Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- LG Köln: Versicherungsmakler muss erhebliche Courtage-Vorschüsse nach Stornierungen zurückzahlen – Kein Ausgleichsanspruch als Handelsvertreter
- Ausgangssituation: Die Vertragsbeziehung zwischen Versicherungsgesellschaft und Versicherungsmakler und die Courtage-Vereinbarung
- Der Streitpunkt: Massenhafte Stornierungen und die Forderung nach Courtage-Rückzahlung nach dem J-Gruppen-Zusammenbruch
- Die Klage der Versicherungsgesellschaft: Rückforderung des Soll-Saldos aus dem Kontokorrentkonto
- Die Verteidigung und Gegenansprüche des Versicherungsmaklers: Widerspruch, Schadensersatz und Ausgleichsanspruch als vermeintlicher Handelsvertreter
- Die Entscheidung des Landgerichts Köln: Versicherungsmakler zur Zahlung verurteilt, Widerklage vollumfänglich abgewiesen
- Die Begründung des Gerichts: Vertragsgemäße Courtage-Rückforderung und kein Anspruch als Handelsvertreter
- Fazit: Vertragliche Vereinbarungen zur Courtage-Rückzahlung und Status als Makler gaben den Ausschlag
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Worin besteht der grundlegende Unterschied zwischen einem Versicherungsmakler und einem Versicherungsvertreter?
- Was bedeutet Stornohaftung bei Versicherungsverträgen und welche Konsequenzen hat sie für den Makler?
- Unter welchen Umständen kann ein Versicherungsmakler einen Ausgleichsanspruch wie ein Handelsvertreter geltend machen?
- Welche Bedeutung hat ein Kontokorrentkonto in der Geschäftsbeziehung zwischen Versicherungsgesellschaft und Versicherungsmakler?
- Welche Rechte und Pflichten hat ein Versicherungsmakler im Falle massenhafter Stornierungen von Versicherungsverträgen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 8 O 158/15 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Köln
- Datum: 06.03.2018
- Aktenzeichen: 8 O 158/15
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eine international tätige Lebensversicherungsgesellschaft mit einer Niederlassung in Deutschland.
- Beklagte: Ein bundesweit operierender Versicherungsmakler.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Klägerin und der Beklagte schlossen Verträge über Courtage und Vermittlung. Nach Stornierungen von Versicherungsverträgen, für die der Beklagte bereits Courtage erhalten hatte, entstand ein erheblicher Sollsaldos auf seinem Kontokorrentkonto bei der Klägerin. Die Klägerin forderte die Rückzahlung des Sollsaldos, während der Beklagte dies ablehnte und Widerklage auf Schadensersatz bzw. Abfindung sowie auf Erteilung eines Buchauszuges erhob.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob die Lebensversicherungsgesellschaft die Rückzahlung von Courtage-Vorschüssen aufgrund von Stornierungen gemäß vertraglicher Vereinbarungen verlangen konnte und ob der Versicherungsmakler demgegenüber Ansprüche als Handelsvertreter oder auf Schadensersatz hatte.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Landgericht Köln verurteilte den Beklagten zur Zahlung des geforderten Betrages nebst Zinsen an die Klägerin und wies die Widerklage des Beklagten vollumfänglich ab. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- Begründung: Das Gericht befand die Klage als begründet, da der Anspruch der Klägerin auf Ausgleich des Sollsaldos aus den vertraglichen Vereinbarungen folgte und die Abrechnungen als anerkannt galten, da der Beklagte keine substantiierten Widersprüche erhoben hatte. Die Widerklage wurde abgewiesen, da dem Beklagten weder ein Anspruch auf Schadensersatz noch ein Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB zustand, weil er als Versicherungsmakler und nicht als Handelsvertreter einzuordnen war.
Der Fall vor Gericht
LG Köln: Versicherungsmakler muss erhebliche Courtage-Vorschüsse nach Stornierungen zurückzahlen – Kein Ausgleichsanspruch als Handelsvertreter
Ein Urteil des Landgerichts Köln (Az.: 8 O 158/15) vom 06.03.2018 hat weitreichende Klarstellungen zur Rückforderung von Courtage-Vorschüssen bei Stornierungen von Lebensversicherungsverträgen und zur Abgrenzung zwischen Versicherungsmaklern und Handelsvertretern getroffen.

Im Kern ging es um die Frage, ob eine Lebensversicherungsgesellschaft von einem als Versicherungsmakler tätigen Geschäftspartner die Rückzahlung beträchtlicher Provisionsvorschüsse verlangen kann, die aufgrund von Vertragskündigungen fällig wurden. Der Makler wiederum machte Gegenansprüche geltend, unter anderem einen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB, wie er typischerweise Handelsvertretern zusteht, sowie Schadensersatz.
Ausgangssituation: Die Vertragsbeziehung zwischen Versicherungsgesellschaft und Versicherungsmakler und die Courtage-Vereinbarung
Die Auseinandersetzung hatte ihre Wurzeln in einer Geschäftsbeziehung, die am 01.05.2004 begann. An diesem Tag schlossen eine international agierende Lebensversicherungsgesellschaft mit deutscher Niederlassung und ein bundesweit operierender Versicherungsmakler eine sogenannte „Courtage-Zusage“. Diese Zusage wurde durch einen „Vermittlungsvertrag auf Basis einer Vertriebskoordination“ ergänzt. Ein wesentlicher Bestandteil der Courtage-Zusage waren die „Rahmenbedingungen und allgemeine Courtage-Grundsätze“.
Diese Grundsätze enthielten entscheidende Klauseln für den späteren Streit. Unter Ziffer 4 war die Stornohaftung geregelt: Bereits ausgezahlte Abschluss-Courtagen unterlagen einem Rückforderungsanspruch der Versicherungsgesellschaft, falls die vermittelten Verträge innerhalb eines festgelegten Stornohaftungszeitraums gekündigt wurden. Die Höhe der Rückforderung wurde nach einem bestimmten Schlüssel berechnet, und besonders relevant: Der Grund der Stornierung war dabei ausdrücklich unerheblich.
