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Wohngebäudeversicherungsvertrag – Ansprüche wegen Leitungswasserschaden

Leitungswasserschaden: Versicherung verweigert Zahlung wegen arglistiger Täuschung

In der Welt des Versicherungsrechts stehen oft Streitigkeiten im Mittelpunkt, die sich um die Auslegung und Erfüllung von Vertragsbedingungen drehen. Ein klassisches Beispiel hierfür sind Fälle, in denen Versicherungsnehmer Leistungen aus einem Wohngebäudeversicherungsvertrag beanspruchen, speziell nach einem Leitungswasserschaden. Hierbei geht es häufig um die Frage, inwieweit der Versicherer zur Leistung verpflichtet ist und unter welchen Umständen Leistungsfreiheit wegen Verletzung vertraglicher Obliegenheiten oder gar arglistiger Täuschung durch den Versicherungsnehmer eintreten kann.

Diese Problematik berührt grundlegende Aspekte des Versicherungsrechts, insbesondere die Auslegung der Versicherungsbedingungen und die Beurteilung von Schadensfällen. Die juristische Auseinandersetzung dreht sich dabei um die korrekte Dokumentation und Meldung des Schadens, die Rolle der Schadensdokumentation und die Bewertung der Handlungen des Versicherungsnehmers im Kontext des Versicherungsvertrages. Im Kern steht die Frage, ob und in welchem Umfang der Versicherungsnehmer Ansprüche geltend machen kann und welche Rolle dabei Faktoren wie Renovierungskosten, Unterversicherung und die Einhaltung der vertraglichen Pflichten spielen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 6 O 226/22 >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Landgericht Duisburg wies die Klage des Eigentümers eines Mehrfamilienhauses gegen seine Wohngebäudeversicherung aufgrund arglistiger Täuschung bei der Schadensmeldung ab. Der Kläger hatte unrechtmäßigerweise eine Rechnung für nicht erbrachte Leistungen eingereicht.

Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Abweisung der Klage: Das Landgericht Duisburg entschied, dass dem Kläger keine Ansprüche aus dem Wohngebäudeversicherungsvertrag zustehen.
  2. Vorwurf der arglistigen Täuschung: Der Kläger wurde beschuldigt, die Versicherung arglistig durch die Einreichung einer Rechnung für teilweise nicht erbrachte Leistungen getäuscht zu haben.
  3. Beweislast: Die Beweislast für die arglistige Täuschung lag bei der Versicherung und wurde als erfüllt angesehen.
  4. Leistungsfreiheit der Versicherung: Aufgrund der festgestellten arglistigen Täuschung wurde die Versicherung von der Leistungspflicht befreit.
  5. Fehlerhafte Rechnungsstellung: Der Zeuge T., der die Rechnung erstellt hatte, gab an, dass es sich um einen Fehler handelte. Das Gericht wertete dies jedoch als Schutzbehauptung.
  6. Kein Rücktritt von der Täuschung: Der Kläger konnte nicht nachweisen, dass er von der arglistigen Täuschung freiwillig zurückgetreten war, bevor die Versicherung davon Kenntnis erlangte.
  7. Kosten des Rechtsstreits: Der Kläger wurde zur Übernahme der Kosten des Rechtsstreits verurteilt.
  8. Festlegung des Streitwerts: Der Streitwert des Falles wurde auf 18.495,75 Euro festgesetzt.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Inwiefern ist die sekundäre Darlegungslast des Versicherungsnehmers bei arglistiger Täuschung relevant?

Die sekundäre Darlegungslast ist ein Begriff aus dem deutschen Zivilprozessrecht und tritt in Kraft, wenn eine Partei eines Zivilprozesses tatsächliche Umstände beweisen muss, die zu dem ihrem Einblick entzogenen Bereich des Prozessgegners gehören. Im Kontext der Wohngebäudeversicherung und arglistiger Täuschung ist die sekundäre Darlegungslast des Versicherungsnehmers besonders relevant.

Wenn der Versicherungsnehmer objektiv falsche Angaben gemacht hat, trifft ihn eine sekundäre Darlegungslast. Er muss plausibel darlegen, wie und weshalb es zu den objektiv falschen Angaben gekommen ist. Dies bedeutet, dass der Versicherungsnehmer die Umstände einer Nachprüfung zugänglich machen muss, die sich in seiner Sphäre abgespielt haben und die der Versicherer darum nicht kennen kann.

