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Haftpflichtversicherung: Geständnis des Versicherungsnehmers bei entgegenstehendem Vorbringen des Versicherers

OLG Hamm, Az.: 6 U 187/95

Urteil vom 29.04.1996

Gründe

(Zu a:) Der Privathaftpflichtversicherer des Beklagten war gem. § 66 ZPO befugt, dem Rechtsstreit auf seiten des Beklagten als dessen Streithelfer beizutreten; das rechtliche Interesse ergibt sich aus der Bindungswirkung des Haftpflichturteils für den Deckungsprozeß (Freyberger, NZV 1992, 391, 393; LG Siegen VersR 1994, 1367; für den KH-Prozeß BGH r+s 1994, 212). Die Streithelferin hat in beiden Instanzen durch den von ihr beauftragten Anwalt für den Beklagten wirksam den Klageabweisungsantrag gestellt. Zwar dürfen gem. § 67 ZPO die Erklärungen und Handlungen des Streithelfers mit denen der unterstützten Partei nicht im Widerspruch stehen. Der Beklagte hat aber weder ausdrücklich noch konkludent zum Ausdruck gebracht, daß er mit der Stellung des Klageabweisungsantrages nicht einverstanden ist.

Haftpflichtversicherung: Geständnis des Versicherungsnehmers bei entgegenstehendem Vorbringen des Versicherers
Symbolfoto: REDPIXEL.PL/Bigstock

(Zu b:) Der Beklagte hat bei seiner Anhörung gem. § 141 ZPO erklärt, er habe die Uhr des Klägers genau gekannt, er habe selbst früher eine baugleiche Uhr besessen. Der Kläger habe die Uhr am Unfalltag am Arm getragen, er habe sie zuletzt an dessen Arm gesehen, als dieser gegen 11 Uhr an einem Lift mit dem Skipaß den Automaten betätigt habe. Der Kläger sei der schnellere Skifahrer, er sei bei der Abfahrt vor dem Unfall vorgefahren und habe dann zweimal angehalten und auf ihn gewartet. Als der Kläger ein drittes Mal am Pistenrand auf ihn gewartet habe und er, der Beklagte, wieder neben ihm habe anhalten wollen, sei er beim Ausschwingen von der Seite her gegen den Kläger geprallt. Sie seien beide gestürzt und über den Pistenrand hinaus in tiefem Schnee mindestens 15 m abgerutscht. Die Skier hätten sich dabei teilweise gelöst. Sie hätten sich dann „aufgerappelt“ und festgestellt, daß ihnen nichts geschehen sei. Plötzlich habe der Kläger aber gesagt, seine Uhr sei weg. Sie hätten gemeinsam vergeblich nach der Uhr gesucht.

Dieser Sachverhalt, der der Darstellung des Klägers entspricht, ist durch die Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung unstreitig geworden (§ 138 III ZPO) und damit einer Nachprüfung durch den Senat entzogen. Der abweichende Sachvortrag der Streithelferin ist, weil im Widerspruch zu den Erklärungen des Beklagten stehend, gem. § 67 ZPO unbeachtlich geworden.

Dem steht nicht der Umstand entgegen, daß der Beklagte selbst nicht anwaltlich vertreten ist. Denn den maßgeblichen Sachvortrag bestimmt, wie sich aus § 85 ZPO ergibt, die Partei, nicht ihr Anwalt (s. hierzu Lemcke, VersR 1995, 989, 991), erst recht nicht, wie sich aus § 67 ZPO ergibt, der Streithelfer und dessen Anwalt. Aus der Entscheidung des BGH MDR 1995, 518 = 1995, 1432 ergibt sich jedenfalls für diesen Fall nichts Gegenteiliges. Sie befaßt sich mit den Erklärungen einer Partei im Rahmen der Parteivernehmung und mit Widersprüchen zwischen Parteierklärung und Sachvortrag des eigenen Anwalts. Schon die Frage, wie bei der Anhörung gem. §§ 137 IV, 141 ZPO abgegebene Parteierklärungen zu werten sind und welche Konsequenzen sich aus Widersprüchen zwischen Parteierklärung und Vortrag des eigenen Anwalts ergeben, hat der BGH ausdrücklich offengelassen; die Frage, welche Konsequenzen sich aus Widersprüchen zwischen Parteierklärung und Sachvortrag des Streithelfers ergeben, war nicht Gegenstand der Entscheidung des BGH.

Dem steht auch nicht der Umstand entgegen, daß der Beklagte versicherungsvertraglich verpflichtet ist, der Streithelferin die Prozeßführung zu überlassen (§ 5 Nr. 4 AHB). Hierdurch kann der Versicherungsnehmer (VN) nämlich nicht gehindert sein, seinen Pflichten aus §§ 138 I, 141 I ZPO nachzukommen. Eher stellt sich die Frage, ob der Versicherer im Haftpflichtprozeß auch dann noch an seinem abweichenden Sachvortrag festhalten darf, wenn der VN bei seiner Anhörung eine abweichende Darstellung des Sachverhalts gibt (BGH VersR 1992, 1504, 1505). Ob der Beklagte durch wahrheitswidrige Angaben seine Aufklärungsobliegenheiten (§ 5 Nr. 3 AHB) verletzt hat, ist für den Haftpflichtprozeß nicht relevant.

Allerdings wäre nicht der Sachvortrag der Streithelferin, sondern die Darstellung des Beklagten unbeachtlich, wenn feststände, daß sie falsch ist und daß die übereinstimmende Sachdarstellung der Parteien auf einen Betrug zu Lasten eines Dritten, hier der Streithelferin, hinzielt (BGH VersR 1970, 826; 1978, 862, 865). In dieser Hinsicht hat sich zwar ein gewisser Verdacht ergeben; dieses steht aber nicht fest.

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