommen und es werde auch regelmäßig ein Haustürschlüssel unter einem Blumentopf deponiert, wenn die Ehefrau des Klägers in die Kirche gehe. Überdies käme auch unter Berücksichtigung der Angaben der Geschädigten eine nicht bedingungsgemäße Tatbegehung durch den Handwerker B in Betracht, der im zeitlichen Zusammenhang teilweise allein im Hause der Geschädigten tätig gewesen sei.

Auch der Höhe nach seien die Ansprüche – zumindest teilweise – nicht begründet, was sich aus den einschlägigen Regelungen der vereinbarten VHB208 ergebe. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird insbesondere auf die Klageerwiderung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Erstattungsanspruch aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Hausratsversicherungsvertrages. Ein solcher Anspruch folgt nicht aus § 3 der allgemeinen Hausratsversicherungsbedingungen (VHB2008).

Gemäß der vorgenannten vertraglichen Regelung leistet der Versicherer eine Entschädigung für versicherte Sachen, die (unter anderem) durch Einbruchdiebstahl abhanden gekommen sind. Einbruchdiebstahl liegt nach den zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen insbesondere vor, wenn der Dieb zur Durchführung des Diebstahls in ein Gebäude einbricht, einsteigt, oder mittels falschen Schlüssels oder Werkzeugs eindringt.

Dabei obliegt dem Versicherungsnehmer das zu beweisende „äußere Bild eines Einbruchdiebstahls“ (BGH NJW-RR 2015, 1247).

Dem Versicherungsnehmer werden von der Rechtsprechung aus dem Leistungsversprechen des Versicherers abgeleitete Erleichterungen für den Beweis eines bedingungsgemäßen Diebstahls versicherte Sachen zugebilligt. Sie beruhen auf der Überlegung, dass es wegen des für eine Entwendung typischen Bemühens des Täters, seine Tat unbeobachtet und unter Zurücklassung möglichst weniger Tatspuren zu begehen, oft nicht möglich ist, im Nachhinein den Tatverlauf konkret festzustellen. Da sich der Versicherungsnehmer gerade auch für solche Fälle mangelnder Aufklärung schützen will, kann nicht angenommen werden, der Versicherungsschutz solle schon dann nicht eintreten, wenn der Versicherungsnehmer nicht in der Lage ist, den Ablauf der Entwendung in Einzelheiten darzulegen und zu beweisen (BGH, a. a. O.). Der Versicherungsnehmer muss jedoch, um seiner Beweislast zu genügen, das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung beweisen. Hierzu bedarf es der Darlegung und des Beweises eines Mindestmaßes an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Entwendung zulassen. Zu dem Minimum an Tatsachen, die das äußere Bild ausmachen, gehört neben der Unauffindbarkeit der gestohlenen Sachen, dass – abgesehen von den Fällen des Nachschlüsseldiebstahls – Einbruchsspuren vorhanden sind (BGH a. a. O. mit weiteren Nachweisen aus der ständigen Rechtsprechung).

Dabei kommen Werkzeugspuren an der geöffneten Eingangstür eine Indizwirkung zu, solange diese nicht so unbedeutend sind, dass sie vorneherein nicht auf einen Einbruch hindeuten (BGH a. a. O.). Nicht erforderlich ist jedoch, das schon das äußere Bild „stimmig“ Spuren voraussetzt, in dem Sinne, dass sie zweifelsfrei auf einen Einbruch schließen lassen (BGH a. a. O., S. 1249).

