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Betriebsunterbrechungsversicherung – Erstattungsanspruch der KFZ-Haftpflichtversicherung

LG Mainz – Az.: 1 O 237/17 – Urteil vom 26.02.2019

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz aus übergegangenem Recht.

Bei der Klägerin handelte es sich um den Inhalts- und Betriebsunterbrechungsversicherer am 30.04.2016 der R. Traiding GmbH hinsichtlich des Risikoortes B. Weg … in … H.. Die unter dieser Adresse befindliche Gewerbehalle war in mehrere Teilbereiche aufgeteilt, von denen einer an die Versicherungsnehmerin der Klägerin vermietet war, die dort im Rahmen ihrer Tätigkeit als Großhändlerin für Rest- und Sonderposten Umverpackungen vornahm. Ein anderer Teil der Halle war an den Zeugen A. Bo. vermietet, der dort unter der Bezeichnung A.’s Autohalle gebrauchte Kraftfahrzeuge verkaufte. Am 30.04.2016 befand sich das Kraftfahrzeug Typ Peugeot 206 mit dem amtlichen Kennzeichen … in A.’s Autohalle. Dieses Fahrzeug war am 30.04.2016 auf den Zeugen R. Bä. als Halter zugelassen und bei der Beklagten im Rahmen einer KFZ-Haftpflicht und Fahrzeugvollkaskoversicherung versichert. Der Zeuge Bä. hatte das Fahrzeug am 24.02.2016 von dem Zeugen Bo. in gebrauchtem Zustand erworben. Zum Unfallzeitpunkt befand sich der Zeuge Re. in A.’s Autohalle. Am 30.04.2016 brach ein Brand aus, in dessen Verlauf die Halle sowie deren gesamtes Inventar zerstört wurden. Nach dem Unfallereignis wurde im Rahmen der kriminaltechnischen Untersuchungen und der Begutachtung auf dem Rücksitz des bei dem Beklagten versicherten Fahrzeugs eine externe, also nicht zu dem Fahrzeug gehörende isolierte Autobatterie aufgefunden.

Die Klägerin trägt vor: Der Zeuge Bo. habe neben dem Autohandel in A.’s Autohalle auch eine KFZ-Reparaturwerkstatt betrieben. Wegen bestehender Motorprobleme habe der Zeuge Bä. das vom Zeugen Bo. erworbene Fahrzeug diesem zur Reparatur übergeben. Diese Reparaturarbeiten hätten die Zeugen Bo. und Re. am 30.04.2016 in A.’s Autohalle gemeinschaftlich durchgeführt. Dabei sei das Fahrzeug zunächst gründlich inspiziert und eine Stunde lang daran herumgeschraubt worden. Insbesondere seien die Sicherungen und Relais überprüft worden. Im Rahmen der Arbeiten seien die beiden Zeugen zu dem Schluss gekommen, dass wahrscheinlich die Benzinpumpe kein Benzin von hinten nach vorne zum Motor befördere. Die Zeugen Bo. und Re. seien deshalb übereingekommen, die Benzinpumpe zu überprüfen. Zu diesem Zeitpunkt habe das Auto auf einer Rampe vor der Halle gestanden. Der Zeuge Re. habe dann den Zeugen Bo. angewiesen, sich auf den Fahrersitz zu setzten und Zündung sowie Motor durch Drehen des Schlüssels im Zündschloss durchgehend immer wieder anzumachen. Das Auto sei jeweils gestartet, jedoch wegen des Defektes immer wieder ausgegangen. Der Zeuge Re. habe dann die Benzinpumpe über sein Ohr gehalten, um zu verifizieren, ob diese durch Stromfluss Geräusche mache. Der Zeuge Bo. sei auf dem Fahrersitz verblieben und habe den Zündschlüssel immer wieder hin und her gedreht und den Motor so immer wieder gestartet. Das Lenkrad sei nicht arretiert gewesen. Es sei eine Probefahrt angedacht gewesen, wenn der Motor wieder laufe. Mit Billigung des Zeugen Bo. habe der Zeuge Re. schließlich eine externe Autobatterie an die Benzinpumpe gehalten. Zu diesem Zeitpunkt habe der Zeuge Bo. auf dem Fahrersitz gesessen. Es sei bei kurz laufendem Motor sofort zu Funkenflug und einer Stichflamme gekommen. Das Feuer habe sich schnell auf das gesamte Kraftfahrzeug und schließlich die gesamte Gewerbehalle ausgeweitet.

