Skip to content

Ergänzungskasko-Versicherung für Leasingfahrzeuge – GAP-Versicherung – Haftungsumfang

GAP-Versicherung: Abweichung vom Werkverkehr führt zu Leistungsausschluss

In der Versicherungswelt nimmt die GAP-Versicherung, speziell die Ergänzungskasko-Versicherung für Leasingfahrzeuge, eine bedeutende Rolle ein. Diese spezielle Versicherungsform ist darauf ausgerichtet, im Falle eines Totalschadens oder Diebstahls des Leasingfahrzeugs die finanzielle Lücke zwischen dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs und dem noch offenen Leasingbetrag zu schließen. Ein zentrales Thema in diesem Bereich ist der Haftungsumfang der Versicherung. Hierbei spielen Faktoren wie die vertragsgemäße Nutzung des Fahrzeugs und die Einhaltung bestimmter Bedingungen, wie etwa der Einsatz im Werkverkehr, eine entscheidende Rolle.

Die rechtliche Auseinandersetzung entsteht häufig bei der Frage, ob und inwieweit die Versicherungsbedingungen erfüllt sind und welchen Einfluss dies auf den Versicherungsschutz hat. Dabei wird auch die Frage der Aktivlegitimation und möglicher Verjährungsfristen relevant. Diese Thematik stellt sowohl für Versicherer als auch für Versicherungsnehmer eine rechtliche Herausforderung dar, die häufig die Gerichte beschäftigt. Insbesondere Entscheidungen von Oberlandesgerichten, wie dem OLG Dresden, geben wichtige Impulse für die Auslegung und Anwendung der Versicherungsbedingungen in der Praxis.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 U 246/23   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Oberlandesgericht Dresden hat entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf die volle Versicherungsleistung aus der GAP-Versicherung hat, da der versicherte LKW nicht gemäß den Versicherungsbedingungen im Werkverkehr eingesetzt wurde. Allerdings wurde dem Kläger ein Schadensersatz in Höhe von 250 € zugesprochen, da der Versicherer bei der Beratung versäumt hat, auf diese Bedingung hinzuweisen.

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Kein vollständiger Versicherungsanspruch: Der Kläger hat keinen vollständigen Anspruch auf Leistungen aus der GAP-Versicherung, da der versicherte LKW nicht im Werkverkehr eingesetzt wurde, was eine Grundbedingung des Versicherungsvertrags war.
  2. Aktivlegitimation des Klägers: Trotz anfänglicher Zweifel wurde bestätigt, dass der Kläger aktivlegitimiert ist, da keine wirksame Abtretung von Ansprüchen aus der GAP-Versicherung an die Leasinggeberin vorlag.
  3. Pflichtverletzung durch den Versicherer: Der Versicherer hat seine Beratungspflicht verletzt, indem er nicht ausreichend über die Bedingungen des Werkverkehrs informierte.
  4. Schadensersatz wegen Beratungsfehler: Aufgrund des Beratungsfehlers wurde der Kläger im Wege der Quasi-Deckung entschädigt, allerdings nur in Höhe von 250 €.
  5. Klärung der Forderungshöhe: Das Landgericht ging fälschlicherweise von einer höheren Forderung aus. Die tatsächliche Forderung beläuft sich auf 3.064,56 €, basierend auf der Schlussabrechnung der Renault Leasing.
  6. Verjährung und Schadensminderungspflicht: Der Beklagte berief sich erfolglos auf die Verjährung seiner Verpflichtung, da er zuvor auf diese Einrede verzichtet hatte. Zudem wurde die Schadensminderungspflicht thematisiert, jedoch ohne Erfolg für den Beklagten.
  7. Kosten des Rechtsstreits: Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen wurden dem Kläger auferlegt.
  8. Keine Zulassung der Revision: Das Urteil ist endgültig, da keine grundsätzliche Bedeutung für eine Revision vorliegt.

In diesem Urteil wird deutlich, wie wichtig die genaue Einhaltung und das Verständnis der Vertragsbedingungen in Versicherungsangelegenheiten sind, sowohl für den Versicherer als auch für den Versicherungsnehmer.

Streit um Versicherungsleistung: Ergänzungskasko-Versicherung im Fokus

Im Mittelpunkt des Rechtsstreits am Oberlandesgericht Dresden stand die Frage, ob und in welchem Umfang eine Versicherungsleistung aus einer Ergänzungskasko-Versicherung für Leasingfahrzeuge, bekannt als GAP-Versicherung, zu gewähren ist. Der Fall wurde unter dem Aktenzeichen 3 U 246/23 verhandelt und endete mit einem Urteil am 25.08.2023. Der Kläger, ein Insolvenzverwalter, forderte Deckung aus der Versicherung, die für einen Leasing-LKW abgeschlossen wurde. Dieser LKW, ein Renault Master, war ursprünglich von der GbR, über die das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, geleast worden.

Hintergründe des Falls: Vertragsdetails und Unfallereignis

Die GbR hatte durch Vermittlung eines Zeugen mit dem Beklagten einen Versicherungsvertrag abgeschlossen, der eine Kfz-Haftpflichtversicherung, eine Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung sowie eine GAP-Versicherung umfasste. Laut den Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) sollte die GAP-Versicherung bei Totalverlust oder Diebstahl des Fahrzeugs den Differenzbetrag zwischen Wiederbeschaffungswert und offenem Leasingbetrag decken. Problematisch wurde der Fall, als der LKW, der nur für den Werkverkehr versichert war, tatsächlich aber an Dritte vermietet wurde, in einen Unfall verwickelt war.

Rechtliche Bewertung des Versicherungsfalls

Das zentrale rechtliche Problem in diesem Fall lag in der Abweichung des tatsächlichen Einsatzes des Fahrzeugs von den vertraglichen Vereinbarungen. Der LKW war nicht, wie in der Versicherungspolice vorgesehen, im Werkverkehr genutzt worden. Dies führte zur Ablehnung der Leistung aus der GAP-Versicherung durch den Beklagten. Das Landgericht Dresden hatte in erster Instanz einen Teil der Forderung anerkannt, was zu einer Berufung des Beklagten führte.