Wenn der Versicherer eine Anfechtung seiner Vertragserklärung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB darauf stützt, dass der Versicherungsnehmer bei Antragstellung einzelne Fragen objektiv unrichtig beantwortet hat, so trifft den Versicherungsnehmer die sekundäre Darlegungslast, zu erläutern, wie und weshalb es hierzu gekommen ist. Diese sekundäre Darlegungslast führt jedoch nicht zu einer Umkehr der Beweislast. Sind die Angaben des Versicherten in sich stimmig, muss der Versicherer beweisen, dass der Versicherte eine Täuschung des Versicherers zumindest billigend in Kauf genommen hat.

Die Beweislast für eine arglistige Obliegenheitsverletzung trägt der Versicherer. Der Versicherungsnehmer muss also darlegen und beweisen, dass ihn kein Verschulden oder ein geringerer Grad als grobe Fahrlässigkeit trifft. Der Versicherer muss im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast allerdings die konkrete Möglichkeit eines günstigeren Ergebnisses aufzeigen.

Die sekundäre Darlegungslast ist daher ein wichtiges Instrument im Versicherungsrecht, um die Interessen beider Parteien zu wahren und einen fairen Prozess zu gewährleisten.


Das vorliegende Urteil

LG Duisburg – Az.: 6 O 226/22 – Urteil vom 23.06.2023

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Leistungen aus einem Wohngebäudeversicherungsvertrag aufgrund eines behaupteten Wasserschadens in dem Mehrfamilienhaus Q.-straße in K. im Februar 2020.

Die Parteien sind durch einen Wohngebäudeversicherungsvertrag unter Einschluss einer Leitungswasserversicherung, der bei der Beklagten unter der Versicherungsnummer VO1 geführt wird, für den Versicherungsort Q.-straße, K., miteinander verbunden. Wegen der Einzelheiten des Versicherungsvertrages wird auf den Versicherungsschein vom 12. Juli 2017 in Anlage K 1 und BLD 1 der Gerichtsakte Bezug genommen. Dem Wohngebäudeversicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Wohngebäudeversicherungsbedingungen Wert 1914 VGB 2014 (09.14) zugrunde. Auf die Allgemeinen Wohngebäudeversicherungsbedingungen Wert 1914 VGB 2014 (09.14) (im Folgenden VGB 2014 genannt) in Anlage BLD 9 der Gerichtsakte wird verwiesen.

Darin heißt es auszugsweise und soweit für den Rechtsstreit relevant:

§ 16 Keine Leistungspflicht aus besonderen Gründen

[…]

2. Arglistige Täuschung nach Eintritt des Versicherungsfalles

Der Versicherer ist von der Entschädigungspflicht frei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherer arglistig über Tatsachen, die für den Grund oder die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind, täuscht oder zu täuschen versucht. Ist die Täuschung oder der Täuschungsversuch durch rechtskräftiges Strafurteil gegen den Versicherungsnehmer wegen Betruges oder Betrugsversuches festgestellt, so gelten die Voraussetzungen des Satzes 1 als bewiesen.

Der Kläger ist Eigentümer eines Mehrfamilienhauses in der Q.-straße in K. und zugleich der Geschäftsführer der Baufirma L. GmbH.

Dieser zeigte der Beklagten einen Wasserschaden vom 05.02.2020 in der Q.-straße in K. an und beauftragte die L. GmbH mit der Durchführung von Notmaßnahmen an der Schadensstelle. Nach einem Orttermin am 10.02.2020 erstellte die Firma D. ein Protokoll mit der Schadensdokumentation. Auf das Schadensprotokoll vom 10.02.2020 in den Anlagen K 2 und BLD 2 a der Gerichtsakte wird Bezug genommen. Die Firma L GmbH stellte dem Kläger für die Notmaßnahmen, namentlich für Reinigungs- und Trocknungsmaßnahmen sowie die Instandsetzung der Rohrleitungen, Kosten in Höhe von 7.503,66 EUR brutto in Rechnung.

Mit Datum vom 22.04.2020 übersandte der Zeuge T. an die Beklagte folgendes Schreiben, in dem es auszugsweise heißt:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

im Anhang dieser E-Mail finden Sie eine Rechnung im PDF-+b Format.

Das Protokoll von D. und unsere Pläne sind in der PDF ebenfalls enthalten.“

Der Inhalt der E-Mail in Anlage BLD 2b der Gerichtsakte wird in Bezug genommen. Der E-Mail fügte er folgendes Schreiben bei:

„L. GmbH

[…]

Rechnung R01

Datum 22.04.2020

Lieferdatum 22.04.2020

Folgende Positionen erlauben wir uns, Ihnen in Rechnung zu stellen:

Menge Einheit

Bezeichnung

Einzelpreis

Gesamt

Wasserschaden Q-Straße/ S01 Kostenzusammenstellung: siehe Anlage

16.557,40 EUR

16.557,40 EUR

Gesamt Netto

16.557,40 EUR 19 %

Umsatzsteuer

3.145,91 EUR

Rechnungsbetrag

19.703,31 EUR

Zahlungsbedingungen: Zahlbar innerhalb 7 Tagen nach Erhalt ohne Abzug! Rechnungsdatum entspricht dem Leistungsdatum.