Durch den Brand sei die gesamte kaufmännische Betriebseinrichtung sowie die Lagerausstattung der Versicherungsnehmerin der Klägerin im Wert von insgesamt 84.605,00 Euro zerstört worden. Die Klägerin habe ihre Versicherungsnehmerin im Rahmen einer Abfindungsvereinbarung mit pauschal 50.000,00 Euro entschädigt. Weiterhin sei ein Vorräteschaden im Wert von 215.771,00 Euro entstanden, den die Beklagte mit pauschal 215.000,00 Euro reguliert habe. Darüber hinaus sei ein regulierter Feuerbetriebsunterbrechungsschaden in Höhe von 85.000,00 Euro entstanden. Für die Ermittlung des Betriebsunterbrechungs- und Inhaltsschadens habe der Sachverständige E. mit Rechnung vom 18.07.2016, 10.537,45 Euro in Rechnung gestellt.

Die Klägerin vertritt der Auffassung, der Beklagte habe ihr Schadensersatz in Höhe von 350.000,00 Euro aus übergegangenem Recht nach § 718 StVG in Verbindung mit § 86 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz zu leisten. Ihr stehe nach § 115 Versicherungsvertragsgesetz ein Direktanspruch gegen den Beklagten zu, da der Schaden durch den Gebrauch des Fahrzeugs entstanden sei und der Beklagte deshalb nachdem dem Versicherungsverhältnis zugrunde gelegten allgemeinen Bedingungen für die KFZ-Versicherung einstandspflichtig sei. Weiterhin verlangt sie die Zahlung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 4.251,75 Euro.

Die Klägerin beantragt:

1. Den Beklagten zu verurteilen, an sie 360.537,45 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.04.2017 zu zahlen.

2. Den Beklagten zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 4.251,75 Euro zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, dass der tatsächliche Hergang, der zu dem Brand geführt habe, nicht geklärt sei. Wie sich aus der Ermittlungsakte ergebe, existierten mindestens 4 unterschiedliche Versionen, wie der Brand entstanden sei. Darüber hinaus müsse ein elektrischer Primärdefekt ausgeschlossen werden, da der Motor des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Brandentstehung nicht betrieben worden sei und offenbar auch keine elektrischen Verbraucher in Betrieb gewesen sein. Zur Begründung verweist der Beklagte auf ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten (vergl. BI. 208 ff. d. A.). Ein zufälliges Kurzschlussgeschehen an der Steckverbindung des Pumpenmoduls im Zusammenhang mit den Arbeiten des Zeugen Re. scheide als mögliche Brandursache aus, da dieser Stromkreis über eine vorgeschaltete Schmelzsicherung verfüge. Diese werde unter solchen Konditionen ausgelöst und die Spannungsversorgung vor einem brandkritischen Zustand dauerhaft unterbrochen. Ein Direktanspruch der Klägerin gegen ihn, nach § 115 Versicherungsvertragsgesetz sei nicht gegeben, da sich der Unfall nicht im öffentlichen Verkehrsraum ereignet habe. Zu dem scheide eine Haftung nach §§ 7,18 StVG aus, da bereits nicht feststehe, dass der Zeuge Bo. Fahrzeugführer im Sinne des § 18 StVG gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die vorgetragenen Schriftsätze nebst Anlagen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden, verwiesen.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Re. und Bo.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 31.07.2018 und vom 18.12.2018 Bezug genommen. Ferner wurden die Akten 3113 Js 18203/16 der Staatsanwaltschaft Mainz sowie 1 O 254/16 des Landgerichts Mainz beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt der geltend gemachte Zahlungsanspruch in Höhe von 360.537,45 Euro zu.

Ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz in Höhe von 350.000,00 Euro gemäß § 7 Abs. 1 StVG, §§ 86 Abs. 1,115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WG wegen Zerstörung der technischen und kaufmännischen Betriebseinrichtung und der Vorräte der R. Traiding GmbH sowie deren Betriebsunterbrechung aufgrund des Brandes aus abgetretenem Recht ist nicht gegeben. Der Schaden ist nicht bei Betrieb eines Kraftfahrzeugs erfolgt. Eine im Rahmen des von der Klägerin vorgetragenen Reparaturvorgangs erfolgte Rechtsgutsverletzung, lässt sich nicht mit dem Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG vereinbaren, da sich keine verkehrstypische Gefahrenlage verwirklicht hat. Ausgangspunkt für die Beurteilung des Schutzzwecks der Norm ist der verkehrstechnische Betriebsbegriff. Vor dem verkehrstechnischen Betriebsbegriff wurde von der Rechtsprechung der maschinentechnische Betriebsbegriff angewandt. Hiernach befindet sich ein Fahrzeug im Betrieb, wenn die von dem Fahrzeug ausgehenden motorischen Kräfte weiter mittelbar oder unmittelbar auf das Fahrzeug selbst oder einer seiner Betriebseinrichtungen einwirken (RG, Urteil vom 12.11.1928, VI 173/28). Anknüpfungspunkt der Schutzrichtung dieses Verständnisses des Betriebs eines Fahrzeugs waren die neuen Gefahren, die von der damaligen Innovation „Kraftfahrzeug“ ausgingen. Das Risiko einer Maschine, die zu einer erheblichen Kraftentwicklung und dem Erreichen einer hohen Geschwindigkeit in der Lage ist und über die der Verwender mitunter schwer die Kontrolle behalten kann, sollte eingefangen werden (BGH, Urteil vom 09.01.1959 -VI ZR 202/57).

Dieser Auffassung kann für den modernen Straßenverkehr nicht mehr gefolgt werden. Nachdem verkehrstechnischen Betriebsbegriff ist ein Fahrzeug in Betrieb, solange es sich im Verkehr befindet und andere Verkehrsteilnehmer gefährdet (BHHJ/Burmann, 25. Auf]. 2018, StVG § 7 Rn. 7 – 11). Dieses Verständnis bildet eine Abkehr von dem Motor des Kraftfahrzeugs als grundlegendem Bezugspunkt und konzentriert sich aufgrund der Komplexität der heutigen Verkehrsabläufe auf die Gefahren, die von dem Kraftfahrzeug als Ganzem ausgehen. Ein bestimmtes Ereignis wird auch dann dem Betrieb eines KFZ zugerechnet, wenn es einen nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung stand, ohne, dass es darauf ankommt, ob der Motor als Kraftquelle auf das Fahrzeug eingewirkt hat (Greger/Zwickel in Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, § 3 Rn. 51). Ausschlaggebend ist das Fortwirken, der durch das Kraftfahrzeug in den Verkehrsraum getragenen Gefahren (BGH, Urteil vom 09.01.1959 – VI ZR 2002/57). Der Umstand, dass das Fahrzeug des Zeugen Bä. vor der Gewerbehalle stand und sich noch auf dem Privatgrundstück B. Weg … in … H. befand, steht einer Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG entgegen der Ansicht des Beklagten daher nicht entgegen. Während die verkehrstechnische Sichtweise zuerst einen Betrieb bei auf Privatgrundstücken ordnungsgemäß abgestellten Fahrzeugen verneinte (BGH, Urteil vom 27.05.1957 – VI ZR 95/74; OLG Nürnberg, Urteil vom 03.07.1997 – 8 U 390/97) ist nach heutiger Auffassung der Begriff des Betriebs eines Kraftfahrzeugs weit auszulegen (BGH, Urteil vom 21.01.2014 – VI ZR 253/13). Ausreichend ist demnach, dass bei einer wertenden Betrachtungsweise das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug zumindest mitgeprägt worden ist. Hier stand das Fahrzeug des Zeugen Bä. im Mittelpunkt des Reparaturgeschehens und hat daher den Schadensverlauf mitgeprägt.

