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Betriebsschließungsversicherung wegen Corona Pandemie

LG Köln – Az.: 24 O 252/20 – Urteil vom 26.11.2020

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger schloss bei der Beklagten für sein Restaurant N, N1-Straße 10, ##### I, das an fünf Tagen die Woche geöffnet ist, eine Gewerbeversicherung, die u.a. eine Betriebsschließungsversicherung beinhaltet. Auf den Nachtrag vom 29.01.2019 (Anlage zur Klageschrift, AH) sowie die Kundeninformationen nebst den Versicherungsbedingungen (H GewerbeProtect, Stand 05/2017, Anlage LP 8, AH) wird Bezug genommen.

Im Versicherungsschein wird der Beginn der Betriebsschließungsversicherung mit dem 14.12.2018 angegeben. Als Versicherungssumme werden 100.000,- EUR vereinbart, als Selbstbeteiligung 250,- EUR. Als Vertragsgrundlagen sind die Produktbezogenen Bedingungen für die H GewerbeProtect – Betriebsschließungsversicherung  bezeichnet.

In den Versicherungsbedingungen heißt es u.a.:

§ 2 – Gegenstand der Versicherung, versicherte Sachen –

Versicherungsumfang

Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Ziffer 2.2)

2.1.1

Den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt; Tätigkeitsverbote gegen sämtliche Betriebsangehörige eines Betriebes oder einer Betriebsstätte werden einer  Betriebsschließung gleichgestellt;

2.1.2

2.2

Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger

Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten  Krankheiten und Krankheitserreger:

2.2.1

Krankheiten

(Anmerkung der Kammer: es folgt eine Aufzählung von 22 Krankheiten; SARS-CoV-2 ist nicht mitaufgeführt)

2.2.2

Krankheitserreger

(Anmerkung der Kammer: es folgt eine Aufzählung von 52 Krankheitserregern; Covid-19 ist nicht mitaufgeführt)

§ 3 – Tagesentschädigung –

Die Tagesentschädigung beträgt 1/300 der vereinbarten Versicherungssumme.

§ 4 – Umfang der Entschädigung –

4.4.1

Der Versicherer ersetzt im Falle einer Schließung nach § 2 Ziffer 2.1.1 den Schaden in Höhe der vereinbarten Tagesentschädigung für jeden Tag der Betriebsschließung bis zu 30 Tagen, jedoch nicht mehr als den tatsächlich entgangenen Gewinn, die fortlaufenden Kosten und die tatsächlich entstandenen Wiedereröffnungskosten in diesem Zeitraum.

§ 6 – Ausschlüsse –

6.4

Krankheiten und Krankheitserreger

Der Versicherer haftet nicht bei Prionenerkrankungen oder dem Verdacht hierauf.

§ 11 – Wegfall der Entschädigungspflicht aus besonderen Gründen; Öffentliches Entschädigungsrecht –

11.1

Ein Anspruch auf Entschädigung besteht insoweit nicht, als Schadensersatz auf Grund öffentlich-rechtlichen Entschädigungsrechts beansprucht werden kann (z.B. nach den Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes, den Vorschriften über Amtshaftung oder Aufopferung oder EU-Vorschriften). Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, unverzüglich entsprechende Anträge zu stellen. Der Versicherungsnehmer kann jedoch verlangen, dass ihm der Versicherer insoweit ein zinsloses Darlehen bis zur Höhe einer nach § 4 berechneten Versicherungsleistung zur Verfügung stellt.

11.2

Der Versicherer ist berechtigt, soweit zulässig, die Abtretung der in Ziffer 11.1 genannten Entschädigungsansprüche bis zur Höhe des gewährten Darlehens zu fordern.

11.3

In dem zweiseitigen Produktinformationsblatt betreffend die Betriebsschließungsversicherung, das den Produktbezogenen Bedingungen in fortlaufender Nummerierung beigefügt ist, heißt es u.a.:

Was ist versichert ?