Unberechtigt abgezogene Skontobeträge werden nachgefordert. Die Ware bleibt bis zur vollständigen Bezahlung unser Eigentum.“

Der Rechnung beigelegt war eine Auflistung der jeweiligen Arbeiten, die entsprechend der folgenden Tabelle aufgeschlüsselt wurden:

OZ

Kurztext

Langtext

Menge

Einheit

EP

GP

Auf das Schreiben vom 22.04.2020 und die beigefügte Tabelle in Anlage K 3 wird verwiesen.

Am 19.05.2020 teilte der Sachverständige Z., der von der Beklagten beauftragt wurde, an, mit, am 26.05.2020 einen Ortstermin mit dem Kläger vereinbart zu haben. Der Kläger war in dieser E-Mail in den „cc“ gesetzt. Die E-Mail des Zeugen Z. vom 19.05.2020 in Anlage BLD10 wird in Bezug genommen. Am selben Tage traf sich der Kläger mit dem Zeugen V., wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob dieses Treffen bei dem Kläger im Büro oder am Risikoort stattfand. Am 20.05.2020 teilte zunächst der Zeuge V. der Beklagten mit: „[…] Ich erhalte heute noch eine weitere Email vom Kunden. Der Sachbearbeiter im Hause L hat aus Versehen anstelle eines KVAs eine Rechnung rausgesandt. Dieser Fehler ist bei L entstanden. Es sind also bisher nur die Notreparaturen ausgeführt worden […].“ Am selben Tage schrieb auch der Kläger der Beklagten eine E-Mail, in der es auszugsweise heißt: „[…] einige Arbeiten wurden direkt im Anschluss nach Auftreten des Wasserschadens als Notmaßnahme durchgeführt (wie z.B. Trocknungsarbeiten und Heizung-& Sanitärarbeiten), andere stehen noch aus. Durch ein Kommunikationsfehler wurde versehentlich statt eines Angebotes eine Rechnung rausgeschickt. Bitte die Rechnung als Angebot betrachten.“ Die E-Mails in Anlage BLD12 der Gerichtsakte werden in Bezug genommen.

Am 26.05.2020 begutachtete der Zeuge B., Schadenregulierer der Beklagten, gemeinsam mit dem Zeugen M. Z. den Risikoort. Diese stellten eine Durchfeuchtung in der dritten Etage des streitgegenständlichen Objektes und die fehlende Ausführung der in Anlage K 3 aufgeführten Arbeiten fest. Es wird auf den Regulierungsbericht vom 24.07.2020 in Anlage BLD 3 der Gerichtsakte verwiesen. Der Zeuge Z. ermittelte einen Brutto-Neuwertschaden in Höhe von 11.500,00 EUR respektive einen Brutto-Zeitwertschaden in Höhe von 9.775,00 EUR. Auf das Gutachten in Anlage BLD 4 nebst der Fotomappe in Anlage BLD 5 der Gerichtsakte wird verwiesen. Die Beklagte lehnte eine Leistung aufgrund des behaupteten Leitungswasserschadens mit Schreiben vom 26.08.2020 mit der Begründung, der Kläger habe durch die Einreichung der Rechnung Nr. R01 für Irritationen gesorgt, ab. Das Schreiben in Anlage K 6 und BLD8 der Gerichtsakte wird in Bezug genommen. Im November 2020 veranlasst der Kläger, die Leistungen der Firma L GmbH in „erledigte“ und in „ausstehende Arbeiten“ zu unterteilen und übersandte an die Beklagte eine Rechnung für bereits erledigte Arbeiten in Höhe von 7.503,66 EUR brutto sowie ein Angebot für ausstehende Arbeiten in Höhe von 11.892,09 EUR brutto, jeweils nebst Leistungsverzeichnis. Auf die Rechnung vom 09.11.2020 in den Anlagen K 4 und BLD 7 der Gerichtsakte sowie das Angebot vom 09.11.2020 in Anlage K 5 der Gerichtsakte wird verwiesen.

