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Unfallversicherung – Leistungen wegen behauptetem Treppensturz

OLG Frankfurt – Az.: 14 U 6/21 – Urteil vom 12.07.2021

Die Berufung der Klägerin gegen das am 15. Dezember 2020 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Fulda wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Das vorliegende Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin macht Ansprüche aus einer Unfallversicherung geltend.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme abgewiesen:

Unfallversicherung – Leistungen wegen behauptetem Treppensturz
(Symbolfoto: Andrey_Popov/Shutterstock.com)

Die Klage sei unbegründet. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Zahlung von Tagegeld in Höhe 4.860 Euro, einer Unfallrente in Höhe von 14.000 Euro oder einer laufenden monatlichen Rente in Höhe von 1.000 Euro gegen die Beklagte zu. Die vertraglichen Voraussetzungen für solche Leistungen lägen nicht vor, weil ein Unfall im Sinne der dem Versicherungsvertrag der Parteien zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen nicht feststellbar sei. Die Klägerin habe ihre Behauptung, ihr versicherter Ehemann, der Zeuge B, sei am XX.XX.2019 auf einer Treppe gestürzt und habe sich dabei verletzt, nicht gemäß § 286 Abs. 1 ZPO bewiesen:

Bei ihrer persönlichen Anhörung habe die Klägerin angegeben, sie habe am besagten Tag Schreie ihres Ehemannes gehört, ihn dann auf der Treppe beim Aufstehen vorgefunden und von ihm erfahren, er sei dort zuvor gestürzt. Diese Darstellung habe der Zeuge B bestätigt und geschildert, er sei die Treppe heruntergegangen, dabei mit der Ferse abgerutscht, mit dem Gesäß auf eine Stufe gefallen und drei bis vier Stufen weiter gerutscht; von dem Sturz habe er sowohl seinem Hausarzt A als auch dem Neurochirurgen C berichtet.

Diese Angaben ermöglichten aber unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände des Falles keine volle Überzeugungsbildung. Ein Treppensturz des Versicherten sei von keinem der behandelnden Ärzte zeitnah dokumentiert und erst zwei Monate nach dem behaupteten Ereignis bei der beklagten Versicherung gemeldet worden. Der von dem Versicherten mehrfach wegen der streitgegenständlichen Beschwerden aufgesuchte Hausarzt A habe bekundet, er erinnere keine Sturzschilderung des Versicherten, er habe solches auch nicht in seinen Unterlagen notiert, könne aber nicht ausschließen, dass es zur Sprache gekommen sei. Der Zeuge C habe ebenfalls ausgesagt, der Versicherte habe weder bei seinem ersten Termin am 25. Juni 2019 noch bei der anschließenden Behandlung einen Treppensturz erwähnt; ein solcher sei auch nicht in der Patientenakte vermerkt, was angesichts der erheblichen Bedeutung eines Unfalls für den Patienten – auch unter Kostengesichtspunkten – sonst sicherlich geschehen wäre.

Unter Berücksichtigung all dieser Umstände sei eine volle Überzeugungsbildung nicht möglich, auch wenn die Angaben des Zeugen B für sich genommen glaubhaft gewesen seien und es an konkreten Anhaltpunkten für Zweifel an dessen Glaubwürdigkeit fehle. Denn auch die Aussagen der behandelnden Ärzte, insbesondere die des Zeugen C, seien glaubhaft gewesen und die Zeugen glaubwürdig. Nach der Lebenserfahrung wäre zu erwarten gewesen, dass der Versicherte, wenn er wegen unfallbedingter Beschwerden einen Arzt aufsuche, diesem den Unfall als Ursache seiner Beschwerden schildere, und der Arzt dies – zumal, wenn deswegen eine Operation nötig sei – sogleich in den Krankenunterlagen vermerke.

Dies sei hier aber nicht geschehen. Vielmehr habe der Versicherte nach der Aussage des Zeugen C erst nach der Operation vom 23. Juli 2019 im Zusammenhang mit der Unfallanzeige vom 6. August 2019 einen Treppensturz erwähnt. Und erst dann sei von C ein „Treppensturz kurz vor der OP“ erstmals schriftlich vermerkt worden (Blatt 56, 56 R. der Akten).

Wegen der verbliebenen Zweifel sei die Klage unbegründet.

Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil vom 15. Dezember 2020 Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen, auf Zahlung und Feststellung gerichteten Klageanträge weiterverfolgt. Sie rügt eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Landgerichts.