Entscheidung des OLG Dresden: Ein Urteil mit Konsequenzen

Das OLG Dresden änderte das Urteil des Landgerichts teilweise ab. Es stellte fest, dass der Versicherungsfall für die GAP-Versicherung nicht vorlag, da das Fahrzeug nicht gemäß den Versicherungsbedingungen im Werkverkehr eingesetzt wurde. Jedoch wurde der Beklagte zur Zahlung von 250 Euro plus Zinsen verurteilt. Diese Entscheidung basierte auf der Feststellung, dass der Versicherungsvermittler bei Abschluss des Vertrags seine Beratungspflicht verletzt hatte, was zu einem Anspruch des Klägers im Sinne einer Quasi-Deckung führte.

Ausblick und Bedeutung für das Versicherungsrecht

Dieser Fall illustriert die Komplexität von Versicherungsansprüchen, insbesondere wenn es um spezialisierte Produkte wie die GAP-Versicherung für Leasingfahrzeuge geht. Die genaue Einhaltung der Vertragsbedingungen und die korrekte Nutzung des versicherten Gegenstandes sind entscheidend für die Gewährung der Versicherungsleistung. Zudem hebt der Fall die Bedeutung einer sorgfältigen und umfassenden Beratung durch Versicherungsvermittler hervor. Nicht zuletzt zeigt das Urteil, dass die Gerichte bereit sind, Versicherungsnehmer zu schützen, wenn die Versicherungsbedingungen und die Beratungspraxis nicht den Anforderungen entsprechen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was ist eine GAP-Versicherung und wie funktioniert sie?

Eine GAP-Versicherung, auch als GAP-Deckung oder Differenzkaskoversicherung bekannt, ist eine zusätzliche Versicherungsleistung, die hauptsächlich für Leasing- oder finanzierte Fahrzeuge relevant ist. Der Begriff „GAP“ stammt aus dem Englischen und steht für „Guaranteed Asset Protection“, was sich mit „garantierten Vermögensschutz“ übersetzen lässt.

Die GAP-Versicherung kommt ins Spiel, wenn ein geleastetes oder finanziertes Fahrzeug einen Totalschaden erleidet oder gestohlen wird. In solchen Fällen deckt die Kaskoversicherung in der Regel den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs ab. Dieser Wert kann jedoch niedriger sein als die Restforderung aus dem Leasing- oder Kreditvertrag. Hier schließt die GAP-Versicherung die finanzielle Lücke und übernimmt die Differenz zwischen dem Wiederbeschaffungswert und der Restforderung.

Die Höhe der GAP-Versicherung bei einem Leasingfahrzeug wird anhand des Alters, der Abnutzung und des Gebrauchs des Fahrzeugs berechnet. Die Kosten für eine GAP-Versicherung variieren je nach Fahrzeugmodell, Vertragsmodalitäten und Versicherungsgesellschaft. In der Regel ist eine Kaskoversicherung mit GAP-Deckung etwa sieben Prozent teurer.

Eine GAP-Versicherung ist besonders sinnvoll bei Leasing- oder Finanzierungsverträgen für Fahrzeuge der gehobenen Mittel- und Oberklasse, da der Wertverlust für diese Modelle relativ hoch ist. Aber auch für günstigere Fahrzeuge kann eine GAP-Versicherung vorteilhaft sein.

Es ist zu empfehlen, die GAP-Versicherung direkt mit dem Leasing- oder Finanzierungsvertrag abzuschließen. In einigen Fällen ist sie bereits in der Kfz-Versicherung enthalten. Es ist jedoch auch möglich, die GAP-Versicherung nachträglich zur Police hinzuzufügen.

Es sollte jedoch beachtet werden, dass sich die GAP-Deckung in der Regel nicht mehr lohnt, wenn der Finanzierungs- oder Leasingvertrag absehbar ausläuft. In diesem Fall ist die Restforderung niedriger als der Wiederbeschaffungswert des Autos.


Das vorliegende Urteil

OLG Dresden – Az.: 3 U 246/23 – Urteil vom 25.08.2023

I. Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 16.12.2022 abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 250,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.08.2020 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat der Kläger zu tragen.

III. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil, soweit es aufrechterhalten bleibt, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 7.447,24 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um eine Versicherungsleistung aus einer Ergänzungskasko-Versicherung für Leasingfahrzeuge (sog. GAP-Versicherung).

Der Kläger ist Insolvenzverwalter der Schuldnerin F… S… & H… S… GbR, welche einen Fuhrpark betrieben hatte (im Folgenden: GbR). Diese schloss, vermittelt durch den Zeugen R… C…, mit dem Beklagten einen seit 01.01.2014 geltenden Versicherungsvertrag über eine Kfz-Haftpflichtversicherung, eine Kfz-Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung von 1.000 € sowie eine GAP-Versicherung ab. Letztere hat im Wesentlichen den Inhalt, dass sich der Versicherer verpflichtet, im Fall eines Diebstahls oder eines Totalschadens des versicherten Fahrzeugs während der Laufzeit des Leasingvertrages den Differenzbetrag zwischen dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs und dem noch offenen Leasingbetrag zu zahlen, d.h. die Summe aus den noch ausstehenden abgezinsten Leasingraten, einer eventuellen Restrate, dem abgezinsten Leasingrestwert sowie der noch nicht verbrauchten Mietvorauszahlung. Dem Versicherungsverhältnis lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) mit Stand 01.10.2014 zugrunde.

