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Unfallversicherung – Ursachenzusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschädigung

Versicherter verliert Klage auf höhere Leistungen aus Unfallversicherung

Ein Versicherter hatte gegen seine Unfallversicherung geklagt, weil er der Meinung war, dass er aufgrund eines subduralen Hämatoms, das angeblich durch einen Sturz verursacht wurde, Anspruch auf höhere Leistungen hätte. Die Versicherung hatte bereits einen Invaliditätsgrad von 40 % anerkannt und entsprechende Leistungen gezahlt. Der Versicherungsnehmer verlangte jedoch mindestens 70 % Invalidität und damit verbundene zusätzliche Zahlungen.

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Keine ausreichende Begründung für höheren Invaliditätsgrad

Das Gutachten eines Professors sowie einer Privatperson stellten fest, dass nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnte, ob der Sturz tatsächlich die Ursache für das Hämatom war oder ob andere Bagatelltraumen unter Alkoholeinfluss verantwortlich waren. Dies geht zu Lasten des Klägers als Versicherungsnehmer, da die alkoholbedingten Bagatelltraumen laut der Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen von der Versicherungsleistung ausgenommen sind.

Kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis der Versicherung

Der Kläger behauptete, dass die Versicherung ein vertraglich bestätigendes Schuldanerkenntnis abgegeben und damit den Ursachenzusammenhang zwischen dem Sturz und der Gesundheitsbeschädigung bestätigt hätte. Dies wurde vom Gericht abgelehnt, da die entsprechenden Schreiben eher tatsächliche Auskünfte über die Zahlungsbereitschaft waren und kein Vertragsangebot darstellten.

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Das vorliegende Urteil

OLG Oldenburg – Az.: 5 U 98/08 – Beschluss vom 18.09.2008

Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch nicht anfechtbaren einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Hinweisbeschluss und Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Berufung unter Kostengesichtspunkten binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses.

Gründe

Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Unfallversicherung. Grundlage ist deren GUB 95. Während er sich zu einer Entgiftungsbehandlung, die aufgrund einer Alkoholkrankheit erforderlich geworden war, in stationärer Behandlung befand, wurde bei ihm ein subdurales Hämatom diagnostiziert, das am 5.10.2003 im Wege eines operativen Eingriffs ausgeräumt wurde. Der Kläger hat von der Beklagten Leistungen aus der Unfallversicherung begehrt und dazu dargetan, er sei wenige Tage zuvor, am 16.9.2003, mit einem Stuhl im Garten umgekippt und mit dem Kopf auf das Pflaster geschlagen. Dieser Sturz habe die Entstehung des Hämatoms verursacht, das wiederum zu Invalidität geführt habe. Die Beklagte hat außergerichtlich verschiedene ärztliche Stellungnahmen eingeholt. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K… kam in seinem Gutachten vom 18.8.2005 zu dem Schluss, dass der vom Kläger geschilderte Sturz neben anderen harmlosen Traumen als Ursache der Gehirnverletzung in Betracht käme, und der Alkoholmissbrauch die Wahrscheinlichkeit zur Entwicklung eines Subduralhämatoms nach Bagatelltraumen erhöht habe. Die unfallbedingte Invalidität schätzte er auf 40 %. Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 20.9.2005 mit, dass nach den ihr vorliegenden ärztlichen Unterlagen eine Invalidität von 40 % gegeben sei, und sie auf der Grundlage dieser Bewertung 35.791,-€ auszahlen werde. Der Kläger erwiderte, er sei der Meinung, dass eine Invalidität von 70 % anzusetzen sei. Diese Forderung wies die Beklagte mit Schreiben vom 12.10.2005 zurück und zahlte die zugesagte Versicherungsleistung aus. Mit der Klage hat der Kläger die Zahlung weiterer 66.467,-€ sowie einer Unfallrente mit der Behauptung verlangt, der Invaliditätsgrad betrage mindestens 70%. Dem ist die Beklagte entgegengetreten. Der Einzelrichter der 9. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück hat die Klage mit Urteil vom 14.5.2008 abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er meint, die Beklagte habe ein vertraglich bestätigendes Schuldanerkenntnis abgegeben und könne deshalb nicht in Abrede nehmen, dass die Gehirnverletzung auf den Sturz vom 16.9.2003 zurückzuführen sei. Zumindest müsse die Beklagte nunmehr beweisen, dass der Unfall für die Entstehung des subduralen Hämatoms nicht kausal geworden sei.

Der Senat lässt sich bei seiner Absicht, nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren, von folgenden Überlegungen leiten:

Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.

Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

1.) Nach dem Gutachten von Prof. M… ist offen geblieben, ob der Sturz des Klägers vom 16.9.2003 die Entwicklung des subduralen Hämatoms verursacht hat. Als weitere Ursache der Gesundheitsbeschädigung kommen Bagatelltraumen unter Alkoholeinfluss in Betracht, die dem Kläger nicht mehr erinnerlich sind. Diese Einschätzung stimmt mit der Beurteilung des Privatgutachters Dr. K… überein. Danach kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen dem streitgegenständlichen Unfall und der geklagten Gesundheitsverletzung besteht – was zu Lasten des Klägers als Versicherungsnehmer geht, da die alkoholbedingten Bagatelltraumen, die alternativ als Ursache des subduralen Hämatoms in Frage kommen, gemäß § 2 Ziff. I. (1) GUB 95 vom Versicherungsschutz ausgenommen sind (vgl. dazu Prölss/Martin-Knappmann, VVG, 27.A, § 1 AUB 94 Rdnr. 25).

