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Wohngebäudeversicherung – behauptete Eigenbrandstiftung – Zulässigkeit Feststellungsklage

Rechtliche Spannungsfelder im Versicherungsrecht: Eigenbrandstiftung und Feststellungsklage

Im Kern der vorliegenden rechtlichen Auseinandersetzung stehen eine Wohngebäudeversicherung, die mutmaßliche Eigenbrandstiftung des Klägers und die Zulässigkeit einer Feststellungsklage. Der Kläger, dessen Wohngebäude durch ein Feuer beschädigt wurde, und seine Versicherungsgesellschaft befinden sich in einem Konflikt, bei dem die Versicherung Eigenbrandstiftung und falsche Angaben des Klägers behauptet. Das Hauptproblem liegt in der Frage, ob die Versicherungsgesellschaft den Beweis für die Eigenbrandstiftung erbringen kann und ob die Feststellungsklage des Klägers zulässig ist.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 7 U 133/20 >>>

Eigenbrandstiftung und Falschangaben

Die Versicherungsgesellschaft behauptet, dass der Kläger das Feuer selbst gelegt hat und dabei falsche Angaben gemacht hat. Dabei verweist sie auf die Eigenleistungen des Klägers bei der Sanierung des Wohngebäudes als möglichen Beweis für seine Motivation. Diese Argumentation wird jedoch als fehlerhaft kritisiert, da die erbrachten Eigenleistungen und Aufwendungen nicht zwangsläufig auf ein wirtschaftliches Motiv hinweisen. Hier wird deutlich, dass die Beweisführung in diesem Fall komplex und herausfordernd ist.

Zulässigkeit der Feststellungsklage

Die Zulässigkeit der Feststellungsklage wird in der Entscheidung besonders hervorgehoben. Es wird argumentiert, dass der Kläger nicht auf eine Leistungsklage verwiesen werden muss, da er von der in den Versicherungsbedingungen vorgesehenen Möglichkeit eines Sachverständigenverfahrens Gebrauch machen kann. Dabei wird auf verschiedene Urteile des Bundesgerichtshofs verwiesen. Diese rechtliche Positionierung ist bedeutend, da sie die Rechte von Versicherungsnehmern stärkt und ihre Möglichkeiten in rechtlichen Auseinandersetzungen erweitert.

Bedeutung der Beweislast

Eine weitere entscheidende Frage in dieser Auseinandersetzung ist die Beweislast. Es wird argumentiert, dass die von der Versicherungsgesellschaft vorgebrachten Indizien nicht ausreichend sind, um die Eigenbrandstiftung zu beweisen. Die Entscheidung betont, dass die Gerichte eine umfassende Würdigung aller Umstände vornehmen müssen und die Schlussfolgerungen auf einer soliden Tatsachengrundlage beruhen müssen. Diese Erörterung verdeutlicht die hohen Anforderungen an die Beweisführung im Versicherungsrecht.

Folgen der Entscheidung

Die Entscheidung hat potenzielle Auswirkungen für zukünftige Fälle im Versicherungsrecht. Sie unterstreicht die Bedeutung der Beweisführung und die hohen Hürden für Versicherungsgesellschaften bei der Behauptung von Eigenbrandstiftung. Darüber hinaus stärkt sie die Rechte der Versicherungsnehmer, indem sie betont, dass diese nicht auf eine Leistungsklage verwiesen werden müssen. Somit wird die Bedeutung des Sachverständigenverfahrens unterstrichen und die Rechte der Versicherungsnehmer im Konflikt mit ihren Versicherungsgesellschaften gestärkt.


Das vorliegende Urteil

OLG Frankfurt – Az.: 7 U 133/20 – Urteil vom 09.03.2022

Die Berufung der Beklagten gegen das am 26.06.2020 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das angefochtene und das vorliegende Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Wohngebäudeversicherung – behauptete Eigenbrandstiftung - Zulässigkeit Feststellungsklage
Im Brandfall zwischen Eigenleistung und Eigenbrandstiftung: Ein Blick auf die Beweislast im Versicherungsrecht und die Stärkung von Versicherungsnehmerrechten (Symbolfoto: Animaflora PicsStock /Shutterstock.com)

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beklagte zur Gewährung von Versicherungsschutz aus einer Wohngebäudeversicherung verpflichtet ist.

Der Kläger erwarb mit notariellem Kaufvertrag das Anwesen Straße1 in Stadt1 zu einem Preis von 75.000,00 € und wurde am 03.06.2016 als Eigentümer eingetragen. Zugunsten der Bank1 ist eine Grundschuld über 75.000,00 € eingetragen.

Unter dem 08.07.2016 beantragte er bei der Beklagten den Abschluss einer Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert für dieses Grundstück. Dort ist unter anderem angegeben, dass die Immobilie aktuell kernsaniert werde (Dach, Heizung, Grundrisse, Sanitär, Dachgeschoss, Außenanlage). Weiter ist angekreuzt, dass das Gebäude bezugsfertig hergestellt sei und keine baulichen Mängel aufweise.

Die Beklagte nahm den Antrag an und übersandte dem Kläger den Versicherungsschein vom 19.08.2016. Versicherungsbeginn war der 01.08.2016, Vertragsablauf am 01.08.2017. Bei nicht fristgerechter Kündigung verlängerte sich der Vertrag stillschweigend. Versichert war unter anderem die Gefahr Brand. Nicht versichert war eine auf dem Grundstück befindliche Scheune. Dem Vertrag liegen die Versicherungsbedingungen für die X-Wohngebäudeversicherung (im Folgenden VGB) zugrunde, die in Ziffer B 1.3 ein Sachverständigenverfahren zur Ermittlung der Schadenshöhe vorsehen.

