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Berufsunfähigkeitsversicherung – Verletzung der vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit

Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 5 U 8/22 – Urteil vom 16.11.2022

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 13.12.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – 14 O 406/20 – wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

III. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 90.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um den Fortbestand einer Berufsunfähigkeitsversicherung und um vermeintliche Leistungsansprüche des Klägers wegen behaupteter Berufsunfähigkeit.

Mit Antrag vom 14.11.2013 (Anlage A2, Bl. 12 ff. d.A.) beantragte der Kläger den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Die Beklagte nahm den Antrag an und policierte den Vertrag mit Versicherungsschein vom 27.11.2013 unter der Versicherungsnummer LV- xxx (Anlage A 1). Versicherungsbeginn war der 01.03.2013. Der Versicherungsvertrag hatte eine Laufzeit bis zum 30.11.2045. Versichert war eine monatlich garantierte Rente ab einer Berufsunfähigkeit von 50 % in Höhe von 1.000,00 €. Für den Fall der anerkannten Leistungspflicht war darüber hinaus die Befreiung von der Beitragszahlungspflicht vereinbart. Der monatlich zu zahlende Versicherungsbeitrag belief sich auf 100,98 €. Nach dem Vertrag war die Verwendung der Überschüsse zur Verringerung des zu zahlenden Beitrags vereinbart. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses betrug der ermäßigte Beitrag 73,72 €. Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die selbstständige Berufsunfähigkeitsversicherung – Private Vorsorge (Schicht 3) und Rückdeckungsversicherung (Schicht 2) zugrunde, Anlage BLD 1, Bl. 55 ff. d.A.

Im Rahmen der Antragstellung machte der Kläger Angaben zu seinem Gesundheitszustand und beantwortete die aus dem Antragsformular ersichtlichen Gesundheitsfragen.

Nummer 10 der Gesundheitsfragen lautete wie folgt:

„Wurden sie in den letzten 10 Jahren aus einem oder mehreren der nachstehend genannten Gründen beraten, untersucht oder behandelt oder sind solche Maßnahmen vorgesehen?

[…]

e.) Erkrankungen oder Störungen der Psyche (z.B. depressive Stimmungen, Angstzustände, Belastungsreaktionen, Essstörungen, Erschöpfungszustände)?“

Diese Frage verneinte der Kläger.

Den Gesundheitsfragen, die sich auf S. 18 ff. des Antrages befinden, war im Antragsformular auf S. 15 und 16 eine „Belehrung zur Anzeigepflichtverletzung“ vorangestellt. Bezüglich des weiteren Inhalts des Antragsformulars im Einzelnen wird auf Bl. 12 ff. d.A. Bezug genommen.

Seit dem 14.09.2015 war der Kläger durchgängig arbeitsunfähig geschrieben.

Vom 29.09.2016 bis 06.11.2016 nahm der Kläger an einer stationären medizinischen Maßnahme in der AHG M. teil, in der insbesondere seine Alkoholabhängigkeit behandelt wurde.

Am 04.05.2018 (Anlage BLD 2) beantragte der Kläger Leistungen aus der Versicherung. Er gab an, aufgrund psychischer Beschwerden (Depressionen, psychische und Verhaltensstörungen durch Opioide und Alkohol, jeweils mit Abhängigkeitssyndrom) zur Ausübung der von ihm zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeit als Gesundheits- und Krankenpfleger ab dem 14.09.2015 nicht mehr in der Lage zu sein. Mit Schreiben vom 24.06.2018 (Anlage BLD 3) teilte der Kläger der Beklagten mit, ab dem 25.06.2018 eine neue Tätigkeit als Produktionsmitarbeiter/Maschinenanlagenführer aufzunehmen.

Im Rahmen der Leistungsprüfung erhielt die Beklagte unter dem 21.06.2018 ein Attest der Gemeinschaftspraxis Dr. S. pp. vom 14.06.2018, woraus sich eine Krankschreibung vom 27.10.2009 bis 08.11.2009 wegen „psychischer Belastungen durch Arbeit“ ergab, da der Kläger über Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Leistungsminderung und Konzentrationsstörungen geklagt habe, denn er habe als Krankenpfleger im ambulanten Pflegedienst vier Wochen ununterbrochen auch an den Wochenenden gearbeitet. Als Diagnose war „ICD Z 56G“ (Kontaktanlässe mit Bezug auf das Berufsleben) angegeben. Als Therapie wurde ein Entspannungstraining empfohlen, sowie die Besprechung der Arbeits- und Ruhezeiten mit dem Vorgesetztem. „Diclo 50 mg 20 St.“ wurde als Bedarfsmedizin verordnet (Bl. 36 d.A).