Gemäß Ziffer 6 der Vereinbarung wurde für den Versicherungsmakler ein Kontokorrentkonto geführt. Über dieses Konto wurden sämtliche Buchungen, also Gutschriften für verdiente Courtagen und Belastungen durch Rückforderungen, verrechnet. Die Richtigkeit eines Rechnungsabschlusses galt als vom Makler anerkannt, wenn er nicht innerhalb von sechs Wochen nach Zugang schriftlich widersprach. Der zusätzliche „Vermittlungsvertrag“ sah vor, dass der Versicherungsmakler für Geschäfte, die von ihm betreute Untervermittler einreichten, eine sogenannte Overhead-Courtage erhielt.
Der Streitpunkt: Massenhafte Stornierungen und die Forderung nach Courtage-Rückzahlung nach dem J-Gruppen-Zusammenbruch
Die Zusammenarbeit zwischen der Versicherungsgesellschaft und dem Versicherungsmakler war zunächst erfolgreich, und der Makler generierte erhebliche Jahresumsätze für die Gesellschaft. Parallel zu seiner Tätigkeit für die Klägerin war der Makler auch mehrere Jahre als gebundener Agent für die J AG tätig. Anfang 2014 kam es jedoch zu einem einschneidenden Ereignis: dem Zusammenbruch der J-Gruppe infolge staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen. Diese Entwicklung führte zu einer Vielzahl von Stornierungen von Versicherungsverträgen, für die der Versicherungsmakler von der Klägerin Courtage erhalten hatte.
Die finanziellen Auswirkungen auf das Kontokorrentkonto des Maklers waren dramatisch. Hatte das Konto Ende 2013 noch ein Guthaben (Habensaldo) aufgewiesen (ca. 5.500 EUR am 17.01.2014), rutschte es binnen kürzester Zeit tief ins Minus (Sollsaldos von über 24.000 EUR am 31.01.2014, über 197.000 EUR am 14.02.2014 und über 207.000 EUR am 14.03.2014).
Gespräche zwischen den Parteien über eine Rückführung dieses Soll-Saldos scheiterten. Ein Angebot der Versicherungsgesellschaft, den Betrag in Raten zurückzuzahlen, lehnte der Versicherungsmakler ab. Daraufhin kündigte die Versicherungsgesellschaft mit Schreiben vom 23.04.2014 die Vertragsverhältnisse: die Courtage-Zusage mit sofortiger Wirkung und den Vermittlungsvertrag zum 31.10.2014. Wichtig für den weiteren Verlauf: Anfallende Folge- bzw. Bestandsprovisionen des Maklers wurden ihm auch nach der Kündigung fortlaufend gutgeschrieben und mit dem Soll-Saldo verrechnet.
Die Klage der Versicherungsgesellschaft: Rückforderung des Soll-Saldos aus dem Kontokorrentkonto
Die Versicherungsgesellschaft machte schließlich gerichtlich die Rückzahlung des offenen Saldos geltend. Bei Klageerhebung am 02.04.2015 belief sich die Forderung auf 190.385,89 EUR. Durch die fortlaufende Verrechnung von Bestandsprovisionen, die von beiden Seiten im Laufe des Verfahrens als Teilerledigung anerkannt wurde, reduzierte sich der streitgegenständliche Betrag bis zur letzten mündlichen Verhandlung am 23.01.2018 auf 149.513,76 EUR.
Die Versicherungsgesellschaft argumentierte, der Makler habe alle Abrechnungen erhalten und nur vereinzelt widersprochen. Er sei als unabhängiger Makler tätig gewesen, nicht weisungsgebunden oder angestellt. Die Courtage sei teilweise als Vorschuss gezahlt worden und unterliege daher im Stornohaftungszeitraum der vertraglich vereinbarten Rückforderung. Die Kündigung der Verträge sei für die Rückforderung irrelevant, zumal Bestandsprovisionen ja weiterhin verrechnet würden. Von Seiten des Maklers monierte einzelne Abrechnungsposten seien korrekt.
Die Verteidigung und Gegenansprüche des Versicherungsmaklers: Widerspruch, Schadensersatz und Ausgleichsanspruch als vermeintlicher Handelsvertreter
Der Versicherungsmakler beantragte die Abweisung der Klage und erhob seinerseits eine Widerklage sowie eine Hilfsaufrechnung mit eigenen Forderungen. Er behauptete, gegen alle Abrechnungen und auch gegen die Kündigung Widerspruch bzw. Einspruch erhoben zu haben. Er sei zwar als selbstständiger Maklerbetreuer und Vertriebskoordinator für die Versicherungsgesellschaft tätig gewesen, habe aber faktisch wie ein Angestellter gehandelt und sei weisungsgebunden gewesen. Es habe sich um ein „Sondergeschäft“ gehandelt, nicht um ein klassisches Maklergeschäft.
Die Stornierungen seien, so der Makler, von der Versicherungsgesellschaft bzw. deren Kunden zu vertreten. Er werde als Einziger für die finanziellen Folgen des „J-Sondergeschäfts“ belangt, obwohl er diese nicht verursacht habe. Die Abrechnungen der Versicherungsgesellschaft seien zudem fehlerhaft und nicht nachvollziehbar.
Hilfsweise rechnete der Makler mit einer umfangreichen Forderung von 1.710.718 EUR auf, die er auch im Wege der Widerklage (Antrag zu 1) geltend machte. Diese Summe begründete er als Schadensersatz- bzw. Abfindungsanspruch gemäß § 89b HGB (Handelsvertreterausgleich). Er warf der Versicherungsgesellschaft vor, sich sein Vertriebsgeschäft und seine Partner zu Eigen gemacht zu haben, ohne ihn angemessen zu beteiligen oder abzufinden. Zudem habe sie ihm durch eine unbegründete Kündigung und Rufschädigung die Geschäftsgrundlage entzogen und seine Einnahmen vorsätzlich geschädigt. Der Schaden setze sich aus entgangenen Bestandsprovisionen, einer Honorierung seiner Betreuungsleistung, Geschäfts- und Rufschädigung sowie Schmerzensgeld für psychische Erkrankungen zusammen. Er bezifferte diesen Anspruch pauschal mit dem Fünffachen seiner durchschnittlichen Jahresumsätze von 342.143,60 EUR.
