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Berufsunfähigkeitsversicherung – unzutreffende Angaben bei Gesundheitsfragen

Gesundheitsfragen: Unzureichende Angaben und Anzeigepflichtverletzung

Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte die Entscheidung des Landgerichts Arnsberg, dass die Berufung des Klägers unbegründet ist und wies diese zurück. Der Kläger hatte bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung relevante Gesundheitsinformationen nicht angegeben, was zu einem wirksamen Rücktritt des Versicherers vom Vertrag führte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: I-26 U 153/13  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Zentrale Punkte des Urteils:

  1. Wirksamer Rücktritt der Versicherung: Das Gericht bestätigte den wirksamen Rücktritt der Versicherung vom Vertrag aufgrund vorsätzlicher Anzeigepflichtverletzung durch den Kläger.
  2. Falsche Angaben bei Gesundheitsfragen: Der Kläger hatte im Versicherungsantrag eine wesentliche Gesundheitsfrage falsch beantwortet, indem er vorherige Erkrankungen und Behandlungen nicht angab.
  3. Beweislast und Sprachkenntnisse: Das Gericht fand keine ausreichenden Beweise dafür, dass der Kläger die deutschen Gesundheitsfragen nicht verstanden hatte. Trotz Sprachbarrieren wurde festgestellt, dass die Fragen korrekt gestellt und verstanden wurden.
  4. Vorsatz bei der Anzeigepflichtverletzung: Das Gericht nahm an, dass der Kläger die Nichtangabe von Gesundheitsinformationen vorsätzlich beging, da er wusste, dass diese Informationen Einfluss auf die Entscheidung des Versicherers hätten.
  5. Keine endgültige Leistungsablehnung durch Versicherer: Trotz des Rücktritts vom Vertrag wurde festgestellt, dass die Versicherung mit ihrem Schreiben vom 07.03.2012 keine endgültige Leistungsablehnung vorgenommen hatte.
  6. Mangelnde Fälligkeit der Ansprüche: Das Gericht entschied, dass die Ansprüche des Klägers auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung derzeit unbegründet sind, da die erforderlichen Erhebungen zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistungspflicht des Versicherers noch nicht abgeschlossen waren.
  7. Bedeutung der Patientenunterlagen: Der Kläger konnte oder wollte die vollständigen medizinischen Unterlagen nicht vorlegen, was für die Bewertung des Falles und die Feststellung einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung erforderlich war.
  8. Kein Kausalitätsgegenbeweis erbracht: Der Kläger konnte nicht nachweisen, dass die nicht angegebenen Gesundheitsumstände nicht ursächlich für den Versicherungsfall waren. Dadurch blieb die Leistungsfreiheit des Versicherers bestehen.

Eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) ist eine wichtige Absicherung, um im Falle einer Berufsunfähigkeit finanziell abgesichert zu sein. Allerdings kann es zu Problemen kommen, wenn bei den Gesundheitsfragen unzutreffende Angaben gemacht werden. Falsche Angaben können zu Leistungskürzungen oder sogar zum Verlust des Versicherungsschutzes führen. Es ist daher entscheidend, die Gesundheitsfragen bei Abschluss einer BU-Versicherung gewissenhaft und ehrlich zu beantworten.

Im weiteren Verlauf dieses Artikels werden wir uns mit einem konkreten Urteil des OLG Hamm zum Thema unzutreffende Angaben bei Gesundheitsfragen und den daraus resultierenden rechtlichen Herausforderungen befassen.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Was bedeutet eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung in der Versicherungsbranche?

Eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung in der Versicherungsbranche bezieht sich auf das Versäumnis des Versicherungsnehmers, dem Versicherer vor Abschluss des Vertrages alle gefahrerheblichen Umstände mitzuteilen, nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat. Diese Pflicht dient dazu, dem Versicherer eine angemessene Risikobeurteilung zu ermöglichen, da er ohne diese Informationen keinen adäquaten Versicherungsschutz kalkulieren könnte.

Die Anzeigepflicht endet mit der Abgabe des Antragsvordrucks an den Versicherer. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Pflicht, indem er relevante Informationen verschweigt oder falsch darstellt, kann der Versicherer je nach Schweregrad der Pflichtverletzung unterschiedliche Rechtsfolgen geltend machen, wie Rücktritt vom Vertrag, Kündigung oder Anpassung der Versicherungsbedingungen. Bei arglistiger Täuschung kann der Versicherer den Vertrag sogar anfechten.

Die Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung können vom Versicherer nur innerhalb bestimmter Fristen geltend gemacht werden, die je nach Art der Pflichtverletzung variieren können. Bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung beträgt die Frist fünf Jahre, bei arglistiger Täuschung zehn Jahre nach Vertragsschluss. Bei einer schuldlosen Falschbeantwortung kann der Versicherer die Bedingungen des Vertrags ab der laufenden Versicherungsperiode ändern.

Der Versicherer ist zudem verpflichtet, den Versicherungsnehmer über die Rechtsfolgen einer Anzeigepflichtverletzung aufzuklären. Unterlässt der Versicherer diese Belehrung, kann er sich später nicht auf die Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers berufen.

Wie wird der Vorsatz bei Anzeigepflichtverletzungen beurteilt?

Die Beurteilung des Vorsatzes bei Anzeigepflichtverletzungen in der Versicherungsbranche ist ein wesentlicher Aspekt bei der Bewertung der Rechtsfolgen, die aus einer solchen Verletzung resultieren können. Vorsatz bedeutet, dass der Versicherungsnehmer sich der Anzeigepflicht bewusst ist und diese dennoch bewusst verletzt. Wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich handelt, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten oder ihn kündigen.