Unter Berücksichtigung dieser höchstrichterlichen Anforderungen an das Mindestmaß darzulegen und zu beweisendender Tatumstände ist zur Überzeugung der Kammer dem Kläger der Nachweis des äußeren Bildes eines Einbruchdiebstahls nicht gelungen:

Im Rahmen der erstmaligen polizeilichen Untersuchung am 05.12.2015 wurden an allen Fenstern und Türen des Wohnhauses keinerlei Einbruchsspuren festgestellt, mit Ausnahme eines an der Seiteneingangstür verbogenen und bereits angerosteten Bleches, wobei zwischen den Parteien unstreitig ist, dass dieses Blech schon seit Jahren verbogen ist und die Beschädigungen aus einem vorangegangenen Einbruchsversuch stammten. Hier sind zwar Einbruchsspuren vorhanden. Diese sind jedoch unstreitig einem länger zurückliegenden Ereignis zuzuordnen, sodass diese älteren Einbruchsspuren kein äußeres Bild im Hinblick auf den jetzt geltend gemachten Versicherungsfall darstellen.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der polizeilichen Nachuntersuchung vom 09.12.2015. Hier wurde die „Kontortür“, bei der es sich nach entsprechender Klarstellung im Rahmen der mündlichen Verhandlung um die gleiche Tür wie die ursprünglich untersuchte Seiteneingangstür handelt, erneut untersucht. Dabei wurden sodann erneut die äußeren Beschädigungen in Form von Verbiegungen festgestellt, die jedoch – wie bereits in der ursprünglichen Untersuchung festgestellt und im Übrigen auch von den Geschädigten eingeräumt – älteren Ursprungs sind und insofern kein äußeres Erscheinungsbild im Hinblick auf den jetzt geltend gemachten Versicherungsfall darstellen. Gleiches gilt im Hinblick auf die in der Nachuntersuchung ebenfalls festgestellter Beschädigung der Türdichtung an gleicher Stelle/Höhe. Wenn auch insoweit die Türdichtungsschäden als solche mangels Befähigung zum Rostansetzen keinen offensichtlichen Rückschluss auf ihr Alter zulassen, ergibt sich jedoch aus dem Umstand, dass die Beschädigung der Türdichtung an gleicher Stelle/ auf gleicher Höhe wie die alte und auf einem anderen Einbruchdiebstahl beruhende Beschädigung des Türbleches liegt, den Schluss zu dass es sich hierbei um eine Beschädigung handelt, die mit der vorangegangenen und hier nicht relevanten ursprünglichen Beschädigung des Türbleches korrespondiert.

Irgendwelche konkreten Anhaltspunkte für tatsächlich vorhandene aktuelle Einbruchsspuren in Form von Hebelspuren, Beschädigungen o. Ä. ergeben sich aus den polizeilichen Ermittlungen nicht und sind auch sonst weder ersichtlich noch vorgetragen. Es sind auch keine Feststellungen dahingehend ersichtlich, dass über die alten, rostbehafteten Beschädigungen hinaus tatsächlich neue (frische) Einbruchsspuren vorhanden wären, die sich möglicherweise teilweise mit den älteren Spuren überlagert hätten.

Zwar lässt sich nach den Feststellungen der Kriminalpolizei und der Darstellung der Klägerseite nicht zwingend ausschließen, dass die Kontortür nicht doch mit einem geeigneten Gegenstand ohne weitere sichtbare Beschädigungen der Tür geöffnet wurde, auch z.B. mittels der klägerseits für möglich gehaltenen Verwendung eines Dietrichs. Hierbei handelt es sich jedoch lediglich um eine denkbare, nicht zwingend ausschließbare Möglichkeit, was für einen Versicherungsfall nicht ausreichend ist, da hierzu feststehen müsste, dass diese Tatvariante von mehreren (zumindest teilweise auch nicht bedingungsgemäßen) möglichen Begehungsweisen die wahrscheinlichere ist (Prölls/Martin, § 3 VHB 2008, Rn. 25 m.w.N).

Die Beweisfälligkeit geht zur Lasten des für den Eintritt des Versicherungsfalls darlegungs- und beweisbelasteten Klägers.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Versicherungsrecht

Egal ob Ihre Versicherung die Zahlung verweigert oder Sie Unterstützung bei der Schadensregulierung benötigen. Wir stehen Ihnen zur Seite.

 

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Wissenswertes aus dem Versicherungsrecht

Urteile aus dem Versicherungsrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!