Mit einem weiteren Widerklageantrag (zu 2) forderte der Versicherungsmakler die Verurteilung der Versicherungsgesellschaft zur Erteilung eines detaillierten Buchauszugs gemäß § 87c Abs. 2 HGB. Dieser Auszug sollte alle von ihm vermittelten Verträge und Geschäftstätigkeiten seit dem 28.05.1998 bis zum Ende des Verfahrens umfassen und ihm ermöglichen, seinen behaupteten Ausgleichsanspruch genauer zu berechnen.
Die Versicherungsgesellschaft wies die Gegenansprüche zurück. Der Makler sei eben Makler und kein Handels- oder Versicherungsvertreter, weshalb ihm kein Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB zustehe. Die Kündigung sei zudem berechtigt gewesen. Der Schadensersatzanspruch sei unbegründet und nicht ausreichend dargelegt (unsubstantiiert). Ein Buchauszugsanspruch nach § 87c Abs. 2 HGB stehe einem Makler ebenfalls nicht zu und sei überdies teilweise verjährt. Der Makler sei nicht berechtigt, Ansprüche Dritter geltend zu machen, und die Versicherungsgesellschaft sei nicht die richtige Adressatin für Ansprüche gegen andere Gesellschaften. Die geforderte Auskunft sei im Übrigen bereits durch die laufenden Abrechnungen erteilt worden.
Die Entscheidung des Landgerichts Köln: Versicherungsmakler zur Zahlung verurteilt, Widerklage vollumfänglich abgewiesen
Das Landgericht Köln gab der Klage der Versicherungsgesellschaft in vollem Umfang statt und verurteilte den Versicherungsmakler zur Zahlung von 149.513,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.04.2014. Die Widerklage des Maklers wurde vollumfänglich abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden dem Versicherungsmakler auferlegt. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Begründung des Gerichts: Vertragsgemäße Courtage-Rückforderung und kein Anspruch als Handelsvertreter
Das Gericht sah die Klage der Versicherungsgesellschaft als begründet und die Widerklage des Versicherungsmaklers als unbegründet an.
Zur Klage: Anerkannte Abrechnungen und vertragliche Stornohaftung entscheidend
Der Anspruch der Versicherungsgesellschaft auf Ausgleich des Soll-Saldos in Höhe von 149.513,76 EUR ergab sich laut Gericht direkt aus den Ziffern 4 und 6 der „Courtage-Zusage“ vom 01.05.2004. Das Gericht stellte fest, dass das Kontokorrentkonto des Maklers Anfang 2014 durch eine Vielzahl von Stornorückbuchungen ins Soll geraten war, was die Versicherungsgesellschaft im Einzelnen substantiiert, also nachvollziehbar und detailliert, dargelegt hatte.
Ein entscheidender Punkt war, dass der Versicherungsmakler nach Überzeugung des Gerichts keine substantiierten Widersprüche gegen die konkreten, erheblichen Sollstellungen enthaltenden Abrechnungen (insbesondere vom 31.01.2014, 14.02.2014 und 14.03.2014) vorgebracht hatte. Gemäß der vertraglichen Vereinbarung (Ziffer 6 der Courtage-Zusage) galten die Abrechnungen daher als anerkannt, da er nicht fristgerecht schriftlich widersprochen hatte.
Selbst wenn man von formgerechten Widersprüchen ausgegangen wäre, so das Gericht, wäre die Forderung der Versicherungsgesellschaft begründet gewesen. Der Makler habe die Berechtigung der Rückforderungen inhaltlich nicht konkret bestritten. Einzelne „beispielhafte“ Beanstandungen des Maklers konnte die Versicherungsgesellschaft nachvollziehbar entkräften. Die Sollstellungen resultierten aus Rückforderungen anteiliger Abschluss-Courtagen wegen Stornierung von Verträgen innerhalb des vertraglichen Stornohaftungszeitraums, berechnet nach Ziffer 4 Abs. 2 der Vereinbarung. Nach dieser Klausel ist der Grund der Stornierung unerheblich. Auch die sogenannte Overhead-Courtage unterlag diesen Regelungen.
Das Gericht befand, dass die Ausführungen des Maklers zu seinen Verdiensten und angeblichen Verfehlungen der Versicherungsgesellschaft für die Frage der Courtage-Rückforderung rechtlich irrelevant seien. Die Rückforderung bereits gezahlter Courtage nach Stornierungen innerhalb des Stornohaftungszeitraums entsprach dem geschlossenen Vertrag. Der Makler sei als erfahrene Person im Versicherungsgeschäft mit der Handhabung von Courtagen und dem damit verbundenen Rückforderungsrisiko vertraut gewesen. Anhaltspunkte für eine ungerechtfertigte Risikoverteilung zu Lasten der Versicherungsgesellschaft oder Vorwürfe des Rechtsmissbrauchs oder eines Sittenverstoßes seien nicht ersichtlich. Das subjektive Gefühl des Maklers, ungerecht behandelt worden zu sein, sei rechtlich ohne Belang.
Der Zinsanspruch der Versicherungsgesellschaft ergab sich aus §§ 286, 288 BGB, da der Makler nach Ablehnung der angebotenen Ratenzahlung spätestens ab dem 23.04.2014 (Datum der Kündigung) in Zahlungsverzug geraten war.
Zur Widerklage (Zahlungsanspruch): Kein Schadensersatz und kein Handelsvertreterausgleich für Makler
Die Widerklage des Versicherungsmaklers wurde in allen Punkten abgewiesen.
- Kein Schadensersatzanspruch: Ein Schadensersatzanspruch aus einer schuldhaften Handlung der Versicherungsgesellschaft bestehe nicht. Die Kündigung der Verträge war berechtigt; ein Kündigungsgrund war bei beiden Verträgen entweder nicht erforderlich oder es wurde fristgerecht gekündigt.
Der behauptete Schaden von 1.710.718 EUR sei zudem der Höhe nach nicht substantiiert dargelegt worden. Die Berechnung, die pauschal auf dem Fünffachen des Jahresdurchschnittsumsatzes basierte, sei nicht nachvollziehbar begründet. Zudem seien verschiedene Positionen (entgangene Provisionen, Honorierung, Geschäfts-/Rufschädigung, Schmerzensgeld) undifferenziert vermengt worden. Eine Schätzung des Schadens durch das Gericht nach § 287 ZPO sei ohne hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte nicht möglich. - Kein Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB, da der Beklagte als Versicherungsmakler tätig war: Dies war ein zentraler Punkt der Entscheidung. Ein Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB, wie ihn Handelsvertreter nach Vertragsbeendigung unter bestimmten Voraussetzungen geltend machen können, stand dem Versicherungsmakler nach Auffassung des Gerichts nicht zu. Der Grund: Er war rechtlich als Versicherungsmakler (§ 93 HGB) und nicht als Handelsvertreter bzw. Versicherungsvertreter (§§ 92, 84 HGB) einzuordnen.