Wird Ihr Betrieb von der zuständigen Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IFSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger geschlossen, beinhaltet diese Versicherung eine Absicherung

des Ertragsausfalls in Form einer Tagesentschädigung

der Desinfektionskosten der Betriebsstätte

der finanziellen Folgen von Tätigkeitsverboten gegen im Betrieb beschäftigte Personen

von Schäden an Vorräten und Waren

von Ermittlungs- und Beobachtungsmaßnahmen

Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger sind die in den Versicherungsbedingungen genannten Krankheiten und Krankheitserreger der §§ 6 und 7 des Infektionsschutzgesetzes

Der Kläger machte vorgerichtlich die aus seiner Sicht für dreißig Schließungstage wegen des Lockdowns geschuldete Entschädigung für 30 Schließungstage in Höhe von 100.000,- EUR geteilt durch 300 mal 30 abzüglich 250,- EUR geltend.

Vorgerichtlich teilte die Beklagte dem Kläger mit, es bestehe kein Entschädigungsanspruch. Der Sohn des Klägers, der Geschäftsführer des Restaurants ist, unterzeichnete am 16.04.2020 eine Erklärung, die dahin geht, dass mit der kulanzweisen Auszahlung von 1.500,- EUR alle etwaigen Ansprüche aus der Betriebsschließung abgegolten seien (Anlage B 4, AH). Der Betrag von 1.500,- EUR wurde umgehend überwiesen. Der Kläger widerrief die Erklärung seines Sohnes und teilte der Beklagten mit, die 1.500,- EUR als Teilzahlung der aus seiner Sicht geschuldeten Entschädigung anzusehen. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Anwaltsschreiben vom 13.05.2020 (Anlage zur Klageschrift, AH) mit, aus Kulanz stelle die Beklagte dem Kläger nach wie vor frei, ob er an der freiwilligen Zahlung festhalten oder sich von ihr lösen möchte.

Der Kläger ist der Ansicht, die Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch in der geltend gemachten Höhe lägen vor.

Er meint, auch Betriebsschließungen aufgrund von Covid-19/SARS-CoV-2 seien nach den Versicherungsbedingungen gedeckt. Durch den Bezug auf die §§ 6 und 7 des IfSG erweckten die Versicherungsbedingungen den Eindruck, umfassenden Deckungsschutz zu versprechen, wenn eine Betriebsschließung aufgrund einer meldepflichtiger Krankheit oder eines meldepflichtigen Krankheitserregers erfolge, auch wenn diese Krankheit oder dieser Krankheitserreger im Versicherungsschein nicht mitaufgeführt sei. Sähe man dies anders, werde auch der Vertragszweck gefährdet. Auch aus der Ausnahme vom Versicherungsschutz in § 6 Ziff.6.5 für Prionenerkrankungen ergebe sich, dass der Katalog in § 2 Ziff. 2.2 nicht abschließend sei, da Prionenerkrankungen mit den namentlich bezeichneten Krankheiten und Krankheitserregern nichts zu tun hätten.

Der Kläger behauptet, bei Abschluss des Vertrages habe er das als Anlage LP 2 (AH) vorgelegte Produktinformationsblatt erhalten. Dessen Inhalt sei bei der Auslegung des Leistungsversprechens mit zu berücksichtigen. Eine Beschränkung auf bestimmte namentlich aufgeführte Krankheiten und Krankheitserreger ergebe sich aus den Angaben im Produktinformationsblatt nicht, im Gegenteil sei danach von einem umfassenden Schutz auszugehen.

Die angeordnete Betriebsschließung habe vom 23.02.3020 bis zum 13.05.2020 gedauert, so dass auch unter Berücksichtigung von Ruhetagen 30 Tage zu entschädigen seien.

Der Betrag von 9.999,99 EUR erreiche nicht den tatsächlich entgangenen Gewinn, die fortlaufenden Kosten und die tatsächlich entstandenen Wiedereröffnungskosten. Der Kläger verweist in diesem Zusammenhang auf die Umsatzzahlen im Vorjahr.

Der Außer-Haus-Verkauf könne nicht eingewandt werden, denn angesichts der fortlaufenden Kosten stellten solche Verkäufe keine unternehmerische Alternative dar und spielten eine untergeordnete Rolle.

