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KFZ-Haftpflichtversicherung – Regress bei Verkehrsunfallflucht

AG Kiel – Az.: 120 C 84/16 – Urteil vom 28.10.2016

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.436,08 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.07.2015 zu zahlen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen den Beklagten Ansprüche aus einem Versicherungsregress geltend.

Zwischen den Parteien bestand eine Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung. Versichert war das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … . Dem Versicherungsverhältnis lagen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen zu Grunde, die sich als Anlage K1 in den Akten finden (Blatt 15 ff. der Akten, im Folgenden: AKB). Am 2.12.2014 verursachte der Beklagte mit dem versicherten Fahrzeug einen Verkehrsunfall, bei dem ein stehendes Fahrzeug beschädigt wurde. Der Beklagte wartete maximal 20 Minuten am Unfallort. Der Beklagte informierte die Klägerin u.a. mit einer Schadensanzeige, die am 18.12.2014 bei der Klägerin einging. Der Schadensanzeige ist zu entnehmen, dass durch den Unfall das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … beschädigt worden ist. Die Schadensanzeige ist von dem Beklagten unterschrieben worden. Das Fahrzeug mit dem Kennzeichen … wurde repariert. Wegen der Einzelheiten wird auf die Rechnung vom 13.1.2015 (Anlage K6, Blatt 56 ff. der Akten) Bezug genommen. Die Klägerin regulierte die Reparaturkosten, eine allgemeine Kostenpauschale sowie eine Nutzungsausfallentschädigung für 3 Tage mit einer Gesamtsumme von 2486,08 €. Der Beklagte wurde durch Strafbefehl vom 6.3.2015 rechtskräftig wegen unerlaubten Entfernen von Unfallort zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Klägerin setzte den Beklagten unter Fristsetzung zum 3.07.2015 auf, an sie 2436,08 € zu zahlen.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 2436,08 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.7.2015 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, er habe durch den Unfall ein anderes Fahrzeug, nämlich einen grünen Peugeot 208, beschädigt. Die Schadensanzeige sei durch die Geschädigte ausgefüllt worden.

Das Gericht hat die Akten des Strafverfahrens (Aktenzeichen der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kiel 560 Js 5576/15) zu Informationszwecken beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat für den Unfallschaden vom 2.12.2014 im Außenverhältnis aus den §§ 7,18 StVG, 823 BGB, 115 VVG vollständig einzustehen, da der Beklagte aufgrund der Kollision mit einem stehenden Fahrzeug für die Unfallfolgen voll haftet. Gegenüber der Klägerin besteht allerdings im Innenverhältnis aufgrund einer Obliegenheitsverletzung dem Grunde nach eine Ausgleichspflicht des Beklagten aus § 426 BGB in Verbindung mit § 116 VVG, E.7.1 AKB. Die Klägerin ist gemäß § 28 VVG im Innenverhältnis zum Beklagten leistungsfrei geworden. Denn der Beklagte hat vorsätzlich gegen die Obliegenheit aus Abschnitt E.1.3 AKB verstoßen.

Nach E 1.3. AKB hat der Versicherungsnehmer alles zu tun, was der Aufklärung des Schadensereignisses dienen kann. Das Verlassen der Unfallstelle stellt dabei stets eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit dar, wenn dadurch der objektive und subjektive Tatbestand des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt wird. Denn hierbei handelt es sich um eine elementare, allgemeine und jedem Versicherungsnehmer und Kraftfahrer bekannte Pflicht. Dass er mit ihrer Verletzung den Leistungsanspruch gegen seinen Versicherer gefährden kann, drängt sich ihm schon deshalb auf, weil der Kraftfahrer weiß, dass sein Versicherer bei einem Schadensfall stets ein Interesse an der vollständigen Aufklärung des Unfallhergang und der Unfallursachen hat, das er mit dem Verlassen des Unfallorts nachhaltig beeinträchtigt (BGH, Urteil vom 01.12.1999, Az: IV ZR 71/99, zitiert nach Juris m.w.N., u. a. NJW-RR 2000, 553ff.).

Hier ist prozessual schon unstreitig, dass der Beklagte den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt hat, indem er sich nach dem Unfall vom 2.12.2014 vorsätzlich vom Unfallort entfernte, bevor er zu Gunsten des Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeuges und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt war, ermöglicht hatte. Denn eine Wartezeit von 20 Minuten war jedenfalls hier nicht ausreichend. Auf den Beschluss vom 9.8.2016 wird inhaltlich Bezug genommen.

Bei der Obliegenheitsverletzung unter Verstoß gegen § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB handelte der Beklagte auch arglistig im Sinne von § 28 Abs. 3 S. 2 VVG. Wer sich unerlaubt vom Unfallort entfernt, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen oder eine angemessene Zeit auf feststellungsbereite Personen zu warten, handelt in der Regel arglistig. Insofern handelt es sich um elementare, allgemeine und jedem Versicherungsnehmer und Kraftfahrer bekannte Pflichten.

Der Höhe nach beläuft sich der Regressanspruch der Klägerin auf die Kosten, die sie im Rahmen der Schadensabwicklung übernommen hat. Einen Verstoß gegen das Regulierungsermessen der Klägerin hat der Beklagte schon nicht dargelegt. Die Regulierungsentscheidung des Versicherers ist für den Versicherungsnehmer verbindlich, es sei denn es liegt ein evidenter, willkürlicher Ermessensmissbrauch vor. Dies ist hier nicht der Fall. Durch seine Schadensanzeige hat der Beklagte vielmehr den zurechenbaren Anschein gesetzt, es sei das reparierte Fahrzeug beschädigt worden. Auf dieser Grundlage ist das Regulierungsverhalten der Klägerin nicht zu beanstanden.

Zinsen schuldet der Beklagte aus §§ 286, 288 BGB.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

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