Unter A. 2.7.1 findet sich darin zur GAP-Versicherung folgende Vereinbarung:

„Bei Zerstörung, Verlust oder Totalschaden eines geleasten Pkw oder Lieferwagens im Werkverkehr ersetzen wir bei Bestehen einer Vollkaskoversicherung auch die Differenz zwischen dem Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert und dem höheren Leasing-Restbetrag, sofern Sie dem Leasinggeber gegenüber zur Zahlung dieser Differenz verpflichtet sind.“

D.1.1 der AKB lautet:

„Das Fahrzeug darf nur zu dem im Versicherungsvertrag angegebenen Zweck verwendet werden. Die Begriffsbestimmungen für Art und Verwendung von Fahrzeugen finden Sie im Anhang 6.“

D.4.1. der AKB lautet:

„Verletzen Sie vorsätzlich eine Ihrer in D.1 bis D.3 geregelten Pflichten, haben Sie keinen Versicherungsschutz. Verletzen Sie Ihre Pflichten grob fahrlässig, sind wir berechtigt, unsere Leistung in einem der Schwere Ihres Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Weisen Sie nach, dass Sie die Pflicht nicht grob fahrlässig verletzt haben, bleibt der Versicherungsschutz bestehen.“

Versichert war unter anderem ein LKW Renault Master, welchen die GbR im August 2013 von der Eigentümerin Fa. Renault Leasing geleast hatte. Der LKW wurde im Vertrag als „LKW-Werkverkehr“ versichert.

Werkverkehr definiert der Anhang 6 der AKB wie folgt:

„Werkverkehr ist die Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen, Anhängern und Aufliegern nur für eigene Zwecke durch eigenes – im Krankheitsfall bis zu vier Wochen auch durch fremdes – Personal eines Unternehmens.“

Die GbR setzte den LKW nicht in ihrem Werkverkehr ein, sondern vermietete ihn langfristig an einen Dritten. Dieser verunfallte am 08.08.2015 mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug. Der Beklagte zahlte hierauf aus der Haftpflichtversicherung einen Betrag in Höhe von 22.156,52 € und an die Renault Leasing aus der Vollkaskoversicherung einen Betrag in Höhe von 5.403,36 €. Weiterhin zahlte der Beklagte an die GbR 258,76 €.

Mit Schreiben vom 02.09.2015 wurde der Leasingvertrag durch die Renault Leasing gekündigt. Am 28.10.2015 stellte die Renault Leasing eine endgültige Schlussabrechnung gegenüber der GbR zur vorzeitigen Vertragsbeendigung wegen fristloser Kündigung aufgrund Totalschadens. Unter Berücksichtigung von Leasingraten für die restliche Laufzeit i.H.v. 3.894,96 € und eines hypothetischen Fahrzeugswerts nach restlicher Laufzeit i.H.v. 11.282,45 € zu Lasten der GbR sowie des erzielten Verkaufserlöses von 5.201,68 €, einer Versicherungszahlung von 6.584,36 € und Zinserstattungen (37,62 € + 289,19 €) zugunsten der GbR verbleibe noch ein Mindererlös von 3.064,56 €. Im Herbst 2015 wandte sich deswegen die GbR an den Beklagten, um Versicherungsschutz zu erhalten. Hierauf bat der Beklagte mit Schreiben vom 03.11.2015 die Renault Leasing um weitere Informationen bzw. Erläuterungen. Mit Schreiben vom 25.02.2016 lehnte der Beklagte eine Leistung aus der GAP-Versicherung ab.

Die GbR zahlte am 21.04.2016 auf die Schlussrechnung der Renault Leasing einen Betrag von 250,00 €.

Am 21.12.2016 erhob der Beklagte Klage gegen die GbR vor dem Landgericht Dresden und machte darin Regressansprüche aus der Kfz-Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen den in den AKB vertraglich geregelten Verwendungszweck geltend (kein Einsatz des LKW im Werkverkehr als vorsätzlicher Obliegenheitsverstoß). Das Landgericht wies die Klage ab. Mit Urteil vom 25.09.2018 wies das OLG Dresden (Az. 4 U 219/18) die Berufung des Beklagten zurück und führte aus, dass die Zahlungen mit Rechtsgrund erfolgt seien. Die GbR habe zwar eine vertragliche Obliegenheit verletzt, weil sie entgegen der Vereinbarung im Versicherungsvertrag das Fahrzeug dauerhaft an eine dritte Person vermietet hatte. Dies lasse die Leistungspflicht nach den Versicherungsbedingungen indes unberührt, weil die Obliegenheit im Ergebnis der Beweisaufnahme nur leicht fahrlässig verletzt worden sei. Auf der Grundlage der mit dem Zeugen C… geführten Vermittlungsgespräche habe die GbR ohne grobe Fahrlässigkeit annehmen dürfen, ein für die von ihr betriebene Autovermietung versichertes Fahrzeug auch an Dritte langzeitvermieten zu dürfen, ohne den Versicherungsschutz zu gefährden. Dass sie sich den dieser Annahme entgegenstehenden Hinweisen in den Versicherungsunterlagen verschlossen hatte, stelle angesichts dessen eine allenfalls leicht fahrlässige Pflichtverletzung dar, die weder zu einem Leistungsausschluss führe noch den Versicherer zu einer Leistungskürzung berechtige.

Am 22.11.2018 wurde das Insolvenzverfahren über die GbR eröffnet; der Kläger wurde als Insolvenzverwalter bestellt.

Mit Eingang bei dem Landgericht am 30.12.2019 beantragte der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für sein Begehren, von dem Beklagten Deckung bzw. Schadensersatz wegen nicht erteilter Deckung aus der GAP-Versicherung zu erhalten. Mit Beschluss vom 26.06.2020 wurde Prozesskostenhilfe bewilligt und am 23.07.2020 ging die Klage bei dem Landgericht ein, welche dem Beklagten am 26.08.2020 zugestellt wurde.