Der Kläger meint, Kurzarbeitergeld und staatliche Corona-Liquiditätshilfen  seien nicht anspruchsmindernd zu berücksichtigen, da es sich nicht um Schadensersatzzahlungen für Betriebsschließungen handele.

 

Der Kläger beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.249,99 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.04.2020 Zug um Zug gegen Abtretung von Schadensersatzansprüchen aufgrund öffentlich-rechtlichen Entschädigungsrechts (z.B. nach den Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes, Vorschriften über Amtshaftung oder Aufopferung oder EU-Vorschrift) zu zahlen;

2.

die Beklagte zu verurteilen, ihn von einer Vergütungsforderung der MRechtsanwälte in Höhe von 800,13 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.04.2020 freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, eine bedingungsgemäße Betriebsschließung liege nicht vor.

SARS-CoV-2 sei kein versicherter Erreger; die Aufzählung in den Versicherungsbedingungen sei abschließend.

Von einer unangemessenen Benachteiligung des Versicherungsnehmers könne keine Rede sei.

Noch unbekannte Risiken könnten auch nicht versichert werden.

Auf das als Anlage LP 2 vorgelegte Produktinformationsblatt könne der Kläger sich nicht mit Erfolg berufen. Hierbei handele es sich nicht um dasjenige Produktinformationsblatt, das er bei Vertragsschluss erhalten habe. Vielmehr habe der Kläger dasjenige Produktinformationsblatt erhalten, das Teil der vom Kläger selbst vorgelegten Anlage LP (AH) sei; dies ergebe sich schon daraus, dass hier auf allen Seiten die Versicherungsscheinnummer aufgedruckt sei, im Gegensatz zu dem Dokument, das der Kläger als Anlage LP 2 vorgelegt habe. Im Übrigen enthalte auch das Produktinformationsblatt, das als Anlage LP 2 vorgelegt worden ist, einen nicht zu übersehenden Hinweis auf die Einzelheiten, sie sich erst aus den Allgemeinen Versicherungsbedingungen ergeben.

Nach den Versicherungsbedingungen müsse der Krankheitserreger/die Krankheit auch im Betrieb selbst aufgetreten sein, was vorliegend unstreitig nicht der Fall sei.

Die Beklagte tritt auch der Höhe des geltend gemachten Anspruchs entgegen, sowohl, was die angeblichen Kosten und den angeblichen Gewinn angeht, als auch die angeblich nicht hinreichende Berücksichtigung von Ruhetagen und auch, was die Anrechnung öffentlich-rechtlicher Leistungen angeht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht kein Entschädigungsanspruch wegen der coronabedingten Betriebsschließung nach den Bestimmungen der Betriebsschließungsversicherung,  § 1 S. 1 VVG zu.

Die streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen sehen einen Deckungsschutz nur bei Betriebsschließungen aufgrund der unter 2 im Einzelnen aufgelisteten Krankheiten und Krankheitserreger vor. Covid-19/SARS-Cov-2 sind dort nicht mitaufgeführt. Covid-9/SARS-CoV-2 waren zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrages noch nicht bekannt.

Die streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen sind klar und eindeutig gefasst. Sie halten auch einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle stand.

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind -wie allgemein anerkannt (vgl. Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., Einleitung Rz 258 ff mit zahlreichen Nachw. aus der Rspr.) – aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers auszulegen. Maßgeblich ist die Verständnismöglichkeit eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse, der die Allgemeinen Versicherungsbedingungen aufmerksam liest und verständig – unter Abwägung der Interessen der beteiligten Kreise und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs  – würdigt. Maßgeblich ist in erster Linie der Klauselwortlaut. Vom Versicherer verfolgte Zwecke sind nur insoweit maßgeblich, sofern sie in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen Ausdruck gefunden haben, so dass sie dem aufmerksamen und verständigen Versicherungsnehmer erkennbar sind oder ihm zumindest Anlass zu einer Nachfrage geben. Risikoausschlüsse dürfen nicht weiter ausgelegt werden, als ihr Zweck es erfordert. Der Versicherungsnehmer muss nicht mit Deckungslücken rechnen, die ihm die Klausel nicht hinreichend verdeutlicht. Auf die – dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer in der Regel unbekannte – Entstehungsgeschichte der Allgemeinen Versicherungsbedingungen und auf den Vergleich mit anderen – dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer in der Regel ebenfalls unbekannten – Bedingungswerken kommt es nicht an. Maßgeblich sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses.