Das Gericht erläuterte die Abgrenzung: Ein Handelsvertreter ist ständig damit betraut, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen und unterliegt einer Bemühenspflicht (§ 84 HGB). Ein Handelsmakler hingegen vermittelt gewerbsmäßig Verträge, ohne von einem Unternehmer ständig damit betraut zu sein (§ 93 HGB). Entscheidend für die Abgrenzung sei das Gesamtbild der Verhältnisse, wobei die vertragliche Gestaltung und die tatsächliche Handhabung maßgeblich seien, nicht allein die von den Parteien gewählte Bezeichnung.
Das Gericht würdigte die „Courtage-Zusage“ klar als Maklervertrag. Ein gewichtiges Indiz dafür sei, dass der Vertrag ausdrücklich das Maklerrecht (§§ 93 ff. HGB) in Bezug nahm und die Bezeichnung „Makler“ verwendete. Vertraglich sei keine für einen Handelsvertreter typische Bemühenspflicht geregelt worden, und eine solche sei auch nicht in der Praxis gelebt worden. Der Versicherungsmakler habe sich selbst als unabhängiger „Finanz- und Versicherungsmakler“ bezeichnet und sei parallel für die J AG tätig gewesen, was ebenfalls für seine unabhängige Maklerstellung spreche. Dass die Versicherungsgesellschaft Courtage zahlte, sei kein Abgrenzungskriterium, da dies auch bei Maklern üblich sei.
Der ergänzende „Vermittlungsvertrag auf Basis einer Vertriebskoordination“ ändere diese Gesamtbetrachtung nicht. Er basiere auf der Courtage-Zusage und sehe lediglich eine „Overhead-Courtage“ für die Unterstützung von Untervermittlern vor, nicht aber eine Courtage für die Vermittlung von (Unter-)Maklern an die Versicherungsgesellschaft selbst (was eher einem Vertretergeschäft entspräche).
Die Frage, ob der Versicherungsmakler selbstständig oder angestellt handelte, sei für die Unterscheidung zwischen Makler und Vertreter unerheblich, da beide typischerweise selbstständig tätig sind. Diese Unterscheidung wäre nur relevant für die Einordnung als Arbeitnehmer, was hier nicht zur Debatte stand. - Selbst bei Annahme einer Handelsvertretereigenschaft: Mangelnde Substantiierung des Anspruchs: Das Gericht führte weiter aus, dass selbst wenn man den Versicherungsmakler als Handelsvertreter einstufen würde, es an substantiierten Darlegungen zur Höhe des Ausgleichsanspruchs gemäß § 89b HGB fehle. Die vom Makler pauschal angesetzte Höhe (Fünffaches der Jahresvergütung) verkenne, dass § 89b Abs. 2 HGB die Höchstgrenze des Ausgleichs grundsätzlich auf eine Jahresprovision (bzw. bei Versicherungsvertretern auf drei Jahresprovisionen gemäß § 89b Abs. 5 S. 2 HGB) begrenzt. Der Makler hätte die konkrete Berechnung nach § 89b Abs. 1 HGB unter Berücksichtigung aller Umstände darlegen müssen, was er selbst nach einem entsprechenden Hinweis durch das Gericht versäumt habe. Die bloße Bezugnahme auf eine richterliche Schätzung nach § 287 ZPO helfe hier nicht, da es an grundlegendem substantiiertem Vortrag fehle. Der Makler hätte zur Ermittlung seines Anspruchs eine sogenannte Stufenklage erheben können (mit dem Buchauszugsanspruch nach § 87c Abs. 2 HGB als erster Stufe), wovon er aber keinen Gebrauch gemacht habe.
Zur Widerklage (Buchauszugsanspruch): Kein Anspruch für Makler und teilweise Verjährung
Auch der Widerklageantrag auf Erteilung eines Buchauszugs wurde als unbegründet abgewiesen. Ein Anspruch gemäß § 87c Abs. 2 HGB stehe dem Versicherungsmakler nicht zu, weil er – wie oben dargelegt – als Handelsmakler und nicht als Handelsvertreter anzusehen sei.
Zusätzlich wäre der Anspruch für den Zeitraum vor dem 31.12.2013 wohl verjährt (§§ 195, 199 BGB), da die Hemmung der Verjährung erst mit Erhebung der Widerklage am 28.03.2017 eintrat und der Anspruch auf Buchauszug mit der Erteilung der jeweiligen Abrechnung entsteht. Des Weiteren sei der Makler nicht berechtigt, Ansprüche für Dritte (eine genannte Zeugin) geltend zu machen, und die Versicherungsgesellschaft sei nicht die richtige Beklagte für Ansprüche, die eine andere Gesellschaft (T Management Service Ltd.) betreffen könnten. Schließlich, so das Gericht, habe der Makler die begehrte Auskunft ohnehin bereits durch die Übersendung der regelmäßigen Abrechnungen erhalten.
Fazit: Vertragliche Vereinbarungen zur Courtage-Rückzahlung und Status als Makler gaben den Ausschlag
Das Urteil des Landgerichts Köln unterstreicht die Bedeutung klarer vertraglicher Regelungen, insbesondere hinsichtlich der Stornohaftung und der Anerkennung von Kontokorrentabrechnungen. Die Einstufung des Versicherungsmaklers als Makler und nicht als Handelsvertreter hatte zur Folge, dass ihm die typischen Schutzrechte eines Handelsvertreters, wie der Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB, versagt blieben. Für Versicherungsmakler bedeutet dies, das Risiko von Courtage-Rückforderungen bei Stornierungen sehr ernst zu nehmen, insbesondere wenn vertraglich vereinbart ist, dass der Grund der Stornierung unerheblich ist.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht die klare rechtliche Trennung zwischen Versicherungsmaklern und Versicherungsvertretern mit erheblichen finanziellen Konsequenzen. Als Versicherungsmakler hat man keinen Anspruch auf Handelsvertreterausgleich nach § 89b HGB, muss jedoch für Stornierungen haften und Courtage-Vorschüsse zurückzahlen, unabhängig vom Grund der Kündigung. Die vereinbarte Stornohaftung ist für Makler bindend, wobei nicht fristgerecht widersprochene Abrechnungen als anerkannt gelten und vollstreckbar sind. Dieses Urteil unterstreicht die Wichtigkeit, den eigenen Vermittlerstatus und die damit verbundenen vertraglichen Verpflichtungen genau zu verstehen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Worin besteht der grundlegende Unterschied zwischen einem Versicherungsmakler und einem Versicherungsvertreter?