Dieser Umstand reicht für sich genommen allerdings nicht aus, um die strenge Gefährdungshaftung nach § 7 Abs. 1 StVG zu begründen. Die Reparaturarbeiten und der hieraus entspringende Schadensverlauf, wie er hier von der Klägerin vorgetragen wurde, sind bei einer Betrachtung im Lichte des Schutzzwecks der Norm nicht der Betriebsgefahr des Fahrzeugs zuzurechnen. Die Vorschrift möchte nicht jede von dem Gegenstand „Kraftfahrzeug“ ausgehende Gefahr erfassen, sondern nur diejenigen Gefahren, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll (BGH, Urteil vom 31.01.2012 – VI ZR 43/11). Dem entsprechend muss eine Prüfung dahingehend erfolgen, ob der geltend gemachte Schaden innerhalb des Schutzzwecks der Vorschrift liegt und, ob es sich um Folgen handelt, die in den Bereich der Gefahren fallen, um deren Willen die Rechtsnorm erlassen worden ist (BGH, Urteil vom 03.07.1962 – VI ZR 184/61). Entscheidend ist ausgehend von der verkehrstechnischen Interpretation des § 7 Abs. 1 StVG, ob sich eine Gefahr verwirklicht hat, die von dem Kraftfahrzeug Kraft seiner Eigenschaft als einer dem Verkehr dienenden Maschine ausgeht (BGH, Urteil vom 27.05.1975 – VI ZR 95/74). Sobald es an einem Zusammenhang mit der Bestimmung des Kraftfahrzeugs als Beförderungsmittel im Verkehr fehlt und es beispielsweise nur noch als Arbeitsmaschine eingesetzt wird, verwirklicht sich gerade keine von einem Kraftfahrzeug bei seinem bestimmungsgemäßen Gebrauch ausgehende Gefahr (vergl. BGH a. a. O.). Dies ist selbst dann der Fall, wenn der Motor des Kraftfahrzeugs in Gang gesetzt worden ist, solange dies zu anderen Zwecken als zur Fortbewegung geschieht (BGH, Urteil vom 10.01.1961 -VI ZR 57/60).

Das Anlassen des Fahrzeugs im Rahmen der Reparatur diente hier grundsätzlich der Instandsetzung des Fahrzeugs als Beförderungsmittel, es war in diesem Moment aber nicht als Solches zu gebrauchen, seine Eigenschaft als Verkehrsmittel war für die Zeit der Reparatur aufgehoben. Die reine Absicht, das Fahrzeug nach Erfolg der Reparatur im Rahmen einer Probefahrt als Fortbewegungsmittel zu nutzen, darf nicht als Auslöser für die Gefährdungshaftung genommen werden. Im Übrigen ist die Klägerin für ihre Behauptung, unmittelbar im Anschluss an die Reparatur sei eine Probefahrt geplant gewesen, beweisfällig geblieben. Der Zeuge Re. hat in seiner Vernehmung bekundet, dass von einer Probefahrt nicht die Rede gewesen sei. Der Zeuge Bo. hat sogar ausgesagt, dass das Auto die ganze Zeit aus gewesen sei. Nur, wenn er eben kurz die Zündung gedreht habe. Er habe immer nur die erste Zündstufe betätigt, das Auto sei nicht angelassen worden.

Ein Fahrzeug, das zur Wiederherstellung der Eigenschaften als Verkehrs- und Transportmittel in einer Werkstatt repariert werden soll, ist sozusagen „aus dem Verkehr gezogen“ worden, um daran Arbeiten vornehmen zu lassen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.09.2010 -1 – 1 U 6/10). Erst nach einer erfolgreichen Reparatur hätte das Fahrzeug eine solche Eigenschaft wiedererlangt. Daran fehlt es hier. Auch ein Fortwirken einer bereits bei vorhergehenden Fährbetrieben entstandene Gefahr, die in den Reparaturbetrieb hineingewirkt hat, wird von der Klägerin nicht dargelegt. Die Behauptung eines Primärdefektes an der Benzinpumpe ist nicht ausreichend um einen Anspruch nach § 7 StVG zu begründen. Ein Schaden, der allein auf einem Fehler des Fahrzeugs oder auf ein Versagen seiner Vorrichtungen beruht, genügt noch nicht, um die strenge Gefährdungshaftung nach § 7StVG auszulösen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.06.1995 – 1 U 153/94). Es bedarf hier wiederum der Verwirklichung verkehrstypischer Vorgänge. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Es ließe sich nicht rechtfertigen, eine Gefährdungshaftung anzunehmen, nur, weil eine Maschine oder ein Teil einer Maschine, die zufälligerweise das Tatbestandsmerkmal eines Kraftfahrzeuges erfüllt, einen Schaden verursacht, diesem Schaden aber kein Bezug zum Verkehr zugrunde lag.