Die Beweislast für den Vorsatz liegt beim Versicherer. Er muss nachweisen, dass dem Versicherungsnehmer der nicht oder falsch angegebene Umstand bekannt war. Ist diese Voraussetzung erfüllt, liegt die Beweislast dafür, dass es kein Vorsatz war, beim Versicherungsnehmer.

Die Rechtsfolgen einer vorsätzlichen Anzeigepflichtverletzung können bis zu fünf Jahre nach Vertragsschluss vom Versicherer geltend gemacht werden. Bei arglistiger Täuschung, die eine schwerwiegendere Form des Vorsatzes darstellt, verlängert sich diese Frist auf zehn Jahre.

Es ist auch zu beachten, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer über die Rechtsfolgen einer Anzeigepflichtverletzung aufklären muss. Unterlässt der Versicherer diese Belehrung, kann er sich später nicht auf die Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers berufen.

Was impliziert der Begriff Kausalitätsgegenbeweis im Kontext des Versicherungsrechts?

Der Begriff Kausalitätsgegenbeweis im Kontext des Versicherungsrechts bezieht sich auf die Möglichkeit des Versicherungsnehmers, nachzuweisen, dass eine Verletzung seiner Obliegenheiten (Pflichten) weder für den Eintritt noch für die Feststellung des Versicherungsfalls oder die Feststellung oder den Umfang der Leistung des Versicherers ursächlich war.

Dieser Beweis kann dazu führen, dass der Versicherer trotz einer Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers zur Zahlung verpflichtet ist. Beispielsweise, wenn ein Autofahrer gegen seine Pflicht verstößt, eine Unfallstelle nicht zu verlassen, und dennoch nachweisen kann, dass dieser Verstoß keinen Einfluss auf den Versicherungsfall oder die Leistung des Versicherers hatte, kann der Versicherer trotz der Obliegenheitsverletzung zur Leistung verpflichtet sein.

Der Kausalitätsgegenbeweis ist in § 28 Abs. 3 S. 1 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) geregelt. Es ist Aufgabe des Versicherungsnehmers und seiner Berater, den Kausalitätsgegenbeweis zu führen.

Es ist zu beachten, dass Versicherer den Kausalitätsgegenbeweis für Versicherungsnehmer, die Großrisiken versichern lassen, nicht einschränken oder ausschließen können. Allerdings dürfen allgemeine Geschäftsbedingungen den Kausalitätsgegenbeweis nicht unangemessen einschränken.


Das vorliegende Urteil

OLG Hamm – Az.: I-26 U 153/13 – Urteil vom 03.02.2015

Die Berufung des Klägers gegen das am 07. August 2013 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufungsinstanz werden dem Kläger auferlegt.

Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über das Bestehen eines Berufsunfähigkeitszusatzversicherungsvertrags sowie über Ansprüche des Klägers aus diesem Vertrag.

Mit Antrag vom 13.03.2007 beantragte der am … 1969 geborene Kläger bei der Beklagten den Abschluss einer fondsgebundenen Rentenversicherung mit eingeschlossener Berufs-Unfähigkeits-Zusatzversicherung (Anlage B1). Versicherungsbeginn war der 01.05.2007. Diesem Antrag war ein Vermittlungsgespräch des Klägers mit der Zeugin B2 und dem Zeugen F vorausgegangen. In dem hierbei ausgefüllten Fragebogen wurde die Gesundheitsfrage Nr. 3 nach Untersuchungen, Beratungen oder Behandlungen in den letzten 5 Jahren mit „nein“ angekreuzt.

Nach Meldung des Versicherungsfalls durch den Kläger trat die Beklagte mit Schreiben vom 02.02.2012 in die Leistungsprüfung ein. Mit Schreiben vom 07.03.2012 erklärte die Beklagte den Rücktritt vom Versicherungsvertrag unter Bezugnahme auf die im Versicherungsantrag vom 13.03.2007 nicht erwähnten ärztlichen Behandlungen des Klägers in der Zeit vom 03.04.2003 bis 26.01.2007 (vgl. Krankenkassenauskunft der C v. 16.02.2012, Anl. B4). Zudem wies sie darauf hin, dass sie im Moment nicht einschätzen könne, ob der Kläger berufsunfähig sei, da ihr noch Auskünfte und Informationen fehlten.

Nachdem die Beklagte in der Folgezeit verschiedene Arztbriefe und Berichte der behandelnden Ärzte und Kliniken erhalten hatte, forderte sie die Hausärztin des Klägers, Frau Dr. y, seit April 2012 mehrfach schriftlich zur Übermittlung einer vollständigen Anamnese und der vorliegenden medizinischen Unterlagen auf und erinnerte ebenso den Kläger an die Unterlagen von Frau Dr. y. Mit Schreiben vom 15.03.2013 teilte Dr. y schließlich mit, dass der Kläger erst seit dem Jahr 2006 in ihrer Behandlung sei. Zudem übersandte sie mehrere Berichte anderer Ärzte aus 2006.

Der Kläger hat behauptet, er sei der deutschen Sprache nicht mächtig. Die Gesundheitsfragen seien ihm in dem Beratungsgespräch vom 13.03.2007 von der Vermittlerin B2 nicht übersetzt worden. Er sei seit seiner Krankschreibung vom 11.08.2011 aufgrund einer Lungenerkrankung und einer psychischen Erkrankung berufsunfähig und könne seinen seit 2005 ausgeübten Beruf als Stanzer nicht mehr ausführen. Der Beklagten sei eine Prüfung der Leistungspflicht aufgrund der umfangreichen fachärztlichen Unterlagen ohne weiteres möglich gewesen. In Bezug auf die Zeit seit März 2002 seien der Beklagten sämtliche Erkrankungen und Behandlungen aufgrund der Auskunft der C bekannt. Zudem ist der Kläger der Ansicht gewesen, die Ermittlungen im Sinne von § 14 VVG seien abgeschlossen, da es ihm unmöglich oder unzumutbar sei, die von der Beklagten geforderten Unterlagen beizubringen. Der Kläger hat (1) Zahlung einer monatlichen Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 1.000,00 EUR ab 01.09.2011 bis zum 30.04.2027 sowie (5) vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.227,26 EUR begehrt sowie (2) Feststellung, dass der Versicherungsvertrag wirksam fortbesteht, (3) Feststellung der Befreiung von der Beitragspflicht und (4) Feststellung zur Zahlungsverpflichtung von Überschussanteilen verlangt.