Der Kläger machte folgende Zusammensetzung seiner Hauptforderung geltend:

Wiederbeschaffungswert: 10.504,20 €

Abzgl. Restwert: 4.100,84 €

6.403,36 €

Leasingraten für restliche Laufzeit: 3.894,96 € abzgl. Zinserstattung 37,62 €

Hypothetischer Fahrzeugwert: 11.282,45 € abzgl. Zinserstattung 289,19 €

14.850,60 €

Hieraus ergebe sich die Forderung von 7.447,24 € (Leasing-Restbetrag 14.850,60 € abzgl. „Wiederbeschaffungswert abzgl. Restwert“ von 6.403,36 € = Versicherungssumme 8.447,24 € abzüglich 1.000 € Selbstbeteiligung). Der ihm zustehende Betrag sei auch nicht auf den von der Renault Leasing zuletzt begehrten Mindererlös von 3.064,56 EUR beschränkt, denn die Renault Leasing habe zwei Beträge unrichtig berechnet: Zum einen habe sie eine Gutschrift für eine Versicherungsdeckung (Kasko) von 6.584,36 € berücksichtigt, obwohl der Beklagte lediglich 5.403,36 € gezahlt hatte. Zum anderen sei nicht der tatsächlich erzielte Verkaufserlös von 5.201,68 €, sondern nur der von der Versicherung berücksichtigte Restwert von 4.100,84 € maßgeblich, den der Beklagte vorgegeben hatte, auch weil nicht bekannt sei, ob relevante Verbesserungen oder andere Umstände zum erhöhten Verkaufserlös geführt haben. Eine Begrenzung finde auch nicht deshalb statt, weil die Leasinggesellschaft mit der Abrechnung schlussendlich nur noch 3.064,56 € begehrt hatte. Denn die Abrechnung datiere vom 28.10.2015, Schadenstag sei der 08.08.2015. Die Kündigung des Leasingvertrages erfolgte am 02.09.2015. Zu letztgenanntem Datum habe materiell-rechtlich der Anspruch bereits bestanden. Dass dieser später durch Verkaufsbemühungen und Versicherungsleistungen geschmälert wurde, sei unerheblich, schließlich umfasse die Einstandspflicht nach der Klausel die tatsächlich entstandene Verpflichtung („sofern Sie dem Leasinggeber gegenüber zur Zahlung dieser Differenz verpflichtet sind“ statt etwa „sofern Sie dem Leasinggeber gegenüber noch zur Zahlung dieser Differenz verpflichtet sind“). Denn die Abrechnung der Leasing-Gesellschaft soll zwar dem Beklagten vorgelegt werden, sei jedoch nicht Berechnungsgrundlage. Hilfsweise würde der von der Leasinggesellschaft verlangte Betrag von 3.064,56 € begehrt.

Der Beklagte ist dem entgegengetreten. Die zusätzliche Deckung aus der GAP-Versicherung greife nach der Klausel nur bei Schäden eines PKW oder eines Lieferwagens im Werkverkehr. PKW und Lieferwagen würden in den AKB definiert, der Renault Master sei ein Lieferwagen und somit nur im Falle von Werkverkehr überhaupt GAP-versichert. Das hier zur Vermietung eines Dritten genutzte Leasing-Fahrzeug erfülle nicht den Begriff des Werkverkehrs. Zudem müsse der Versicherte auch gegenüber dem Leasinggeber zur Zahlung der GAP-Differenz verpflichtet sein. Die Schlussabrechnung der Renault Leasing datiere unter dem 28.10.2015; die Forderung sei mit Ablauf 2018 verjährt. Ohne weiteres sei auch abzuverlangen, die Einrede der Verjährung gegenüber der Renault Leasing zu erheben. Ferner sei die verlangte Höhe nicht nachvollziehbar. Die Renault Leasing habe einen über den beklagtenseits angenommenen Restwert hinausgehenden Zahlbetrag realisieren können, der bei der Bemessung der GAP-Lücke zu berücksichtigen sei, da andernfalls der Versicherungsnehmer zu Unrecht bereichert wäre. Ferner sei nach A.2.7.1 AKB die Leistung für die GAP-Versicherung auf 20 % des unverbindlich vom Hersteller empfohlenen Preises am Tag des Schadens für ein neues Fahrzeug in der versicherten Ausführung begrenzt. Aktuell und 2015 sei der Neupreis mit ca. 24.000 € anzusetzen, netto ca. 20.000 €, weshalb die Höchstgrenze von 20 % bei 4.000 € liege. Es werde außerdem die Aktivlegitimation bestritten, weil in den üblichen Leasing-Bedingungen und damit auch hier etwaige Ansprüche aus einer Kasko-Versicherung zur Absicherung des Leasing-Vertrages an den Leasing-Geber abgetreten werden. Schließlich erhebe er die Einrede der Verjährung, soweit die Klägerseite (statt auf Versicherungsschutz) auf eine Quasi-Deckung abstelle, denn ein solcher Schadensersatzanspruch sei bislang nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen.

Der Kläger replizierte u.a. zur Forderungshöhe. Er bestritt den Listenpreis von 24.000,00 € und dass Mehrwertsteuer hiervon noch in Abzug zu bringen sei; im Übrigen sei bekannt geworden, dass das Fahrzeug im Jahr 2013 angeschafft wurde und nebst Ausstattung einen Bruttolistenpreis von 37.037,56 € hatte, was unter Beweis eines Sachverständigengutachtens gestellt werde.

Das Landgericht hat nach Einvernahme der Zeugen R… C… und F… S… ein Sachverständigengutachten zu dieser Behauptung des Klägers eingeholt. Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass der Bruttolistenpreis (sogar) darüber gelegen habe.