In Ansehung dieses Attests ging die Beklagte von einer objektiv wahrheitswidrigen Verneinung der Gesundheitsfrage 10e) und damit von einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht aus. Sie erklärte aus diesem Grunde mit Schreiben vom 13.07.2018 (Bl. 25 d.A.) den Rücktritt vom Vertrag, hilfsweise die Kündigung. Sie warf dem Kläger vor, vom 28.10.2009 bis 02.12.2009 wegen einer Anpassungsstörung behandelt worden zu sein, wobei eine Krankschreibung vom 27.10.2009 bis zum 08.11.2009 erfolgte, und diesen Umstand nicht angezeigt zu haben.

Der Kläger hat behauptet, er sei in dem beschriebenen Zeitraum nicht an einer Anpassungsstörung erkrankt gewesen, dies sei auch ärztlich nicht diagnostiziert worden. Anlass der Krankschreibung sei eine berufsbedingte Überbelastung gewesen, die der Arzt mit ICD Z 56 diagnostiziert und abgerechnet habe. Er habe im fraglichen Zeitraum im Zusammenhang mit einem bevorstehenden Arbeitsplatzwechsel Probleme an seinem Arbeitsplatz gehabt, die allerdings zu keinem Zeitpunkt als Erkrankung oder Störung der Psyche gewertet werden könnten. Tatsächlich sei er zum damaligen Zeitpunkt über seinen Arbeitgeber verärgert gewesen und sei aus diesem Grunde zu seinem Arzt gegangen, woraufhin die behandelnde Ärztin ihm Entspannungstraining empfohlen und zusätzlich angeraten habe, die Arbeits- und Ruhezeiten mit dem Vorgesetzten zu besprechen.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 48.000 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins aus jeweils 1000 € seit dem 15.1.2017 und den folgenden Monaten bis zum 15.12.2020 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ab dem 1.1.2021 eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente zu zahlen in Höhe von 1000 € während der Dauer bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit, längstens bis zum 31.12.2049.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen

Sie hat behauptet, der Kläger habe mit der nicht angegebenen Behandlung einen gefahrerheblichen Umstand verschwiegen und in Kenntnis dieses Umstandes hätte sie das streitgegenständliche Versicherungsverhältnis nicht abgeschlossen. Die wahrheitswidrige Beantwortung der Antragsfrage zu Ziffer 10 e.) sei vorsätzlich, jedenfalls aber grob fahrlässig erfolgt. Entscheidungserheblich komme es nicht darauf an, ob eine Diagnose gestellt worden sei, sondern dass eine Behandlung und Beratung durch einen Arzt erfolgt sei.

Die Beklagte hat zudem die Einrede der Verjährung erhoben. Bei Einreichung der Klage im Jahr 2020 seien Leistungsansprüche aus dem Jahr 2016 verjährt gewesen.

Mit dem zur Berufung angefallenen Urteil, auf dessen Inhalt auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte wirksam vom streitgegenständlichen Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag zurückgetreten sei. Der Kläger habe seine vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt, indem er die Gesundheitsfrage 10 e.) nach ärztlichen Behandlungen wegen Erkrankungen oder Störungen der Psyche vorsätzlich mit „nein“ beantwortet habe. Den Beweis der mangelnden Kausalität für den Versicherungsfall gem. § 21 VVG habe der im Antragsformular ordnungsgemäß über die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung belehrte Kläger nicht erbracht.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er habe die Anzeigepflicht nicht vorsätzlich verletzt. Seiner Auffassung nach hätten keine der Erkrankungen vorgelegen, die im Antragsformular aufgeführt seien. Ungeachtet dessen sei davon auszugehen, dass die behauptete falsche Angabe im Antragsformular keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls und auf den Umfang der Leistungen der Beklagten gehabt habe. Die Beklagte hätte bei Kenntnis der den gestellten Diagnosen wie Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Leistungsminderung und Konzentrationsstörungen den Versicherungsvertrag gleichwohl abgeschlossen.

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 13. Dezember 2021,14 O 406/20

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 48.000,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.000,00 € seit dem 15.1.2017 und den folgenden Monaten bis zum 15.12.2020 zahlen.

2. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ab dem 1.1.2021 eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente zu zahlen in Höhe von 1.000,00 € während der Dauer bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit, längstens bis zum 31. Dezember 2049

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihrer erstinstanzlichen Ausführungen das angefochtene Urteil.

Der Senat hat den Kläger informatorisch angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen M.H.. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9. September 2022 (Bl. 203 ff. d. A.) verwiesen. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 22. November 2021 (Bl. 127 ff. d. A.) und des Senats vom 9. September 2022 (Bl. 203 ff. d. A.) und vom 19. Oktober Bezug genommen.

II.

Die gem. §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere, dem Kläger günstigere Entscheidung (§ 513 ZPO). Das Landgericht hat die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche auf Leistungen wegen Berufsunfähigkeit zu Recht wegen des mit Schreiben vom 13.7.2018 (Bl. 25 ff. d.A.) erklärten Rücktritts der Beklagten vom Versicherungsvertrag wegen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit durch den Kläger (§§ 19 ff. VVG) verneint.

1.

Der Kläger hat bei Beantragung der streitgegenständlichen Versicherung die Behandlung und Krankschreibung durch die Ärztin E.P. im Zeitraum vom 27.10.2009 bis zum 08.11.2009 wegen psychischer Belastung, trotz entsprechender Frage im Antragsformular nicht angegeben. Dadurch hat er von der Beklagten in Textform erfragte gefahrerhebliche Umstände unzutreffend beantwortet und seine vorvertragliche Anzeigeobliegenheit aus § 19 Abs. 1 VVG verletzt.

a)

Bei den Gesundheitsfragen im Versicherungsantrag vom 14.11.2013 handelte es sich um Fragen der Beklagten im Sinne des § 19 Abs. 1 VVG, zu deren zutreffender Beantwortung die Klägerin gegenüber der Beklagten verpflichtet war. Bei dem von der Beklagten verwandten Antragsformular handelte es sich um ein Standardformular der Beklagten, sodass es nach der Zielrichtung der Fragen und dem Inhalt des Antragsformulars aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers eindeutig war, dass es sich um Fragen des Versicherers handelte, an den sich der Antrag richtete.

Vorliegend erfolgte die Antragstellung ersichtlich gegenüber der als Versicherer im Antragsformular benannten Beklagten.

Als Einleitung der im Antrag aufgenommenen Gesundheitsfragen war in Fettdruck folgender Hinweis vorangestellt:

„…damit wir ihren Versicherungsantrag ordnungsgemäß prüfen können, ist es notwendig, dass Sie die nachfolgenden Fragen wahrheitsgemäß und vollständig beantworten. Bitte geben Sie auch solche Umstände an, denen Sie nur geringe Bedeutung beimessen. […] Wenn sie bis zur Abgabe ihrer Vertragserklärung, bzw. auch danach bis Vertragsschluss, falsche Angaben zu gefahrerheblichen Umständen machen, nach denen wir sie ausdrücklich in Textform gefragt haben, können wir – ggf. auch nach längerer Zeit – vom Vertrag zurücktreten, kündigen über den Vertrag anpassen. Das kann unter Umständen sogar zur Folge haben, dass wir keine Versicherungsleistungen erbringen müssen, auch wenn der Versicherungsfall eingetreten ist.“

Die nachfolgenden – in Textform gem. § 19 Abs. 2 VVG i. V. m. § 126 BGB gestellten – Fragen waren damit ausdrücklich als Fragen des Versicherers bezeichnet, sodass die unrichtige Beantwortung dieser Fragen gemäß § 19 Abs. 2 bis Abs. 5 VVG sanktioniert ist.

b)

Die Gesundheitsfrage Ziff. 10 e) hat der Kläger objektiv falsch beantwortet, nämlich verneint, obwohl dies – was er auch wusste – nicht der Wahrheit entsprach.

aa)