2.) Entgegen der Annahme des Klägers ist die Beklagte nicht aufgrund eines (deklaratorischen) Anerkenntnisses gehindert, den Ursachenzusammenhang zwischen dem Sturz und der Gesundheitsschädigung zu bestreiten.

a.) Unstreitig hat sich die Beklagte mit ihren Schreiben vom 20.9.2005 (B. 32 d.A.) und 12.10.2005 (Bl. 120 d.A.) bereit erklärt, unter ausdrücklicher Anerkennung eines Invaliditätsgrades von 40 % den Versicherungsfall zu regulieren. Diese Schreiben können jedoch nicht als deklaratorisches Schuldanerkenntnis gewertet werden, da es sich ersichtlich um Erklärungen handelt, die die Beklagte auf der Grundlage von § 11 GUB 95 abgegeben hat (vgl. BGHZ 66, S. 250, 256 f.). Danach ist der Versicherer verpflichtet, nach Zugang der maßgeblichen Unterlagen binnen drei Monaten zu erklären, ob und in welcher Höhe er einen Invaliditätsanspruch anerkennt. Eine solche Erklärung stellt regelmäßig einen einseitigen Bescheid, nämlich eine tatsächliche Auskunft des Versicherers über die Zahlungsbereitschaft, und kein Vertragsangebot dar (BGHZ 66, S. 250, 257).

b.) Eine andere Beurteilung kann geboten sein, wenn Streit oder Ungewissheit über Grund oder Höhe der Leistungspflicht des Versicherers unter den Beteiligten geherrscht hat und das Anerkenntnis erkennbar zu dem Zweck abgegeben worden ist, diesen Streit oder diese Ungewissheit beizulegen (Bundesgerichtshof, a.a.O.). Dafür liegen hier keine Anhaltspunkte vor. Der Behauptung des Klägers, die Parteien hätten darüber gestritten, ob die Alkoholkrankheit ursächlich oder mitursächlich für die Verletzung sei, fehlt die Substanz. Der Umstand allein, dass diese Frage bei der Beurteilung der unfallbedingten Invalidität eine Rolle gespielt hat, reicht dafür jedenfalls nicht aus.

c.) Nichts anderes gilt im Hinblick auf das Schreiben des Klägers vom 6.10.2005 (Bl. 31 d.A.), in dem er ohne jede Begründung die Meinung vertreten hat, der Invaliditätsgrad müsse mit 70 % angesetzt werden. Zwar hat die Beklagte in ihrem Antwortschreiben vom 12.10.2005 noch einmal ihre Bereitschaft bekräftigt, einen Invaliditätsgrad von 40 % anzuerkennen. Die weitergehende Forderung des Klägers hat sie jedoch zurückgewiesen. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte darüber hinaus den Willen gehabt hat, den Anspruch des Klägers dem Grunde nach dem Streit der Parteien zu entziehen, sind nicht gegeben. Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum die Beklagte ein solches Anerkenntnis hätte abgeben sollen – zumal eine einverständliche Abwicklung des Versicherungsfalls nunmehr nicht mehr zu erwarten war (vgl. dazu Münchener Kommentar zum BGB-Hüffer, 4.A., § 781 Rdnr. 28).

3.) Die Erklärungen der Beklagten sind schließlich nicht geeignet, eine Beweislastumkehr in Bezug auf die Klageforderungen herbeizuführen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 66, S. 250, 254 f.) kann die Meinungsäußerung des Versicherers als „Zeugnis des Anerkennenden gegen sich selbst“ eine Umkehr der Beweislast bewirken oder ein Indiz darstellen, das durch den Beweis der Unrichtigkeit des Anerkannten entkräftet werden kann. Die auf der Grundlage von § 11 GUB 95 abgegebene Erklärung des Versicherers kann also als Beweismittel für die anerkannte Schuld bedeutsam werden, indem sie im Prozess die Beweislast umkehrt, aber durch den Beweis der Unrichtigkeit des Anerkannten entkräftet werden kann (Grimm, Unfallversicherung, 3.A., § 11 Rdnr. 2; Staudinger-Marburger, BGB, 13. Bearb. (2002), § 781 Rdnr. 43). Anerkannt hat hier die Beklagte jedoch nur einen Invaliditätsgrad von 40%; insoweit mag eine Beweislastumkehr gerechtfertigt sein, wenn die Beklagte die bereits geleistete Zahlung zurückfordern sollte. Die darüber hinausgehende Forderung des Klägers hat die Beklagte aber ausdrücklich abgelehnt. Es sind weiter keine Anzeichen dafür vorhanden, dass die Beklagte im Hinblick auf die weitergehenden Ansprüche des Klägers auf irgendwelche Einwände hat verzichten wollen, so dass die Beklagte in dem Rechtsstreit nicht gehindert gewesen ist, die Kausalität zwischen Unfall und Gesundheitsbeschädigung in Abrede zu nehmen.

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