Der Kläger behauptet, am 05.02.2020 sei es in dem versicherten Objekt zu einem Leitungswasserschaden gekommen. In der Heizungsleitung des streitgegenständlichen Hauses sei ein Rohrbruch aufgetreten. Das ausgetretene Wasser habe den Estrichboden und die Wände in dem Kinderzimmer der Mietwohnung im 3. OG sowie die Deckenfläche und die Außenwand im Treppenhaus sowie die darunterliegende Mietwohnung durchfeuchtet. Der Zeuge T. habe die Rechnung vom 22.04.2020 ohne böse Absicht erstellt. Er habe bei der Bedienung des Computerprogramms in der Kopfzeile die Worte „Angebot“ und „Rechnung“ vertauscht. Es habe sich dabei um einen menschlichen Fehler gehandelt, der möglicherweise auf mangelnder Sachkenntnis in Versicherungsangelegenheiten beruhe. Der Kläger habe den Zeugen T. jedenfalls angewiesen, ein Angebot zu erstellen. Zudem sei anhand des beigefügten Leistungsverzeichnisses ohne viel Aufwand erkennbar gewesen, dass ein Großteil der Arbeiten nur angeboten und noch nicht ausgeführt worden seien. Er habe veranlasst, dass die L. GmbH ihre Leistungen in „erledigte“ und „ausstehende Arbeiten“ unterteilen sollte. Die Beklagte habe die Firma D. beauftragt. Die abgerechneten Leistungen seien erforderlich. Die Firma L habe die Baustelle eingerichtet und mithilfe einer Sanierungsfachkraft im 2. OG und 3. OG Trocknungsmaßnahmen durchgeführt. Sie habe die undichte Stelle an der Rohrleitung repariert und die Heizung wieder in Betrieb genommen, wofür sie mehrmals im Einsatz war, um die Heizungsanlage abschnittsweise abzusperren, zu entleeren, wieder zu befüllen und zu entlüften. Im Treppenhaus und im 3. OG habe sie die Installationsschächte komplett öffnen müssen, um sich Zugang zu der leckenden Stelle der Steigleitung zu verschaffen und dafür den Wanddurchbruch Richtung Wohnung vergrößern. Im Anschluss an die Reparaturarbeiten habe sie zur Schließung der Öffnungen neue Verkleidungen in Trockenbauweise angebracht. Die Arbeiten seien erforderlich und die Kosten der Höhe nach angemessen. Die unter der Anlage K 4 aufgeführten Leistungen habe die Firma L. GmbH vollständig und mangelfrei erbracht. Er beabsichtige die weitere Instandsetzung des streitgegenständlichen Gebäudes wie im Angebot der Firma L. GmbH vorgesehen. In dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag sei der Versicherungswert, der zuvor bei der Provinzial versichert war, übernommen worden. Der Kläger bestreitet deswegen mit Nichtwissen, dass eine Unterversicherung gegeben ist bzw. zum Zeitpunkt des Schadenereignisses gegeben war.

Der Kläger beantragt,

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.603,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.06.2021 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, nach Ausführung der Restarbeiten zur Wiederherstellung des Wohngebäudes Q-Straße in K. nach dem Leitungswasserschaden vom 05.02.2020, und Vorlage einer ordnungsgemäßen Rechnung, den Kläger von Forderungen der Firma L GmbH in Höhe von 11.892,09 EUR brutto freizustellen.

3. hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, aus der Wohngebäudeversicherung mit der Versicherungsscheinnummer V01 wegen des Leitungswasserschadens vom 05.02.2020 bedingungsgemäßen Versicherungsschutz zu gewähren, insbesondere im Hinblick auf Renovierungskosten, Aufräumkosten, Abbruchkosten, Bewegungs- und Schutzkosten, Trocknungs- und Energiekosten sowie Mietausfall aufgrund des in den Wohnungen des 2. OG rechts und 3. OG rechts und im Treppenhaus des Hauses Q-Straße in K. eingetretenen Leitungswasserschadens.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass am 05.02.2020 ein Rohr einer Heizungsleitung im versicherten Objekt brach, durch austretendes Heizungswasser der Estrichboden und die Wände in dem Kinderzimmer der Mietwohnung des 3. OG sowie die Deckenfläche nebst Außenwand im Treppenhaus und der darunterliegenden Mietwohnung des 2. OG durchfeuchtet wurden und der Zeuge T. die Worte „Angebot“ und „Rechnung“ in der vermeintlichen Rechnung lediglich ohne böse Absicht vertauschte und der Schaden in streitgegenständlicher Höhe tatsächlich eintrat aufgrund eines versicherten Ereignisses. Sie bestreitet dazu mit Nichtwissen, dass die in Anlage K 4 abgerechneten und die in Anlage K5 angebotenen Arbeiten objektiv erforderlich, durchgeführt und die Preise angemessen und ortsüblich sind. Sie bestreitet zudem mit Nichtwissen, dass der Kläger nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist und dass er die Umsatzsteuer nach Schadenseintritt tatsächlich zahlte und dass es binnen kurzer Zeit drei Wasserschäden in dem streitgegenständlichen Objekt gab. Die Beklagte behauptet, der Zeuge V. habe den Kläger bei Abschluss des streitgegenständlichen Versicherungsvertrages über die Neuwertversicherung und zu den maßgeblichen Kriterien zur Bestimmung der richtigen Werte sowie auch zu Charakter und Funktionsweise einer Unterversicherung aufgeklärt. Zudem bestreitet die Beklagte die Kausalität hinsichtlich der Unterversicherung mit Nichtwissen. Dazu bestreitet sie, dass der Kläger eine höhere Versicherungssumme gegen entsprechende Mehrprämien eingedeckt hätte, wäre er entsprechend beraten worden. Er habe dem Kläger geraten, die richtige Versicherungssumme im Zweifel durch Experten wie Sachverständige und Architekten bestimmen zu lassen. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.

