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Hausratversicherung – Informationspflichten Versicherer bei Versicherungsbedingungsänderung

LG Hamburg –  Az.: 314 O 109/18 – Urteil vom 20.05.2020

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 86.322,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, höchstens 4 %, seit 20.09.2017 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger verlangt der Beklagten weitere Leistungen aus einem Hausratsversicherungsvertrag nach einem behaupteten Einbruchdiebstahl.

Der Kläger hatte bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der A., am 26.06.1995 einen Hausratsversicherungsvertrag (Anlagenkonvolut K 17 und K 18) abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt besaß der Kläger keinen Wertschutzschrank. Dem Versicherungsvertrag lagen die Versicherungsbedingungen VHB 1984 zu Grunde. Abweichend von § 19 Nr. 2 VHB 84 war danach die Entschädigungsgrenze für Wertsachen auf 35 % der Versicherungssumme je Versicherungsfall erhöht worden. § 19 Nr. 2 VHB 84 gilt u.a. für Wertsachen, die in einem verschlossenen mehrwandigen Stahlschrank mit einem Mindestgewicht von 200 kg aufbewahrt werden. Dieser Vertrag ist durch Verschmelzung der Rechtsvorgängerin der Beklagten auf die Beklagte übergegangen. Der Kläger hat 2007 bei der Beklagten über seinen Versicherungsmakler S. Versicherungen einen geänderten Hausratsversicherungsvertrag mit der Versicherungsnummer… /P abgeschlossen, insoweit wurde dem Kläger der Nachtrag zum Versicherungsschein vom 18.12.2007 übersandt (Anlage K1) mit den Versicherungsbedingungen VHB 2002 (04/05), Anlage BLD 2. Die Versicherungssumme war Euro 399.000,00. Der Baustein „Wertsachen“ war mitversichert. Für Wertsachen außerhalb eines Wertbehältnisses waren danach Entschädigungsgrenzen auf Euro 4.000,00 erhöht. Darüber hinaus war gem. § 28 Nr. 2 VHB 2002 (04/05) eine Erhöhung der Entschädigungsgrenzen für Wertsachen innerhalb eines VDS-geprüften Wertschrankes auf 40 Prozent der Versicherungssumme vereinbart. Gemäß § 12 Abs. 2 VHB 2002 (Anlage K 29 ist die Versicherungssumme um einen Vorsorge-Betrag von 10 % zu erhöhen. Die Beklagte haftet dem Kläger gemäß Seite 4 des Versicherungsscheines in Höhe von 50 %.

In dem Antrag zur Änderung des Versicherungsvertrages vom 29.11.2007 (Anlage K 13) war auf S. 6 unter „Sicherungen des Hauptrisikos“ beim Unterpunkt „Wertschutzschrank/Einbruchmeldeanlage“ „Vds-anerkannte“ bei „Vds-anerkannte Einbruchmeldeanlage“ gestrichen.

Der Kläger behauptet, es sei am 23.3.2017 in dem Haus des Klägers zu einem Einbruchsdiebstahl gekommen. Einbruchsspuren am nicht alarmgesicherten Kellerfenster, Sicherheitsgitter des Kellerfensters, Maschendrahtzaun und der Nebeneingangstür sind unstreitig. Der Kläger und seine Ehefrau haben sich zu diesem Zeitpunkt in Spanien aufgehalten. Einen Schlüssel zum Haus besaß Herr E., der mit der Durchführung der Malerarbeiten beauftragt war und der auch den Einbruch entdeckte und meldete. Ein weiterer Schlüssel war in Besitz der Sicherheitsfirma, die zwei anderen in Besitz des Klägers und seiner Ehefrau. Der Einbruch wurde polizeilich aufgenommen. Auszüge aus der polizeilichen Ermittlungsakte befinden sich in den Anlagen K 8 – K 12.

Das Sachverständigenbüro B. und Partner, R. erstellte im Auftrag der Beklagten ein Schadensgutachten, welches einen allgemeinen Hausrat-Neuwertschaden in Höhe von Euro 7.628,00, an versicherten Kosten Euro 3.116,00 sowie in Hinblick auf abhandengekommene Wertsachen einen Neuwertschaden in Höhe von € 304.832,00 und damit einen Gesamtschaden in Höhe von Euro 315.576,00 (Anlage K4) feststellte.