In der Nacht zum XX.XX.2017 kam es zu einem Brand auf dem versicherten Grundstück. Das Gebäude brannte bis auf Reste der Außenmauern ab. Die Reste wurden wegen Einsturzgefahr abgerissen.

Das eingeleitete Ermittlungsverfahren ist nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden, da ein Täter nicht habe ermittelt werden können. In dem Brandermittlungsbericht vom XX.XX.2017 heißt es auszugweise: „Das Gebäude ist nahezu vollständig leergeräumt. In einem Zimmer im Erdgeschoss zur westlichen Gebäudeseite befindet sich ein geöffnetes Fenster. Die Scheibe ist zersplittert, Scherben liegen auf der Innenseite, ein Klinkerstein liegt auf dem Boden. Innerhalb des Erdgeschosses nehme ich einen starken Geruch, ähnlich dem von Kraftstoff, wahr. … Während der Löscharbeiten werde ich von dem Zeugen Y angesprochen. Dieser gibt unabhängig von meiner Wahrnehmung an, dass er einen starken Benzingeruch o.ä. bei seinem ersten Betreten festgestellt habe. … Zum jetzigen Zeitpunkt erscheint es als wahrscheinlich, dass der bislang unbekannte Täter sich widerrechtlich Zutritt zum Gebäude verschafft hat, indem er mit einem Stein eine Fensterscheibe einschlägt. Anschließend betritt er hierdurch das Haus, begibt sich ins Dachgeschoss und entfacht an mindestens zwei Stellen Feuer. Im Erdgeschoss verteilt er in mindestens einem weiteren Zimmer vermutlich Benzin und verlässt das Gebäude anschließend durch die (von ihm) geöffnete Balkontür“.

Der Kläger meldete den Schadensfall der Beklagten am XX.XX.2017 telefonisch. In der elektronischen Notiz hierzu findet sich folgender Vermerk: „war gerade im Endstadium der Sanierung“. Die Beklagte schaltete Z ein, die den Kläger mit Schreiben vom 12.10.2017 zur Vorlage von verschiedenen Unterlagen aufforderte. Am 02.11.2017 fand eine Befragung des Klägers durch das von der Beklagten beauftragte Sachverständigenbüro A und B GbR statt.

Mit Schreiben vom 22.02.2018 lehnte die Beklagte die Erbringung von Leistungen ab, da sie sich nicht davon habe überzeugen können, dass ein bedingungsgemäß versicherter bzw. entschädigungspflichtiger Schadenfall vorliege.

Der Kläger ließ durch einen Architekten die Kosten eines Wiederaufbaus schätzen. Der Architekt C gelangte in seiner vorläufigen Kostenschätzung zu einem Betrag von 966.875,00 €.

Der Kläger hat behauptet, im Laufe des Ermittlungsverfahrens habe die Brandursache nicht aufgeklärt werden können. Es habe lediglich ein Anfangsverdacht bestanden, dass es sich um Brandstiftung gehandelt habe.

Er habe bis zum Brand bereits umfangreiche Arbeiten an dem versicherten Objekt durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf den Schriftsatz des Klägers vom 09.04.2019 sowie die Lichtbilder Anlagenkonvolut K 7 Bezug genommen, die das Objekt vor den durchgeführten Arbeiten zeigten. Für die Arbeiten habe die Firma D unter dem 18.09.2016 einen Betrag in Höhe von 53.550,00 € in Rechnung gestellt. Das Fundament sei im Mai 2016 isoliert worden. Die Finanzierung habe auch den Kaufpreis umfasst. Auf den Kaufpreis habe die finanzierende Bank lediglich 54.000,00 € gezahlt. Der weitere Darlehensbetrag sei erst nach Beginn der Sanierung ausgezahlt worden. Den restlichen Kaufpreis, die Kaufnebenkosten sowie die über den Finanzierungsbetrag hinausgehenden Kosten der Sanierung und Renovierung habe er aus eigenen Mitteln erbracht. Die Bank2 Stadt2 habe für die Dachsanierung bereits ein Darlehen in Höhe von 50.000,00 € genehmigt.

Aus dem Mietspiegel für Stadt1 ergebe sich, dass die von ihm angenommene Miete durchaus erzielt werden könne. Darüber hinaus habe es bereits zwei Mietverträge über Wohnungen in dem versicherten Anwesen gegeben.

Er hat geltend gemacht, die Beklagte sei verpflichtet, den Neuwert des abgebrannten Gebäudes zu ersetzen. Er beabsichtige, das Gebäude wieder zu errichten. Es sei ihm jedoch nicht zumutbar, mit den Arbeiten zu beginnen, ohne zu wissen, ob die Beklagte zur Regulierung verpflichtet sei. Vor diesem Hintergrund bestünden an der Zulässigkeit der Feststellungsklage keine Bedenken.

Die Beklagte hat behauptet, es habe sich um Brandstiftung gehandelt. Die Einsatzkräfte hätten einen deutlichen Geruch von Brandmittelbeschleuniger festgestellt. Darüber habe es mindestens zwei unabhängig voneinander agierende Brandausbruchsstellen gegeben.