Mit Urteil vom 16.12.2022, das der Beklagtenseite am 26.01.2023 zugestellt wurde, verurteilte das Landgericht den Beklagten unter Abweisung im Übrigen (vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten), an den Kläger 7.447,24 € nebst Verzugszinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 27.08.2020 zu zahlen. Der Anspruch ergebe sich aus dem GAP- Versicherungsvertrag. Der Kläger sei aktivlegitimiert. Gemäß A.2.4 der AKB stehe der Versicherungsschutz auch der Schuldnerin (GbR) zu. Aus § 45 VVG ergebe sich deren Prozessführungsbefugnis; somit auch jene des Klägers als ihr Insolvenzverwalter. Die Voraussetzungen für die Versicherungsleistung lägen vor und würden auch nicht durch eine Obliegenheitsverletzung der GbR berührt. Zwar sei das Fahrzeug als Lieferwagen einzuordnen und damit nur im Rahmen des Werkverkehrs versichert, allerdings führe dies nicht zur Leistungsfreiheit des Beklagten, da die Obliegenheit nur leicht fahrlässig verletzt wurde, D. 1.1. und D. 4.1. der Versicherungsbedingungen. Der Zeuge C… sei seiner Beratungspflicht bei Vermittlung der hier streitgegenständlichen Versicherung nicht ausreichend nachgekommen, wie schon das Oberlandegericht entschieden habe. Der Beklagte sei auch nicht deshalb von seiner Leistungspflicht befreit, weil sich die GbR bzw. der Kläger nicht auf Verjährung gegenüber der Renault Leasing berufen hatten. Die Vertragsbedingungen sähen keine solche Obliegenheit vor und stellten allein auf das Bestehen einer Leistungspflicht ab, worunter ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer die grundsätzliche Verpflichtung zur Zahlung, unabhängig von dem Bestehen rechtshemmender Einwendungen, verstehe. Die Hauptforderung stehe der Klägerseite in voller Höhe zu, insbesondere werde die 20 % – Grenze des Bruttolistenpreises, mithin 37.627,50 € nach dem überzeugenden Gutachten, in Höhe von 7.525,50 EUR nicht erreicht.

Hiergegen richtet sich die bei dem Oberlandesgericht am 09.02.2023 eingegangene und am 26.04.2023 mit einer Begründung versehene Berufung des Beklagten. Die landgerichtlichen Ausführungen zur Aktivlegitimation gingen an dem – unstreitig gebliebenen – Einwand, dass etwaige Ansprüche aus der Vollkasko-Versicherung bei Abschluss des Leasing-Vertrages an die Leasinggeberin abgetreten wurden, vorbei. Mangels Einsatz des Lieferwagens im Werkverkehr habe eine GAP-Deckung nicht bestanden. Weitere Voraussetzung der GAP-Deckung sei, dass der Versicherungsnehmer dem Leasinggeber gegenüber zur Zahlung der Differenz verpflichtet ist, was ebenfalls nicht der Fall sei wegen der Einrede der Verjährung. Dem Beweisantritt zur Vernehmung über eine seitens der GbR oder des Klägers bereits erhobene Verjährungseinrede sei das Landgericht fehlerhaft nicht nachgegangen. Ungeachtet dessen führe das Verständnis des Landgerichts, dass die AKB nur auf das Bestehen einer Leistungspflicht abstellen und darunter ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer nur die grundsätzliche Verpflichtung zur Zahlung unabhängig vom Bestehen rechtshemmender Einwendungen verstehe, zu einer unberechtigten Vermögensmehrung auf Seiten des Versicherungsnehmers, wenn der klageweise geltend gemachte Anspruch zugesprochen wird und sich der Kläger gegenüber dem Leasing-Geber erfolgreich auf die Einrede der Verjährung berufen kann. Falsch sei die Feststellung des Landgerichtes, dass die AKB eine Obliegenheit des Versicherungsnehmers zur Erhebung der Einrede der Verjährung gegenüber der Renault Leasing vorsehen müssten. Der Beklagte habe zum einen auf die Schadensminderungspflicht aus § 82 Abs. 1 VVG und zum anderen auf die in E.1.4 AKB vereinbarte Schadensminderungspflicht hingewiesen. Der Beklagte halte zudem an seiner Einrede der Verjährung bzgl. eines vermeintlichen Schadensersatzanspruchs (Quasi-Deckung) fest. Zu guter Letzt könnten auch die Ausführungen des Landgerichtes zur Höhe der GAP-Deckung nicht überzeugen; die finanzielle Mehrbelastung des Versicherungsnehmers betrage allerhöchstens 3.567,18 €.

Der Beklagte und Berufungskläger beantragt, das angefochtene Urteil des Landgerichts Dresden abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 16.12.2022, Az. 8 O 2929/19, kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er weist darauf hin, dass der Beklagte auf die Verjährungseinrede bis Ende 2019 verzichtet habe. Der Kläger sei aktivlegitimiert; es fehle an einer wirksamen Abtretung, auch weil keine notwendige Beschränkung auf sog. fahrzeugspezifischen Ansprüche erfolgte. Es müsse der als unsubstantiiert ins Blaue erfolgten Behauptung beklagtenseits, es gäbe nicht nur üblicherweise, sondern auch vorliegend eine Abtretung, entgegengetreten werden. Zum streitgegenständlichen Leasing-Vertrag lägen keine Unterlagen vor und aus den in der Berufung eingereichten vergleichbaren Leasing-Bedingungen ergebe sich eine Beschränkung auf sog. fahrzeugspezifischen Ansprüche. Jedenfalls seien weder Ansprüche aus der GAP-Deckung (Ergänzungs-Kasko) noch Ansprüche aus der Quasideckung abgetreten; selbst der Beklagte behaupte nur die Abtretung von Ansprüchen aus einer Vollkaskoversicherung. Einem etwaigen Verjährungseinwand könne die Renault Leasing Treuwidrigkeit entgegenhalten, da ja Ansprüche streitgegenständlich sind.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache überwiegend Erfolg.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten aus § 1 VVG i.V.m. dem Versicherungsvertrag.

a) Der Kläger ist zwar aktivlegitimiert.