Wenn Sie sich mit Versicherungen beschäftigen, treffen Sie oft auf verschiedene Ansprechpartner. Dabei ist die Unterscheidung zwischen einem Versicherungsmakler und einem Versicherungsvertreter besonders wichtig, denn sie vertreten unterschiedliche Interessen.
Ein Versicherungsvertreter ist im Wesentlichen ein Mitarbeiter oder Beauftragter einer oder mehrerer bestimmter Versicherungsgesellschaften. Stellen Sie sich vor, er arbeitet für ein bestimmtes Geschäft oder eine Kette von Geschäften. Seine Aufgabe ist es, die Produkte – also die Versicherungen – dieser einen oder dieser wenigen Versicherungen zu verkaufen. Rechtlich ist er oft als Handelsvertreter anzusehen (§ 84 Handelsgesetzbuch – HGB). Er steht also auf der Seite der Versicherungsgesellschaft. Seine Hauptaufgabe ist es, die Produkte der Gesellschaft zu vermitteln, die er vertritt. Er berät Sie zwar, aber seine Auswahl beschränkt sich auf das Angebot „seiner“ Versicherer.
Ein Versicherungsmakler hingegen ist gesetzlich verpflichtet, im Interesse seines Kunden zu handeln (§ 59 Versicherungsvertragsgesetz – VVG). Er ist nicht fest an eine bestimmte Versicherungsgesellschaft gebunden. Betrachten Sie ihn eher als einen unabhängigen Berater, der den gesamten Markt überblickt und für Sie das passende Angebot aus einer Vielzahl von Versicherern sucht. Er steht also auf Ihrer Seite als Kunde. Seine Pflicht ist es, den Markt zu sondieren und das für Ihre Bedürfnisse am besten geeignete Versicherungsprodukt zu finden. Dazu gehört auch eine umfassende Beratungspflicht, die sich auf eine breitere Auswahl an Tarifen und Gesellschaften stützt.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Der Versicherungsvertreter vertritt die Interessen der Versicherungsgesellschaft(en), mit denen er zusammenarbeitet, während der Versicherungsmakler gesetzlich dazu verpflichtet ist, die Interessen des Kunden zu vertreten und aus einer größeren Auswahl am Markt das Passende zu suchen. Diese unterschiedliche Positionierung prägt ihre Beratung und die Auswahl der angebotenen Versicherungsprodukte maßgeblich.
Was bedeutet Stornohaftung bei Versicherungsverträgen und welche Konsequenzen hat sie für den Makler?
Die sogenannte Stornohaftung betrifft in erster Linie Versicherungsmakler und Versicherungsvertreter in ihrer Zusammenarbeit mit Versicherungsunternehmen. Sie beschreibt die Pflicht des Vermittlers, bereits erhaltene Provisionen – auch Courtage genannt – ganz oder teilweise an das Versicherungsunternehmen zurückzuzahlen.
Wann tritt die Stornohaftung ein?
Stellen Sie sich vor, ein Versicherungsmakler vermittelt einen Versicherungsvertrag, und das Versicherungsunternehmen zahlt ihm dafür eine Provision aus. Diese Provision ist oft für die gesamte Laufzeit des Vertrages oder zumindest für einen längeren Zeitraum kalkuliert. Die Stornohaftung greift, wenn der vermittelte Versicherungsvertrag innerhalb einer bestimmten Zeit nach Abschluss wieder beendet wird. Diese Beendigung kann verschiedene Gründe haben, zum Beispiel:
- Der Kunde widerruft den Vertrag innerhalb der gesetzlichen Frist.
- Der Kunde kündigt den Vertrag kurz nach Beginn.
- Der Vertrag kommt aus anderen Gründen nicht richtig zustande oder wird frühzeitig aufgelöst.
Wenn ein solcher Fall eintritt und der Vertrag innerhalb des festgelegten Stornohaftungszeitraums endet, fordert das Versicherungsunternehmen die erhaltene Provision oder einen Teil davon vom Makler zurück.
Konsequenzen für den Makler
Für einen Versicherungsmakler stellt die Stornohaftung ein finanzielles Risiko dar. Die bereits eingenommene Provision, die vielleicht schon ausgegeben oder in das Geschäft reinvestiert wurde, muss plötzlich zurückgezahlt werden. Dies kann die Liquidität des Maklers beeinträchtigen und im schlimmsten Fall zu erheblichen Verlusten führen, wenn viele vermittelte Verträge kurz nach Abschluss storniert werden. Es bedeutet, dass der Makler für die erfolgreiche Vermittlung eines Vertrages erst dann dauerhaft honoriert wird, wenn dieser Vertrag auch über den Stornohaftungszeitraum hinaus Bestand hat.
Wie wird die Stornohaftung geregelt und berechnet?
Die Details der Stornohaftung sind in der Regel im Vertrag zwischen dem Versicherungsmakler und dem jeweiligen Versicherungsunternehmen festgelegt. Darin werden wichtige Punkte geregelt, wie zum Beispiel:
- Der Stornohaftungszeitraum: Dies ist der Zeitraum, innerhalb dessen eine Stornierung zur Rückforderung der Provision führt. Die Länge dieses Zeitraums kann je nach Versicherungsart und Versicherungsunternehmen variieren, ist aber oft gesetzlich oder durch übliche Geschäftspraktiken begrenzt (typisch sind z.B. Zeiträume zwischen 12 und 60 Monaten, abhängig vom Produkt).
- Die Berechnungsgrundlage: Es wird festgelegt, wie die Höhe der zurückzuzahlenden Provision berechnet wird. Oft ist dies ein Anteil der ursprünglich gezahlten Provision, der proportional zur verbleibenden Zeit des Stornohaftungszeitraums ist.