Die Beklagte hat behauptet, dass dem Kläger die Gesundheitsfragen, insbesondere die Frage 3 gestellt worden seien und die Ansicht vertreten, dass die Klage hinsichtlich der Klageanträge 1, 3, 4 und 5 derzeit unbegründet sei, da sie vor Fälligkeit gemäß § 14 VVG erhoben sei.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird wegen des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Unter dem 30.01.2013 hat das Landgericht ein am 11.02.2013 zugestelltes, klageabweisendes Versäumnisurteil erlassen, gegen das der Kläger mit am 21.02.2013 eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt hat.

Das Landgericht hat nach Anhörung des Klägers und Vernehmung der Zeugen B2, F und K den Einspruch des Klägers zurückgewiesen und das Versäumnisurteils aufrechterhalten. Die Klage sei hinsichtlich der Anträge 1, 3, 4 und 5 derzeit unbegründet, hinsichtlich des Antrags zu 2 unbegründet. Etwaige Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag seien mangels Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung des Versicherers notwendigen Erhebungen nicht fällig. Die Voraussetzungen des § 14 VVG lägen nicht vor. Vorliegend fehle es an einer Einsicht der Beklagten in die Patientenunterlagen der klägerischen Hausärztin Dr. y für den Zeitraum 01.03.2002 bis 13.03.2007, welche der Kläger trotz mehrfacher Aufforderungen nicht zur Verfügung gestellt habe. Die Einsichtnahme in diese Unterlagen sei Bestandteil der notwendigen Erhebungen. Es bestehe durch die Betrachtung des 5-Jahres-Zeitraums die Möglichkeit der Aufdeckung oder Substantiierung einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung. Hierfür reiche die Auskunft der C, aus der sich lediglich eine stichwortartige Diagnose ergebe, nicht aus. Bei den vom Kläger übermittelten Unterlagen handele es sich nicht um die vollständigen Patientenunterlagen. Es sei dem Kläger angesichts seines (gesetzlichen) Einsichtsrechts auch nicht unmöglich oder unzumutbar, eine Kopie der vollständigen Patientenunterlagen der Frau Dr. y zu beschaffen. Zudem fehle es für die notwendigen Erhebungen auch an der Durchführung einer ärztlichen Untersuchung des Klägers durch von der Beklagten beauftragte Ärzte. Eine solche Untersuchung habe die Beklagte verlangt. Entgegen der Auffassung des Klägers habe die Beklagte mit ihrer Rücktrittserklärung vom 07.03.2012 Geldleistungen an den Kläger auch nicht endgültig abgelehnt.

Die vom Kläger mittels Klageantrags zu 2 begehrte Feststellung sei nicht zu treffen. Der Versicherungsvertrag sei gemäß § 19 Abs. 2 VVG n.F. i.V.m. § 16 Abs. 1 VVG a.F. aufgrund Rücktritts der Beklagten beendet. Der Kläger habe die Gesundheitsfrage Nr. 3 mit „nein“ beantwortet und hierdurch seine Anzeigepflicht gegenüber der Beklagten verletzt. Aus der Vernehmung der Zeugen B2 und F folge, dass dem Kläger die Frage Nr. 3 vorgelesen worden sei. Er habe die aus der Auskunft der C ersichtlichen Behandlungen seit dem 03.04.2003 nicht angegeben. Die Zeugin K habe die klägerische Behauptung, dass insoweit keine Gefahrerheblichkeit vorliege, nicht bestätigt, so dass der Kläger die Vermutung des § 16 Abs. 1 S. 3 VVG a.F. nicht entkräftet habe. Der Kläger habe seine Anzeigepflicht auch vorsätzlich verletzt. Er habe die auf die Frage Nr. 3 mit „nein“ geantwortet, obwohl er diese verstanden habe. Dies folge aus der Vernehmung der Zeugen B2 und F.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Das Landgericht verstoße gegen § 14 VVG. Die geltend gemachten Ansprüche seien fällig. Das Landgericht überdehne die Anforderungen für eine Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit, die verlangten Informationen zu beschaffen. Der Kläger habe alles versucht, die Unterlagen von Frau Dr. y zu beschaffen. Diese habe schleppend auf Nachfragen reagiert und sei möglicherweise ihrer Dokumentationspflicht nicht nachgekommen. Beides sei jedoch nicht dem Kläger anzulasten. Die Erhebung einer Auskunftsklage gegen die Hausärztin sei nicht zumutbar. Die Beklagte habe die Fälligkeit überdies mit Schreiben vom 07.03.2012 selbst herbeigeführt. Dieses beinhalte eine endgültige Leistungsablehnung. Bei der Begutachtung nach § 6 Abs. 2 BUZVB handele es sich nicht um eine notwendige Erhebung i.S.v. § 14 VVG. Die Obliegenheit gem. § 6 Abs. 2 BUZVB sei zudem aufgrund der Ablehnung der Beklagten vom 07.03.2012 entfallen.

