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Widerruf des Abschlusses eines Versicherungsvertrages

OLG München – Az.: 25 U 5425/10 – Beschluss vom 26.10.2011

Der Senat weist auf Folgendes hin:

1. Der Senat wird an seiner Rechtsauffassung festhalten, dass die Widerspruchsbelehrung unwirksam ist.

2. Weiterhin wird der Senat die Auffassung vertreten, dass die erfolgte Kündigung den Widerruf nicht ausschließt. Dies beruht auf den unterschiedlichen Rechtsfolgen von Kündigung (Wirkung ex nunc) und Widerspruch (Wirkung ex tunc). Diese Auffassung entspricht nach eigener Kenntnis des Senats der in mündlicher Verhandlung geäußerten Rechtsansicht des IV. Zivilsenats des BGH.

3. Eine Verwirkung des Widerspruchsrechts wird der Senat nicht annehmen.

4. Damit ist entscheidungserheblich, ob § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. europarechtskonform ist. Der Senat wird daher voraussichtlich diese Frage dem EuGH vorlegen und erwägt hierbei, sich im Wesentlichen der Formulierung der Fragestellung dem LG Hamburg im von der Klagepartei mitgeteilten Beschlussentwurf vom 12.05.2011, Az. 306 0 55/11 (Anl. BK 5), anzuschließen.

5. Hinsichtlich der als Hauptsache geltend gemachten Zinsen ist folgendes zu bemerken:

5.1 Ein Zinsanspruch richtet sich nach §§ 812 Abs. 1, 818 BGB. § 346 BGB ist nicht anwendbar, da auf die Rechtsfolgen des Widerspruchs und nicht die der Kündigung abzustellen ist (vgl. oben 2).

5.2 Eine Anrechnung einer Gegenleistung in Form des Versicherungsschutzes, wie dies das LG München I im Endurteil vom 02.05.2011, Az. 23 O 20892/10 (Anl. B 13) angenommen hat, dürfte nicht in Betracht kommen. Der Senat wird voraussichtlich der Geldleistungstheorie (vgl. hierzu Prölss/Martin/Prölss, VVG, 28. Aufl., § 1, Rn. 82) und nicht der von der Beklagten vertretenen Gefahrtragungstheorie (Prölss/Martin/Prölss a.a. o., Rn. 83) folgen. Nach der Geldleistungstheorie kann der Versicherer dem Bereicherungsanspruch des Versicherungsnehmers (Prämie) nicht entgegenhalten, dass er dem Versicherungsnehmer zeitweise eine von diesem auszugleichende Leistung (Gefahrtragung, Geschäftsbesorgung) erbracht habe (Prölss/Martin/Prölss a.a.O., Rn.87; OLG Karlsruhe, r+s 1987, 242). Soweit sich die Beklagte auf die Rechtsgedanken der §§ 40 VVG a.F und 39 VVG beruft, wird sich der Senat der Argumentation der Klagepartei im Schriftsatz vom 04.10.2011, dort Ziff. 4 c) und d) anschließen. Eine Anrechnung über § 242 BGB scheidet ebenfalls aus, da das Risiko einer unzureichenden oder nicht nachgewiesenen Widerspruchserklärung beim Versicherer liegt.

5.3 Hinsichtlich der Höhe des Anspruchs aus § 812 BGB hat die Klagepartei mit Schriftsatz vom 04.10.2011 mit nach vorläufiger Beurteilung schlüssigem Vortrag neue Berechnungen angestellt. Eine Stellungnahme der Beklagten liegt jedoch nicht vor. Nach Meinung des Senats trifft die Beklagte hinsichtlich der gezogenen Nutzungen eine sekundäre Darlegungslast. Diese nimmt der BGH in ständiger Rspr. dann an, wenn die primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine Kenntnisse von den maßgeblichen Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner zumutbar nähere Angaben machen kann (vgl. BGH NJW 2005, 2395).

6. Soweit die Klagepartei die Klage auch auf einen Schadensersatzanspruch stützt, sieht der Senat zwar durchaus in der fehlerhaften Widerspruchsbelehrung eine Pflichtverletzung, teilt jedoch die Bedenken des LG München (Anl. B 13) aus den dort genannten Gründen.

7. Der Senat regt an, sich zu vergleichen, um einen baldigen Abschluss des Verfahren zu erreichen. Im Falle der Vorlage an den EuGH dürfte eine Entscheidung in Kürze sicherlich nicht zu erwarten sein, was nicht im Interesse der Klagepartei liegen dürfte. Für die Beklagte ist das Risiko einer für sie negativen Entscheidung des EuGH sicherlich außerordentlich hoch einzuschätzen, wie sich auch aus dem bisherigen Verhalten anderer Versicherer, welche derartige Ansprüche anerkannt haben, ergibt. Als Vergleichsgrundlage bietet sich in Anlehnung an § 246 BGB die Zugrundelegung eines Zinssatzes von 4 % an. Den Parteien wird anheim gestellt, eine Neuberechnung der Forderung auf dieser Basis zu erstellen. Die Kostenregelung sollte sich an dem Vergleich der bisher geltend gemachten Summe mit der neuberechneten ebenso wie die vorgerichtlichen Kosten orientieren. 8. Die Parteien erhalten Gelegenheit, sich zu diesem Hinweis und dem Vergleichsvorschlag binnen 3 Wochen zu äußern. Binnen dieser Frist kann die Beklagte auch zum Schriftsatz der Klagepartei vom 04.10.2011 Stellung nehmen.

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