Die Beklagte hat ferner geltend gemacht, der Kläger habe sie arglistig zu täuschen versucht, und hat hierzu behauptet, entgegen der Angabe des Klägers über die zu erzielenden Mieteinnahmen in Höhe von 2.500,00 € netto im Monat seien allenfalls 1.610,00 € zu erzielen. Darüber hinaus sei jedwede Vermietung ohnehin ausgeschlossen gewesen. Das Gebäude habe sich in einem desolaten Zustand befunden. In einen vermietungsfähigen Zustand hätte das Gebäude wirtschaftlich nie versetzt werden können. Dies sei faktisch unmöglich gewesen. Entgegen der Angabe des Klägers gegenüber dem Zeugen B habe es keine Sanierung des Objekts gegeben. Ferner habe der Kläger angegeben, es seien Fremdfirmen beauftragt worden, die einen Großteil der Sanierungsarbeiten ausgeführt haben sollen. Rechnungen von Fremdfirmen habe der Kläger indes nicht eingereicht. Bei der nunmehr von dem Kläger eingereichten Rechnung der Firma D handele es sich um eine Gefälligkeitsrechnung. Zwar habe der Kläger auf das Schreiben vom 12.10.2017 Rechnungen über Material eingereicht, die sich aber nur auf einen Betrag in Höhe von 5.700,00 € summierten. Daraus ergebe sich zwingend, dass keine Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt worden sein könnten.

Der Kläger habe verschwiegen, dass er – insofern unstreitig – das Objekt als Flüchtlingsunterkunft an die Stadt1 habe vermieten wollen, wozu es nicht gekommen sei. Auch die massiven Vorschäden habe der Kläger verschwiegen.

Die Beklagte hat sich ferner auf Leistungsfreiheit wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalls berufen und hierzu vorgetragen, dass bereits der Tathergang gegen einen Fremdtäter spreche. Weder lägen Anhaltspunkte für einen sogenannten Vertuschungsbrand noch für eine Kinderbrandstiftung noch für einen Feuerteufel vor. Ein Motiv für Dritte sei nicht ersichtlich. Demgegenüber sei es dem Täter ersichtlich auf einen Vollbrand angekommen. Auch die verschiedenen Falschangaben seien zu berücksichtigen. Darüber hinaus habe der Kläger gegenüber einem Journalisten angegeben, dass er gerade mit der Sanierung habe beginnen wollen, als das Feuer ausgebrochen sei. Das Gebäude habe keinen positiven, sondern nur einen negativen Wert gehabt, da es hätte abgerissen werden müssen. Ferner gehe der Kläger offenbar davon aus, dass er einfach so fiktiv den Neubauwert erhalten könne. Erforderliche Investitionen hätte der Kläger mangels finanzieller Mittel überhaupt nicht vornehmen können. Gegenüber dem Zeugen B habe der Kläger angegeben, er wolle das Geld für das Objekt haben und dann das Grundstück verkaufen, ohne es erneut zu bebauen.

Einen Anspruch auf die Neuwertspitze habe der Kläger derzeit nicht, zum Zeitwertschaden habe der Kläger nicht vorgetragen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 05.07.2019 durch uneidliche Vernehmung der Zeugen E, D, Vorname1 F, Vorname2 F, Vorname5 G, H, Vorname6 G, I, Vorname3 F, Vorname4 F, J, K, L und M. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Niederschriften über die mündlichen Verhandlungen am 05.07.2019 und am 15.11.2019 sowie die Niederschrift über die Videovernehmung des Zeugen M.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird im Übrigen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 26.06.2020 festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, aufgrund des Wohngebäudeversicherungsscheins Nr. … vom 19.08.2016 sowie dem Nachtrag zu diesem Versicherungsschein vom 20.09.2016 dem Kläger wegen des Brandereignisses vom XX.XX.2017 auf dem Anwesen Straße1 in Stadt1 bedingungsgemäßen Versicherungsschutz zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei zulässig, insbesondere bestehe ein besonderes Feststellungsinteresse. Ein Versicherungsfall sei unstreitig eingetreten. Die Beklagte könne sich nicht auf Leistungsfreiheit nach § 81 VVG berufen. Die vorgetragenen Indizien rechtfertigten nicht den Schluss auf eine Eigenbrandstiftung des Klägers. Von dem Vorliegen der von der Beklagten vorgetragenen Brandstiftung sei zwar auszugehen. Ein nachvollziehbares Motiv eines Außenstehenden für eine vorsätzliche Brandstiftung sei nicht ersichtlich. Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Brandlegung sehr effektiv geschehen und auffälligerweise die nichtversicherte Scheune verschont geblieben sei. Die von der Beklagten angeführten weiteren Indizien – Zustand der Immobilie, nicht mögliche und unterbliebene Sanierung, wirtschaftliche Motivlage beim Kläger – seien in der Beweisaufnahme nicht nachgewiesen worden. Eine Eigenbrandstiftung könne nicht als hinreichend wahrscheinlich festgestellt werden. Auch das von der Beklagten geltend gemachte Recht auf Leistungsfreiheit wegen arglistiger Falschangaben bestehe nicht. Zwar habe der Antragsteller bei Antragstellung die Frage nach baulichen Mängeln durch Ankreuzen verneint. Diese Angabe werde aber durch die weitere Angabe relativiert, das Gebäude werde aktuell kernsaniert. Soweit der Kläger zu erzielende Mieteinnahmen in Höhe von 2.500,00 € netto angegeben habe, könne die Unrichtigkeit dieser Angabe nicht festgestellt werden. Überdies habe es sich bei dieser Angabe ersichtlich um eine kalkulatorische Größe gehandelt. Es stehe auch nicht fest, dass die Angabe, es habe bereits Mietverträge gegeben, falsch gewesen sei. Auch die Angabe des Klägers, er habe bei Erwerb 75.000,00 € als Kaufpreis und insgesamt 85.000,00 € gezahlt, könne unter Berücksichtigung der üblichen Kaufnebenkosten nicht als falsch angesehen werden. Auch bezüglich der Angabe der Kosten der Modernisierung könne auf der Grundlage des Beweisergebnisses nicht festgestellt werden, dass diese grob falsch gewesen sei. Soweit dem Kläger vorgeworfen werde, den desolaten Zustand des Gebäudes im Regulierungsstadium verschwiegen und Angaben zu Sanierungsmaßnahmen gemacht zu haben, die in Wirklichkeit nicht stattgefunden hätten, greife dies nach dem Beweisergebnis nicht.