Der Kläger hat mit Klageschrift vom 28.10.2021 den Rechtsstreit vor dem Landgericht Essen erhoben. Nach Hinweis des Landgerichts Essen vom 07.06.2022 hat der Kläger mit Schriftsatz vom 14.06.2022 die Verweisung an das Landgericht Duisburg beantragt. Das Landgericht Essen hat sich mit Beschluss vom 15.06.2022 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Duisburg verwiesen. In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht den Kläger informatorisch angehört und Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen T., W., V., X. und C.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 26.11.2022 (Bl. 248 ff. d. A.), vom 17.03.2023 (Bl. 286 A. ff. d. A.), vom 02.06.2023 (Bl. 338 ff. d. A.) Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

I.

Dem Kläger stehen gegen die Beklagte weder die geltend gemachten Hauptforderungen noch die begehrte Nebenforderung zu.

1.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Wohngebäudeversicherungsvertrag (i. V. m. § 1 VVG) kein Zahlungsanspruch in Höhe von 6.603,66 EUR aus einem behaupteten Leitungswasserschaden am 05.02.2020 in der Q-Straße in K. zu. Andere Anspruchsgrundlagen kommen von vornherein nicht in Betracht.

Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat, § 28 Abs. 2 S. 1 VVG. Dies ist hier der Fall. Die Beklagte ist nach Abschnitt B § 16 Nr. 2 S. 1 VGB 2014 leistungsfrei. Danach ist der Versicherer von der Entschädigungspflicht frei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherer arglistig über Tatsachen, die für den Grund oder die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind, täuscht oder zu täuschen versucht. Der Zeuge T. hat diese Obliegenheit verletzt, indem er unter dem Datum des 22.04.2020 eine Rechnung für Arbeiten, die zum Großteil noch nicht ausgeführt waren, an die Beklagte schickte. Unstreitig hat der Zeuge T. gegenüber der Beklagten mit dem Schreiben vom 22.04.2020 – jedenfalls bezüglich aller Arbeiten, die nicht etwaige Notmaßnahmen waren – objektiv falsche Angaben dahingehend gemacht, dass die in der Rechnung ausgewiesenen Leistungen bereits erbracht wurden. Durch die Ausweisung „Rechnung“ und der Benennung der Höhe der Umsatzsteuer sowie der Zuweisung einer Rechnungsnummer wurde objektiv der Eindruck erweckt, die im Anhang zur Anlage K 3 ausgeführten Leistungen seien zum Zeitpunkt der Rechnungsstellung bereits erbracht worden. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass unter dem Rechnungsbetrag der Zusatz „Rechnungsdatum entspricht dem Leistungsdatum“ steht und sich die Formulierungen in diesem Schreiben auf „Waren“ beziehen und nicht auf „Leistungen“. Durch die beigefügte Tabelle werden diese „Leistungen“ jedoch konkretisiert und dem Wasserschaden zuordbar. Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich aus der beigefügten Leistungsbeschreibung nicht, welche Arbeiten bereits erbracht wurden und welche noch ausstehen. So wurde in dem Leistungsverzeichnis zwar zwischen den einzelnen Phasen der durchzuführenden Arbeiten unterschieden („Baustelleneinrichtung, Trocknung, Räumungs- und Entsorgungsarbeiten, Putz und Estricharbeiten, Tapezier- und Malerarbeiten, Heizungs- und Sanitärarbeiten, weiteres“), doch auch aus dieser Unterscheidung ergibt sich nicht hinreichend, dass Teile der Arbeiten noch nicht erbracht wurden. Vielmehr fehlt ein ausdrücklicher Hinweis auf eine Unterscheidung zwischen „erledigten“ und „ausstehenden“ Arbeiten. So lässt sich in sprachlicher Hinsicht den Formulierung nicht entnehmen, welche Arbeiten erbracht wurden und welche jedenfalls noch ausstehend und nur als Angebot anzusehen sind.