Der Kläger hatte sich am 27.10.2009 in ärztliche Behandlung begeben und war bis zum 08.11.2009 krankgeschrieben worden. In ihrem ärztlichen Attest vom 14.06.2018 gab die behandelnde Ärztin Fr. P. an, dass der Kläger damals wegen einer psychischen Belastung durch seine Arbeit von ihr krankgeschrieben worden sei. Dies zugrunde gelegt hat der Kläger die Frage 10 e.) im Antragsformular objektiv unrichtig beantwortet. Denn dort wurde er gefragt, ob er in den letzten 10 Jahren wegen Erkrankungen oder Störung der Psyche (z.B. depressive Stimmungen, Angstzustände, Belastungsreaktionen, Essstörungen, Erschöpfungszustände) beraten, untersucht oder behandelt wurde oder ob solche Maßnahmen vorgesehen sind. Die attestierte Krankschreibung aufgrund psychischer Belastung durch die Arbeit – als Anlass der Konsultation seiner Ärztin – lässt sich jedoch zweifelsohne unter den erfragten Begriff der Belastungsreaktionen subsumieren. Ob es sich bei der angegebenen Diagnose ICD Z56 G um eine „richtige“ Diagnose bzw. eine solche mit „echtem“ Krankheitswert handelt, ist hingegen unerheblich. Selbst wenn man nicht von einer psychischen Erkrankung auszugehen hat, ist auch die arbeitsplatzbedingte Belastungsreaktion – wie nicht zuletzt die Aufzählung der Belastungsreaktion in der streitgegenständlichen Gesundheitsfrage zeigt – zumindest als Störung der Psyche zu begreifen und eine damit im Zusammenhang stehende ärztliche Behandlung anzugeben.

bb)

Der Kläger hatte auch – subjektiv – Kenntnis von den anzuzeigenden Umständen, konkret: dem Grund für die von ihm in Anspruch genommene ärztliche Behandlung. Er kann bei verständiger Würdigung des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme und seiner Angaben vor dem Senat nicht damit gehört werden, dass ihm zum Zeitpunkt der Antragstellung der von der Beklagten in Frage 10 e.) des Antragsformulars erfragte gefahrerhebliche Umstand einer Beratung Untersuchung oder Behandlung wegen Erkrankungen oder Störung der Psyche nicht bekannt gewesen sei.

(1)

Die vom Gesetz als Anzeigepflicht bezeichnete Obliegenheit des Versicherungsnehmers nach § 19 Abs. 1 VVG setzt positive Kenntnis von einem gefahrerheblichen Umstand voraus (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 2019 – IV ZR 247/18 –, juris; sowie jeweils zu § 16 Abs.1 Satz 1 VVG a.F. BGH, Urteile vom 11. Februar 2009 – IV ZR 26/06, juris; vom 20. April 1994 – IV ZR 70/93, juris ; vom 2. März 1994 – IV ZR 109/93, juris; vom 2. März 1994 – IV ZR 99/93, VersR 1994, 711; zu § 16 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F.). Denn die Obliegenheit, dem Versicherer bestimmte Umstände oder Tatsachen anzuzeigen, setzt stets voraus, dass der Versicherungsnehmer Kenntnis von diesen Umständen oder Tatsachen hat. Fehlt ihm diese Kenntnis, läuft die Anzeigeobliegenheit ins Leere. Denn es gibt in diesem Fall nichts, worüber er nach seinem Kenntnisstand seinen Versicherer aufklären könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 2019 – IV ZR 247/18 –, juris; BGH, Urteil vom 13. Dezember 2006 – IV ZR 252/05, VersR 2007, 389; Knappmann in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 3. Aufl. § 14 Rn. 54).

(2)

Gemessen daran ist vorliegend von der erforderlichen subjektiven Kenntnis des Klägers betreffend den gefahrerheblichen Umstand auszugehen.

Der Kläger selbst hat sich schriftsätzlich dahingehend eingelassen, dass er im fraglichen Zeitraum im Zusammenhang mit einem bevorstehenden Arbeitsplatzwechsel Probleme an seinem Arbeitsplatz gehabt habe. Tatsächlich sei er zum damaligen Zeitpunkt verärgert über seinen Arbeitgeber gewesen und sei aus diesem Grunde zu seinem Arzt gegangen, woraufhin die behandelnde Ärztin ihm Entspannungstraining empfohlen habe und darüber hinaus angeraten habe, die Arbeits- und Ruhezeiten mit dem Vorgesetzten zu besprechen. Diesen Vortrag hat der Kläger in seiner informatorischen Anhörung vor dem Senat wiederholt und weiter vertieft. Er schilderte, dass er sich aus taktischen Gründen habe krankschreiben lassen. Dem habe zugrunde gelegen, dass er von seinem früheren Arbeitgeber zur C. gewechselt sei. Vor dem Arbeitsplatzwechsel habe er sich noch eine Woche Urlaub nehmen wollen, den ihm sein früherer Chef aber nicht gewährt habe. Er sei dann zur Ärztin gegangen und habe ihr seine Situation beschrieben, insbesondere, dass er noch keinen Urlaub gehabt habe, eine Pause bräuchte und aufgrund des täglichen Dienstes übermüdet sei. Die Frage, warum er diese Krankschreibung nicht bei den Gesundheitsfragen angegeben habe, beantwortete der Kläger zwar dahingehend, dass er nicht krank gewesen sei, räumte aber im weiteren Verlauf seiner Befragung ein, dass er durch seine vorherige Tätigkeit belastet gewesen sei, da er sehr lange Zeit ohne Pause gearbeitet habe. Zudem habe er „Krach“ mit seinem Chef gehabt und wenigstens mal eine Woche Urlaub haben wollen.