Der Rücktritt der Beklagten vom Versicherungsvertrag sei unwirksam. Es fehle an einer objektiven Anzeigepflichtverletzung. Die Zeugen B2 und F hätten die Gesundheitsfragen völlig anders vermittelt, als die Beklagte sie in ihrem Antragsformular schriftlich fixiert habe. Sie hätten ihm mitgeteilt, er müsse – entgegen der vorformulierten Gesundheitsfragen – nur chronische Krankheiten angeben. Auf diese Frage habe er ordnungsgemäß geantwortet. Hiervon habe das Landgericht aus Gründen der Beweislast ausgehen müssen. Die landgerichtliche Beweiswürdigung sei fehlerhaft und setze sich nicht mit den Widersprüchen der Angaben der Zeugen auseinander. Die vagen Angaben der Zeugen, der Kläger könne gut Deutsch und habe die Gesundheitsfrage 3 richtig verstanden, sei angesichts von dessen Verständigungsproblemen nicht sehr glaubhaft. Weiter habe die Zeugin B2 angegeben, der Zeuge F habe den Begriff der chronischen Krankheit häufiger verwendet. Dies erwecke Zweifel an der Aussage des Zeugen F, er lese die Fragen immer exakt so vor, wie sie im Bogen ausgeführt seien. Denn in den Gesundheitsfragen – auch nicht bei Frage Nr. 3 – tauche der Begriff der chronischen Krankheiten gar nicht auf. Auch im Hinblick auf den Ausschluss des Rücktrittsrechts nach § 19 Abs. 3 S. 1 VVG n.F. habe das Landgericht eine fehlerhafte Beweiswürdigung vorgenommen, weil es sich nicht hinreichend mit den Angaben der Zeugen auseinandergesetzt habe.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 07.08.2013, Az. I-2 O 339/12 abzuändern, das Versäumnisurteil vom 30.01.2013 aufzuheben, sowie

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn aus dem Versicherungsvertrag Nr. 4.3 833 049.89 ab dem 01.09.2011 bis längstens zum 30.04.2027 eine monatlich im Voraus eines jeden Monats zu zahlende Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 1.000,00 EUR zu zahlen;

2. festzustellen, dass der Versicherungsvertrag Nr. 4.3 833 049.89 über eine Berufsunfähigkeitsversicherung wirksam fortbesteht und nicht durch die Gestaltungserklärung der Beklagten vom 07.03.2012 beendet worden ist;

3. festzustellen, dass die Beklagte aufgrund der Berufsunfähigkeit des Klägers für die Zeit vom 01.09.2011 bis längstens zum 30.04.2027 verpflichtet ist, ihn von der Beitragspflicht für die Berufsunfähigkeitsversicherung mit der Versicherungsnummer 4.3 833 049.89 freizustellen;

4. festzustellen, dass die Beklagte aufgrund der Berufsunfähigkeit des Klägers für die Zeit vom 01.09.2011 bis längstens zum 30.04.2027 verpflichtet ist, für die Berufsunfähigkeitsversicherung mit der Versicherungsnummer 4.3 833 049.89 Überschussanteile zu zahlen;

5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.227,26 EUR zu zahlen.

Hilfsweise beantragt der Kläger, die Sache gemäß § 538 Abs. 2 ZPO an das Landgericht Arnsberg zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Die geltend gemachten Leistungsansprüche seien derzeit nicht fällig. Es fehle an einer Einsicht in die Patientenunterlagen der Hausärztin Dr. y und an der Durchführung einer ärztlichen Untersuchung des Klägers gemäß § 6 Abs. 2 BUZVB. Das Landgericht habe die Anforderungen an eine Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit nicht überspannt. Ein anwaltlicher Hinweis auf den in § 630 g BGB geregelten Anspruch auf Einsicht in die Patientenunterlagen sowie eine Klageandrohung sei dem Kläger durchaus möglich gewesen. Der Rücktritt vom 07.03.2012 sei wirksam. Das Landgericht habe auf Grundlage der Beweisaufnahme zutreffend festgestellt, dass dem Kläger die Gesundheitsfrage Nr. 3 im Einzelnen vorgelesen worden sei, der Kläger die Frage verstanden habe und weder der Zeuge F noch die Zeugin B2 die Gesundheitsfragen eingeschränkt hätten auf chronische Erkrankungen. Entgegen der Darstellung der Berufung habe die Zeugin B2 gesagt, weder sie noch der Zeuge F hätten nach chronischen Erkrankungen gefragt.

Der Senat hat den Kläger erneut angehört. Wegen des Ergebnisses wird auf das Protokoll des Senatstermins vom 03.02.2015 und den Berichterstattervermerk vom selben Tag verwiesen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes, insbesondere des genauen Wortlautes der erstinstanzlich gestellten Anträge, wird auf die angefochtene Entscheidung und die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht hinsichtlich der auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung gerichteten Anträge 1, 3, 4 und 5 wegen mangelnder Fälligkeit als derzeit unbegründet und hinsichtlich des Antrags zu 2 als unbegründet abgewiesen.

1. Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung festgestellt, dass die Beklagte mit dem Schreiben vom 07.03.2012 (Anlage K 17, Bl. 64 d.A.) wirksam den Rücktritt vom Versicherungsvertrag gemäß § 16 Abs. 2 VVG a.F. wegen schuldhafter Anzeigepflichtverletzung erklärt hat.

Bei Beurteilung eines nach dem 31.12.2008 erfolgten Rücktritts von einem vor dem 31.12.2007 abgeschlossenen Versicherungsvertrag, ist hinsichtlich der Frage, ob eine Anzeigepflicht verletzt wurde, auf § 16 Abs. 1 VVG a.F. sowie hinsichtlich des Rücktrittsrechts im Übrigen auf § 19 ff VVG n.F. abzustellen (vgl. Prölss/Martin VVG, 28. Aufl. § 19 Rn. 4).

Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 a.F. hat der Versicherungsnehmer bei Schließung des Vertrages alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzuzeigen. Erheblich sind die Gefahrumstände, die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherers, den Vertrag überhaupt oder zu dem vereinbarten Inhalt abzuschließen, einen Einfluss auszuüben. Hat der Versicherer ausdrücklich und schriftlich nach einem Umstand gefragt, so wird nach § 16 Abs. 1 Satz 3 VVG a.F. widerleglich vermutet, dass dieser gefahrerheblich ist.

a) Vorliegend hat der Kläger sämtliche Gesundheitsfragen im Antrag vom 13.03.2007 verneint. Dabei war unter der mit „nein“ angekreuzten Frage Nr. 3 gefragt worden:

„Sind Sie in den letzten 5 Jahren untersucht, beraten oder behandelt worden hinsichtlich: Herz, Kreislauf, innere Organe, Harnwege, Bluthochdruck, Atmungsorgane, Gefäße, Drüsen, Gehirn, Nerven, Psyche, Blut, Zucker, Stoffwechsel, Krebs, Tumore, Knochen, Gelenke, Wirbelsäule, Muskeln, Augen, Ohren, Haut, Allergien, Infektionen, Verletzungen, Vergiftungen, Alkohol- und Drogenkonsum?“ (vgl. Anlage B 1).

Nach der Mitteilung der C vom 16.02.2012 über diverse Behandlungen/Diagnosen aus der Zeit vom 03.04.2003 bis 26.01.2007 (vgl. Anl. B 4) und der ergänzenden Beweisaufnahme des Landgerichts in Form von Vernehmung der Zeugin K steht fest, dass der Kläger damit gefahrerhebliche Umstände im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 2 VVG a.F. nicht angegeben hat. Die Zeugin K hat die klägerische Behauptung, dass keine Gefahrerheblichkeit der vom Kläger nicht angezeigten Untersuchungen, Beratungen und Behandlungen vorlag, nicht bestätigt. Dem Kläger ist es danach nicht gelungen, die Vermutung des § 16 Abs.1 Satz 3 VVG a.F. zu widerlegen. Dies greift der Kläger im Rahmen seiner Berufung auch nicht an.

b) Ohne Erfolg wendet sich der Kläger in der Berufung gegen die Annahme einer Anzeigepflichtverletzung, als dass er an seiner Behauptung festhält, die Zeugen B2 und F hätten die Gesundheitsfragen völlig anders vermittelt, als die Beklagte sie in ihrem Antragsformular schriftlich fixiert habe. Sie hätten ihm mitgeteilt, er müsse – entgegen der vorformulierten Gesundheitsfragen – nur chronische Krankheiten angeben.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung hat der Versicherer den Nachweis zu führen, dass der Versicherungsvertreter dem Antragsteller die Fragen in einer Art und Weise vorgelesen hat, die das Ausfüllen des Formulars durch den Versicherungsvertreter einer eigenverantwortlichen Beantwortung durch den Antragsteller vergleichbar erscheinen lassen. Sind die Antragsfragen aber korrekt gestellt, kann sich der Versicherungsnehmer nicht mit der Behauptung entschuldigen, er habe die Fragen nicht verstanden. Ein der deutschen Sprache nicht ausreichend kundiger Ausländer muss sich deshalb ggf. in Eigeninitiative den Text des Formulars übersetzen lassen. Hat bereits bei Antragsaufnahme ein Dolmetscher mitgewirkt, scheidet ein Berufen auf unzulängliche Sprachkenntnisse aus (vgl. BGH Urt. v. 24.11.2010 – IV ZR 252/08, VersR 2011, 337; OLG Köln Urt. v. 06.03.2001 – 9 U 153/00, NVersZ 2001, 562; Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung, 3. Aufl. O.IV Rn. 53 ff).

Die vom Landgericht unter Beachtung dieser Grundsätze vorgenommene Beweisaufnahme ist auch unter Berücksichtigung des klägerischen Berufungsvorbringens nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat nach Anhörung des Klägers und Vernehmung der Zeugen B2 und F die Behauptung des Klägers als widerlegt angesehen, dass ihm angeblich gesagt worden sei, dass er die Versicherung abschließen könne, wenn er keine chronischen Krankheiten habe. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, er habe die Gesundheitsfragen nicht verstanden, da er kein Deutsch verstehe. Insoweit ist die Zeugin B2 der türkischen Sprache mächtig und hat dem Kläger seinen eigenen Angaben nach die auf Deutsch vorgelesenen Fragen anschließend auf Türkisch erläutert. Damit bestätigt der Kläger zunächst die Aussagen der beiden Zeugen, wonach ihm die Gesundheitsfragen tatsächlich vorgelesen worden sind. Hinsichtlich der klägerischen Behauptung, die Zeugin habe ihn ungenügend informiert und ihm „immer genau das Gegenteil gesagt, von dem, was dort steht“ hat sich das Landgericht eingehend mit den Aussagen der beiden Zeugen auseinandergesetzt. Danach hatte der Kläger, der überdies nach Eindruck der Zeugen Deutsch kann und beinahe alles versteht, absprachegemäß zu jeder Zeit die Gelegenheit, sich eine Frage, die er nicht genau verstanden hat, von der Zeugin B2 ins Türkische übersetzen zu lassen. Beide Zeugen haben übereinstimmend bestätigt, dass dem Kläger die Gesundheitsfrage Nr. 3 von dem Zeugen F exakt vorgelesen worden ist. Die Zeugin B2 hat den Kläger zu der Frage Nr. 3 ihren Bekundungen nach sodann speziell gefragt, ob er in den letzten fünf Jahren beim Arzt gewesen ist. Darüber hinaus hat die Zeugin ausdrücklich in Abrede gestellt, den Kläger nur nach chronischen Krankheiten gefragt zu haben.