Der Zeuge T. handelte auch arglistig. Arglist erfordert zum einen mindestens bedingten Vorsatz bezüglich der Verletzung der Obliegenheit, der hier gegeben ist, und zusätzlich mindestens bedingten Vorsatz bezüglich einer für den Versicherer nachteiligen Auswirkung der Obliegenheitsverletzung (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 2007 – IV ZR 331/05 -, Rn. 8, juris LG Saarbrücken, Urteil vom 6. September 2011 – 14 S 2/11 -, Rn. 30, juris; Langheid/Wandt/Wandt, 3. Aufl. 2022, VVG § 28 Rn. 310). Eine arglistige Täuschung setzt eine Vorspiegelung falscher oder ein Verschweigen wahrer Tatsachen gegenüber dem Versicherer zum Zwecke der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus. Der Versicherungsnehmer muss vorsätzlich handeln, indem er bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirkt. Eine Bereicherungsabsicht des Versicherungsnehmers ist nicht erforderlich. Es reicht aus, dass er einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt, etwa indem er Schwierigkeiten bei der Durchsetzung berechtigter Deckungsansprüche ausräumen will und weiß, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2013 – IV ZR 122/13 -, Rn. 7, juris; BGH, Beschluss vom 4. Mai 2009 – IV ZR 62/07 -, Rn. 9, juris; vgl. BGH, Urteil vom 2. Oktober 1985 – Az. IVa ZR 18/84, Rn. 12, juris; OLG Koblenz, Urteil vom 20. Mai 2005 – 10 U 692/04 -, Rn. 14, juris). Die Beweislast für die vorsätzliche Obliegenheitsverletzung obliegt dem Versicherer (vgl. BGH, Urteil vom 2. April 2014 – IV ZR 124/13 -, Rn. 19, juris; MüKo-VVG/Wandt, 3. Aufl. 2022, § 28 VVG, Rn. 223; vgl. Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 20. Oktober 2011 – 5 W 220/11 – 98 -, Rn. 32, juris). Allerdings trifft den Versicherungsnehmer eine sekundäre Darlegungslast, nach der es ihm obliegt, die Gründe für die Falschangaben, darzutun und der Nachprüfung zugänglich zu machen. Er muss plausible Tatsachen vortragen, die den Täuschungswillen entfallen lassen (vgl. BGH, Beschluss vom 7. November 2007 – IV ZR 103/06 -, Rn. 1, juris; BGH, Urteil vom 11. Mai 2011 – IV ZR 148/09 -, Rn. 16, juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 7. Dezember 2022 – 3 U 205/22 -, Rn. 18, juris;). Der Beklagten ist der Beweis des arglistigen Handels durch den Zeugen T. gelungen. Das Gericht ist aufgrund einer Würdigung der Gesamtumstände gemäß § 286 ZPO der Überzeugung, dass die Rechnung vom 22.04.2020 durch den für den Kläger bei der Abwicklung des Schadensfalls handelnden Zeugen T. bei der Beklagten eingereicht wurde, um die Abwicklung des Schadensfalls in ihrem Sinn zu erreichen. Nach dem in § 286 ZPO normierten Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist ein Beweis erbracht, wenn das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Ergebnisses der Beweisaufnahme und der sonstigen Wahrnehmungen in der mündlichen Verhandlung von der Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung überzeugt ist. Die danach erforderliche Überzeugung des Richters gebietet keine absolute Gewissheit oder an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Vielmehr genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit, der vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 18.10.2017 – Az. VIII ZR 32/16, Rn. 14, juris m. w. N.). Der Kläger vermochte keine plausiblen Tatsachen vortragen, die den Täuschungswillen hätten entfallen lassen. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass der Zeuge T. zunächst bekundet hat, ihm sei nicht klar gewesen, dass man eine derartige Rechnung nicht vorab stellen dürfe und er nicht gewusst habe, dass die Beklagte den Begriff „Rechnung“ so genau nehme. Das Gericht wertet diese Aussage als Schutzbehauptung, die in einem deutlichen Widerspruch zu den sonstigen Angaben des Zeugen T. steht. So hat der Zeuge T. auf weitere Nachfrage ausdrücklich bekundet, er wisse, was eine „Rechnung“ sei. Zudem habe er bei der Erstellung des Schreibens vom 22.04.2020 in dem Programm Software Open 3 bewusst auf das Wort „Rechnung“ – und gerade nicht auf das Wort „Angebot“ geklickt. Insbesondere erstellte der Zeuge T. die Liste mit den abgerechneten Arbeiten händisch als PDF-Dokument, sodass es ihm jedenfalls bei der Erstellung dieser Tabelle möglich gewesen wäre, eine Unterscheidung zwischen den erbrachten und den noch auszuführenden Arbeiten vorzunehmen. Der Zeuge T. wusste zudem auf Grund seiner Tätigkeit und seiner wiederkehrenden Aufgabe, jedenfalls kleinere Rechnungen zu erstellen, um die Vorgehensweise bei der Erstellung von Rechnungen und Angeboten. Er kannte die Unterschiede und hat ausdrücklich bekundet, er habe gewusst, dass ausschließlich Notmaßnahmen durchgeführt worden seien, die übrigen Reparaturen dagegen noch ausstünden. Die Aussage des Zeugen T. ist glaubhaft. Bei der Beurteilung von Zeugenaussagen ist davon auszugehen, dass jede Aussage zunächst als unzuverlässig gilt: Die Aussage kann wahr oder unwahr sein (sog. Nullhypothese, vgl. BGH, Urteil vom 13. März 1991 – Az. IV ZR 74/90 -, Rn. 14 ff., juris). Dazu muss man bei der Bewertung von Aussagen von einer neutralen Anfangswahrscheinlichkeit für deren Zuverlässigkeit ausgehen und sodann überprüfen, ob anhand von Qualitätsmerkmalen, so genannten Realkennzeichen oder Realitätskriterien, eine (ausreichend) hohe Wahrscheinlichkeit für die Zuverlässigkeit der Aussage erreicht werden kann. Ist das der Fall, so kann grundsätzlich von „subjektiver Wahrheit“ ausgegangen werden. Es ist nun festzustellen, ob diese Erinnerungen durch Irrtümer verfälscht sind. Die Auskunftsperson muss die Geschehnisse zutreffend wahrgenommen haben (keine Wahrnehmungsfehler), und es muss sich um echte Erinnerungen handeln (d.h. die Auskunftsperson meint nicht nur, sich zu erinnern), die durch den Zeitablauf nicht verändert worden sind (keine Erinnerungsfehler) (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 8. Dezember 2005 – Az. 4 Ws 163/05, Rn. 3, juris). Die Aussage des Zeugen T. ist glaubhaft. Dieser vermochte die Ereignisse strukturiert schildern und konnte auf Nachfragen in gleichbleibendem Tempo antworte. Seine Aussage ist detailreich und in sich schlüssig. Zudem räumte er bereitwillig eigene Fehler ein, indem er zugab, derjenige gewesen zu sein, der die Rechnung vom 20.04.2020 erstellte.