Legt man diese Auslegungsgrundsätze zugrunde, so kann es keinem Zweifel unterliegen, dass Betriebsschließungen aufgrund von Covid-19/SARS-CoV-2 nicht in der Deckung sind.

Die Versicherungsbedingungen versprechen eine Entschädigungsleistung nur für den Fall, dass eine der in den Versicherungsbedingungen namentlich aufgeführten Krankheiten oder Krankheitserregern, zu denen Covid-19/SARS-CoV-2 nicht gehören, der Betriebsschließung zugrunde liegen. Der Zusatz, dass es sich um in §§ 6 und 7 IfSG namentlich genannte Krankheiten handelt, ändert hieran nichts. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer hat keinen Anlass anzunehmen, eine Entschädigungspflicht entstehe auch, wenn nach Abschluss des Versicherungsvertrages weitere Krankheiten oder Krankheitserreger im IfSG (oder in einer aufgrund des IfSG ergangenen Rechtsverordnung) namentlich genannt werden. Er sieht die Aufzählung vielmehr als abschließend an. Der Ausdruck „namentlich“ ist auch nicht als Adverb verwandt worden, so dass ihm auch nicht die Bedeutung von „insbesondere“ zukommt. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird auch nicht auf den Gedanken kommen, die Aufzählung unter Ziff. 2 beinhalte nur eine nachrichtliche Mitteilung, welche Krankheiten und Krankheitserreger zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrages in §§ 6, 7 IfSG namentlich aufgelistet sind. Er wird vom Regelfall ausgehen und im Regelfall beinhalten Versicherungsbedingungen Regelungen und keine bloßen Mitteilungen ohne Regelungscharakter. Auch der durchschnittliche Versicherungsnehmer weiß, dass der Versicherer grundsätzlich bestrebt ist, keine Deckung für Fälle zu versprechen, die er nicht kennt, wie etwa vorliegend das Auftreten neuer Krankheiten und Krankheitserreger, die dann unter das IfSG fallen. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer hat auch keine Veranlassung, aus dem Deckungsausschluss in § 6 Ziffer 6.4 betreffend Prionenerkrankungen zu schließen, entgegen der Regelung in § 2 handele es sich doch nicht um eine abschließende Regelung. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer hat nicht nur auf juristischem Gebiet keine Spezialkenntnisse sondern auch nicht auf medizinischem Gebiet. Er weiß nicht, dass die Krankheiten und Krankheitserreger, die in Ziff. 2 aufgelistet sind, ggf. nie in einem Zusammenhang mit Prionenerkrankungen stehen. Er wird den Deckungsausschluss vielmehr dahingehend verstehen, dass der Versicherer kein Leistungsversprechen in den Fällen abgibt, in denen die in Ziff. 2 aufgezählten Krankheiten aufgrund (neuerer) medizinischer Erkenntnisse doch als Prionenerkrankung anzusehen sind. Ob juristisch besonders qualifizierte Personen Bedenken wegen des Umfangs des Deckungsschutzes entwickeln, ist für die Auslegung nicht maßgeblich.

Es handelt sich bei der Aufzählung der Krankheiten und Krankheitserreger in Ziff. 2 auch nicht um eine Deckungseinschränkung, sondern um eine primäre Beschreibung des Leistungsversprechens. Weder der Versicherungsschein, der ausdrücklich auf die entsprechenden Bedingungen Bezug nimmt, noch die Versicherungsbedingungen selbst stellen den Satz auf, dass grundsätzlich Deckungsschutz für alle Betriebsschließungen aufgrund des IfSG gewährt wird, denn Ziff. 1 nimmt wiederum ausdrücklich Bezug auf die Aufzählung in Ziff. 2.

