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Einsatz eines Femtosekundenlasers bei Kataraktoperation – Kostenerstattung

AG München – Az.: 233 C 22454/18 – Urteil vom 07.03.2019

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 67,49 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.12.2018 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 925,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die weitere Erstattung von Behandlungskosten für eine Kataraktoperation am linken Auge in Höhe von 925,00 EUR.

Der Kläger ist bei dem Beklagten unter der Versicherungsscheinnummer … mit den Tarifen … krankenversichert. Erstattungsfähig sind 100% der Aufwendungen für grundsätzlich erstattungsfähige ärztliche Leistungen abzüglich einer jährlichen Selbstbeteiligung in Höhe von 1.090,00 EUR.

Der Kläger unterzog sich am 27.06.2018 einer Kataraktoperation mittels Femtolasers am linken Auge. Hierfür wurden ihm Kosten in Höhe von insgesamt 3.835,12 EUR in Rechnung gestellt. Der Beklagte erstattete dem Kläger 2.910,11 EUR. Der Beklagte lehnte die Übernahme der weiteren Kosten in Höhe von 925,01 EUR ab.

Mit Schreiben vom 11.09.2018 forderte die Klägervertreterin den Beklagten zur Zahlung von 925,00 EUR bis zum 25.09.2018 auf.

Die durchgeführte Behandlung war medizinisch notwendig. Der Einsatz des Femtolasers war medizinisch notwendig.

Die wesentlichen Operationsschritte bei einer Kataraktoperation sind die Eröffnung der Linsenkapsel, die Zertrümmerung der Linse und das Einbringen einer neuen Linse. Bei der Nutzung des Femtolasers erfolgt die Eröffnung der Linsenkapsel und die Zertrümmerung der Linse mittels des Femtolasers.

Der Kläger ist der Ansicht, dass für den Einsatz des Lasers der Ansatz der Gebührenposition 5855 mit einem Betrag von 925,01 EUR gerechtfertigt sei. Bei der lasergestützten Katarakoperation handele es sich um eine höherwertige, wissenschaftlich anerkannte und neuartige Leistung.

Der Kläger beantragt:

Einsatz eines Femtosekundenlasers bei Kataraktoperation - Kostenerstattung
(Symbolfoto: Von Robert Przybysz/Shutterstock.com)

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 925,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.09.2018 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 147,56 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat die Klageforderung in Höhe von 67,49 EUR anerkannt. Im Übrigen beantragt er Klageabweisung.

Der Kläger ist der Ansicht, dass eine analoge Anwendung der GOÄ Nummer … nicht möglich sei. Der Einsatz des Femtolasers stelle keine selbständige Leistung dar. Die GOÄ sehe für die Anwendung des Lasers explizit die Nummer 441 (Zuschlag für die Anwendung eines Lasers bei ambulanten operativen Leistungen) vor. Eine Analogberechnung komme nicht in Betracht, da die Laseranwendung mit dem Zuschlag nach GOÄ Nummer 441 bereits im Gebührenverzeichnis abgebildet sei. Zudem handele es sich bei der Anwendung des Femtolasers nicht um eine Leistung, die der in GOÄ Nummer 5855 beschriebenen Leistung nach Art, Kosten und Zeitaufwand gleichwertig ist.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.02.2019 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Beklagte hat die Klageforderung in Höhe von 67,49 EUR anerkannt. Gemäß § 307 ZPO war der Beklagte entsprechend seines Anerkenntnisses zu verurteilen.

Im übrigen ist die zulässige Klage weitestgehend unbegründet.

I.

Das Amtsgericht München ist gemäß §§ 23 Nr. 1, 71 GVG sachlich und gemäß § 215 VVG örtlich zuständig.

II.

Die Klage ist hinsichtlich der Hauptforderung, soweit der Beklagte die Forderung nicht anerkannt hat, unbegründet.

1.

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von weiteren 857,51 EUR. Die bei dem Kläger durchgeführte Kataraktoperation wurde seitens des behandelnden Arztes nicht korrekt abgerechnet. Der behandelnde Arzt durfte die Ziffer 5855 GOÄ nicht analog abrechnen. Der Beklagte ist daher nicht verpflichtet, dem Kläger einen weiteren, über das Anerkenntnis hinaus gehenden Betrag zu erstatten.

Die GOÄ sieht den Einsatz eines Femtosekundenlasers bei der Kataraktoperation nicht ausdrücklich vor und hält für diesen keinen expliziten Gebührentatbestand bereit. Nach § 4 Absatz 2 GOÄ kann der Arzt Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen. Für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, kann der Arzt eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet (§ 4 Absatz 2 a GOÄ). Dies gilt auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendiger operativer Einzelschritte. Nach § 6 Absatz 2 GOÄ können selbständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, entsprechend einer nach Art, Kosten und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden. Bei der Beurteilung der Selbständigkeit kommt es darauf an, ob eine Leistung im konkreten Fall einen selbständigen Charakter hat und damit das Leistungsziel darstellt oder ob sie nur einen Teilschritt auf den Weg zur Erreichung eines Leistungsziels ist. Die Selbständigkeit einer ärztlichen Leistung ist danach zu beurteilen, ob für sie eine eigenständige medizinische Indikation besteht (BGH, 21.01.2010, Aktenzeichen 3 ZR 147/09).

Der Einsatz des Femtosekundenlasers im Rahmen der streitgegenständlichen Operation stellt keine selbständige ärztliche Leistung im Sinne der §§ 6 Abs. 2, 4 Abs. 2 und 2 a GOÄ dar. Bei der Kataraktoperation mittels Femtosekundenlasers handelt es sich nicht um eine neue Operation mit einer eigenständigen Indikation. Vielmehr handelt es sich um eine Variante der konventionellen Kataraktoperation, bei der einzelne, bisher manuell ausgeführte Operationsschritte durch die Anwendung des Femtosekundenlasers erbracht werden. So erfolgen die Eröffnung der Linsenkapsel und die Zertrümmerung der Linse nicht mehr manuell, sondern mittels Einsatzes des Femtosekundenlasers. Es handelt sich bei dem Einsatz des Femtosekundenlasers damit nicht um eine selbständige Zielleistung, sondern um die besondere Art der Ausführung einer Leistung. Mangels Vorliegens einer selbständigen ärztlichen Leistung ist der Einsatz des Femtosekundenlasers nicht neben der Endziffer 1375 nach Ziffer 5855 GOÄ analog abrechenbar. Für den Einsatz des Femtosekundenlasers ist die GOÄ Ziffer 441 in Höhe von 67,49 EUR abrechenbar. Der Beklagte hat die Forderung in Höhe von 67,49 EUR anerkannt. Ein darüber hinausgehender Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Zahlung besteht nicht.

2.

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemäß §§ 280 I, II, 286 BGB. Der Beklagte kam nicht durch eine Mahnung des Klägers in Verzug, da der Kläger eine Forderung geltend gemacht hat, die zum überwiegenden Teil unbegründet war. Der Kläger begehrte von der Beklagten die Zahlung von 925,00 EUR. Tatsächlich besteht ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von lediglich 67,49 EUR.

3.

Die Verurteilung zur Zahlung der Zinsen beruht auf § 291 ZPO. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Zahlung von Zinsen besteht nicht. Insbesondere lag kein Verzug des Beklagten vor (s.o.). Die Klage ist daher insoweit abzuweisen, als der Kläger Zinsen für den Zeitraum vor dem 21.12.2018 begehrt.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwertes erfolgt gemäß § 48 I GKG iVm § 3 ZPO.

 

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