Ferner spricht auch der Umstand, dass nach dem klägerischen Vortrag das Fahrzeug vom Zeugen Bä. zur Reparatur, also im Rahmen eines Werkvertrages bzw. kaufrechtlichem Gewährleistungsverhältnisses, an den Zeugen Re. übergeben wurde, gegen eine Anwendbarkeit des § 7 Abs. 1 StVG. Es fiel in den Verantwortungsbereich der Zeugen Re. und Bo., in welcher Form und mit welcher Sorgfalt sie ihren kaufvertraglichen- bzw. werkvertraglichen Pflichten nachkamen. Eine Annahme eines Falls des § 7 StVG würde in Fällen der unsachgemäßen Reparatur eine Umgehung der vertraglichen bzw. deliktischen Risikoverteilung bedeuten (OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.09.2010 -1 – 1 U 6/10).

Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Schadensersatz in Höhe von 350.000,00 Euro ergibt sich ebenfalls nicht aus § 18 Abs. 1 StVG in Verbindung mit §§ 86 Abs. 1, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WG. Wie bereits oben ausgeführt, besteht kein Direktanspruch nach § 115 WG, da der Schaden nicht bei Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden ist. Es fehlt an der Verwirklichung von verkehrstypischen Gefahren. Zur Begründung wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Im Übrigen steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht fest, dass der Zeuge Bo. zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses Fahrer des streitgegenständlichen Kraftfahrzeugs gewesen ist. Zwar hat der Zeuge Re. bekundet, dass der Zeuge Bo. sich auf dem Fahrersitz befunden habe und am Zündschloss gewesen sei. Ob der die Zündung betätigt habe oder nicht, könne er heute nicht mehr sagen. Dem gegenüber hat der Zeuge Bo. bekundet, er sei sich sicher, dass er zu dem Zeitpunkt als das Feuer ausgebrochen sei, nicht am Auto gewesen sei. Beide Zeugen haben ein Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits, da sie sich selbst Regressansprüchen ausgesetzt sehen. In dem gegen die beiden Zeugen gerichteten Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Mainz Az. 3113 Js 18203/16, ist es zu unterschiedlichen Aussagen gekommen, wie es zu dem Unfallereignis gekommen ist. Beide Zeugen haben im Verfahren 1 O 254/16 wiederum unterschiedlich bezüglich des Ablaufs des Unfallereignisses ausgesagt. Bei Gesamtwürdigung aller Umstände ist die Kammer davon überzeugt, dass die Aussage des Zeugen Bo. der Wahrheit entspricht. Dabei verkennt die Kammer nicht, wie oben ausgeführt, dass auch dieser Zeuge ein erhebliches Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits hat. Bei Gesamtwürdigung aller Aussagen und deren chronologischer Reihenfolge, ist die Kammer jedoch davon überzeugt, dass der Zeuge Re. in einem abgetrennten Bereich der vom Zeugen Bo. angemieteten Räumlichkeiten am Schadensort selbstständig eine Autowerkstatt betrieben hat, ohne KFZ-Mechaniker zu sein und ohne den Kunden für die jeweiligen Reparaturen die Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen. Dieser Umstand sollte durch die von den Zeugen Bo. und Re. zunächst im Ermittlungsverfahren gemachten Einlassungen vertuscht werden. Danach steht nicht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Zeuge Bo. Fahrer im Sinne des § 18 StVG des bei dem Beklagten versicherten Kfz s zum Zeitpunkt der Entstehung des Brandes gewesen ist.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ferner kein Schadensersatzanspruch in Höhe von 350.000,00 Euro nach § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit §§ 86 Abs. 1, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WG zu. Die Voraussetzung eines Direktanspruchs nach § 115 WG sind nicht gegeben, da der Beklagte für die Zeugen Bo. oder Re. nicht einstandspflichtig ist. Gegen den Zeugen Bo. stand der Versicherungsnehmerin der Klägerin bereits kein Anspruch zu, der im Rahmen des § 86 Abs. 1 WG an die Klägerin hätte abgetreten werden können. Selbst, wenn der Zeuge Bo. die Zündung ein- und ausgeschaltet haben sollte, hat die Klägerin bereits nicht dargelegt, inwiefern das damit verbundene Starten des Motors für die Brandentstehung ursächlich gewesen sein soll. Gegen den Zeugen Re. steht der Versicherungsnehmerin der Klägerin zwar ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zu. Aufgrund des im Ermittlungsverfahren 3113 Js 18203/16 der Staatsanwaltschaft Mainz eingeholten Gutachtens des Sachverständigen K. (vergl. BI. 201 ff. d. A. 3113 Js 18203/16 der STA Mainz) sowie den Aussagen der Zeugen Re. und Bo. steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Brand durch die Arbeiten des Zeugen Re. an der Benzinpumpe des bei dem Beklagten versicherten Kfz’s entstanden ist. Der Zeuge Re. ist jedoch nicht in den Versicherungsschutz des zwischen dem Zeugen Bä. und dem Beklagten geschlossenen Versicherungsvertrages mit einbezogen. Zwar lag in der Reparatur ein Gebrauch des Fahrzeugs im Sinne des § 1 PflVG und Punkt A.1.1.1 AKB. Die mit seiner körperlichen Beteiligung einhergehenden besonderen Gefahren des Fahrzeugs haben sich im Rahmen des Reparaturvorgangs durch die Brandentstehung verwirklicht. Bei dem Zeugen Re. handelte es sich jedoch nicht um den Fahrer des Fahrzeugs nach § 1 PflVG und Punkt A.1.2c AKB im Moment der Brandentstehung. Fahrer in diesem Sinne ist derjenige, der eine nach der Verkehrsauffassung in seinen Aufgabenkreis hineinfallende Tätigkeit im Zusammenhang mit einer von ihm als Lenker des Fahrzeugs durchzuführenden oder durchgeführten Fahrt vornimmt (BGH, Urteil vom 10.07.1980 – IV a ZR 17/80). Eine typische Fahrerhandlung liegt danach nur vor, wenn sie in den gesetzlichen oder durch die Verkehrsauffassung bestimmten Aufgabenkreis eines Kraftfahrers fällt und in diesem Zusammenhang mit einer bestimmten Fahrt geschieht (vergl. BGH a. a. O.). Der Zeuge Re. befand sich im Moment der Brandentstehung nach eigener Aussage auf dem Rücksitz des Fahrzeugs und war daher bereits nicht Lenker des Fahrzeugs. Darüber hinaus erfolgten die Reparaturarbeiten nicht im Zusammenhang mit einer bestimmten Fahrt. Die Reparatur einer Benzinpumpe gehört zu dem bereits nicht zu den Reparaturen, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Fahrertätigkeit stehen.