Angesichts dessen steht zur Überzeugung des Senats, § 286 ZPO, fest, dass dem Kläger bewusst war, dass er gegenüber seiner behandelnden Ärztin, die er zu diesem Zweck aufgesucht hatte, Tatsachen geschildert hat, die – auch aus seiner Sicht – auf eine arbeitsbedingte Belastungsreaktion schließen ließen und schließlich zu einer Krankschreibung aufgrund dieser Tatsachen geführt haben. Gemessen daran hätte der Kläger die Behandlung bei der Ärztin Fr. P. im Rahmen der Gesundheitsfrage Ziff. 10 e) angeben müssen. Indem er gleichwohl die Behandlung in der Gesundheitsfrage 10 e) unerwähnt ließ, entstand – für ihn erkennbar – der unrichtige Eindruck, es sei bislang noch nicht zu einer Behandlung des Klägers wegen Erkrankungen oder Störung der Psyche (z.B. depressive Stimmungen, Angstzustände, Belastungsreaktionen, Essstörungen, Erschöpfungszustände) gekommen. Auch in diesem Zusammenhang kann die Berufung nicht damit gehört werden, dass die gestellte Diagnose ICD Z56 G kein Krankheitsbild darstelle, das einer der in Frage Nummer 10 e) beschriebenen Erkrankungen entspreche. Entscheidend ist nämlich, dass der Kläger durch die Äußerung von Beschwerden gegenüber seiner behandelnden Ärztin ein Bild gezeichnet hat, das demjenigen einer arbeitsbedingten Belastungsreaktion entspricht, und dass er diesen ihm bekannten Umstand auf die entsprechende Frage nicht angab. Denn hinsichtlich dieser gegenüber der Ärztin geäußerter Beschwerden war er anzeigepflichtig, ohne dass es darauf ankommt, ob eine ärztliche Diagnose feststeht (OLG Hamm, Urteil vom 9. Februar 1996 – 20 U 256/95, r+s 1997, 34, 35; OLG Koblenz, Urteil vom 17. November 2000 -10 U 1979/99, VersR 2001, 887, 888) oder der Arzt die Beschwerden nicht eindeutig einer Krankheit zugeordnet hat (BGH, Urteil vom 8. März 1989 – IV a ZR 17/88, VersR 1989, 689; OLG Hamm, Urteil vom 21. 2. 2001 – 20 U 114/00, VersR 2001, 1503), oder der Versicherungsnehmer die genaue medizinische Diagnose nicht kennt (OLG Hamm, Urteil vom 9. Februar 1996 – 20 U 256/95, r+s 1997, 34, 35; OLG Karlsruhe, Urteil vom 6. 7. 1995 – 12 U 311/94, r+s 1996, 503, 505). Hinzu kommt, wie das Landgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, dass der Kläger in der maßgeblichen Gesundheitsfrage auch nicht einmal nach einer Diagnose, sondern nur danach gefragt wurde, ob er beraten, untersucht und behandelt wurde, sodass er diese weit gefasste Frage auch dementsprechend hätte beantworten und die Behandlung offenbaren müssen.

c.)