Das Berufungsvorbringen des Klägers und dessen Einwendungen gegen die Beweiswürdigung sind nicht geeignet, diese in Zweifel zu ziehen. Der Kläger versteht auch nach dem durch den Senat im Senatstermin gewonnenen Eindruck im Wesentlichen die deutsche Sprache und kann sich auf Deutsch verständigen. Bei Verständigungsschwierigkeiten hätte er sich absprachegemäß an die Zeugin B2 wenden können. Entgegen dem Berufungsvorbringen spricht nichts dafür, dass die Zeugin B2 dem Kläger die Gesundheitsfrage Nr. 3 abweichend von ihrem Inhalt dahingehend erläutert hat, er müsse nur die chronischen Krankheiten angeben. Dabei hat die Zeugin insbesondere an keiner Stelle ausgesagt, dass dem Kläger gegenüber der Begriff der chronischen Krankheiten überhaupt verwendet worden ist. Die Zeugin hat lediglich allgemein angeben, dass Herr F den Begriff häufiger in Vermittlungsgesprächen verwendet. Sie konnte sich gerade nicht daran erinnern, ob er ihn in dem streitgegenständlichen Gespräch verwendet hat. Vielmehr hat sie allein angegeben, dass der Begriff „chronische Krankheiten“ benutzt wurde, wenn er in den Gesundheitsfragen verwandt wurde. Dies ist aber bei den von der Beklagten im Streitfall verwendeten Fragen gerade nicht der Fall. Unschädlich ist entgegen der Ansicht des Klägers auch, dass die Zeugin B2 den Kläger ihren Bekundungen nach speziell gefragt hat, „ob er in den letzten fünf Jahren regelmäßig beim Arzt war“. Dem Kläger wurde die Gesundheitsfrage Nr. 3 wörtlich vorgelesen, was beide Zeugen bestätigt haben. Darauf hat der Kläger ausweislich der weiteren Bekundungen der Zeugin entgegnet, dass er fit sei und dass nichts vorgelegen habe. Der Senat vermochte danach keine fehlerhafte oder unzureichende Beweiswürdigung zu erkennen. Es gab auch keine Veranlassung die ausführliche und umfassende Zeugenbefragung des Landgerichts zu wiederholen.

c) Es ist weiter nicht zu beanstanden, dass das Landgericht von einer vorsätzlichen Anzeigepflichtverletzung des Klägers ausgegangen ist.

Speziell in Bezug auf Anzeigepflichtverletzungen gilt, dass die zum Vorsatz erforderliche Kenntnis der Verhaltensnorm im Allgemeinen anzunehmen ist, da heute jeder Versicherungsnehmer weiß, dass er weder mittelbar noch unmittelbar die Feststellungen des Versicherers erschweren darf, sondern ihn nach besten Kräften bei der Aufklärung unterstützen muss (Prölss/Martin VVG § 31 Rn. 24). Fragt der Versicherer nach gefahrerheblichen Umständen und kennt der Versicherungsnehmer diese positiv, liegt in der Regel Vorsatz vor. Wer gesundheitliche Beschwerden und wiederholte Arztbesuche nicht offenbart, weiß, dass er mit seinem Verschweigen Einfluss auf die Entscheidung des Versicherers über den Abschluss einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung nimmt (vgl. OLG Koblenz Urt. v. 11.06.2012 – 10 U 108/12).

Der Kläger hat die Gesundheitsfrage Nr. 3 nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fehlerhaft mit „nein“ angekreuzt, obwohl er sie verstanden hat. Der Kläger behauptet selbst nicht, dass er die elf der C gemeldeten Diagnosen im Zeitraum der letzten fünf Jahre zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr in Erinnerung gehabt hat. Sein Vorbringen, er habe in Unkenntnis des Frageinhalts nur chronische Erkrankungen angeben sollen, ist durch die Bekundungen der Zeugen B2 und F wiederlegt. Es ist danach zumindest davon auszugehen, dass der Kläger die Begehung einer Obliegenheitsverletzung für möglich hielt und diese billigend in Kauf genommen hat.

Der Kläger hat auch nicht nachweisen können, dass die Nichtanzeige unvorsätzlich oder gar unverschuldet war. Die Gesundheitsfrage Nr. 3 war zwar umfassend, aber ausreichend klar und erfasste ersichtlich die letzten 5 Jahre. Die letzten ärztlichen Behandlungen des Klägers lagen teils nur wenige Monate zurück. Die Gesundheitsfragen beschränkten sich auch nicht auf schwere oder andauernden („chronische“) Krankheiten oder auf solche von erheblichem Gewicht. Es wurden allgemein alle Untersuchungen, Beratungen und Behandlungen innerhalb der letzten fünf Jahre bzgl. bestimmter Bereiche abgefragt. Daraus war für den Kläger zweifelsfrei zu entnehmen, dass sich die Beklagte ein möglichst umfassendes Bild über etwa bestehende erhöhte Risiken verschaffen wollte. Es musste auch dem Kläger klar sein, dass die Vielzahl seiner innerhalb der letzten fünf Jahre diagnostizierten Erkrankungen für die Beklagte von Interesse sein musste. Dies stellt der Kläger letztlich auch nicht in Abrede.

d) Die vorsätzliche Anzeigepflichtverletzung berechtigt den Versicherer zum Rücktritt gemäß § 19 Abs. 2 VVG n.F. und führt nach § 21 Abs. 2 Satz 1 VVG n.F. zur Leistungsfreiheit.