Die Beklagte ist auch nicht gemäß § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG ausnahmsweise deshalb zur Leistung verpflichtet, weil die Obliegenheitsverletzung weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht der Beklagten ursächlich geworden wäre. Denn dieser Kausalitätsgegenbeweis ist dem Kläger wegen der arglistigen Obliegenheitsverletzung entsprechend der obigen Ausführungen vorliegend gem. § 28 Abs. 3 Satz 2 VVG versagt.

Der Berufung der Beklagten auf ihre Leistungsfreiheit steht auch nicht § 28 Abs. 4 VVG entgegen, wonach die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskünfte- oder Aufklärungsobliegenheit zur Voraussetzung hat, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat. Eine Belehrung nach § 28 Abs. 4 VVG ist entbehrlich, wenn der Versicherungsnehmer – wie hier – die Obliegenheit arglistig verletzt hat. Zweck der Belehrungspflicht ist es, den schutzwürdigen Versicherungsnehmer vor einem unerwarteten Rechtsverlust bei falschen Angaben zu bewahren. Für diese Erwägungen ist indes kein Raum, wenn der Versicherungsnehmer seine Aufklärungspflicht arglistig verletzt, er mithin nicht schutzwürdig ist, zumal in seinem solchen Fall nicht davon auszugehen ist, dass sich der arglistig handelnde Versicherungsnehmer durch eine förmliche Warnung in einem Vordruck von seinem Vorhaben abbringen lassen würde (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2014 – IV ZR 306/13 -, Rn. 16, juris; LG Saarbrücken, Urteil vom 6. September 2011 – 14 S 2/11 -, Rn. 33, juris; OLG Köln, Urteil vom 3. Mai 2013 – I-20 U 224/12 -, Rn. 6, juris).