Die Beklagte leistete zunächst als Abschlagszahlung 35.000,00 € an den Kläger. Weitergehende Zahlungen erfolgten nicht. Die Beklagte beruft sich auf das Erreichen der Wertgrenze für Wertsachen außerhalb von Wertgeldschränken.

Der Kläger behauptet, er habe die Anschaffung des Wertschrankes im Jahre 2004 der Beklagten über den Versicherungsvertreter Herrn T. S. mitgeteilt. Ihm sei durch den Einbruchsdiebstahl ein Schaden in Höhe von insgesamt € 397.836,00 entstanden.

Hinsichtlich der Höhe des Wertes der abhanden gekommenen und beschädigten Gegenstände verweist der Kläger auf die Aufstellung des Sachverständigen B. gem. Anlage K 4 und überreicht Kopien von Bildern, Rechnungen und Zertifikaten, die an den Schadensregulierer im Original übergeben worden seien gem. Anlage K 19. Die von dem Sachverständigen ermittelten Werte seien Mindestwerte, Umsatzsteuer sei darin nicht enthalten. Der Kläger führt an, dass die absolute Entschädigungsgrenze für Wertsachen nach dem gegenständlichen Vertragsverhältnis Euro 196.900,00 sei. Insbesondere gelte die erhöhte Entschädigungsgrenze für Wertsachen innerhalb verschlossener Wertgeldschränke gem. § 28 Nr. 2 VHB 04/05. Auch wenn der Wertschutzschrank, aus dem die Wertsachen entwendet worden seien, keine VDS-Spezifikation aufweise, sei die erhöhte Versicherungssumme für Wertsachen geschuldet. Die Spezifikation VDS sei in dem Versicherungsvertrag gestrichen worden. Auch sei im Versicherungsschein extra die Werterhöhung für Wertsachen innerhalb von Wertschutzschränken aufgeführt. Dies wäre unsinnig, wenn dieser Versicherungsschutz mangels Vorhandenseins eines Wertschutzschrankes gar nicht gewährt werden könnte. Der Kläger habe daher davon ausgehen können, dass diese Spezifikation gestrichen worden sei. Selbst wenn davon auszugehen sei, dass eine VDS-Spezifikation für Wertschutzschränke erforderlich sei, so gelte diese als nicht vereinbart, da bei der Umstellung des Versicherungsvertrages in 2007 auf ausdrücklichen Wunsch der Beklagten der Kläger nicht darauf hingewiesen worden sei, dass bei den neuen Versicherungsbedingungen nunmehr für die Erhöhung der Wertgrenzen die VDS-Spezifikation erforderlich sei. Der Beklagten sei die Spezifikation und Güte des Tresors bekannt gewesen. Der Kläger sei daher mangels ausdrücklichen Hinweises der Beklagten davon ausgegangen, dass auch nach der Änderung des Versicherungsvertrages die erhöhte Grenze für Wertsachen in Wertschutzschränken vereinbart sei. Wäre ein ausdrücklicher Hinweis erfolgt, so hätte der Kläger sich entweder einen entsprechenden Wertschutzschrank angeschafft oder er hätte das Risiko umdecken lassen. Schließlich folge die Entbehrlichkeit der Vds-Spezifikation auch aus den Besonderen Vereinbarung „Es gelten die Sicherungen gemäß der Installationsbeschreibung vom 12.05.1993 als vereinbart“. 1993 habe es eine Vds-Spezifikation noch nicht gegeben.

Neben den Wertsachen sei ein allgemeiner Hausratsschaden in Höhe von € 7.628,00 und an versicherten Kosten in Höhe von € 3.116,00 zu ersetzen. Abzüglich bereits gezahlter € 35.000,00 ergebe sich ein restlicher Schaden in Höhe von € 172.644,00.