Zu Recht allerdings macht die Berufung geltend, dass die landgerichtlichen Ausführungen zur Aktivlegitimation an dem – erstinstanzlich unstreitig gebliebenen – Einwand, dass etwaige Ansprüche bei Abschluss des Leasing-Vertrages an die Leasinggeberin abgetreten wurden, vorbeigingen. Dies gilt auch, weil § 45 VVG Fremdversicherungen betrifft und die GAP, anders als die Kaskoversicherung, keine solche darstellt (BGH, Urteil vom 08.10.2014 – IV ZR 16/13 –, Rn. 22, juris). Mit der Frage einer Abtretung hat sich das Landgericht nicht befasst. Vor dem Hintergrund, dass die Klägerseite auf diesen Einwand erstinstanzlich gar nicht (mehr) reagiert hat, handelte es sich auch um ein hinreichendes Bestreiten der Aktivlegitimation, das nicht „ins Blaue hinein“ erfolgte, denn eine gewisse Voraus-Abtretung ergab sich aus dem auszugsweise vorgelegten Leasingvertrag („Die Leasingnehmer treten Ihre Ansprüche auf Arbeitsentgelt gemäß Wf. XV und ihre evtl. Schadensersatz- /Versicherungsansprüche gemäß Ziff. VIII der Leasing-Bedingungen an Renault Leasing ab.“).

Indes hat der Kläger in der Berufung auf den Hinweis des Senats erklärt, dass ihm die vollständigen Leasing-Bedingungen nicht vorliegen, aber, wie sich aus den vergleichbaren Leasing-Bedingungen in Ziffer VIII ergibt, nur die fahrzeugbezogenen Rechte im Voraus abgetreten wurden. Rechte aus der GAP bzw. Schadensersatzansprüche wegen falscher Versicherungsberatung wären damit nicht erfasst. Nachdem der Kläger so seine Aktivlegitimation substantiiert dargelegt hatte, wäre es an dem Beklagten gewesen, auf eine Abtretung – im Sinne eines Verlustes unstreitig zunächst, sofern entstanden, zustehender Versichertenrechte – auch nicht fahrzeugbezogener Rechte näher einzugehen bzw. eine solche nachzuweisen, was nicht geschehen ist.

Das Vorbringen des Klägers war auch nicht als präkludiert zurückzuweisen, denn es wäre bereits erstinstanzlich – wäre die Abtretung thematisiert und die Aktivlegitimation zunächst verneint worden – die Erteilung eines gerichtlichen Hinweises geboten gewesen, § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

b) Der Anspruch besteht jedoch schon mangels Versicherungsfall nicht.

Unter A. 2.7.1 der AKB wird der Versicherungsschutz der GAP für einen Lieferwagen, um den es sich hier handelt, explizit auf den Einsatz im Werkverkehr beschränkt. Damit sind die Voraussetzungen für ein Eingreifen der GAP-Versicherung nicht erfüllt, denn unstreitig wurde das streitgegenständliche Fahrzeug vermietet und gerade nicht im Werkverkehr eingesetzt.

Soweit das Landgericht darauf abgestellt hat, dass sich keine Leistungsfreiheit des Beklagten aus den Punkten D. 1.1. und D. 4.1. der Versicherungsbedingungen ergibt, weil die Obliegenheitsverletzung der GbR in Form der Fremdvermietung – statt Einsatz im Werkverkehr – nur leicht fahrlässig erfolgte, trifft dies zwar zu. Denn es hätte, wie auch bereits das Oberlandesgericht in seiner Entscheidung vom 25.09.2018 über einen Regress bezüglich des Haftpflicht- und Kaskoschadens festgestellt hatte, der Zeuge C… aufgrund der Umstände ausdrücklich äußern müssen, dass das Fahrzeug im Werkverkehr, nicht aber zur Vermietung benutzt werden darf, weshalb der GbR allenfalls ein geringer Schuldvorwurf zu machen ist. Rechtsfolge ist, dass gemäß D.4.1. (Umkehrschluss) bei einem lediglich leicht fahrlässigen Verstoß der GbR gegen die Pflicht aus D.1.1. kein Versicherungsschutz entfällt. Dies alles betrifft aber lediglich die Frage des durch eine Pflichtverletzung verursachten Entfallens von an sich gegebenem Versicherungsschutz.

Bei der GAP-Versicherung war jedoch aufgrund des Punktes A. 2.7.1 der AKB schon von vornherein, quasi tatbestandlich, kein Versicherungsschutz gegeben. Anders als für die Haftpflicht- und Kaskoversicherung spielt die Frage des Entfallens oder Nichtentfallens keine Rolle. Für die Tatbestandsvoraussetzungen der GAP ist es auch irrelevant, aus welchem subjektiven Grund diese nicht eingehalten wurden und inwieweit dies verschuldet war oder auf ein Verschulden Dritter zurückzuführen ist.

2. Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 250 € aus § 6 Abs. 5 VVG, 278 BGB einschließlich Rechtshängigkeitszinsen. Ein weitergehender Anspruch steht ihm indes nicht zu.

Verletzt hiernach der Versicherer eine Verpflichtung nach Absatz 1, 2 oder 4 des § 6 VVG, ist er dem Versicherungsnehmer zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet. Der entstandene Schaden kann darin bestehen, dass der Versicherungsnehmer zwar einen Vertrag beim Versicherer abschließt, dieser aber unerkannte Deckungslücken aufweist, die seinen Bedürfnissen zuwiderlaufen, weshalb er in einem solchen Fall im Wege des Schadensersatzes verlangen kann, so gestellt zu werden, wie er bei Abschluss eines Versicherungsvertrages mit adäquatem Versicherungsschutz stehen würde. Der Versicherer schuldet dann im Wege des Schadensersatzes das, was der Versicherungsnehmer bei richtiger Beratung als Versicherungsschutz erhalten hätte, sogenannte „Quasideckung“ (vgl. etwa BGH, WM 2018, 1512, 1514 m.w.N.).