Gegen das ihr am 04.07.2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 03.08.2020 Berufung eingelegt und diese am 31.08.2020 begründet. Die Beklagte macht zur Begründung der Berufung geltend, entgegen der Ansicht des Landgerichts sei die Feststellungsklage unzulässig. Sie rügt, das Landgericht habe im Hinblick auf die behauptete Eigenbrandstiftung zwar die einzelnen Indizien erörtert, aber nicht die gebotene Gesamtschau vorgenommen. Ferner habe das Landgericht es verfahrensfehlerhaft unterlassen aufzuklären, ob in der gescheiterten Möglichkeit, das Objekt als Flüchtlingsunterkunft zu nutzen, ein Motiv liege, da damit eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung entfallen sei. Auch die behaupteten Eigenleistungen stellten keinen ernsthaften Grund für das Entfallen eines Motivs dar. Gleiches gelte für die von dem Kläger behaupteten Sanierungs- oder Modernisierungsarbeiten sowie die Materialkosten. Die entsprechenden Beweisantritte der Beklagten seien nicht erledigt worden. Wegen der erbrachten Eigenleistungen und Aufwendungen von einer fehlenden wirtschaftlichen Motivlage zu sprechen, beruhe daher auf einer fehlerhaften Tatsachengrundlage. Im Übrigen wiederholt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzlichen Vorbringen zu der behaupteten Eigenbrandstiftung und den Falschangaben des Klägers.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 26.06.2020 (Az.: 2-08 O 278/18) die Klage abzuweisen; hilfsweise, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Verfahren an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags das angefochtene Urteil.

Eine Duploakte der Staatsanwaltschaft Stadt3 zu Aktenzeichen … lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die zur Gerichtsakte gereicht worden sind.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg. Es liegt kein Berufungsgrund im Sinne von § 513 ZPO vor, da die Entscheidung des Landgerichts weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO beruht noch die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung in der Sache rechtfertigen.

Die Feststellungsklage ist zulässig, es besteht ein berechtigtes Interesse an der Feststellung.

Insbesondere steht der Vorrang der Leistungsklage nicht entgegen. Der Bundesgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Versicherungsnehmer, der von der in den Versicherungsbedingungen vorgesehenen Möglichkeit eines Sachverständigenverfahrens Gebrauch machen kann, sich nicht auf eine Leistungsklage verweisen lassen muss (BGH, Urteil vom 07.03.1966 – II ZR 225/63 – BeckRS 1966, 30391088; Urteil vom 16.04.1986 – IVa ZR 210/84 – NJW-RR 1986, S. 962; Urteil vom 17.12.1997 – IV ZR 136/96 – r+s 1998, S. 117). Ein solches Sachverständigenverfahren ist hier in Ziffer B 1.3 VGB vorgesehen, das der Versicherungsnehmer einseitig verlangen kann und dessen Ergebnis verbindlich ist, solange keine offenbare und erhebliche Abweichung von der wirklichen Sachlage vorliegt.

Der Senat folgt nicht der abweichenden Auffassung des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, die dieser in seinem Beschluss vom 02.05.2018 vertreten hat (3 U 244/16, zit. n. Juris; die Nichtzulassungsbeschwerde hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 13.12.2019 – IV ZR 163/18, n.v. – zurückgewiesen, allerdings ohne Begründung), wonach auch dann, wenn nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen eines Hausratversicherers die Durchführung eines Sachverständigenverfahrens möglich ist, eine Feststellungsklage wegen fehlenden Feststellungsinteresses unzulässig ist. Begründet hat der 3. Zivilsenat dies mit den Besonderheiten des Rechts der Hausrat- bzw. Brandversicherung, wenn eine Gesamtheit von Sachen gestohlen bzw. durch einen Brand beschädigt worden sei und der Umfang des eingetretenen Schadens zwischen den Parteien streitig sei. In einem solchen Fall sei ein Grundurteil unzulässig. Die entsprechenden Grundsätze seien auf Fälle der vorliegenden Art zu übertragen, wenn sowohl Anspruchsgrund als auch die Anspruchshöhe streitig seien. Denn im Fall der begehrten Feststellung würde zwischen den Parteien rechtskräftig die Leistungspflicht der Beklagten festgestellt werden mit der Folge, dass im Rahmen eines folgenden Rechtsstreits zur Anspruchshöhe zu Tage tretende Erkenntnisse zu Obliegenheitsverletzungen wegen vorsätzlich falscher Angaben nicht bzw. nur dann Berücksichtigung finden könnten, wenn sie eine Durchbrechung der Rechtskraft des Feststellungsurteils erlaubten.