Dieses sei zu Unrecht aufgrund einer „Nullhypothese“ von der grundsätzlichen Unwahrheit von Zeugenaussagen ausgegangen. Da es die Aussage des Zeugen B für glaubhaft gehalten habe, sei der Nachweis eines Unfalls erbracht. Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge B die Unwahrheit gesagt habe, seien in der Beweisaufnahme nicht zutage getreten. Die Angabe des Zeugen C, bei dem Erstgespräch mit dem Versicherten sei nicht von einem Sturz die Rede gewesen, erkläre sich daraus, dass es sich hierbei nicht um einen förmlichen Termin gehandelt habe. Der Zeuge A habe seiner eigenen Aussage zufolge die Ursache der ihm von dem Versicherten geschilderten Beschwerden nicht notiert, weil ihm Beschwerdeursachen egal seien. Es sei daher falsch, die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen B in Zweifel zu ziehen, weil die behandelnden Ärzte nicht gleich einen Treppensturz dokumentiert hätten. Außerdem habe das Landgericht bei seiner Beweiswürdigung das Attest des Zeugen C vom 2. Dezember 2019 übersehen, wo der Treppensturz als „Ursache der Primärschädigung eindeutig herangezogen worden“ sei. Schließlich habe es den Zeugen B zu Unrecht deswegen für unglaubwürdig gehalten, weil sich seine Aussage mit der von ihr (der Klägerin) bei ihrer Anhörung gegebenen Schilderung gedeckt habe.

Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 16. März 2021 (Blatt 167 ff. der Akten) verwiesen.

Die Klägerin beantragt, das angegriffene Urteil abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie aus dem Versicherungsvertrag mit der Nummer …wegen eines Unfalls des Versicherten B vom XX.XX.2019 ein Tagegeld in Höhe von 4.860 Euro zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie aus dem Versicherungsvertrag mit der Nummer … wegen eines Unfalls des Versicherten B vom XX.XX.2019 eine Unfallrente in Höhe von 14.000 Euro zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr aus dem Versicherungsvertrag mit der Nummer … wegen eines Unfalls des Versicherten B vom XX.XX.2019 ab Rechtshängigkeit monatlich im Voraus eine Unfallrente in Höhe von 1.000 Euro zu zahlen, und zwar bis zum Ende des dritten Monats nach dem Tode des Versicherten oder zum Ende des Monats, in dem sie ihr (der Klägerin) mitgeteilt hat, dass eine nach Nummer 9.4 der dem Versicherungsvertrag der Parteien zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen vorgenommene Neubemessung eine Senkung des unfallbedingten Invaliditätsgrades unter 50 % ergeben hat,

4. die Beklagte zu verurteilen, ihr vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.954,46 Euro zu erstatten.

hilfsweise, das angegriffene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Das Landgericht habe ausgehend von einer Nullhypothese zu Recht alle Umstände berücksichtigt, die für und gegen die Richtigkeit der jeweiligen Zeugenaussagen sprächen. Insoweit habe es zutreffend darauf abgestellt, dass die Aussage des Zeugen B, er habe den ihn behandelnden Ärzten von einem Treppensturz berichtet, von diesen Ärzten nicht bestätigt worden sei, der Zeuge C vielmehr bekundet habe, bei dem Gespräch am 25. Juni 2016 sei von einem solchen Sturz keine Rede gewesen, anderenfalls hätte er einen Sturz in seiner Patientenakte vermerkt. Dieses Gespräch habe nach dem Klagevortrag sehr wohl im Rahmen eines „förmlichen Termins“ stattgefunden, weshalb der nunmehr nachgeschobene Versuch, die Angaben des Zeugen C zu relativieren, fehlgehe. Auch der Zeuge A habe bekundet, ihm gegenüber sei ein Treppensturz nicht erwähnt worden; erst auf Nachfrage habe er gesagt, er könne eine Erwähnung nicht ausschließen. Es sei auch nicht anzunehmen, dass dem Zeugen ein von dem Versicherten geschilderter Sturzunfall unwichtig gewesen sei; ein Unfall sei für einen Arzt nicht nur wegen des Kostenträgers, sondern auch für die Behandlung immer bedeutsam. Das von der Klägerin angeführte Attest des C vom 2. Dezember 2019 habe keine Beweiskraft. Es sei erst mehrere Monate nach dem angeblichen Unfall erstellt worden und bestätige, dass der Versicherte die ihn behandelnden Ärzte – entgegen seiner Zeugenaussage – gerade nicht zeitnah über einen Treppensturz informiert habe. Nach allem sei eine weitere Beweisaufnahme mangels Unfallnachweises entbehrlich.

Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz vom 31. Mai 2021 (Blatt 178 ff. der Akten) verwiesen.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das angegriffene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO.

1. Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung von Tagegeld in Höhe 4.860 Euro, einer Unfallrente in Höhe von 14.000 Euro oder einer laufenden monatlichen Rente in Höhe von 1.000 Euro gegen die Beklagte zu. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Landgerichts steht nicht fest, dass der versicherte Ehemann der Klägerin einen Unfall im Sinne der dem Versicherungsvertrag der Parteien zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen erlitten hat. Insoweit kann auf die im Ergebnis zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils verwiesen werden. Die mit der Berufung hiergegen erhobenen Einwendungen sind unbegründet.

a. Gemäß § 1 VVG i. V. m. Nr. 1.1 der in den Versicherungsvertrag der Parteien einbezogenen (…) AUB 2012 bietet die Beklagte der Klägerin Versicherungsschutz bei Unfällen, die der versicherten Person während der Wirksamkeit des Vertrags zustoßen. Der Vertrag der Parteien ist zum 1. Januar 2014 wirksam geworden.

aa. Ein Unfall liegt nach Nr. 1.3 (…) AUB 2012 vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet (vgl. Blatt 8 R. der Akten sowie § 178 Abs. 2 VVG).

bb. Die Klägerin behauptet, ihr durch den streitgegenständlichen Vertrag versicherter Ehemann B sei am XX.XX.2019, als er eine Treppe hinuntergegangen sei, gestürzt und habe sich dabei Bandscheibenschäden zugezogen.

cc. Die beklagte Versicherung bestreitet dies unter Hinweis auf abnutzungsbedingte Bandscheibenvorschäden des Versicherten und nimmt an, die Klägerin habe den von ihr behaupteten Treppensturz nur nachträglich konstruiert, um die mit der Klage begehrten Versicherungsleistungen zu erlangen.

dd. Aufgrund des Bestreitens der Beklagten bedarf die unter bb. wiedergegebene Behauptung der Klägerin gemäß § 288 Abs. 1 ZPO des Beweises. Nach allgemeinen Grundsätzen trägt die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, aus denen sie die eingeklagte Forderung herleitet, insbesondere für den Eintritt des Versicherungsfalls (vgl. etwa Jacob, in: Marlow/Spuhl, VVG, Stand 3. Mai 2021, § 178 Rn. 22 f.). Somit hat die Klägerin die die tatsächlichen Voraussetzungen eines bedingungsgemäßen Unfalls zu beweisen.

ee. Das Landgericht hat nach persönlicher Anhörung der Klägerin und Vernehmung der Zeugen B, A und C Zweifel daran behalten, dass der Versicherte am XX.XX.2019 auf einer Treppe gestürzt ist. Hieran ist der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden:

(1) Gemäß § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung als wahr oder nicht wahr zu erachten sei. Allein der Tatrichter hat ohne Bindung an gesetzliche Beweisregeln und nur seinem Gewissen unterworfen die Entscheidung zu treffen, ob er mögliche Zweifel überwinden und die persönliche Gewissheit von der Wahrheit einer bestimmten Behauptung erlangen kann. Dabei darf und muss er sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit begnügen, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 17. Februar 1970, NJW 1970, S. 946, 948; Zöller/Greger, ZPO, 33. Auflage, § 286 Rn. 17 ff. mit weiteren Nachweisen).

(2) Nach diesen Grundsätzen hat das Landgericht aufgrund der persönlichen Angaben der Klägerin sowie der Bekundungen der Zeugen B, A und C zu Recht Zweifel daran behalten, dass der Versicherte am XX.XX.2019 auf einer Treppe stürzte. Anhaltspunkte, die im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der vom Landgericht insoweit vorgenommenen Beweiswürdigung begründen und eine andere Wertung als richtiger erscheinen lassen könnten (zu diesem Maßstab vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 9. März 2005, BGHZ 162, S. 313 ff. = NJW 2005, S. 1583, 1584; Urteil vom 24. Februar 2017, NJW-RR 2017, S. 725 ff. Rn. 20), sind weder dem Berufungsvorbringen der Klägerin zu entnehmen noch sonst ersichtlich.

(a) Das Landgericht ist bei seiner Beweiswürdigung zutreffend von den unter (1) dargelegten Grundsätzen ausgegangen.