Aus denselben Gründen ist auch ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz in Höhe von 350.000,00 Euro nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 306d, 25, 26, 27 StGB in Verbindung mit §§ 86 Abs. 1,115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WG nicht gegeben. Wie oben ausgeführt, liegen die Voraussetzungen nach § 115 WG nicht vor, da der Zeuge Re. nicht Fahrer des Peugeots 206 im Sinne des § 1 PflVG und Punkt A. 1.2c AKB im Moment der Brandentstehung war. Bezüglich des Zeugen Bo. ist bereits nicht hinreichend dargelegt, dass dieser ebenfalls eine fahrlässige Brandstiftung nach § 306d StGB begangen hat. Es fehlt an einem hinreichenden Sachvortrag, durch welche Handlung der Zeuge Bo. kausal zur Brandentstehung beigetragen haben soll. Eine Zurechnung des Verhaltens des Zeugen Re. nach § 830 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB, ist ebenfalls nicht hinreichend dargelegt worden. Allein das Einverständnis eines Beteiligten mit dem gefährlichen Tun eines anderen Beteiligten, reicht für die Bejahung seiner Haftung nicht aus (BGH, Urteil vom 23.02.1988 -VI ZR 151/87). Im vorliegenden Fall begründet die von der Klägerin behauptete Billigung der Reparaturmaßnahmen des Zeugen Re. durch den Zeugen Bo. daher keine Haftung.

Da es an einem Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten fehlt, scheitert auch ein Schadensersatzanspruch auf Ersatz der zur Feststellung der durch den Brand entstandenen Schäden eingeholten Sachverständigengutachtens nach § 85 WG in Höhe von 10.537,45 Euro.

Mangels Hauptanspruch besteht ebenfalls kein Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

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