Die vom Kläger verschwiegene Behandlung stellte auch einen Gefahrumstand dar, der für den Entschluss der Beklagten, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich war. Dass ärztlich behandelte Belastungsreaktionen für die Risikoprüfung beim Abschluss eines Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrags relevant sind, liegt im Übrigen auf der Hand und ergibt sich auch aus den Angaben des zu den Annahmerichtlinien der Beklagten vernommen Zeugen H., der widerspruchsfrei und glaubhaft unter Verweis auf die Annahmerichtlinien der Beklagten schilderte, dass bei der gegebenen psychischen Beeinträchtigung kein Ausschluss erfolgt, sondern der Kläger mit aller Wahrscheinlichkeit überhaupt nicht versichert worden wäre. Ein Ausschluss erfolge bei psychischen Beeinträchtigungen nur in ganz seltenen Fällen, weil sich da zahlreiche Abgrenzungsproblem ergäben. Das heiße, im konkreten Fall wäre bei Angabe psychischer Beschwerden nicht lediglich ein Teilschluss erfolgt, sondern der Vertragsschluss wäre vollständig abgelehnt worden.

2.)

Das aus der objektiven Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht folgende Rücktrittsrecht der Klägerin ist auch nicht nach § 19 Abs. 3 VVG ausgeschlossen, weil zugunsten des insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten (vgl. BT-Drucks. 16/3945, S. 65; Senat, Urteil vom 13. Januar 2016 – 5 U 18/15; Langheid in Langheid/Rixecker, Versicherungsvertragsgesetz, 7. Auflage, § 19 Rdn. 87, 142) davon auszugehen wäre, dass dieser weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt hätte. Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Anzeigepflichtverletzung vorsätzlich – mit Wissen und Wollen des Erfolges im Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit (vgl. RG, Urt. v. 29.9.1909 – I 310/08 – RGZ 72, 4) – erfolgt ist.

Der Kläger kann insbesondere nicht damit gehört werden, dass die behandelnde Ärztin ihn krankgeschrieben hätte, obwohl er nicht krank gewesen sei, er also selbst nicht vom Vorliegen einer Erkrankung bzw. der Konsultation des Arztes wegen einer psychischen Belastung habe ausgehen können. Vielmehr skizzierte er selbst gegenüber der behandelnden Ärztin, wie er in seiner persönlichen Anhörung angab, ein Bild einer beruflichen Überlastung, indem er schilderte, dass er noch keinen Jahresurlaub gehabt habe und unbedingt eine Pause brauche. Er sei durch seine vorherige Tätigkeit belastet gewesen, da er sehr lange Zeit ohne Pause gearbeitet habe. Zudem habe er „Krach“ mit seinem Chef gehabt und wenigstens mal eine Woche Urlaub haben wollen. Ihm war mithin bewusst, dass er sich wegen einer arbeitsbedingten Belastungssituation in ärztliche Behandlung begeben hatte und handelte im Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit, als er die Frage 10 e), die auch ausdrücklich nach Belastungsreaktionen fragte, mit „nein“ beantwortete. Daher besteht hier kein vernünftiger Zweifel daran, dass der Kläger (mindestens) vorsätzlich handelte; jedenfalls ist abweichendes von ihm nicht bewiesen worden.

3.)

Der Wirksamkeit des erklärten Rücktritts steht auch nicht entgegen, dass der Kläger nicht oder nicht ordnungsgemäß über die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung belehrt worden wäre. Wie das Landgericht zutreffend – und von der Berufung nicht gerügt – angenommen hat, genügt die im Antragsformular enthaltene Belehrung den Anforderungen des § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG. Hiernach stehen dem Versicherer die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die hier in dem Antragsformular enthaltene Belehrung entspricht sowohl den formalen, als auch den inhaltlichen Anforderungen dieser Vorschrift.

a)

Nach § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG ist der Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hinzuweisen. In formaler Hinsicht fordert die „gesonderte Mitteilung“ nicht notwendig eine Belehrung in einer von sonstigen Erklärungen getrennten Urkunde, sondern es genügt eine – drucktechnisch allerdings deutlich hervorgehobene – Belehrung auch in dem Fragebogen, in welchem die Antragsfragen enthalten sind (vgl. BGH, Urteil vom 27. April 2016 – IV ZR 372/15, VersR 2016, 780 Rz. 13; Beschluss vom 6. Dezember 2017 – IV ZR 16/17, VersR 2018, 281 Rz. 13). Durch die drucktechnische Gestaltung muss die Belehrung sich so vom übrigen Text abheben, dass sie vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann und ihm bei der Beantwortung der Fragen „vor Augen steht“ (vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 2013 – IV ZR 197/11, BGHZ 196, 67; Senat, Urteil vom 9. Mai 2018 – 5 U 23/16, r+s 2019, 214). Inhaltlich muss die Belehrung jedenfalls eine zutreffende Unterrichtung über die möglichen Folgen einer Verletzung der Anzeigepflicht enthalten (Senat, Urteil vom 7. Mai 2021 – 5 U 41/20).