Gemäß § 6 Abs. 1 VVG hat der Versicherer den Versicherungsnehmer ordnungsgemäß zu befragen und zu beraten. Das Handeln von Versicherungsvermittlern ist dem Versicherer dabei gemäß § 278 BGB zuzurechnen.

a) Der Zeuge C… handelte – wie der Kläger im Rahmen des gewährten Schriftsatznachlasses nach Hinweis des Senats hinreichend vorgetragen hat – als Versicherungsvermittler, nicht als Versicherungsmakler, und damit als Erfüllungsgehilfe des Beklagten. Bereits dem Urteil des Landgerichts vom 16.01.2018 als Vorinstanz der Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 25.09.2018 lässt sich entnehmen, dass er als Vertreter handelte („Die Beklagte trägt vor, der Kläger hätte bereits bei Vertragsschluss von der Vermietung des Lkw gewusst. Herr C…, der Versicherungsvertreter der Klägerin, habe […]).

Er verletzte fahrlässig die Pflicht aus § 6 Abs. 1 VVG. Bereits in der Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 25.09.2018 (Az. 4 U 219/18) wurde im Ergebnis der Vernehmung des Zeugen C… das Folgende festgestellt:

„Entgegen seiner ihn aus § 61 WG treffenden Beratungspflicht hat der Zeuge nämlich, wie er im Senatstermin vom 28.8.2018 auch unumwunden geschildert hat, keinerlei Fragen an die Gesellschafter der Beklagten zum Umfang des Versicherungsschutzes gerichtet. Weil bei dem Kläger eine gewerbliche Langzeitvermietung ohnehin nicht versicherbar gewesen wäre, hat er vielmehr ohne Ermittlung des beabsichtigten Nutzungszwecks und ohne die Gesellschafter der Beklagten auf die sich hieraus ergebenden Beschränkungen hinzuweisen, mit diesen einen Versicherungsvertrag abgeschlossen, dessen Nutzlosigkeit für eine gewerbliche Autovermietung auf der Hand liegt. Weshalb er angenommen haben will, das Fahrzeug solle nicht für die Autovermietung, sondern für einen vom Gesellschafter Seltmann betriebenen Spielzeughandel genutzt werden, konnte er vor dem Senat nicht plausibel erklären. Die ihm vorgelegte Zulassungsbescheinigung, aus der eine gewerbliche Vermietung nicht hervorging, rechtfertigte eine solche Annahme schon deshalb nicht, weil der Zeuge diese Bescheinigung erst nach Antragstellung erhielt. Der Versicherungsantrag wies hingegen nicht den Spielzeughandel, sondern die Beklagte als Versicherungsnehmerin aus. Für den Zeugen hätte die Nutzung des Fahrzeugs für die Autovermietung, die einer Versicherung im Werkverkehr entgegenstand, auch deswegen nahegelegen, weil er selbst den Kontakt zu den Gesellschaftern der Beklagten über eine eigene Fahrzeuganmietung gefunden hatte, der Gesellschaftszweck der Beklagten ihm folglich gut bekannt war. Der Zeuge musste daher auch einräumen, mit den Gesellschaftern Seltmann die Frage, wozu eigentlich das Fahrzeug genutzt werden sollte, überhaupt nicht erörtert und sie auch nicht auf die Beschränkung auf den Werkverkehr hingewiesen zu haben. Dass die Gesellschafter infolge dessen von einem weitergehenden Versicherungsschutz ausgegangen sind, wollte er ausdrücklich nicht ausschließen.“

Dieser Sachverhalt wurde im Rahmen der landgerichtlichen Vernehmung des Zeugen am 28.01.2022 im Wesentlichen bestätigt.

Damit ist die Klägerseite im Wege der Quasi-Deckung dem Grunde nach so zu stellen, als hätte trotz des Nichteinsatzes im Werkverkehr Deckungsschutz aus der GAP-Versicherung bestanden.

b) Gleichwohl hat die Berufung des Beklagten im Umfang von 4.382,68 € schon deshalb Erfolg, weil das Landgericht unzutreffend von Entstehen einer Forderung aus der GAP-Versicherung i.H.v. 7.447,24 – statt 3.064,56 € – ausgegangen ist.

Das Landgericht ging, ohne nähere eigene Begründung, mit der Klägerseite davon aus, dass der Anspruch i.H.v. 7.447,24 € besteht, obwohl die Renault Leasing nur 3.064,56 € gefordert hatte. Die Berechnungen des Klägers beruhen auf der Annahme, dass der Anspruch aus der GAP spätestens mit Kündigung des Leasingvertrages entsteht und sich die Höhe nach „objektiven“ Kriterien in diesem Zeitpunkt richtet, während es keine Rolle spiele, wie hoch der Leasinggeber später tatsächlich abrechnet. Zwar trifft zu, dass je nach Versicherungsbedingungen die Berechnungsgrößen (Restwert, Wiederbeschaffungswert u.ä.) für die Versicherungsleistung nicht notwendig den Beträgen entsprechen müssen, die der Leasinggeber seiner Abrechnung zugrunde legt, denn die Beteiligten bestimmen z.B. den Restwert des beschädigten Fahrzeugs nach jeweils eigenen Kriterien. Die Klausel unter Punkt A. 2.7.1 der AKB

„[…] ersetzen wir bei Bestehen einer Vollkaskoversicherung auch die Differenz zwischen dem Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert und dem höheren Leasing-Restbetrag, sofern Sie dem Leasinggeber gegenüber zur Zahlung dieser Differenz verpflichtet sind.“

ist aber gerade auch nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers als eine Art „Kappungsgrenze“ nach oben zu verstehen in dem Sinne, dass der Versicherungsnehmer mehr, als er dem Leasinggeber anhand dessen Abrechnung zahlen muss, auch nicht von der Versicherung erhalten kann. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind aus sich heraus zu interpretieren. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (BGH, Urteil vom 08.10.2014 – IV ZR 16/13 –, Rn. 22, juris). Sinn und Zweck der GAP-Versicherung ist regelmäßig die Freistellung von Risiken/Verpflichtungen, nicht aber an einem Versicherungsfall zu verdienen und mehr zu erhalten, als man selbst zu tragen hat. Dass die Abrechnung der Leasing-Gesellschaft nach den AKB des Beklagten nur vorgelegt werden „soll“ und nicht Berechnungsgrundlage ist, steht der Auslegung als „Kappungsgrenze“ nicht entgegen.