Weiterhin verlangte der Kläger Ersatz seiner vorvertraglichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von Euro 3.465,28. Er ist der Auffassung, die Beklagte schulde diese Kosten aus Verzugsgesichtspunkten. Die Versicherung habe sich mit der bedingungsgemäßen Regulierung mit dem Vorliegen der sachverständigen Feststellungen des eigenen Sachverständigen B. Ende Mai 2017 jedenfalls ab dem 1.8.2017 in Verzug befunden.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf 50 % der restlichen Versicherungssumme in Anspruch.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Euro 86.322,00 nebst Jahres Zinsen hieraus in Höhe von 4 % seit dem 1.8.2017 zu zahlen.

2. die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von Euro 3.465,28 nebst Jahres Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet einen Einbruch. Es seien zwar Einbruchsspuren vorhanden, der Kläger müsse aber das Abhandenkommen der Gegenstände durch den Einbruch beweisen, insb. dass nicht richtige Schlüssel benutzt worden seien. Die Schlüsselverhältnisse seien unklar und werden bestritten. Die Beklagte bestreitet weiterhin das Abhandenkommen der aufgelisteten Gegenstände und insb. deren Wert mit Nichtwissen. Auch sei keine Umsatzsteuer zu ersetzen, da der Kläger nicht nachgewiesen habe, dass die Gegenstände wieder angeschafft worden seien. Außerdem ist sie der Auffassung, dass die behaupteten Gegenstände sich nicht in einem VDS-anerkannten Wertschrank befunden hätten. Es gelte daher die Entschädigungsgrenze des § 28 Ziff. 3 VHB. Eine Erhöhung der Wertgrenzen komme daher nicht in Betracht. Die Streichung der VDS-Qualifikation bezüglich der Einbruchmeldeanlage habe nichts mit dem Erfordernis der VDS-Qualifikation für den Tresor zu tun. Der Kläger habe gewusst, dass sein Tresor nicht den Anforderungen für erhöhte Versicherungssummen genüge und daher die Wertgrenze nicht erhöht sei. Daher habe er auch selbst mitgeteilt, dass er ein Bankschließfach besessen habe um dort Schmuck einzulagern. Es habe beim Abschluss des Versicherungsvertrages auch keine Aufklärungspflicht der Beklagten dahingehend gegeben, dass der Wertschrank nicht den Anforderungen für die Erhöhung der Versicherungssummen genüge. Es habe sich um einen Neuabschluss, nicht lediglich um eine Änderung der Versicherungsbedingungen gehandelt. Eine Hinweispflicht bestehe auch nicht bezüglich jeder einzelnen Regel, sondern werde allenfalls ausgelöst, wenn eine Gesamtschau der Vor- und Nachteile eine solche gebiete. Die neuen Versicherungsbedingungen seine jedoch in ihrer Gesamtschau für den Versicherungsnehmer günstiger. Auch sei eine etwaige Pflichtverletzung des Versicherungsmaklers der Beklagten nicht zuzurechnen und es bestehe bei Einschaltung eines Maklers kein eigener Anlass zur Beratung. Schließlich sei eine Beratung bei einem Massengeschäft wie dem der Hausratsversicherung unzumutbar. Insbesondere sei es der Beklagten unzumutbar zu ermitteln, welche der vielen Vertragsklauseln für den einzelnen Versicherungsnehmer überhaupt relevant werden können. Im Übrigen habe die Beklagte auch ihrer Hinweispflicht genügt, indem sie im Versicherungsschein auf § 28 Ziff. 2 und 3 VHB hingewiesen habe, in denen ausdrücklich die Vds-Spezifikation genannt werden.

Die Beklagte ist weiter der Auffassung, sie schulde in keinem Fall Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Einen Verzug mit der Leistung zum Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwaltes habe der Kläger nicht ausreichend substantiiert vorgetragen, ein verzugsbegründendes Anwaltsschreiben genüge insoweit nicht.

Die Beklagte verrechnet die gezahlten € 35.000,00 zu € 25.000,00 auf den Schmuck, zu € 4.000,00 auf Urkunden, zu € 1.000,00 auf Bargeld. Die weiteren € 5.000,00 verrechnet die Beklagte in Höhe von € 3.116,00 auf die Reparaturkosten, in übriger Höhe auf den geltend gemachten Hausratsschaden in numerischer Reihenfolge des Gutachtens B..