Zwar darf ein Grundurteil grundsätzlich nur ergehen, wenn der Beklagte gegenüber der zulässigen Klage und dem Anspruchsgrund erfolgreich keine Einwände mehr erheben kann und nach dem Sach- und Streitstand zumindest wahrscheinlich ist, dass der Anspruch in irgendeiner Höhe besteht (BGH, Urteil vom 06.06.2019 – VII ZR 103/16 – NJW-RR 2019, S. 982). Zum Grund des Anspruchs gehören dabei auch alle Einwendungen, die den Bestand oder die Durchsetzbarkeit des Anspruchs berühren (Elzer, in: BeckOK ZPO, Stand: 01.01.2020, § 304 Rdnr. 28). Unzulässig ist ein Grundurteil insbesondere dann, wenn die Tatsachen für Grund und Höhe annähernd dieselben sind oder in einem so engen Zusammenhang stehen, dass die Herausnahme einer Grundentscheidung unzweckmäßig und verwirrend wäre (BGH, Urteil vom 03.11.1978 – IV ZR 61/77 – zit. n. Juris).

Eine Übertragung dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum (Teil- und) Grundurteil kommt indes angesichts der eindeutigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Feststellungsurteil nicht in Betracht. Denn immer wenn ein Sachverständigenverfahren noch durchgeführt werden soll, ist jedenfalls die Höhe zwischen den Parteien streitig oder unklar. Hintergrund der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zum (Teil- und) Grundurteil ist zudem, dass es innerhalb desselben Prozesses nicht zu widersprüchlichen Feststellungen kommen darf. Diese Gefahr besteht bei einer Feststellungsklage hingegen nicht. Erhebt der beklagte Versicherer im Rahmen eines späteren Betragsverfahrens Einwände, die er schon im Rahmen des Feststellungsverfahrens hätte erheben können, ist er bereits nicht schutzwürdig. Erhebt der beklagte Versicherer im Rahmen eines späteren Betragsverfahrens neue Einwände, steht dem von Gesetzes wegen die Rechtskraft des Feststellungsurteils in den Grenzen der §§ 578 ff. ZPO entgegen. Ebenso bleibt es dem Versicherungsnehmer unbenommen, von Anfang an eine Teilleistungsklage zu erheben. Dem steht nicht entgegen, dass im Rahmen einer weiteren Teilleistungsklage Feststellungen getroffenen werden könnten, die die erste Teilleistungsklage unbegründet machten. Auch dort gilt von Gesetzes wegen die Rechtskraft des ersten Urteils in den Grenzen der §§ 578 ff. ZPO.

Zu klären sind im Feststellungsprozess – wie hier – aber sämtliche vom beklagten Versicherer erhobenen Einwände auf Leistungsfreiheit (insbesondere wegen Obliegenheitsverletzungen und wegen arglistiger Täuschung über Grund und Höhe) etc., die (auch) den Grund des Anspruchs betreffen. In diesem Fall muss gegebenenfalls schon Beweis zur Höhe erhoben werden, wenn sich die Behauptungen des beklagten Versicherers nicht anders erweisen lassen. Dies kann im Einzelfall Sinn und Zweck des bedingungsgemäßen Sachverständigenverfahrens unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie zuwiderlaufen und dazu führen, dass eine Feststellungsklage trotz theoretisch möglichen Sachverständigenverfahrens unzulässig ist (OLG Hamm, Urteil vom 17.06.2020 – 20 U 182/15 – NJOZ 2021, S. 47; so auch OLG Celle, Urteil vom 28.11.2019 – 8 U 55/19 – BeckRS 2019, 44108).

Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Beklagte aus dem zwischen ihr und dem Kläger bestehenden Vertrag über eine Wohngebäudeversicherung bedingungsgemäßen Versicherungsschutz aufgrund des Brandereignisses vom XX.XX.2017 zu gewähren hat.

Der Kläger ist aktivlegitimiert.

§ 45 Abs. 3 VVG steht dem nicht entgegen. Zwar hat die Beklagte sich in der Klage darauf berufen, dass auf dem streitgegenständlichen Grundstück zugunsten der Bank1 eine Grundschuld eingetragen und der Kläger infolgedessen nicht aktivlegitimiert sei. Gemäß §§ 1127, 1192 BGB erstreckt sich die Grundschuld auch auf die Forderung des Schuldners gegen seinen Gebäudeversicherer. Wegen der sich daraus ergebenden Rechtsfolgen verweist § 1128 Abs. 3 BGB auf die §§ 1281, 1282 BGB. Zwar bleibt der Eigentümer Inhaber des gegen den Versicherer gerichteten Anspruchs. Er kann vor der Pfandreife nur gemeinschaftliche Zahlung an sich und den Grundschuldgläubiger verlangen. Nach Eintritt der Pfandreife ist der Grundschuldgläubiger zur Einziehung eines etwaigen Anspruchs gegen den Versicherer berechtigt. Im Gegenzug kann der Versicherer nur an ihn leisten. Zwar kann nach Eintritt der Pfandreife auch der Versicherungsnehmer noch Leistung verlangen. Er kann allerdings nicht Leistung an sich selbst verlangen, sondern nur Leistung an den Grundpfandgläubiger.

Im vorliegenden Falle verlangt der Kläger jedoch noch nicht die Versicherungsleistung, sondern begehrt nur die Feststellung der Beklagte zur Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes, so dass die Rechte des Grundpfandgläubigers nicht berührt sind.