Kann sich ein Makler gegen die Stornierung wehren oder sie vermeiden?
Direkt gegen die Stornierung eines Vertrages durch den Kunden kann sich der Makler in der Regel nicht „wehren“, wenn der Kunde dazu berechtigt ist (z.B. gesetzliches Widerrufsrecht). Die Stornohaftung ist eine Folge der Beendigung des Vertrages innerhalb des kritischen Zeitraums.
Allerdings kann ein Makler indirekt Einfluss nehmen, um Stornierungen und damit die Stornohaftung zu vermeiden:
- Qualität der Beratung: Eine umfassende und auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnittene Beratung kann dazu beitragen, dass der Kunde die richtige Versicherung wählt und zufriedener ist, was die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Kündigung verringert.
- Betreuung des Kunden: Auch nach Vertragsabschluss kann eine gute Betreuung des Kunden dessen Bindung an den Vertrag stärken.
Es ist wichtig zu verstehen, dass die Stornohaftung ein fester Bestandteil des Geschäftsmodells für Versicherungsmakler ist und im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen mit den Versicherern greift, wenn die festgelegten Bedingungen (Vertragsende innerhalb des Stornohaftungszeitraums) erfüllt sind.
Unter welchen Umständen kann ein Versicherungsmakler einen Ausgleichsanspruch wie ein Handelsvertreter geltend machen?
Ein Ausgleichsanspruch, wie er im Gesetz für Handelsvertreter vorgesehen ist (§ 89b des Handelsgesetzbuchs, HGB), dient dazu, den Verlust des vom Vertreter aufgebauten Kundenstamms finanziell auszugleichen, wenn der Vertrag endet und das Unternehmen weiterhin von diesen Kunden profitiert.
Grundsätzlich steht dieser Ausgleichsanspruch Handelsvertretern zu. Handelsvertreter sind Personen, die ständig damit betraut sind, Geschäfte für ein anderes Unternehmen zu vermitteln oder abzuschließen (z.B. ein Vertreter einer bestimmten Versicherung).
Versicherungsmakler hingegen nehmen rechtlich eine andere Stellung ein. Sie sind in der Regel unabhängig und stehen auf der Seite des Kunden, um für diesen den passendsten Versicherungsvertrag bei verschiedenen Gesellschaften zu finden. Wegen dieser Unabhängigkeit und der Tatsache, dass sie nicht für eine bestimmte Gesellschaft tätig sind, haben Versicherungsmakler normalerweise keinen Anspruch auf einen solchen Ausgleich nach § 89b HGB von einer Versicherungsgesellschaft.
Allerdings gibt es seltene Ausnahmen, die von den Gerichten sehr streng geprüft werden. Ein Versicherungsmakler könnte möglicherweise einen ähnlichen Anspruch geltend machen, wenn seine Tätigkeit in der Praxis sehr stark der eines Handelsvertreters ähnelte. Das kann der Fall sein, wenn der Makler faktisch in die Vertriebsstruktur einer bestimmten Versicherungsgesellschaft eingebunden war und wie ein deren Vertreter agierte.
Zu den Kriterien, die darauf hindeuten können, dass ein Makler ausnahmsweise doch wie ein Handelsvertreter behandelt werden könnte, gehören beispielsweise:
- Der Makler war vertraglich oder faktisch überwiegend oder ausschließlich für eine einzige Versicherungsgesellschaft tätig.
- Er wurde von der Gesellschaft wie ein eigener Vertreter behandelt, etwa durch eine feste Gebietszuordnung.
- Er war vertraglich oder aufgrund der Umstände verpflichtet, Kunden intensiv im Auftrag und nach Vorgaben der Gesellschaft zu betreuen und zu binden.
- Er hatte keine tatsächliche Freiheit, die vermittelten Verträge bei anderen Gesellschaften zu platzieren.
Die Gerichte prüfen im Einzelfall sehr genau, ob der Makler tatsächlich seine Unabhängigkeit als Interessenvertreter des Kunden aufgegeben hat und stattdessen ähnlich abhängig wie ein Handelsvertreter für ein Unternehmen tätig war. Nur wenn diese Ähnlichkeit zu einem Handelsvertreter im Wesentlichen besteht, kann ein Ausgleichsanspruch überhaupt in Betracht kommen. Die Hürden dafür sind hoch.
Welche Bedeutung hat ein Kontokorrentkonto in der Geschäftsbeziehung zwischen Versicherungsgesellschaft und Versicherungsmakler?
Stellen Sie sich ein Kontokorrentkonto wie ein zentrales Verrechnungskonto vor, das speziell für die laufende finanzielle Beziehung zwischen einer Versicherungsgesellschaft und einem Versicherungsmakler eingerichtet wird. Es ist im Grunde ein gemeinsames Konto, über das alle gegenseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten abgewickelt werden.
Für Sie als Versicherungsmakler bedeutet dieses Konto, dass die Versicherungsgesellschaft dort zum Beispiel Ihre Provisionsansprüche als Gutschrift verbucht, also auf Ihrem Konto „einzahlt“. Gleichzeitig werden aber auch Belastungen dort aufgeführt. Das können zum Beispiel Rückforderungen von Provisionen sein, falls ein Versicherungsvertrag doch nicht zustande kommt oder storniert wird (sogenannte Stornohaftung), oder andere Kosten, die zwischen Ihnen und der Gesellschaft vereinbart sind.
Der Saldo dieses Kontos ist besonders wichtig. Er zeigt jederzeit an, wer wem unter dem Strich wie viel schuldet – also ob die Versicherungsgesellschaft Ihnen noch Geld schuldet (ein positiver Saldo für Sie) oder ob Sie der Gesellschaft Geld schulden (ein negativer Saldo für Sie). Dieses Konto dient dazu, nicht jede einzelne Gutschrift oder Belastung sofort bar auszugleichen, sondern alles zu sammeln und periodisch den Gesamtsaldo festzustellen und zu verrechnen.
Warum das Kontokorrentkonto wichtig ist
Dieses System der Verrechnung, das einem Kontokorrentvertrag zugrunde liegt, ermöglicht eine Vereinfachung der Abrechnung. Statt unzähliger Einzelüberweisungen werden Forderungen und Gegenforderungen miteinander verrechnet. Das Endergebnis dieser Verrechnung ist der Saldo.