Entstanden ist daher ein Schadensersatzanspruch von 3.064,56 €. Mag die Renault Leasing ihrer Schlussrechnung auch über Jahre keinen Nachdruck verliehen haben, handelt es sich nicht um eine Konstellation, in welcher der Leasinggeber von vornherein bei Eintritt bestimmter Bedingungen auf weitere Leasingraten verzichtet hat (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 08. 10.2014 – IV ZR 16/13 –, juris).

b) Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte auf eine Verjährung ihm gegenüber, denn er hatte mit Schreiben vom 28.12.2018 gegenüber der Klägerseite „wegen möglicher Forderungen / Ansprüchen (GAP-Deckung) […] bis zum 31.12.2019 auf die Einrede der Verjährung“ verzichtet. Dies erfasst nach dem objektiven Empfängerhorizont auch Ersatzansprüche im Sinne der Quasi-Deckung. Gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB wurde die Verjährung mit Eingang des Antrags auf Prozesskostenhilfe am 30.12.2019 gehemmt. Der Einwand des Beklagten, der Kläger habe erst während des Verfahrens den klageweise geltend gemachten Betrag auf einen Schadensersatzanspruch wegen einer fehlerhaften Beratung und damit auf „Quasi-Deckung“ gestützt, weshalb dieser Schadensersatzanspruch an der Hemmungswirkung nicht teilgenommen habe, geht schon deshalb fehl, weil sich der Antrag bereits 2019 auch auf einen etwaigen Schadensersatzanspruch bezogen hatte.

c) Mit Ausnahme eines Anspruchsteils von 250 € ist der Beklagte jedoch leistungsfrei geworden, § 82 Abs. 3 Satz 1 VVG bzw. Punkt E. 1.4. AKB.

Der Versicherungsnehmer hat gemäß § 82 Abs. 1 VVG bei Eintritt des Versicherungsfalles nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen und gemäß § 82 Abs. 2 VVG zumutbare Weisungen des Versicherers zu befolgen, und es ist der Versicherer gemäß § 82 Abs. 3 VVG bei einer vorsätzlichen Verletzung dieser Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet.

Die Obliegenheit des Versicherten umfasst – bereits aus § 82 Abs. 1 VVG folgend – die zumutbare Erhebung der Einrede der Verjährung gegenüber seinem Gläubiger, wobei ihm, von Ausnahmen besonderer privater Bindungen zu diesem möglicherweise abgesehen, hierdurch regelmäßig nichts Unbilliges zugemutet wird (Koch in: Bruck/Möller, VVG, 10. Auflage, Ziff. 25 Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalles, Rn. 86; Waldkirch in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2020, § 9 MB/KK 2009 Obliegenheiten). Zwar ist der Versicherungsnehmer wegen § 82 VVG nicht gehalten, Maßnahmen zu ergreifen, die nicht die Beeinträchtigung der versicherten Sachen, sondern allein die Höhe der Entschädigungsleistung betreffen (Prölss/Martin/Voit, 31. Aufl. 2021, VVG § 82 Rn. 11), indes kann unter diesem Gesichtspunkt davon ausgegangen werden, dass die Berufung auf die Einrede der Verjährung die Kosten nicht mehr (tatsächlich) beim Versicherungsnehmer anfallen lässt und mithin der Schaden selbst gemindert wird und nicht nur der Betrag der Entschädigungsleistung (LG Tübingen, Urteil vom 05.08.2016 – 4 S 3/16 –, juris). Selbst wenn aber unter diesem Gesichtspunkt § 82 Abs. 3 VVG nicht als einschlägig erachtet würde, können im Einzelfall Treu und Glauben gemäß § 242 BGB dem Versicherten wegen der allgemeinen Rücksichtnahmepflicht unter Vertragspartnern gebieten, zumutbare Möglichkeiten zur Verringerung der Entschädigung zu nutzen (vgl. Prölss/Martin/Voit, 31. Aufl. 2021, VVG § 82 Rn. 11; BeckOK VVG/Car, 19. Ed. 1.5.2023, VVG § 82 Rn. 3) und wäre dies hier mit dem Ergebnis einer Einrede aus § 242 BGB der Fall.

Soweit die Forderung der Renault Leasing aus der Schlussrechnung noch nicht beglichen war, ist sie verjährt, § 214 BGB. Wenn der Kläger diese Einrede noch nicht erhoben hat bzw. nicht vorhat, sie zu erheben, sollte die Gläubigerin auf ihn zukommen, verletzt er damit wissentlich und also vorsätzlich seine Obliegenheit aus § 82 VVG. Dass die Renault Leasing einem Verjährungseinwand mit Erfolg Treuwidrigkeit entgegenhalten könne, wie der Kläger meint, ist nicht nachvollziehbar.

Soweit das Landgericht der Auffassung ist, die Klägerseite habe sich nicht auf Verjährung berufen müssen und müsse dies auch weiterhin nicht, weil die Vertragsbedingungen keine solche Obliegenheit der Schuldnerin vorsähen, ist dies mit Blick auf Punkt E.1.4 AKB unzutreffend und wäre mit Blick auf § 82 VVG bzw. 242 BGB auch unerheblich.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das weitergehende Begehren des Beklagten war mit einem Anteil von ca. 3 % des Streitwerts geringfügig.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) sind nicht gegeben. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Versicherungsrecht

Egal ob Ihre Versicherung die Zahlung verweigert oder Sie Unterstützung bei der Schadensregulierung benötigen. Wir stehen Ihnen zur Seite.

 

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Wissenswertes aus dem Versicherungsrecht

Urteile aus dem Versicherungsrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!