Unstreitig ist das versicherte Gebäude in der Nacht zum XX.XX.2017 durch einen Brand vollständig zerstört worden, so dass der Versicherungsfall eingetreten ist.

Der Beklagten ist der Nachweis, dass der Kläger oder ein Dritter in seinem Auftrag den Versicherungsfall im Sinne von § 81 VVG vorsätzlich herbeigeführt hat, nicht gelungen.

Darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt hat, ist der Versicherer. Dabei kann der nach § 286 ZPO zu erbringende Beweis auch über nachgewiesene bzw. unstreitige Indizien geführt werden, wenn diese in der Gesamtschau nach der Lebenserfahrung die sichere Überzeugung von der beweisbedürftigen Tatsache vermitteln. Bei der Würdigung der Indizien hat das Gericht alle Umstände vollständig im Rahmen einer Gesamtschau zu würdigen, wobei die tatrichterliche Würdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruhen muss und die vom Gericht gezogenen Schlussfolgerungen sich nicht als bloße Vermutungen erweisen dürfen. Eine mathematische, jede Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ausschließende, von niemandem mehr anzweifelbare Gewissheit ist indessen nicht erforderlich. Vielmehr genügt für den zu führenden Beweis ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urteil vom 22.11.2006 – IV ZR 21/05 – zit. n. Juris).

Die von der Beklagten mit der Berufung gerügten Umstände vermögen weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit die Annahme einer Eigenbrandstiftung durch den Kläger zu rechtfertigen.

Dass von einer vorsätzlichen Brandstiftung auszugehen ist, stellt der Kläger entgegen der Darstellung der Beklagten nicht in Abrede. Der Kläger hat in der Klageschrift lediglich ausgeführt, die Brandursache habe nicht aufklärt werden können. Zugleich weist der Kläger aber darauf hin, dass ein Anfangsverdacht einer Brandstiftung vorgelegen habe. Ein Nachweis der Brandursache durch Einholung eines entsprechenden Sachverständigengutachtens ist nicht erfolgt. Die Annahme, es handele sich um Brandstiftung wurde von der Polizei ausweislich des Brandermittlungsberichts ausschließlich darauf gestützt, dass sowohl einer der Polizeibeamten als auch der Zeuge Y Benzingeruch wahrgenommen hätten und ein Fenster eingeschlagen worden sei. Vor diesem Hintergrund kann in den Ausführungen in der Klageschrift keine Falschangabe gesehen werden, zumal der Kläger nicht über mögliche andere Brandursachen spekuliert.

Auch wenn ein Motiv für eine Fremdtat nicht erkennbar ist, haben sich ausweislich des Brandberichts bei Auswertung der Daten der Mobilfunkanbieter keine Auffälligkeiten mit den bekannten Nummern beteiligter Personen erkennen lassen. Dass hier ein besonders planmäßiges Vorgehen gegeben gewesen ist, geht aus der Ermittlungsakte nicht hervor. Dort ist lediglich die Rede von mindestens zwei Stellen, an denen Feuer gelegt worden ist.

Dass eine wirtschaftliche Nutzung des versicherten Objekts nicht mehr möglich gewesen sein soll, da sich die beabsichtigte Nutzung als Flüchtlingsunterkunft zerschlagen habe, steht nicht fest. Der Kläger beabsichtigte eine Vermietung. Zum einen hat er zwei Vormietverträge vorgelegt, deren Echtheit die Beklagte zwar bestritten hat. Allerdings haben die Zeugen L und G bestätigt, dass sie eine Anmietung beabsichtigt hätten und es sich bei den Unterschriften unter den Verträgen jeweils um ihre handele.

Im Hinblick auf die zu erzielende Miete hat der Kläger den Mietspiegel der Stadt1 vorgelegt, aus dem sich für 2017 ein durchschnittlicher Mietzins von 5,35 € ergibt, ohne dass die Beklagte dem substantiiert entgegengetreten wäre. Bei einer Wohnfläche von 460 qm ergibt sich eine erzielbare Miete in Höhe von rund 2.400,00 €, die nahezu dem entspricht, womit der Kläger ausweislich des Fragebogens vom 02.11.2017 gerechnet hat. Insofern hat die Beklagte nicht nachgewiesen, dass eine wirtschaftliche Nutzung nicht möglich ist.

Das Landgericht hat auch nicht feststellen können, dass noch erhebliche Aufwendungen erforderlich gewesen wären, um das Objekt seriös vermietbar zu machen. Die von der Beklagten benannten Zeugen haben nicht bestätigt, dass insbesondere die Sanierung des Daches erforderlich gewesen wäre. Insbesondere der Zeuge I hat bekundet, dass das Dach intakt gewesen sei bis auf den Giebel, der eine kleine Welle gehabt habe. Das sei aber bei Häusern dieser Altersgruppe auch nicht unüblich. Zwar hat der Zeuge M bekundet, man hätte so viel Geld hineinstecken müssen, dass es sich nicht gelohnt hätte. Dabei handelt es sich jedoch um eine bloß subjektive Einschätzung des Zeugen. Zum Zustand des Daches hat er keine Angaben gemacht. Überdies hat der Kläger vorgetragen, dass die Bank2 Stadt2 bereits ein Darlehen über 50.000,00 € bewilligt habe für die Sanierung des Daches. Dies hat die Beklagte nicht widerlegt.