b)

Gemessen an den dargestellten Grundsätzen ist die vorliegende Belehrung formal ordnungsgemäß und insbesondere auch drucktechnisch ausreichend hervorgehoben. Die Belehrung erfolgt unter der im Fettdruck dargestellten Überschrift „Belehrung zur Anzeigepflichtverletzung auf den Seiten 5 und 6 des Antragsformulars vor den sich auf Seite 7 anschließenden Gesundheitsfragen“. Unter der ebenfalls in Fettdruck dargestellten Fragestellung „Was passiert, wenn Sie falsch antworten?“ verweist die Beklagte darauf, dass falsche Angaben zu gefahrerheblichen Umständen, nach denen ausdrücklich in Textform gefragt wurde, den Versicherer zum Rücktritt, zur Kündigung oder zur Vertragsanpassung berechtigen kann. Anschließend werden – ebenfalls unter einer jeweils im Fettdruck gehaltenen Überschrift – die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der der Beklagten zustehenden Rechte gemäß § 19 Abs. 2 bis 4 VVG im Einzelnen geschildert. Nicht zuletzt enthält die Belehrung eine ausdrückliche Bezugnahme auf die nachfolgenden (Gesundheits)fragen und steht damit im erforderlichen Kontext zu den Antragsfragen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 13. Februar 2015 – 20 U 169/14, VersR 2016, 103; Langheid in Langheid/Wandt, Münchener Kommentar zum VVG, 3. Auflage 2022, § 19 Rn. 160), so dass dem Versicherungsnehmer die Belehrung bei der Beantwortung der Fragen „vor Augen steht“ (vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 2013 – IV ZR 197/11, BGHZ 196, 67; Senat, Urteil vom 7. Mai 2014 – 5 U 45/13, VersR 2015, 91).

c)

Auch inhaltlich ist die im Antragsformular der Beklagten enthaltene Belehrung nicht zu beanstanden. Insbesondere wird hinsichtlich der Rechtsfolgen eines wirksamen Rücktritts in ausreichender Weise auf den Umstand hingewiesen, dass der Versicherer nicht nur für alle zukünftigen, sondern unter Umständen auch für in der Vergangenheit eingetretenen Versicherungsfälle leistungsfrei wird (vgl. § 21 Abs.2 Satz 1 VVG i.V.m. §§ 346 Abs.1, 349 BGB) und infolgedessen auch alle bereits erbrachten Leistungen zurückfordern kann. Dies wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer der Formulierung, dass der Vertrag rückwirkend beseitigt wird, ohne weiteres entnehmen und dementsprechend nicht darauf vertrauen, dass ihm in der Vergangenheit gewährte Leistungen aus dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag weiterhin zustehen sollen. Vielmehr entspricht die gewählte Formulierung dem Erfordernis des Bundesgerichtshofs nach einer abstrakt- generellen Information über die rückabzuwickelnden Leistungen (BGH, Urteil vom 12. März 2014 – IV ZR 295/13-, juris). Auch sonst sind keine Mängel der Belehrung ersichtlich, solche werden vom Kläger auch nicht aufgezeigt

4.)

Das Landgericht hat weiterhin zutreffend angenommen, dass es dem Kläger auch nicht gelungen ist, den sog. Kausalitätsgegenbeweis gem. § 21 Abs. 2 Satz 2 VVG zu führen. Im Falle eines Rücktrittes gemäß § 19 Abs. 2 VVG nach Eintritt des Versicherungsfalles ist der Versicherer nach § 21 Abs. 2 Satz 2 VVG nicht zur Leistung verpflichtet, es sei denn, die Verletzung der Anzeigepflicht bezieht sich auf einen Umstand, der weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Insoweit hat der Kläger weder behauptet noch unter Beweis gestellt, dass es an der Kausalität zwischen dem verschwiegenen Umstand und dem Eintritt des Versicherungsfalls fehlt. Eher spricht die Tatsache, dass die von ihm begehrten Leistungen wegen Berufsunfähigkeit auf psychische Beschwerden gestützt werden, dafür, dass dies auf derselben Grunderkrankung beruht, die den Kläger bereits damals zu der verschwiegenen ärztlichen Behandlung und der in diesem Zusammenhang erfolgten Krankschreibung veranlasst haben; jedenfalls ist das nicht widerlegt. Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 13.09.2021 (Bl. 122 d.A.) Beweis durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens allein dafür angeboten hat, dass die vorvertraglich bei Vertragsabschluss gestellte Diagnose von keiner Gefahrerheblichkeit gewesen sei, betrifft diese Behauptung nur die Frage, ob die streitgegenständliche Behandlung der Gesundheitsfrage 10 e.) im Antragsformular der Beklagten unterfällt bzw. relevant für den Vertragsabschluss war, darum geht es hier nicht.