Ein ganz entscheidender Punkt ist die regelmäßige Prüfung der Kontoauszüge. Die Versicherungsgesellschaft schickt Ihnen in bestimmten Abständen – oft monatlich – Auszüge dieses Kontos zu. Es ist sehr wichtig, dass Sie diese Auszüge genau überprüfen. Wenn Sie Fehler entdecken oder mit bestimmten Belastungen oder Gutschriften nicht einverstanden sind, müssen Sie fristgerecht Einwendungen erheben. Tun Sie das nicht innerhalb der im Vertrag oder den Abrechnungsmodalitäten festgelegten Frist, können die Salden unter Umständen als anerkannt gelten. Das bedeutet, dass Sie die Richtigkeit des Saldo anerkennen und spätere Einwände schwierig werden können. Die regelmäßige und sorgfältige Kontrolle ist daher unerlässlich, um Ihre eigenen finanziellen Ansprüche und die Korrektheit der Abrechnung sicherzustellen.
Welche Rechte und Pflichten hat ein Versicherungsmakler im Falle massenhafter Stornierungen von Versicherungsverträgen?
Wenn viele Versicherungsverträge, die ein Versicherungsmakler vermittelt hat, gekündigt werden, entsteht eine besondere Situation. Für den Makler kann das weitreichende Folgen haben. In dieser Lage hat der Makler sowohl Pflichten gegenüber seinen Kunden als auch bestimmte Rechte, unter anderem gegenüber der Versicherungsgesellschaft.
Pflichten gegenüber den Kunden
Die Hauptpflicht des Versicherungsmaklers ist die Interessenwahrnehmung für den Kunden. Auch im Falle von Stornierungen bleibt diese Pflicht bestehen. Der Makler hat eine Beratungs- und Informationspflicht. Das bedeutet:
- Der Makler muss seinen Kunden über die Folgen der Stornierung aufklären. Dazu gehören beispielsweise der Verlust des Versicherungsschutzes oder mögliche finanzielle Nachteile.
- Er muss prüfen, ob die Stornierung für den Kunden sinnvoll ist oder ob es Alternativen gibt.
- Er muss den Kunden über möglichen neuen Versicherungsschutz informieren, falls der bisherige Vertrag gekündigt wird.
Diese Pflichten bestehen auch in einer Krise. Der Makler muss versuchen, den Schaden für den Kunden so gering wie möglich zu halten.
Rechte gegenüber der Versicherungsgesellschaft und Umgang mit finanziellen Folgen
Bei massenhaften Stornierungen kommt es oft zu sogenannten Stornohaftungen. Das bedeutet, dass die Versicherungsgesellschaft vom Makler bereits erhaltene Provisionen zurückfordern kann, weil die Verträge nicht lange genug bestanden haben.
- Ein Makler hat das Recht auf eine transparente und nachvollziehbare Abrechnung dieser Stornohaftungen durch die Versicherungsgesellschaft. Die Berechnungsgrundlage muss klar sein.
- Es ist wichtig, dass die Forderungen der Versicherer genau geprüft werden. Nicht jede Rückforderung ist automatisch berechtigt oder korrekt berechnet.
- Unter bestimmten Umständen, beispielsweise wenn die Stornierungen durch schwerwiegende Fehler der Versicherungsgesellschaft verursacht wurden, kann auch ein Anspruch des Maklers auf Schadensersatz gegenüber der Versicherungsgesellschaft in Betracht kommen. Dies ist jedoch rechtlich oft komplex.
- Zur Minimierung der finanziellen Folgen kann ein Makler versuchen, mit der Versicherungsgesellschaft über Ratenzahlungen für die Stornohaftungen zu verhandeln. Auch die Geltendmachung von Gegenforderungen des Maklers gegen den Versicherer, sofern solche bestehen und berechtigt sind, kann zur Verrechnung dienen.
Massive Stornierungen stellen eine große Herausforderung dar. Die genauen Rechte und Pflichten hängen immer von den konkreten Umständen und den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Makler und Versicherungsgesellschaft ab.
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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Courtage-Vorschuss
Ein Courtage-Vorschuss ist eine Provision, die ein Versicherungsmakler von der Versicherungsgesellschaft vorab – also vor endgültiger Erfüllung aller vertraglichen Voraussetzungen – ausgezahlt bekommt. Diese Vorauszahlung kann durch spätere Stornierungen oder Kündigungen rückwirkend ganz oder teilweise zurückgefordert werden. Die rechtliche Grundlage für solche Rückforderungen ergibt sich meist aus den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Makler und Versicherer, etwa einer Stornohaftungsklausel. Der Vorschuss stellt somit ein vorläufiges Entgelt dar, das erst endgültig verdient ist, wenn der vermittelte Versicherungsvertrag eine Mindestzeit oder Vertragsstabilität erreicht hat.
Beispiel: Ein Makler erhält sofort nach Vertragsabschluss einer Lebensversicherung eine Provision, obwohl der Vertrag erst nach fünf Jahren verbindlich ist. Wenn der Kunde den Vertrag innerhalb dieser Zeit kündigt, muss der Makler den Vorschuss anteilig zurückzahlen.
Stornohaftung
Stornohaftung bezeichnet die vertragliche Pflicht eines Versicherungsmaklers, bereits erhaltene Provisionen (Courtage) zurückzuzahlen, wenn die von ihm vermittelten Versicherungsverträge innerhalb eines festgelegten Zeitraums (Stornohaftungszeitraum) storniert oder gekündigt werden. Die Haftung betrifft also das Risiko von Rückforderungen der Gesellschaft gegenüber dem Makler wegen vorzeitiger Vertragsbeendigung. Im Vertrag wird geregelt, wie lange die Stornohaftung gilt und in welchem Umfang die Provisionen zurückzuerstatten sind, wobei der Grund der Stornierung oft unerheblich ist (§ 4 der Courtage-Zusage im vorliegenden Fall).
Beispiel: Kündigt ein Kunde einen Versicherungsvertrag nach sechs Monaten und liegt der Stornohaftungszeitraum bei fünf Jahren, muss der Makler einen Teil des erhaltenen Honorars zurückzahlen.