Ferner hat sich die Nutzung als Flüchtlingsunterkunft bereits im Jahr 2016 zerschlagen. Allerdings sind nach den Aussagen der Zeugen auch noch im Jahr 2017 mehrere Arbeiten durchgeführt worden. Der Zeuge E gab an, er habe 2017 bei Malerarbeiten geholfen. Der Bruder des Klägers, der Zeuge Vorname1 F, erklärte, er habe zusammen mit seinen Brüdern an einem Wochenende Laminat verlegt, das sei später als 2016 gewesen. Auch der Zeuge H schilderte, dass er im Juni 2017 Malerarbeiten ausgeführt habe. Der Zeuge G, einer der Mietinteressenten, berichtete, dass in der Wohnung schon alles fertig gewesen sei. Im Bad sei ein neues Waschbecken gewesen, das Laminat sei fertig verlegt gewesen. Das sei im Mai oder Juni 2017 gewesen. Ein weiterer Bruder des Klägers, der Zeuge Vorname4 F, bekundete, er sei im Frühjahr 2017 noch einmal vor Ort gewesen und habe Laminat in Dachgeschoss verlegt. Auch der weitere Mietinteressent, der Zeuge L gab an, er habe die Wohnung mieten wollen. Das sei im Sommer 2017 gewesen. Da sei die Wohnung schon fertig gewesen. Überdies hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unwidersprochen angegeben, die Stadt habe schon vor Abschluss des Kaufvertrages eine Nutzung als Flüchtlingsunterkunft abgelehnt.

Auch die Ausführungen der Beklagten in Bezug auf die investierten Maßnahmen vermögen nicht zu überzeugen. Das Landgericht hat aufgrund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme festgestellt, dass sich in der Gesamtschau aller Aussagen ein insgesamt schlüssiges und lebendiges Bild einer umfangreichen Sanierungstätigkeit ergeben habe. Gegen diese Feststellung bringt auch die Berufung keine überzeugenden Einwände vor, so dass der Senat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hieran gebunden ist.

Soweit die Beklagte einwendet, es seien nur Materialien im Wert von 5.700,00 € angeschafft worden, mit denen eine Sanierung nicht möglich gewesen sei, übersieht sie, dass der Zeuge D ebenfalls Materialien beschafft hat. Er bekundete, seine Hauptaufgabe sei es gewesen, Material zu beschaffen. Er habe das Geld für das Material erhalten und es dann besorgt, aber zu einem Freundschaftspreis. Das Geld sei ihm vorab in bar gegeben worden. Die Rechnung vom 18.09.2016 beinhalte auch Materialkosten, ca. 15.000,00 €. Aus dem Umstand, dass der Kläger der Privatgutachterin der Beklagten lediglich Rechnungen über 5.700,00 € überreicht habe, kann daher nicht geschlossen werden, dass auch nur Material in diesem Umfang beschafft und verwendet worden ist.

Die von der Beklagten geäußerten Zweifel an der Rechnung der Firma D greifen nicht. Der Kläger und der Zeuge D waren schon längere Zeit miteinander bekannt. Der Zeuge hat bestätigt, dass der Kläger die Rechnung bezahlt habe. Dass er nicht mehr zu sagen vermochte, in welcher Stückelung Barbeträge übergeben worden seien, vermag angesichts des Zeitablaufs nicht zu erstaunen. Allein der Umstand, dass andere Zeugen von dem Zeugen D immer nur als „Vorname7“ gesprochen haben und keiner einen Firmenwagen vor dem Anwesen habe stehen sehen, begründet keine durchgreifenden Zweifel an den erstinstanzlichen Feststellungen, da die Tätigkeit des Zeugen D für den Kläger offensichtlich auf freundschaftlicher Basis erfolgte.

Warum die Eigenleistungen von Familie und Freunden des Klägers keine nennenswerten Investitionen darstellen sollen, legt die Beklagte nicht nachvollziehbar dar. Ausweislich der Zeugenaussagen und der Feststellungen des Landgerichts haben diese ein erhebliches Ausmaß gehabt und sicherlich zu einer Wertsteigerung des Objekts beigetragen. Dass der Kläger erst seine Familie und Freunde zu umfangreichen Arbeiten veranlasst, um sodann trotz Aussichten auf eine Vermietung das versicherte Objekt in der – unsicheren – Hoffnung auf die Versicherungsleistung in Brand zu stecken, erscheint eher fernliegend.

Selbst wenn der Kläger gegenüber dem Privatsachverständigen geäußert haben sollte, er wolle fiktiv abrechnen, das Geld behalten und sodann das leere Grundstück verkaufen, ist auch dies alleine kein Indiz für eine Eigenbrandstiftung. Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass eine strenge Wiederherstellungsklausel, wie sie in Ziffer B 1.1.2 VGB vorgesehen ist, verhindern soll, dass der Versicherungsnehmer – wie bei freier Verwendbarkeit der Versicherungsleistung – in Versuchung geraten könnte, sich durch Vortäuschen eines Versicherungsfalles Vermögensvorteile zu verschaffen (BGH, Urteil vom 20.04.2016 – IV ZR 415/14 – zit. n. Juris). Selbst wenn der Kläger eine entsprechende Aussage gemacht haben sollte, lässt sich dem nicht entnehmen, dass das Begehr des Klägers tatsächlich auf die Neuwertspitze gerichtet war. Eine fiktive Abrechnung ist auch bei dem Zeitwertschaden möglich und zulässig. Wie in diesem Falle der Versicherungsnehmer die Versicherungsleistung verwendet, bleibt ihm überlassen. Überdies ist vielen Versicherungsnehmern der Unterschied zwischen Zeitwert und Neuwert nicht bekannt. Darüber hinaus hat der Kläger in der Berufungserwiderung unwidersprochen vorgetragen, bereits einen Bauantrag gestellt und einen Bauvertrag geschlossen zu haben.