5.)

Der beklagtenseits erklärte Rücktritt ist schließlich auch rechtzeitig erfolgt. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 VVG muss der Rücktritt seitens des Versicherers innerhalb eines Monats nach Kenntnis der das Recht begründenden Umstände ausgeübt werden. Die Einhaltung der Frist ist hier offensichtlich erfolgt und vom Kläger auch nicht im Zweifel gezogen worden. Das Rücktrittsschreiben datiert auf den 13.07.2018, während das ärztliche Attest, aus dem die Krankschreibung und Behandlung wegen einer psychischen Belastung hervorging, vom 14.06.2018 stammte und der Beklagten in der Folge erst zugehen musste, damit sie von der Behandlung Kenntnis erlangte.

Auch das Erfordernis, dass der Versicherer bei der Ausübung seiner Rechte die Umstände anzugeben hat, auf die er seine Erklärung stützt (§ 21 Abs. 1 Satz 3 VVG), ist erfüllt. Die Beklagte hat sich zur Begründung des Rücktritts darauf bezogen, dass der Kläger nicht angegeben habe, dass er vom 28.10.2009 bis 02.12.2009 ärztlich behandelt und ihm vom 27.10.2009 bis 8.11.2009 eine Arbeitsunfähigkeit attestiert wurde. Dass sich die Beklagte – vermeintlich unrichtig – auf eine Behandlung wegen einer Anpassungsstörung berufen hat, ist – wie das Landgericht jedenfalls im Ergebnis richtig festgestellt hat – unschädlich. Die Begründung des Rücktritts muss die Umstände angeben, aus denen der Versicherer eine Verletzung der Anzeigepflicht herleitet. Sie muss dem Versicherungsnehmer vor Augen führen, in welchen konkreten Umständen der Versicherer eine Anzeigepflichtverletzung sieht (Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl., § 21 Rn. 14). Der Versicherungsnehmer muss die Lage versetzt werden, sein Fehlverhalten nachvollziehen zu können (Bußmann in Langheid/Wandt, Münchener Kommentar zum VVG, 3. Auflage 2022, § 21 Rn.39; Neuhaus in r+s 2008, 45 (53)). Gemessen daran wurde dem Kläger im Rücktrittsschreiben dargelegt, dass der Rücktritt auf der nicht mitgeteilten ärztlichen Behandlung vom 28.10.2009 bis 02.12.2009 sowie der Krankschreibung vom 27.10.2009 bis 08.11.2009 beruht und die Beklagte infolgedessen von einer Falschbeantwortung der Antragsfrage 10 e.) ausgeht. Durch diese Darstellung wurde der Kläger in die Lage versetzt, die Gründe für den erklärten Rücktritt nachzuvollziehen und prüfen zu können. Denn es ging maßgeblich um die nicht angegebene ärztliche Behandlung und die daraus resultierende Krankschreibung. Ob der ärztlichen Behandlung – wie die Beklagte meint – eine Anpassungsstörung zugrunde lag, kann insoweit dahinstehen, weil die Einhaltung des Begründungserfordernisses gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 VVG davon nicht abhängt.

6.)

Steht damit fest, dass die Beklagte wirksam von dem mit dem Kläger geschlossenen Berufsunfähigkeitsvertrag zurückgetreten ist, stehen dem Kläger keine Leistungsansprüche aus diesem Vertrag zu. Andere Anspruchsgrundlagen sind weder dargetan noch ersichtlich. Ob die hilfsweise ausgesprochene Kündigung der Beklagten wirksam war, kann angesichts der primär ausgesprochenen, wirksamen Rücktrittserklärung dahinstehen.

7.)

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 i. V. m. § 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Die Wertfestsetzung beruht – entsprechend der landgerichtlichen Festsetzung – auf den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. §§ 3, 9 ZPO.

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