Kontokorrentkonto
Ein Kontokorrentkonto ist ein laufendes Verrechnungskonto, das zwischen Versicherungsgesellschaft und Makler geführt wird, um gegenseitige Forderungen und Verbindlichkeiten zentral zu verbuchen. Provisionszahlungen (Gutschriften) und Rückforderungen (Belastungen), wie z. B. Erstattungen wegen Stornierungen, werden so miteinander verrechnet. Der Saldo zeigt fortlaufend, ob der Makler Geld von der Gesellschaft erhält (Habensaldo) oder der Makler Geld an die Gesellschaft schuldet (Sollsaldo). Vertragsgemäß gelten Abrechnungen als anerkannt, wenn der Makler nicht fristgerecht widerspricht, was Rechtsklarheit schafft.
Beispiel: Die Gesellschaft schreibt dem Makler 10 000 EUR Provision gut, bucht später aber 3 000 EUR wegen Stornos ab. Das Konto zeigt nun einen Saldo von 7 000 EUR als Guthaben für den Makler.
Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB
Der Ausgleichsanspruch aus § 89b HGB steht grundsätzlich Handelsvertretern zu und dient dazu, bei Vertragsende den Verlust an zukünftigen Provisionen auszugleichen, wenn das Unternehmen weiterhin von den Kunden des Vertreters profitiert. Voraussetzung ist, dass der Vertreter rechtlich als Handelsvertreter (§ 84 HGB) qualifiziert wird. Versicherungsmaklern (§ 93 HGB), die unabhängig und im Interesse des Kunden tätig sind, steht dieser Ausgleichsanspruch normalerweise nicht zu. Eine Ausnahme kann bestehen, wenn der Makler faktisch wie ein Handelsvertreter für die Gesellschaft tätig war, was strengen Kriterien unterliegt.
Beispiel: Ein Handelsvertreter baut über Jahre einen Kundenstamm für eine Versicherung auf. Nach Vertragsende erhält er vom Versicherer eine Zahlung als Ausgleich für entgehende Provisionen. Ein eigenständiger Versicherungsmakler hätte diesen Anspruch hingegen meist nicht.
Widerklage
Eine Widerklage ist eine Klage, die der Beklagte gegen den Kläger im selben Rechtsstreit erhebt, um eigene Ansprüche geltend zu machen. Sie wird vom Beklagten als eigenständiger Antrag im laufenden Verfahren gestellt und muss im Zusammenhang mit dem Hauptanspruch stehen. Im vorliegenden Fall hat der Versicherungsmakler Widerklage erhoben, um Schadensersatz, Ausgleichsansprüche und Auskünfte vom Kläger zu verlangen, die das Gericht jedoch als unbegründet zurückgewiesen hat. Die Widerklage ist ein prozessuales Instrument, um Streitigkeiten umfassend und effizient zu klären.
Beispiel: Der Makler wird auf Rückzahlung einer Provision verklagt und beantwortet die Klage nicht nur mit Widerspruch, sondern fordert seinerseits eine Zahlung von der Versicherungsgesellschaft – das ist die Widerklage.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 93 HGB (Handelsmaklerrecht): Regelt die Tätigkeit des Handelsmaklers, der gewerbsmäßig Geschäfte vermittelt, ohne weisungsgebunden zu sein oder ständig für einen Unternehmer tätig zu sein. Makler handeln eigenverantwortlich und auf eigene Rechnung, was die Abgrenzung zu Handelsvertretern erleichtert. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht klassifizierte den Beklagten eindeutig als Versicherungsmakler nach § 93 HGB, wodurch seine Ansprüche und Pflichten anders zu beurteilen sind als die eines Handelsvertreters.
- § 89b HGB (Ausgleichsanspruch Handelsvertreter): Gewährt Handelsvertretern nach Beendigung des Vertrags unter bestimmten Voraussetzungen einen Ausgleich für den Übergang von Kundenbeziehungen zum Unternehmer. Der Anspruch ist limitiert und setzt eine klare Handelsvertreterstellung voraus. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Dem Versicherungsmakler wurde kein Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB zugesprochen, weil er rechtlich nicht als Handelsvertreter eingestuft wurde.
- Ziffer 4 der Vertragsvereinbarung (Stornohaftung): Vereinbart die Rückforderung bereits gezahlter Courtagen bei Vertragsstornierungen innerhalb eines festgelegten Zeitraums, unabhängig vom Stornierungsgrund. Diese Klausel sieht eine vertragliche Absicherung der Versicherungsgesellschaft gegen Vertragskündigungen vor. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Grundlage für die Rückforderung der Courtage-Vorschüsse, die das Gericht als gültig und vertraglich bindend ansah.
- Ziffer 6 der Vertragsvereinbarung (Kontokorrentkonto und Abrechnungsanerkennung): Legt fest, dass alle Courtagezahlungen und Rückforderungen über ein Kontokorrentkonto verrechnet werden und Abrechnungen als anerkannt gelten, wenn sie nicht innerhalb von sechs Wochen schriftlich angefochten werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stellte fest, dass der Makler die Abrechnungen, insbesondere die durch Stornierungen entstandenen Sollstellungen, größtenteils nicht oder nicht rechtzeitig angefochten hatte, daher als anerkannt galten.
- §§ 286, 288 BGB (Verzug und Verzugszinsen): Regelt den Zahlungsverzug und die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen, falls der Schuldner nach Fälligkeit und Mahnung nicht zahlt oder eine vereinbarte Ratenzahlung ablehnt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Versicherungsgesellschaft konnte Verzugszinsen ab Ablauf der Zahlungsfrist (hier ab Kündigung) geltend machen, da der Makler die Rückzahlung verweigerte.
- § 87c Abs. 2 HGB (Auskunftspflicht des Handelsvertreters): Ermöglicht Handelsvertretern die Einsichtnahme in Bücher und Unterlagen des Unternehmers zur Klärung von Ausgleichsansprüchen. Dieses Recht trifft nur Handelsvertreter, nicht aber Makler. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Dem Versicherungsmakler wurde dieser Anspruch auf Buchauszug verwehrt, da er nicht als Handelsvertreter gilt und der Anspruch zudem teilweise verjährt war.
Das vorliegende Urteil
LG Köln – Az.: 8 O 158/15 – Urteil vom 06.03.2018
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