Der Versicherungsnehmer hat demgegenüber nach § 21 Abs. 2 VVG allein die Möglichkeit eines Kausalitätsgegenbeweises im Hinblick auf Umstände, die mit dem Versicherungsfall nicht ursächlich zusammenhängen. Die Leistungsfreiheit des Versicherers beim Rücktritt hängt von der Kausalität der Anzeigepflichtverletzung für den Eintritt des Versicherungsfalls und den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ab. Den Beweis fehlender Kausalität hat der Versicherungsnehmer zu führen (Neuhaus a.a.O., O.322).

Der Kläger hat zum möglichen Kausalitätsgegenbeweis nach § 21 Abs. 2 VVG vorgetragen und behauptet, eine etwaige Verletzung der Anzeigepflicht beziehe sich allein auf Umstände, die weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalls noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht der Beklagten ursächlich seien. Die im Schreiben der C aufgeführten Erkrankungen seien weder für die Lungenerkrankung noch für die psychische Erkrankung des Klägers ursächlich.

Allerdings ist sein pauschales Vorbringen unsubstantiiert. Gerade zum Ausschluss der Kausalität bedarf es detaillierter Angaben zu den einzeln festgestellten Vorerkrankungen. Mangels Vorlage der Patientenunterlagen und Befunde würde im Streitfall ein Gutachten auf reinen Spekulationen beruhen und letztlich Ausforschung darstellen. Der Kläger wurde ausweislich der Übersicht der C u.a. wegen Gehirnerschütterung, Lumboischialgie, Fettleber, Oberbauchbeschwerden, Hypertonie, Ureterstein, Epicondylitis, Gastritis, Kreuzschmerz, Viruswarzen behandelt. Gerade zur Wiederlegung der Kausalität bedarf es aber der vollständigen Befunde der Hausärzte, die der Kläger beizubringen hat.

Die Kausalitätsregelung nach § 21 Abs. 2 VVG ist aber auf vor dem Rücktritt eingetretene Versicherungsfälle beschränkt. Die Wirksamkeit des Rücktritts selbst bleibt unberührt. Für zukünftige Versicherungsfälle ist der Versicherer deshalb leistungsfrei, denn durch den Rücktritt wird das Vertragsverhältnis beendet (Neuhaus, a.a.O. O.326). Die Klage ist insoweit im Streitfall bzgl. des Antrags zu 2) aufgrund des wirksamen Rücktritts in jedem Falle unbegründet.

Soweit der vom Kläger zu führende Kausalitätsgegenbeweis mithin allein für die Frage der Leistungsfreiheit in einem bereits eingetretenen Versicherungsfall relevant ist und damit die übrigen Klageanträge des Klägers betreffen könnte, bedurfte es vorliegend keiner abschließenden Entscheidung des Senats, da insoweit eine endgültige Leistungsverweigerung der Beklagten bis heute nicht vorliegt.

2. Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass die Klage hinsichtlich der übrigen Klageanträge zu 1, 3, 4 und 5 mangels Fälligkeit der geltend gemachten Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag derzeit unbegründet ist.

Dabei ist bereits fraglich, ob angesichts der festgestellten vorsätzlichen Anzeigepflichtverletzung des Klägers überhaupt noch Leistungsansprüche des Klägers bestehen.

In jedem Falle aber sind etwaige Ansprüche des Klägers aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung aufgrund Wegfalls der behaupteten Berufsunfähigkeit ab April 2013 auf den Zeitraum vom 01.09.2011 bis 31.03.2013 beschränkt. Der Kläger befindet sich seinen eigenen Angaben nach seit fast 20 Jahren in ungekündigter Stellung, hat am 02.04.2013 seine alte Stelle als Stanzer wieder aufgenommen und übt seinen Beruf seitdem in Vollzeit aus. Bereits nach eigener Einlassung des Klägers ist damit zumindest ab diesem Zeitpunkt offensichtlich keine Berufsunfähigkeit mehr gegeben, so dass für den Senat nicht nachvollziehbar ist, aus welchem Grund der Kläger weiterhin Versicherungsleistungen bis zum vereinbarten Vertragsende 2027 geltend macht.

Soweit danach überhaupt nur noch Leistungs- und Feststellungsansprüche des Klägers für einen Zeitraum von 19 Monaten in Betracht kommen, sind diese derzeit nicht fällig.

Die Beklagte hat sich zu Recht darauf berufen dürfen, dass sie noch nicht alle notwendigen Erhebungen hat abschließen können, weswegen die Fälligkeit nach § 14 Abs. 1 VVG noch nicht eingetreten ist. Der Versicherer kann verlangen, dass der Versicherungsnehmer jede Auskunft erteilt, die zur Feststellung des Versicherungsfalls oder der Leistungspflicht des Versicherers und ihres Umfangs erforderlich ist. Der Versicherungsnehmer ist danach verpflichtet, unter anderem Ärzte, bei denen er in Behandlung war, zu ermächtigen, der Versicherung auf Verlangen Auskunft zu erteilen.

a) Hinsichtlich der Vorbehandlungen des Klägers innerhalb der letzten fünf Jahre vor Antragstellung steht durch die Auskunft der C fest, dass es zwischen 2002 und 2007 zu einer Vielzahl von Diagnosen und Behandlungen des Klägers gekommen ist. Die notwendigen Erhebungen beziehen sich dabei auch auf die Ermittlungen zur Aufdeckung oder Substantiierung einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung.