Hinsichtlich des Parteivortrags im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Kläger hat Herrn T. S., S.-Versicherung, … …, … H. mit der Klage den Streit verkündet. Die Streitverkündung wurde am 4.9.2018 zugestellt.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch persönliche Anhörung des Klägers und Vernehmung der Zeugen T. S., D. S. und A. E.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 27.11.2019, Bl. 141 ff. d.A. und vom 22.01.2020, Bl. 164 ff. d. A.

Entscheidungsgründe

1. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch in vollem Umfang nach dem Versicherungsvertrag und gem. §§ 27, 28 Nr. 2 der VHB 2002 (04/05) zu.

a) Es steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger am 23.7.2017 in dem versicherten Objekt einen Einbruch erlitten hat. Unstreitig liegen massive Einbruchspuren vor. Damit kommt dem Kläger die Beweiserleichterung zugute, dass in das versicherte Objekt eingebrochen wurde. Er hat insoweit nicht den Nachweis zu führen, dass nicht mit einem Schlüssel in das Objekt eingedrungen würde. Dieser Beweis wäre lediglich erforderlich, wenn es keine Einbruchsspuren gäbe. Anhaltspunkte dafür, dass zunächst mittels eines Schlüssels in das Objekt eingedrungen und dann noch Einbruchsspuren zugefügt wurden, sind nicht vorgetragen und nicht ersichtlich.

b) Es steht auch zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die von dem Kläger mit der Schadensaufstellung dargelegten Hausratsgegenstände und Wertgegenstände jedenfalls bis zur ersatzfähigen Wertgrenze bei dem Einbruch entwendet wurden und notwendige Reparaturkosten in beantragter Höhe entstanden sind.

Der Kläger verlangt für den allgemeinen Hausrat € 7.628,00, für die Kosten für die Schadensbeseitigung € 3.116,00 und für die abhanden gekommenen Wertgegenstände € 196.900,00 abzüglich gezahlter € 35.000,00.

Die Beklagte hat nunmehr für die gezahlten € 35.000,00 die folgende Verrechnung vorgenommen: Sie verrechnet € 25.000,00 auf die Wertsachen, so dass eine Forderung von € 171.900,00 verbleibt, auf die Kosten der Schadensbeseitigung € 3.116,00, so dass insoweit kein Schaden verbleibt und auf Urkunden € 4.000,00 und auf Bargeld € 1000,00, sowie den Rest, also € 1.884,00 auf die Hausratsgegenstände in der Reihenfolge der Schadensaufstellung des Gutachters B.. Demnach verrechnet sie € 1.000,00 auf den Tresor, € 300,00 auf die Damenarmbanduhr und die restlichen € 584,00 auf das Mobiltelefon.

aa) Bezüglich des Schadens an dem allgemeinen Hausrat und den Wertgegenständen steht nach der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die in der Schadensaufstellung des von der Beklagten eingesetzten Sachverständigen B. aufgeführten Gegenstände bei dem Kläger zum Zeitpunkt des Einbruchs vorhanden waren, und nach dem Einbruch nicht mehr vorhanden waren, bzw. beschädigt waren, so dass eine Entwendung bzw. Reparaturbedürftigkeit bewiesen ist. Das Gericht glaubt insoweit den übereinstimmenden Aussagen des Klägers selbst und der Zeugin E.. Diese haben übereinstimmend ausgesagt, dass die Hausratsgegenstände und die Wertgegenstände in der beschriebenen Güte vorhanden gewesen sind. Weiter haben sie bestätigt, dass die Transponder defekt waren, der Tiefkühlschrank beschädigt war, die Lebensmittel verdorben waren, die Insekten – und Fensterputzreiniger benutzt wurden und der Schreibtisch entsprechend der Angebote der Fa. E. und S. repariert wurden. Auch wurde ein enormer Arbeitseinsatz für die Reinigung und Beseitigung der Unordnung bestätigt.

