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Krankenversicherung – Behandlungskosten für Katarakt-Operation

AG München, Az.: 233 C 14473/17, Urteil vom 12.04.2018

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Der Streitwert wird auf 1.312,88 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die weitere Erstattung von Behandlungskosten für eine Katarakt-Operation an beiden Augen durch … in Höhe von 1.312,88 EUR.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten einen privaten Krankenversicherungsvertrag u.a. nach dem Tarif 711 für ambulante und 720 für stationäre Heilbehandlung. Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung des Klägers wegen Krankheit. Erstattungsfähig sind 100% der Aufwendungen für ambulante ärztliche Behandlungen.

Mit Rechnung vom 20.3.2017 rechnete das MVZ … insgesamt 6.240,63 EUR gegenüber dem Kläger für eine Katarakt-Operation an beiden Augen ab. Mit Leistungsabrechnung vom 4.4.2017 lehnte die Beklagte eine Erstattung in Höhe von 1.312,88 EUR ab. Diese Ablehnung betraf die zweifache Abrechnung der GOÄ Ziffer 5855 analog für den 14.2.2017 und den 7.3.2017. Stattdessen berücksichtigte die Beklagte zweimal die GOÄ Ziffer 441 in Höhe von jeweils 67,49 EUR.

Die Heilbehandlung war medizinisch notwendig.

Der Kläger ist der Ansicht, dass das MVZ … berechtigt gewesen sei, die Gebührenziffer 5855 analog abzurechnen.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.312,88 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.4.2017 zu zahlen.

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 201,71 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.6.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Abrechnung der GOÄ Ziffer 5855 analog nicht möglich sei. Der Einsatz des Femtolasers sei keine selbständige ärztliche Maßnahme, sondern diene vielmehr der Erbringung der eigentlichen Leistung nach der GOÄ Ziffer 1375 „extrakapsuläre Operation des grauen Stars“.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Erholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen …. Es wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen vom 18.12.2017 Bezug genommen. Der Sachverständige hat sein Gutachten in der mündlichen Verhandlung vom 21.3.2018 erläutert. Es wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.3.2018.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.3.2018 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Krankenversicherung - Behandlungskosten für Katarakt-Operation
Symbolfoto: beerkoff/Bigstock

Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Das Amtsgericht München ist gemäß §§ 23 I 1, 71 GVG sachlich und gemäß § 17 ZPO örtlich zuständig.

2. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 1.312,88 EUR aus dem Krankenversicherungsvertrag. Die bei dem Kläger durchgeführten Katarakt-Operationen wurden seitens des behandelnden Arztes nicht korrekt abgerechnet. Der behandelnden Arzt durfte die Ziffer 5855 GOÄ analog nicht abrechnen. Die Beklagte ist daher nicht verpflichtet, dem Kläger einen Betrag in Höhe von 1.312,88 EUR zu erstatten. Die GOÄ sieht den Einsatz eines Femtosekundenlasers nicht ausdrücklich vor und hält für diesen keinen expliziten Gebührentatbestand bereit. Nach § 4 Abs. 2 a der GOÄ kann der Arzt für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen operativen Einzelschritte. Bei der Beurteilung kommt es darauf an, ob eine Leistung im konkreten Fall einen selbständigen Charakter hat und damit das Leistungsziel darstellt, oder ob sie nur ein Teilschritt auf den Weg zur Erreichung eines Leistungsziels ist.

Der Sachverständige … führte aus, dass es sich bei dem Einsatz des Femtosekundenlasers im Rahmen der Katarakt-Operation um eine besondere Ausführung einer im Gebührenverzeichnis erfassten anderen Leistung handelt und es demnach an der Selbständigkeit dieser Leistung fehle. Der Sachverständige führte aus, dass es bei der Operation des grauen Stars darum gehe, dass die im Auge befindliche Linse zertrümmert und abgesaugt und anschließend durch eine Kunstlinse ersetzt werde. Die Linse sei von einer Hülle umgeben, dem Kapselsack. Diese Hülle müsse bei der Operation zunächst aufgerissen werden. Dies könne mit einem Laser oder mit einem Skalpell erfolgen. Das Absaugen der Linse und das Einsetzen der neuen Linse erfolge so wie früher. Es gebe drei OP-Teilschritte, die durch den Laser ersetzt werden können. Dies seien die Hornhautschnitte zur Öffnung des Auges, die Kapselorexis (Öffnung der Vorderkapsel) und die Zerteilung des Linsenkernes. Wenn man den Laser dazu nicht einsetze, führe man die Hornhautschnitte mit einem Skalpell durch, die Kapselorexis mit einer Pinzette oder einer Nadel und die Zerteilung des Linsenkernes mit einem Ultraschallgerät.

Das Gericht schließt sich den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen … an. Danach handelt es sich bei dem Einsatz des Femtosekundenlasers nicht um eine selbständige Zielleistung, sondern um die besondere Art der Ausführung einer Leistung. Durch den Einsatz des Femtosekundenlasers werden lediglich Teil-OP-Schritte ersetzt, die ansonsten auf eine andere Art durchgeführt werden würden. Der Einsatz des Femtosekundenlasers ist daher nicht neben der Endziffer 1375 „extrakapsuläre Operation des grauen Stars mittels gesteuerten Saugspülverfahrens oder Linsenkernverflüssigung mit Implantation einer intraokularen Linse“ nach Ziffer 5855 GOÄ analog abrechenbar. Für den Einsatz des Femtosekundenlasers kann zusätzlich zu Ziffer 1375 die Gebührenziffer 441 berechnet werden.

Die Beklagte hat die Erstattung des Betrages von 1.312,88 EUR abgelehnt. Sie hat die zweifache Abrechnung der GOÄ Ziffer 5855 analog abgelehnt und stattdessen zweimal die GOÄ Ziffer 441 in Höhe von jeweils 67,49 EUR berücksichtigt. Der Kläger hat gegen die Beklagte daher keinen weiteren Anspruch auf Erstattungsleistungen gegenüber der Beklagten betreffend die Rechnung des MVZ … vom 20.3.2017.

2. Da der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 1.312,88 EUR hat, hat er gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Zahlung von Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt gemäß § 48 I GKG i.V.m § 3 ZPO.

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