Im Streitfall hat der Kläger eine Schweigepflichtsentbindung für die behandelnden Ärzte erteilt. Die Hausärztin Dr. y hat jedoch keinerlei sachdienstliche Auskünfte erteilt und insbesondere keinerlei Patientenunterlagen und Befunde übermittelt. Macht ein Arzt nur unvollständige Angaben und gibt erfragte Behandlungszeiträume und Therapien nicht an, sind die Erhebungen nicht abgeschlossen. Der Nachweis der Berufsunfähigkeit ist allein durch den Versicherungsnehmer zu erbringen, was auch die Vorlage sämtlicher Unterlagen, aus denen sich die Berufsunfähigkeit ergibt, umfasst (vgl. Neuhaus a.a.O, E.186 ff).

Das Landgericht hat im konkreten Streitfall angesichts des gesetzlichen Anspruchs des Klägers auf Einsicht in die Patientenakte die Beschaffung der Patientenunterlagen aus zutreffenden Gründen nicht als unzumutbar oder unmöglich angesehen und ist entsprechend von mangelnder Fälligkeit der geltend gemachten Ansprüche ausgegangen.

Dabei hat das Landgericht entgegen der Ansicht des Klägers, die Anforderungen für eine Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit, die verlangten Informationen zu beschaffen, nicht überdehnt. Im vorliegenden Einzelfall sind besondere Umstände gegeben, die das Verlangen der Beklagten auf Übermittlung von Kopien der Behandlungsunterlagen nach § 31 Abs. 1 Satz 2 VVG rechtfertigen. Danach kann der Versicherer Belege insoweit verlangen, als deren Beschaffung dem Versicherungsnehmer billigerweise zugemutet werden kann. Hierfür spricht der Umstand, dass sich bereits aus der stichwortartigen Übersicht der C ergibt, dass der Kläger entgegen seinen Angaben bei Antragstellung über Jahre hinweg umfassend ärztlich behandelt worden ist, und die Beklagte danach auf detaillierte Diagnosen und Befunde zur Feststellung ihrer Leistungspflicht und einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung angewiesen ist. Der Kläger hat sich nicht ausreichend um Beibringung der Patientenunterlagen bemüht, indem er Dr. y mehrfach vergeblich um Übermittlung gebeten hat. Es ist ihm zuzumuten, seine gesetzlichen Ansprüche auf Einsicht in die Patientenunterlagen massiv einzufordern und seine Auskunfts- und Einsichtsansprüche gegenüber seiner Hausärztin – ggf. sogar unter Androhung gerichtlicher Schritte – durchzusetzen.

Soweit Frau Dr. y lediglich lapidar mitgeteilt hat, den Kläger erst seit 2006 zu behandeln (Anlage K 20, Bl. 190 d.A.), ist dies vollkommen unzureichend. Auch soweit der Kläger eigenen Angaben nach vom 01.03.2002 bis zum Wechsel in die Behandlung von Frau Dr. y in hausärztlicher Behandlung des Internisten Dr. B in Menden (s. Bl. 185 d.A.) gewesen ist, ist für den Senat nicht nachvollziehbar, warum keine Unterlagen beigebracht werden können. Das diesbezügliche Vorbringen des Klägers ist unzureichend. Selbst wenn diese Praxis tatsächlich seit 2006 „aufgelöst“ ist, müsste der Kläger angesichts der bestehenden Aufbewahrungsfristen und einer etwaigen Praxisnachfolge darlegen, warum keine Unterlagen mehr zu bekommen waren und welche Anstrengungen er diesbezüglich unternommen hat.

Insoweit kann zu Gunsten des Klägers keine Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit angenommen werden.

b) Es kommt danach nicht mehr darauf an, ob darüber hinaus auch von mangelnder Fälligkeit auszugehen ist, weil der Kläger dem Verlangen der Beklagten nach Durchführung einer ärztlichen Untersuchung durch von der Beklagten beauftragte Ärzte nicht nachgekommen ist. Das Recht der Beklagten, im Rahmen ihrer notwendigen Erhebungen eine solche Untersuchung zu verlangen, folgt aus § 6 Abs. 2 BUZVB. Die Beklagte hatte angekündigt, hierüber abschließend nach Vorlage der Unterlagen durch Dr. y zu entscheiden.

c) Entgegen der Ansicht des Klägers hat die Beklagte die Fälligkeit auch nicht mit Schreiben vom 07.03.2012 selbst herbeigeführt. Dieses Schreiben (Anlage K17, Bl. 64 d.A.) beinhaltet gerade keine endgültige Leistungsablehnung.

Grundsätzlich erlöschen durch den in dem Schreiben ausgesprochenen Rücktritt die beiderseitigen Leistungsansprüche; der Vertrag wird in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt. Aufgrund der Rechtsfolgeregelungen der §§ 19 ff VVG n.F. kommt aber ggf. auch nur eine Kündigung oder gar eine Vertragsanpassung in Betracht. Hierauf hat die Beklagte in dem Schreiben auch ausdrücklich hingewiesen. Bei einem Ausschluss des Rücktrittsrechts wegen grob fahrlässiger oder gar nur fahrlässiger Anzeigepflichtverletzung oder bei Erbringung des Kausalitätsgegenbeweises durch den Versicherten (§ 21 Abs. 2 VVG n.F.) kommt ein Anspruch auf Leistung aus der Versicherung zumindest für den bereits geltend gemachten Leistungsfall weiterhin in Betracht. Entsprechend hat die Beklagte in dem Schreiben vom 07.03.2012 allein eine Prüfung angekündigt, ob sie trotz des Rücktritts leistungspflichtig ist. Sie hat damit Leistungen gerade nicht endgültig abgelehnt, sondern klargestellt, dass zur Prüfung der Leistungspflicht noch weitere Erhebungen erforderlich sind.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch keine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert.

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