Die Schadenshöhe kann vom Gericht gem. § 287 ZPO geschätzt werden. Schätzungsgrundlage sind insoweit die Angaben des Klägers, der Zeugin E., die Bewertung des Sachverständigen der Beklagten, der insoweit erläutert, dass die Bewertung aufgrund der Angaben, der Erläuterungen und Beschreibungen und in Ermangelung konkreter Nachweise als Mindestbewertung vorgenommen wurden. Insoweit standen dem Sachverständigen größtenteils Fotos, Originalrechnungen und Zertifikate zur Verfügung. Soweit die Beklagte diese Bewertung bestreitet, ist ihr Bestreiten ohne Konkretisierung i.ü. unsubstantiiert, insbesondere vor dem Hintergrund dass es sich nach den Angaben des Sachverständigen um eine Mindestbewertung handelt.

Es kann auch dahingestellt bleiben, ob es sich bei den vom Gutachter festgestellten Werten um Netto- oder Bruttobeträge handelt. Die Klausel des § 27 Nr. 3 der VHB 2002 (04/05) ist wegen Intranzparenz unwirksam. Aus der Klausel geht für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht hervor, ob erforderlich ist, dass auf die ursprüngliche Anschaffung oder auf die Ersatzbeschaffung Umsatzsteuer gezahlt worden sein muss. Dass auf die ursprüngliche Anschaffung Umsatzsteuer gezahlt wurde, hat die Beklagte nicht in Abrede gestellt.

Soweit mit der Formulierung auf die Ersatzbeschaffung abgestellt werden soll, widerspricht dies gerade dem Grundgedanken der Hausratsversicherung, dass keine Ersatzbeschaffung vorgenommen werden muss. Auch ist unklar, wann es sich genau um eine Ersatzbeschaffung handelt und in welcher Höhe dann die Umsatzsteuer ersetzt verlangt werden kann. Weiter ist nicht geregelt, in welcher Frist eine etwaige Wiederbeschaffung zu erfolgen hat, um die Umsatzsteuer ersetzt zu verlangen. Daher ist unabhängig von der Ersatzbeschaffung der Bruttobetrag zu ersetzen.

bb) Die Reparaturkosten in Höhe von € 3.116,00 sind unstreitig, sie wurden bereits durch Tilgungsbestimmung der Beklagten bezahlt.

cc) Für die Wertgegenstände ist anteilig die erhöhte Versicherungssumme für Wertgegenstände innerhalb von Wertgeldschränken in Höhe von 40 % der Versicherungssumme zu bezahlen. Bezüglich der Wertgegenstände beträgt die erhöhte Versicherungssumme unbestritten € 196.900,00.

Die Beklagte kann sich nicht auf die Begrenzung der Versicherungssumme für Wertgegenstände außerhalb eines VDS-anerkannten Wertschrankes gem. § 28 Nr. 3 VHB 04/05 berufen.