Das Verhalten des Zeugen T. ist dem Kläger auch analog § 166 BGB zuzurechnen. Die Zurechnung hängt nur davon ab, dass der Dritte vom Versicherungsnehmer mit der Wissensvertretung oder Wissenserklärungsvertretung betraut worden ist (MüKo-VVG /Wandt, 3. Aufl. 2022, VVG § 28 Rn. 116). Der Beklagten ist der Beweis gelungen. Die Behauptung des Klägers, er habe den Zeugen T. mit der Erstellung einer getrennten Rechnung für die bereits erbrachten Leistungen und eines Angebots für die noch ausstehenden Maßnahmen vermochte der Zeuge T. nicht bestätigen. Vielmehr hat dieser glaubhaft bekundet, der Kläger habe ihn persönlich mit der Abrechnung betraut. Dagegen habe der Kläger ihn gerade nicht angewiesen, eine Rechnung und ein Angebot zu erstellen. Dies sei erst geschehen nachdem der Versicherung der Fehler aufgefallen sei. Die Aussage des Zeugen T. ist entsprechend der obigen Ausführungen glaubhaft.

Der Kläger ist auch nicht durch seine E-Mail vom 20.05.2020, in der er darum bat, das als Rechnung ausgewiesene Schreiben als Angebot zu beachten, zurückgetreten. Ist auch die Vorsatzvermutung nicht widerlegt, kann sich der Versicherer gleichwohl nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) auf Leistungsfreiheit nicht berufen, wenn der Zweck der Aufklärungsobliegenheit durch die Berichtigung der falschen Angaben letztlich doch erreicht ist (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2001 – IV ZR 225/00 -, Rn. 20, juris). Die Leistungsfreiheit des Versicherers ist verwehrt, wenn der Versicherungsnehmer freiwillig von einem Täuschungsversuch oder von einer noch nicht entdeckten Täuschung zurücktritt und sein arglistiges Verhalten bis zum freiwilligen Rücktritt noch keine nachteiligen Auswirkungen für den Versicherer gehabt hat und sich nachteilige Auswirkungen infolge des Rücktritts auch danach nicht ergeben (MüKo VVG/Wandt, 3. Aufl. 2022, VVG § 28 Rn. 317). Erforderlich dafür ist, dass das arglistige Verhalten des Versicherungsnehmers bis zum freiwilligen Rücktritt vom Versicherer noch nicht entdeckt ist und dem Versicherer bis zum Rücktritt kein Nachteil entstanden sein (und zwar auch nicht in Form einer Ursächlichkeit für einen zwangsläufig erst nach erfolgtem Rücktritt entstehenden und nicht mehr vermeidbaren Nachteil). Kann nicht ausgeschlossen werden, dass das arglistige Verhalten bereits zu einem Nachteil für den Versicherer geführt hat oder nicht freiwillig aufgegeben wurde, bleibt es dementsprechend bei der Leistungsfreiheit des Versicherers (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2001 – IV ZR 225/00 -, Rn. 20, juris; MüKo VVG/Wandt, 3. Aufl. 2022, VVG § 28, Rn. 319 f.). Dem Kläger ist der Nachweis des freiwilligen Rücktritts von der arglistigen Täuschung der Beklagten nicht gelungen. Kein Rücktritt liegt vor, wenn die Versicherung bereits mit der Bearbeitung des Falles begonnen und dem Versicherungsnehmer diesbezüglich anschrieb (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2001 – IV ZR 225/00 -, Rn. 21, juris). Der Kläger hat die falschen Angaben in der Schadensanzeige erst berichtigt, nachdem die Beklagte mit der Bearbeitung des Falles begonnen und die Sachverständigen Rosenstein und Z. mit der Untersuchung des Falls beauftragt hatten. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der Gesamtumstände fest. Ausweislich der E-Mail des Zeugen Z. vom 19.05.2020 sprach dieser das Bevorstehen des Ortstermins persönlich mit dem Kläger ab („konnten wir mit dem Versicherungsnehmer einen Ortstermin vereinbaren“). Zudem vermochten sich weder der Zeuge V. noch der Kläger an ihren Termin vom 19.05.2020 erinnern. Gleichwohl räumte auch der Kläger ein, es sei jedenfalls möglich, dass der Zeuge V. die fehlerhafte Rechnungsstellung zuerst bemerkt habe. Die Zweifel gehen hier, entsprechend der obigen Ausführungen, zu Lasten des Klägers.

Die Zeugen A. und O. waren entsprechend der Ausführungen in der mündlichen Verhandlung nicht mehr zu hören, da es auf diese nicht mehr ankommt.

2.

Aus denselben Gründen sind auch weder die Feststellungsklage zu Ziffer 2 noch die hilfsweise gestellte Feststellungsklage unter Ziffer 3 begründet.

3.

Mangels begründeter Hauptforderung steht dem Kläger werde ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen zu.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 281 Abs. 3 S. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.

III.

Der Streitwert wird auf 18.495,75 EUR festgesetzt.

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