(b) Soweit es im Rahmen seiner Beweiswürdigung auch die für das Strafrecht entwickelte sogenannte „Nullhypothese“ erwähnt, mag dahinstehen, ob es erkannt hat, dass eine solche Hypothese nicht geeignet ist, die dem Zivilrichter in § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO übertragene Freiheit der Beweiswürdigung im Sinne von festen Beweisregeln einzuschränken (vgl. Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 8. April 2019, 2 U 11/19, juris Rn. 9). Denn selbst wenn es dies übersehen hätte, würde das angegriffene Urteil hierauf nicht beruhen. Das Landgericht hat nicht wegen des Fehlens zusätzlicher, für die Richtigkeit der Aussage des Zeugen B sprechender Umstände Zweifel an der Richtigkeit seiner Darstellung behalten, sondern deshalb, weil es den Aussagen der Zeugen A und C sowie den Gesamtumständen des Falles konkrete Anhaltspunkte entnommen hat, die gegen die Richtigkeit der Angaben des Zeugen B sprechen. Insoweit teilt der Senat die Einschätzung des Landgerichts.

(c) Unzutreffend ist die Annahme der Klägerin, ihr Klagevortrag sei durch die Aussage des Zeugen B erwiesen, weil in der Beweisaufnahme keine Umstände zutage getreten seien, die Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieser Aussage begründen könnten. Denn die Angabe des Zeugen B, er habe den ihn behandelnden Ärzten von dem im vorliegenden Rechtsstreit behaupteten Treppensturz berichtet, ist – wie vom Landgericht zutreffend ausgeführt – von den als Zeugen vernommenen Ärzten nicht bestätigt worden; insbesondere der Neurochirurg C hat deutlich gemacht, der Zeuge B habe weder bei dem ersten Termin am 25. Juni 2019 noch bei der anschließenden Behandlung einen Treppensturz erwähnt; andernfalls hätte er dies mit Sicherheit in der Patientenakte vermerkt, und zwar nicht nur unter Kostengesichtspunkten, sondern auch deshalb, weil sein Patient im Fall eines solchen Unfalls „viel mehr Physiotherapie bekommen“ hätte (vgl. die Sitzungsniederschrift vom 24. November 2020, Band I Blatt 116 der Akten). Der Zeuge B habe ihm gegenüber erst nach der Operation vom 23. Juli 2019 im Zusammenhang mit einer Unfallanzeige erstmals einen „Treppensturz kurz vor der OP“ (Hervorhebung nur hier) erwähnt. Demgegenüber soll ein solcher Treppensturz nach dem Vortrag der Klägerin bereits erhebliche Zeit vor der Operation, am XX.XX.2019, stattgefunden haben. Diese Ungereimtheiten und der Umstand, dass auch die Anzeige des streitgegenständlichen Unfalls bei der beklagten Versicherung erst viele Wochen nach dem behaupteten Treppensturz (am 6. August 2019) erfolgte, legen die Möglichkeit nahe, dass ein solcher Sturz erst nachträglich konstruiert wurde. Unzutreffend ist das Vorbringen der Klägerin, der Zeuge A habe seinen eigenen Angaben zufolge die Ursache der ihm von dem Versicherten geschilderten Beschwerden nicht notiert, weil ihm Beschwerdeursachen egal seien: Wie der Sitzungsniederschrift vom 24. November 2020 (Band I Blatt 130 der Akten) zu entnehmen ist, hat der Zeuge A hierzu vielmehr erklärt: „… ich kann nicht sagen, dass mich das nicht interessiert“ (Hervorhebung nur hier).

(d) Das von der Klägerin angeführte Attest des Zeugen C vom 2. Dezember 2019 (Anlage K 3, Band I Blatt 36 R. f. der Akten) gebietet keine abweichende Beurteilung. Der darin enthaltene Hinweis auf einen Treppensturz des Versicherten am 12. Juni 2029 beruht – wie das Attest ausdrücklich klarstellt – allein auf entsprechenden Angaben des versicherten Zeugen B selbst; er hat daher gegenüber der Aussage des Zeugen B vor dem Landgericht keinen selbständigen Beweiswert, zumal es erst mehrere Monate nach dem angeblichen Treppensturz erstellt wurde, während es an einer zeitnahen Dokumentation eines solchen Sturzes fehlt. Nach der Lebenserfahrung wären unfallbedingte Gesundheitsbeschwerden gegenüber den behandelnden Ärzten als solche geschildert und in den Krankenunterlagen vermerkt worden.

c. Dem weiteren Berufungsvorbringen des Klägers misst der Senat aus den vorstehenden und den vom Landgericht ausgeführten Gründen keine entscheidungserhebliche Bedeutung bei.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10 Satz 1 und 2, 711 ZPO.

3. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht, § 543 Abs. 2 ZPO.

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