Ursprünglich hatte der Kläger eine Hausratsversicherung bei der A. abgeschlossen. Die A. war der Vorversicherer der Beklagten und ist im Jahr 2000 auf die Beklagte verschmolzen worden, so dass der Versicherungsvertrag automatisch auf die Beklagte übergegangen ist. Insoweit haben dann auch die alten Versicherungsbedingungen VHB 84 weiter gegolten. Unbestritten war bei § 19 Nr. 2 VHB 84 die Erhöhung der Entschädigungsgrenze lediglich daran geknüpft, dass die Wertgegenstände innerhalb eines mehrwandigen Stahlschrankes mit einem Mindestgewicht von 200 kg aufbewahrt wurden. Diese Voraussetzungen erfüllt der streitgegenständliche Wandtresor. Es steht zur Überzeugung des Gerichts weiter fest, dass dieser auf die Beklagte übergegangene Vertrag auf Initiative der Beklagten auf den neuen Vertrag und die neuen Versicherungsbedingungen umgestellt worden ist. Dies folgt zum einen aus den glaubhaften Darlegungen des Klägers persönlich, den Bekundungen des Zeugen D. S. sowie den E-Mails der Beklagten an den Versicherungsmakler, Anlagen K 15 und K 16. Es wäre daher Sache der Beklagten gewesen, den Kläger vor der Umstellung darauf hinzuweisen, dass der neue Vertrag und die neuen Versicherungsbedingungen an die Erhöhung der Versicherungssummen für im Wertschrank befindliche Wertgegenstände an den Wertschrank andere Qualifikationen – nämlich höhere – stellen als bisher. Das Gericht folgt dabei nicht der Auffassung der Beklagten, dass es wegen des Massengeschäftes und der Unzumutbarkeit der Prüfung ob die neuen Bedingungen für den Versicherungsnehmer im Einzelfall ungünstigere Klauseln enthalten, keine Informationspflicht der Beklagten gab. Grundsätzlich war es das Interesse der Beklagten, neue Versicherungsbedingungen gegenüber dem Versicherungsnehmer durchzusetzen. Dies folgt bereits aus den E-Mails gem. Anlage K 15 und K 16. Dies gilt auch dann, wenn die Änderung durch einen Versicherungsmakler vermittelt wird. Trotz § 6 Abs. 6 VVG trifft die Versicherung eine eigene Hinweispflicht, wenn sie sich für die Erfüllung ihrer Interessen (hier Umstellung der Versicherungsbedingungen) und der damit einhergehenden Pflichten auch über die Nachteile bzw. Verschlechterungen zu informieren, der Hilfe des Versicherungsmaklers bedient. Insoweit agiert der Versicherungsmakler dann als Erfüllungsgehilfe der Versicherung und steht nicht im Lager des Versicherungsnehmers (vgl. Rudy in Prölls/Martin, 30. Aufl., § 6 VVG, Rz. 70). Dass die Beklagte dieser Verpflichtung nachgekommen ist, hat sie nicht hinreichend dargelegt und folgt auch nicht aus der vorgelegten Aktennotiz Anlage BLD 1. Im Gegenteil. Die Aktennotiz stammt aus dem Jahre 2006, also ein Jahr vor der tatsächlichen Vertragsumstellung und betrifft ein Telefonat mit dem Zeugen S. nicht mit dem Kläger. Insoweit konnte auf die Vernehmung der Zeugin M. verzichtet werden. Der Zeuge D. S. hat in seiner Vernehmung glaubhaft bestätigt, dass er dem Kläger sogar mitgeteilt hat, dass der vorhandene Wertschutzschrank ausreicht, um den erhöhten Versicherungsschutz zu erlangen. An dieser Mitteilung, die der Beklagten zuzurechnen ist, ist diese festzuhalten, da sie den Versicherungsmakler als ihren Erfüllungsgehilfen zur Vertragsänderung eingesetzt hat. Aus dem Versicherungsschein ist für den Kläger auch nicht ersichtlich gewesen, dass an die Werterhöhung für den Wertschrank besondere Bedingungen geknüpft sind. Dies hätte sich lediglich aus der Lektüre der Versicherungsbedingungen ergeben. Die Abänderung dort war aber für den Kläger überraschend und genügt der Erfüllung einer Hinweispflicht der Versicherung nicht, so dass er diese nicht gegen sich geltend lassen muss. Der erhöhte Versicherungswert für Wertgegenstände in Wertschränken ist daher nicht daran geknüpft, dass es sich um einen VDS-geprüften Wertschrank handelt.

Wegen der Begrenzung der Entschädigungsleistung auf € 196.900,00 für Wertsachen, anteilig darauf 50 %, ist es für ein stattgebendes Urteil ausreichend, wenn das Gericht zu der sicheren Überzeugung gelangt, dass Wertsachen in Höhe von € 196.900,00 abhanden gekommen sind. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei den Wertangaben des Sachverständigen B. um Nettowiederbeschaffungswerte handelt oder um Bruttowerte und ob die Klausel § 27 Nr. 3 der VHB 2002 (04/05) wirksam ist. Selbst wenn es sich um Bruttowerte handeln sollte, ist das Abhandenkommen im Höhe eines Nettowertes von € 196.900,00 bewiesen.