Selbst wenn man Ziff. 2 als Deckungseinschränkung auffassen wollte, nähme dies der Regelung nicht ihre Eindeutigkeit.

Da die Klausel in Ziff. 2 eindeutig ist, ist auch für die Anwendung der AGB-rechtlichen Unklarheitenregel (§ 305c Abs. 2 BGB) ebensowenig Raum wie für die Annahme eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Produktinformationsblatt, das grundsätzlich bei der Auslegung der Versicherungsbedingungen mit herangezogen werden kann. Selbst wenn dem Kläger ungeachtet des Umstandes, dass nur auf dem Produktinformationsblatt, das als Teil der Anlage LP 8 vorgelegt worden ist, seine Versicherungsscheinnummer aufgedruckt ist, er bei Vertragsabschluss das Produktinformationsblatt erhalten haben sollte, das der Kläger als Anlage LP 2 vorgelegt hat, so würde dies dem Kläger nicht weiterhelfen, denn auch das Produktinformationsblatt Anlage LP 2 enthält den nicht zu übersehenden Hinweis, dass die Informationen nicht abschließend und vollständig sind und sich weitere wichtige Informationen u.a. aus den beigefügten Versicherungsbedingungen ergeben. Auch sind die Angaben im Produktinformationsblatt nicht so detailliert, dass der Kläger von daher den Eindruck hätte gewinnen können, letztlich beinhalteten diese Angaben alle für Grund und Höhe des Entschädigungsanspruchs maßgeblichen Angaben. So fehlt etwa die Angabe des versicherten Zeitraums und die Höhe der vereinbarten Tagesentschädigung.  In dem Produktinformationsblatt, das als Anlage LP 8 vorgelegt worden ist, ist im Übrigen ausdrücklich auf die „in den Versicherungsbedingungen genannten Krankheiten und Krankheitserreger“ hingewiesen worden.

Die Klausel stellt in Bezug auf die Formulierung ihres abschließenden Charakters  auch keine unangemessene Benachteiligung i.S. des § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB dar. Es ist bereits fraglich, ob eine Inhaltskontrolle nach der vorbezeichneten Vorschrift überhaupt zulässig ist, denn primäre Leistungsbeschreibungen sind grundsätzlich nicht auf ihre Angemessenheit AGB-rechtlich überprüfbar (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 79. Aufl., § 307 Rz 44 ff). Selbst wenn man von der Zulässigkeit der Inhaltskontrolle ausgeht, bestehen insoweit keine Bedenken. Kein Versicherungsnehmer kann davon ausgehen, dass grundsätzlich alle Risiken auf einem bestimmten Gebiet in der Deckung sind, sofern sich dies nicht aus den Versicherungsbedingungen ergibt. Gegen eine solche Erwartung spricht auch der Umstand, dass der Versicherungsnehmer auf ein umfangreiches Bedingungswerk hingewiesen wird, das in dieser Ausführlichkeit nicht erforderlich wäre, wenn alles und jedes in der Deckung wäre. Der Vertragszweck des vorliegenden Betriebsschließungsversicherungsvertrages besteht darin, Deckungsschutz zu gewähren bei Betriebsschließungen aus Anlass des Auftretens der im Einzelnen aufgelisteten Krankheiten und Krankheitserreger. Die Erreichung dieses Vertragszwecks wird durch die Beschränkung der Einstandspflicht auf Betriebsschließungen aufgrund von Krankheiten oder Krankheitserregern, die im Einzelnen benannt werden, in keiner Weise gefährdet. Den Gerichten ist es über § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht gestattet, das Leistungsversprechen über den eindeutigen Wortlaut und Sinn hinaus  auszudehnen, weil sie der Ansicht sind, eine andere – aber eben nicht vereinbarte – Regelung, die umfassender Deckungsschutz gewähren würde, sei angemessener.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

Streitwert: 8.249,99 EUR

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