Nicht zu beanstanden sind auch die Ausführungen des Landgerichts in Bezug auf die von der Beklagten gerügten Falschangaben in dem Antrag. Dort ist zwar einerseits angekreuzt, dass das Gebäude keine baulichen Mängel aufweise. Auf der anderen Seite aber hat der Kläger ausgeführt, dass die Immobilie aktuell kernsaniert werde und welche Bereiche dies betreffe. Dies spricht eher dafür, dass es hier zu einem Missverständnis gekommen ist, als dass eine vorsätzliche Falschangabe gemacht wurde.

Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass das Landgericht die gebotene Gesamtschau nicht vorgenommen hat, denn der Indizienbeweis ist nur dann rechtlich einwandfrei geführt, wenn eine Mehrzahl von einzelnen Umständen, von denen jeder einzelne für sich genommen nicht voll beweiskräftig ist, in ihrer Gesamtheit dem Tatrichter die Überzeugung vom Vorliegen der unter Beweis gestellten Tatsache mit hinreichender Sicherheit vermitteln (BGH, Urteil vom 05.04.1989 – IVa ZR 39/88 – zit. n. Juris).

Aber auch bei Berücksichtigung sämtlicher von der Beklagten angeführter Umstände ist nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen, dass der Kläger oder ein von ihm beauftragter Dritter Täter der Brandstiftung ist. Mag auch noch die Aussage des Klägers, er werde das Geld nehmen, nicht wiederaufbauen und das leere Grundstück verkaufen, Anzeichen für ein wirtschaftliches Interesse sein, so ist doch kein finanzielles Motiv ersichtlich. Dass sich der Kläger in finanziellen Schwierigkeiten befunden haben könnte, ist nicht ersichtlich und wird auch von der Beklagten nicht vorgetragen. Dagegen spricht auch, dass der Kläger nach seinem unwidersprochenen Vortrag ein weiteres Darlehen der Bank2 Stadt2 erhalten haben soll. Die von der Beklagten angeführten Umständen wiegen nicht so schwer, dass sie einen tragfähigen Schluss auf eine vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalles zulassen. Hinzu kommt, dass nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts von dem Kläger und seiner Familie sowie Freunden erhebliche Eigenleistungen in die Sanierung des Objekts gesteckt worden sind. Dass der Kläger diese in der Hoffnung auf die Versicherungsleistung zunichtemachen würde, lässt sich aus den Umständen des Falles nicht begründen. Weder ist von einer Unvermietbarkeit noch von einer wirtschaftlichen Untragbarkeit des Objekts auszugehen.

Die weiter von der Beklagten angebotenen Beweise waren nicht zu erheben. Selbst wenn man die von der Beklagten aufgestellten Behauptungen als wahr unterstellt, ist der erforderliche Nachweis nach obigen Ausführungen nicht geführt.

Auch soweit sich die Berufung auf eine arglistige Täuschung wegen Falschangaben zu Sanierungskosten beruft, bleibt ihr der Erfolg versagt.

Das Landgericht hat insofern in nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass der Kläger umfangreiche Sanierungsarbeiten durchgeführt hat. Dass bereits Kosten für Modernisierung in Höhe von ca. 70.000,00 € mit Rechnung aufgewandt worden sind, ist nicht falsch. Hier ist die Rechnung der Firma D in Höhe von 53.500,00 € zu berücksichtigen, ferner die durch Belege nachgewiesenen Kosten in Höhe von 5.700,00 €, mithin etwas über 60.000,00 €. Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei der Angabe „ca. 70.000,00 €“ nicht um eine derart grobe Falschangabe, dass nur von Arglist ausgegangen werden könnte. Dass keine Eigenleistungen im Wert von 30.000,00 € erbracht worden sind, hat die insofern darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht nachgewiesen. Dass der Kläger gegenüber dem Privatgutachter B von Rechnungen der Firma D gesprochen hat, geht aus dem Anhörungsprotokoll im Übrigen nicht hervor. Im Zusammenhang spricht vieles dafür, dass der Kläger damit die Belege meint, die er der Gutachterin Z bereits hatte zukommen lassen. Dass die Sanierung des Daches 50.000,00 € kosten soll, hat der Kläger so nicht vorgetragen. Vielmehr hat er im Schriftsatz vom 09.04.2019 ausgeführt, er habe mündliche Angebote eingeholt, die sich maximal auf 55.000,00 € belaufen hätten. Ein Darlehen in Höhe von 50.000,00 € sei bereits von der Bank2 Stadt2 genehmigt. Warum hier von Arglist auszugehen sein soll, legt die Beklagte nicht dar.

Da die Beklagte mit ihrer Berufung unterlegen ist, hat sie gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, da der Senat mit seiner Entscheidung von den Beschlüssen des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 02.05.2018 und 18.06.2018 (3 U 244/16) abweicht, in dem bei vergleichbaren Fällen allgemein die Zulässigkeit der Feststellungsklage abgelehnt wurde. Zudem wird der Senat in einer Vielzahl von Fällen mit der Entscheidung des 3. Zivilsenats konfrontiert mit dem Hinweis, es handele sich nicht um eine Einzelfallentscheidung, so dass eine grundsätzliche Klärung geboten erscheint (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

 

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