Bezüglich der Stehlgutliste hat der Kläger nachvollziehbar angegeben, dass er eine Liste hatte, die sich im Safe befand und die auch noch zum Teil lesbar war. Diese hat er im Laufe der Jahre ergänzt. Anhand dieser Liste hat er die Stehlgutliste für den Gutachter erstellt. Die Zeugin E. hat bestätigt, dass sie diese Liste gewissenhaft mit dem Kläger erstellt hat. Teilweise waren auch Originalrechnungen oder Zertifikate vorhanden. Diese Angaben sind glaubhaft. Die Beklagte trägt keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger und seine Ehefrau in irgendeiner Weise unredlich sind oder aus welchen sonstigen Gründen diese Angaben unwahr sein sollten. Auch insoweit muss dem redlichen Versicherungsnehmer eine Beweiserleichterung zugute kommen. Soweit der eigene Sachverständige der Beklagten Rechnungen und Zertifikate des Klägers vorliegen hatte, legt daher das Gericht in jedem Fall die vom Sachverständigen angenommenen Wertschätzungen zugrunde. Dies betrifft die Positionen 20, 25, 29, 30, 31, 35, 36, 37, 40, 41 , 42, 43 , 44, 45, 46 , 47, 50, 51, 52 ,53, 54, 55, 61, 62 und 63. Diese Positionen ergeben bereits Wiederbeschaffungswerte in Höhe von € 207.703,00. Bei den Positionen 18 – 23 der Stehlgutliste, dies sind die Goldbarren und Münzen lagen zwar dem Gutachter nur Fotos vor, er hat die Wertangaben aber anhand der Gewichtsangaben des Klägers und seiner Ehefrau und gemäß Einleitung der Bewertung als Mindestbewertung erstellt. Daher schätzt das Gericht die Werte dieser Münzen entsprechend der Bewertung des Gutachters der Beklagten. Warum diese falsch sein soll, trägt die Beklagte ebenfalls nicht substantiiert vor. Daraus folgt ein weiterer Wert von € 31.228,00, insgesamt € 238.931,00. Selbst wenn man davon ausginge, dass es sich insoweit um Bruttowerte handelt und nicht nachgewiesen ist, dass der Kläger die Gegenstände wieder angeschafft hat, also Umsatzsteuer nicht zu ersetzen wäre, ergäbe sich ein Nettobetrag von € 200.782,35, und damit immer noch oberhalb der Höchstgrenze für die versicherten Wertgegenstände. Insoweit kommt es für die Entscheidung auch nicht darauf an, ob weitere Gegenstände abhanden gekommen sind und wie deren Wiederbeschaffungswert ist. I.Ü. ist die Klausel § 27 Nr. 3 VHB 2002 (04/05) wegen intransparenz unwirksam, s.o.

dd) Abzüglich der gezahlten € 35.000,00 ergibt sich daher für einen Ersatzanspruch in Höhe von 50 % des Restschadens ein Anspruch in Klaghöhe.

2. Der Zinsanspruch ist erst ab dem 20.09.2017 begründet. In dem Schreiben vom 19.09.2017, Anlage BLD 1, ist insoweit eine Ablehnung einer weiteren Zahlungsverpflichtung zu sehen, so dass Verzug ab dem 20.09.2017 gem. 286 Abs. 2 Ziff. 3 BGB eingetreten ist. Entscheidend ist insoweit nicht die Fälligkeit der Versicherungsleistung gem. § 14 VVG, sondern die Frage des Verzuges. Mangels Bestimmtheit des Leistungszeitpunktes war Voraussetzung für den Eintritt des Verzuges eine Mahnung oder Ablehnung der Leistungspflicht. Bei dem Anspruch auf die Versicherungsleistung handelt es sich nicht um eine Entgeltleistung i.S.d. § 286 Abs. 3 BGB, so dass Verzug erst mit dem Zugang des Schreibens vom 19.9.2017 eintreten konnte. Die Höhe des Zinsanspruchs folgt aus § 288 Abs. 1 BGB, Zinsen waren jedoch der Höhe nach auf die beantragten 4 % zu begrenzen.

3. Insoweit schuldet die Beklagte auch keinen Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Der Kläger hat einen Verzug zum Zeitpunkt der Beauftragung des vorprozessual tätigen Rechtsanwaltes nicht substantiiert dargelegt. Verzug ist – wie oben dargelegt – erst mit dem Zugang des Schreibens vom 19.9.2017 eingetreten. Zu diesem Zeitpunkt war der Prozessvertreter des Klägers aber bereits beauftragt, die Kosten sind demnach kein Verzugsschaden.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

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